Leitsatz (amtlich)
Der Umstand allein, daß ein Segelclub von einem Tell der neu aufzunehmenden Mitglieder eine Aufnahmegebühr in Höhe von 2 000 DM verlangt, schließt dessen Gemeinnützigkeit nicht aus.
Normenkette
KStG § 4 Abs. 1 Nr. 6; StAnpG § 17; GemV
Tatbestand
Der Käger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein eingetragener Verein, betreibt die Pflege des Segelsports, "dient" nach § 2 Satz 2 seiner Satzung "ausschließlich gemeinnützigen Zwecken und verwendet Überschüsse aus Veranstaltungen aller Art zur Förderung des Segelsports". Nach § 5 Abs. 2 der Satzung ist bei Aufnahme in den Club eine Aufnahmegebühr zu entrichten, die jeweils durch eine bis zum ... eines jeden Jahres einzuberufende Mitgliederversammlung für das nächste Vereinsjahr festgesetzt wird. Der Club erhebt ferner einen Jahresbeitrag, dessen Höhe in gleicher Weise bestimmt wird. Nach § 5 Abs. 7 der Satzung kann die Vorstandschaft in Ausnahmefällen Mitgliedern auf deren Antrag die Zahlung von Aufnahmegebühren, Beiträgen und Umlagen ganz oder teilweise stunden oder erlassen.
Im Streitjahr (1975) betrug die Aufnahmegebühr 2 000 DM. Der Verein nahm in diesem Jahr elf außerordentliche Mitglieder auf, von denen sieben eine Aufnahmegebühr von 2 000 DM, drei eine Aufnahmegebühr von 1 500 DM und ein Mitglied eine Aufnahmegebühr von 1 000 DM zu entrichten hatten. Ferner wurden - neben einer Reihe von Familien- und Zweitmitgliedern - zwanzig Jugend- bzw. Juniorenmitglieder ohne Zahlung einer Aufnahmegebühr in den Club aufgenommen.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah wegen der Höhe der Aufnahmegebühren den Kläger im Streitjahr nicht als gemeinnützig an und setzte unter Ablehnung einer Steuerbefreiung die Körperschaftsteuer auf 0 DM fest.
Nach erfolglosem Einspruch hob das Finanzgericht (FG) den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid auf. Es vertrat - im Gegensatz zum FA - die Auffassung, daß der Kläger nicht nur einen abgegrenzten Personenkreis, sondern die Allgemeinheit gefördert habe. Einer Aufnahmegebühr in Höhe von 2 000 DM komme keine Sperrwirkung in dem Sinne zu, daß sich nur ein kleiner Teil der Bevölkerung den Vereinsbeitritt leisten könne.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung des § 4 Abs. 1 Nr. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und des § 17 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG). Der Kläger fördere nicht die Allgemeinheit, weil wegen der Höhe der zu leistenden Aufnahmegebühr eine Mitgliedschaft bei ihm nur für einen sehr kleinen Personenkreis erschwinglich sei. Die Sperrwirkung der Aufnahmegebühr werde auch nicht dadurch beseitigt, daß sie im Einzelfall auf Antrag gestundet oder erlassen werden könne; denn wegen der kompromittierenden Antragspflicht würden Interessenten aus psychologischen Gründen vom Beitritt ferngehalten. Die Grenze, bis zu der eine Aufnahmegebühr als unschädlich anzusehen sei, müsse entsprechend der Entschließung des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen (FME) vom 6. Oktober 1972 S 1291 - 2/39/27126 G I bei 650 DM gezogen werden.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet. Das FG hat zu Recht den Körperschaftsteuerbescheid 1975 aufgehoben. Der Kläger diente im Streitjahr nach seiner Satzung und seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken; er war deshalb von der Körperschaftsteuer befreit (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG).
1. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG waren von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach Satzung, Stiftung oder sonstiger Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken dienten. Die Voraussetzungen für diese Steuerbefreiungen ergaben sich im einzelnen aus den §§ 17 bis 19 StAnpG und aus der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 StAnpG (Gemeinnützigkeitsverordnung) vom 24. Dezember 1953 - GemV - (BGBl I 1953, 1592, BStBl I 1954, 6), zuletzt geändert durch Art. 5 des Steueränderungsgesetzes 1969 (StÄndG 1969) vom 18. August 1969 (BGBl I 1969, 1211, BStBl I 1969, 477).
