Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfteerzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung
Leitsatz (NV)
Zum Fehlen der Einkünfteerzielungsabsicht, wenn sich eine ursprünglich vorhandene Vermietungsabsicht nicht verwirklichen lässt, weil die Gemeinde die erforderlichen planungsrechtlichen Änderungen ablehnt.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1, § 21
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, erwarb im Jahr 1992 ein unbebautes Areal in einem Gewerbegebiet, das sie mit einem Baustoffmarkt und einem Hotel bebauen und anschließend vermieten wollte. Die hierfür erforderliche planungsrechtliche Umwidmung des Gebiets lehnte die zuständige Stadt im Jahr 1994 endgültig ab, worauf die Klägerin das Gelände mit Wohnungen bebauen wollte. Die hierfür erforderliche Änderung des Bebauungsplans wurde --spätestens 1995-- ebenfalls abgelehnt. Im April 2000 veräußerte die Klägerin das Grundstück.
Für die Jahre 1993 bis 1998 erklärte die Klägerin negative Einkünfte in Höhe von insgesamt 613 999 DM. Nachdem sie für das Streitjahr 1998 zunächst keine Erklärung über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften abgegeben hatte, stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Einkünfte schätzweise auf 0 DM fest. Der Einspruch blieb erfolglos. Im Rahmen einer während des sich anschließenden Klageverfahrens durchgeführten Außenprüfung ging der Prüfer von fehlender Einkünfteerzielungsabsicht aus. Das FA hob den Feststellungsbescheid auf und lehnte eine einheitliche und gesonderte Feststellung ab. Nach der im Klageverfahren eingereichten Feststellungserklärung für das Streitjahr ergaben sich negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 98 484 DM, davon Schuldzinsen von 97 286 DM.
Das Finanzgericht (FG) hat im ersten Rechtsgang mit Urteil vom 27. Oktober 2005 10 K 4853/00 die Klage abgewiesen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hin hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 12. Oktober 2006 IX B 202/05 (BFH/NV 2007, 226) das Urteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen.
Im zweiten Rechtsgang wies das FG die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1167, veröffentlichten Urteil ab. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die Klägerin ab dem Jahr 1996 fast ausschließlich nur noch eine Vermarktung durch Veräußerung des Grundstücks beabsichtigt habe. Selbst wenn man von einer Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin auch im Streitjahr 1998 ausginge, fehle es zumindest an dem notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang der geltend gemachten Aufwendungen mit einer geplanten Bebauung des Grundstücks und anschließenden Vermietung.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 Nr. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Da das FG offensichtlich von einer möglicherweise noch bis in das Streitjahr fortbestehenden Vermietungsabsicht der Klägerin ausgehe, hätte es, da keinerlei Indizien gegen eine Vermietungsabsicht sprächen, Letztere feststellen müssen. Im Übrigen wendet sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des FG.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils das FA zu verpflichten, unter Änderung des Bescheids über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung 1998 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 26. April 2001 negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 98 484 DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt hat.
1. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (z.B. BFH-Urteile vom 25. März 2003 IX R 56/00, BFH/NV 2003, 1170; vom 11. März 2003 IX R 16/99, BFH/NV 2003, 1043, jeweils m.w.N.).
Die Feststellung, ob der Steuerpflichtige die Absicht hatte, langfristig Einkünfte aus dem Objekt zu erzielen, hat das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen (BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1170).
Den Steuerpflichtigen trifft im Zweifel die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht (vgl. BFH-Beschluss vom 30. November 2005 IX B 172/04, BFH/NV 2006, 720), insbesondere auch für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzung einer fortbestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, wenn der Steuerpflichtige seine Immobilie auch zum Verkauf anbietet (vgl. BFH-Urteil vom 9. Juli 2002 IX R 47/99, BFHE 199, 417, BStBl II 2003, 580).
Diese Grundsätze gelten auch bei einem zunächst noch unbebauten Grundstück. So sind Aufwendungen für ein unbebautes Grundstück dann als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Bebauung des Grundstücks und einer anschließenden Vermietung des Gebäudes besteht. Dies erfordert, dass der Wille, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, aus äußeren Umständen erkennbar und in ein konkretes Stadium getreten ist (BFH-Urteil vom 4. Juni 1991 IX R 30/89, BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761).
Die Bebaubarkeit eines Grundstücks ist ein Indiz, das im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung aller gegebenen Umstände für einen wirtschaftlichen Zusammenhang von vorab entstandenen Grundstücksaufwendungen mit etwaigen späteren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung spricht (BFH-Urteil in BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761).
2. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist die Vorentscheidung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere für die Gesamtwürdigung des FG, wonach mangels eines konkreten Vermietungskonzepts ab 1996 keine Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin mehr vorgelegen hat und die streitigen Aufwendungen nicht in einem ausreichend bestimmten wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer Bebauung des Grundstücks und einer anschließenden Vermietung gestanden sind.
a) Das FG ist auf der Grundlage der Verkaufsaktivitäten der Klägerin und des fehlenden Nachweises konkreter Vermietungsbemühungen zu der Überzeugung gelangt, dass diese das unbebaute Grundstück in erster Linie verkaufen wollte und etwaige Vermietungsbemühungen in den Hintergrund getreten sind. Es konnte dabei den Umstand berücksichtigen, dass ab dem Jahr 1996 feststand, dass sowohl die ursprünglich beabsichtigte Bebauung als auch die Alternativkonzepte der Klägerin zur Errichtung von Wohnungen planungsrechtlich nicht mehr zu realisieren waren.
Auch konnte das FG davon ausgehen, dass der Wille der Klägerin, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, ab 1996 im Sinne o.g. Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 164, 364, BStBl II 1991, 761) nicht mehr aus äußeren Umständen hinreichend konkret erkennbar war. Denn die Beweisaufnahme ergab ab dem Jahr 1996 keinen Hinweis auf ein konkretes Vermietungskonzept der Klägerin.
b) Insgesamt lässt die Gesamtwürdigung des FG keine Denkfehler und auch keine Verletzung von Erfahrungssätzen erkennen. Die von der Klägerin im Einzelnen vorgetragenen Angriffe gegen die Beweiswürdigung des FG begründen keine derartigen Fehler.
Insbesondere verstößt der Schluss des FG von einer nahezu unmöglichen Veräußerung und dem damit einhergehenden Marktwert des Areals auf einen geringen Mietwert, d.h. hinter den Schuldzinsen zurückbleibenden Mieteinnahmen, entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen Denkgesetze.
Fundstellen
Haufe-Index 2002813 |
BFH/NV 2008, 1300 |
NWB 2008, 3069 |
NWB 2008, 9 |
EStB 2008, 275 |
NWB direkt 2008, 6 |
StX 2008, 501 |