Danach waren gemeinnützig solche Zwecke, durch deren Erfüllung ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit gefördert wurde (§ 17 Abs. 1 StAnpG). Anzunehmen war eine Förderung der Allgemeinheit dann, wenn die Tätigkeit dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet nützte (§ 17 Abs. 2 StAnpG). In § 17 Abs. 3 StAnpG waren Beispielsfälle aufgezählt, in denen die Förderung der Allgemeinheit und damit grundsätzlich auch die Gemeinnützigkeit anzuerkennen war. Als gemeinnützige Zwecke waren u. a. (Nr. 1) genannt: "die Förderung der ... Jugendpflege und Jugendfürsorge sowie der körperlichen Ertüchtigung des Volkes durch Leibesübungen (Turnen, Spiel, Sport)".
2. Der Segelsport ist - wovon auch die Beteiligten ausgehen - als eine der körperlichen Ertüchtigung dienende Sportart anzusehen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 28. Mai 1931 I A 148/31, RStBl 1931, 553). Insoweit ist nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung die Förderung des Segelsports durch die eigene Tätigkeit des Klägers eine Förderung der Allgemeinheit.
Das FA geht zu Recht davon aus, daß die Tätigkeit eines Sportvereins dann nicht mehr der Förderung der Allgemeinheit dient (zur Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffs "Förderung der Allgerneinheit" vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, BFHE 127, 330, BStBl II 1979, 482, 484 f. unter 4. a), wenn die Zahl seiner Mitglieder deshalb dauernd nur klein sein kann, weil wegen der Höhe der Aufnahmegebühren oder Jahresbeiträge die Mitgliedschaft in dem Verein nur wohlhabenden Bevölkerungskreisen möglich ist. Der Senat mißt jedoch der im Streitfall vom Kläger verlangten Aufnahmegebühr eine solche Sperrwirkung nicht zu.
Bei den zur Zeit des Streitjahres in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) gegebenen allgemeinen günstigen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen ist davon auszugehen, daß durch eine einmal zu entrichtende Aufnahmegebühr von 2 000 DM auch solche Personen von einem Beitritt in den Verein nicht von vornherein ausgeschlossen sind, die gemeinhin nicht zu den wohlhabenden Kreisen der Bevölkerung gezählt werden,. Diese Auffassung sieht der Senat durch die gerichtsbekannte Tatsache bestätigt, daß weite Bevölkerungskreise bereit und in der Lage sind, ähnlich hohe und höhere Aufwendungen für Sport und Freizeit (z. B. Skifahren und Windsurfing) zu erbringen (vgl. insoweit schon das BFH-Urteil vom 13. Dezember 1978 I R 64/77, BFHE 127, 342, BStBl II 1979, 488).
Im Streiftall ist auch zu berücksichtigen, daß die Sportart Segeln zwangsläufig mit hohen Unkosten - etwa Anschaffung und Pflege von Segelbooten oder Miete von Liegeplätzen - verbunden ist (vgl. RStBl 1931, 553). Vielen der am Segelsport interessierten Personen wird das Ausüben dieser Sportart erst durch den Beitritt in einen Segelclub möglich; denn als Mitglieder können sie die vereinseigenen Einichtungen und Segelboote nutzen. Da der Verein seinerseits die ihm erwachsenden Unkosten für die Schaffung und Erhaltung der Einrichtungen und Anlagen im wesentlichen aus den Aufnahmegebühren, den Mitgliederbeiträgen und Spenden decken muß, erscheint die erhobene Aufnahmegebühr auch unter diesem Gesichtspunkt nicht unangemessen.
Hinzu kommt, daß nach der Satzung des Klägers der Vorstand in Ausnahmefällen die Aufnahmegebühr stunden, herabsetzen oder erlassen kann (§ 5 Abs. 7 der Satzung), und dies nach den Feststellungen des FG im Streitjahr in drei von elf Fällen auch geschehen ist. Darüber hinaus sind im gleichen Jahr - außer Familien- und Zweitmitgliedern - zwanzig Jugendliche und Junioren ohne Zahlung einer Aufnahmegebühr in den Club aufgenommen worden. Dies verdeutlicht, daß Mitglieder, die die volle Aufnahmegebühr entrichten, mit ihrem Beitrag zum Teil auch für die Kosten aufkommen, die dem Kläger durch die Aufnahme solcher Mitglieder erwachsen, die keine oder nur eine ermäßigte Aufnahmegebühr zu zahlen haben. Gerade dieser Umstand spricht für die Gemeinnützigkeit des Klägers, weil er auf diese Weise seine zur Ausübung des Segelsports geeigneten Einrichtungen einem größeren Personenkreis zugänglich macht.
Fundstellen
BStBl II 1982, 336 |
BFHE 1982, 197 |
NJW 1982, 1552 |