Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei Einbringung i.S. des § 24 UmwStG eines landwirtschaftlichen Betriebs in Rechnung gestellte Umsatzsteuer: laufender Gewinn, Einbringungsgewinn, Gewinn i.S. des § § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG bei Ansatz zu Buchwert, Zwischenwert oder Teilwert
Leitsatz (amtlich)
Bringt ein Landwirt seinen Betrieb gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine Personengesellschaft ein (§ 24 UmwStG), so ist die von ihm für die eingebrachten Wirtschaftsgüter in Rechnung gestellte und vereinnahmte Umsatzsteuer auch dann Betriebseinnahme, wenn er seine Umsätze gemäß §§ 24, 24a UStG nach Durchschnittssätzen versteuert. Auch wenn die Einbringung zu Buchwerten erfolgt, handelt es sich um einen nach dem Normaltarif besteuerten Einbringungsgewinn und nicht um einen bei der Feststellung des Ausgangswerts nicht berücksichtigten Betriebsvorgang nach § 13a Abs. 8 EStG.
Orientierungssatz
1. § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG erfaßt Erträge, die bei der Ermittlung des Vergleichswerts für die landwirtschaftliche Nutzung nicht berücksichtigungsfähig sind, nicht aber die gesondert durch Bestandsvergleich zu ermittelnden Veräußerungsgewinne und Einbringungsgewinne (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Weist ein nach Durchschnittssätzen (§§ 24, 24a UStG) versteuernder Landwirt bei der Einbringung seines Betriebes in eine Personengesellschaft gesondert Umsatzsteuer aus, gehört die Umsatzsteuer nicht zum laufenden Gewinn, sondern zum Einbringungsgewinn des Landwirts. Dies gilt unabhängig davon, ob die Einbringung zu Buchwerten, Zwischenwerten oder zum Teilwert erfolgt (vgl. Gegenauffassung im Schrifttum; Ausführungen zum Wahlrecht nach §§ 24, 24a UStG sowie den einkommensteuerlichen Folgen). Die zur umsatzsteuerlichen Regelversteuerung optierende aufnehmende Personengesellschaft darf im Falle der Buchwerteinbringung ihre Buchwerte nicht um die gezahlte Umsatzsteuer aufstocken sowie die Aufstockung durch eine negative Ergänzungsbilanz neutralisieren.
Normenkette
EStG 1987 §§ 13, 13a Abs. 8 Nr. 3, § 14; UmwStG 1977 § 24; UStG 1980 §§ 24, 24a; EStG 1987 § 9b
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war bis zum 30. Juni 1988 Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, für den er den Gewinn nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte. Zum 1. Juli 1988 brachte er den Betrieb mit allen Betriebsvorrichtungen, Liefer- und Absatzverträgen, Beteiligungen an Bezugs- und Absatzgenossenschaften, Forderungen und Verbindlichkeiten, dem Viehbestand mit Milchkontingent, der stehenden Ernte sowie allen bestehenden Verpflichtungen aus Kaufverträgen gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zu Buchwerten in eine zum gleichen Zeitpunkt gegründete BGB-Gesellschaft ein. Die Betriebsgrundstücke und Gebäude überließ er der Gesellschaft zur Nutzung.
Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 23. Juni 1988 war der Kläger berechtigt, der Gesellschaft Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, die entweder auszuzahlen oder seinem Kapitalkonto gutzuschreiben war. Dementsprechend stellte er der Gesellschaft Umsatzsteuer in Höhe von 34 102,02 DM in Rechnung, die im Rahmen der Umsatzsteuerveranlagung der Gesellschaft und im Einverständnis mit dem Kläger auf 22 071,67 DM herabgesetzt wurde. Diesen Betrag, den der Kläger nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung nicht an das Finanzamt (FA) abführen mußte, ließ er seinem Kapitalkonto gutschreiben.
Bei der Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13a EStG setzte der Beklagte und Revisionskläger (FA) für das Wirtschaftsjahr 1987/1988 die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer hinzu. Dadurch ergab sich ein Gewinn von 35 636 DM, der mit jeweils 17 818 DM auf den Veranlagungszeitraum 1987 und das Streitjahr 1988 verteilt wurde. Unter Ansatz eines Gewinnanteils aus der Gesellschaft in Höhe von 9 122 DM ergaben sich für das Streitjahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 26 940 DM und ein zu versteuerndes Einkommen von 16 666 DM, nach dem die Einkommensteuer 1988 auf 1 568 DM festgesetzt wurde.
Der hiergegen gerichtete Einspruch, mit dem der Kläger sich gegen den Ansatz eines Gewinnzuschlags wandte, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage indessen mit der Begründung statt, die Vereinnahmung der Umsatzsteuer führe nicht zu einem Gewinnzuschlag nach § 13a Abs. 8 EStG, weil es sich nicht um einen isoliert zu betrachtenden laufenden Geschäftsvorfall, sondern einen Teil des Einbringungsvorgangs handle. Ein Einbringungsgewinn sei im Streitfall aber nicht entstanden, da der Kläger seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu Buchwerten in die Gesellschaft eingebracht habe.
Das FA rügt mit seiner vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, das FG sei zutreffend davon ausgegangen, daß die in Rechnung gestellte und vereinnahmte Umsatzsteuer als Teil des Einbringungsvorgangs nicht zu einem Gewinnzuschlag nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG führen könne.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zutreffend hat die Vorinstanz die Vereinnahmung der Umsatzsteuer als Teil des Einbringungsvorgangs beurteilt; entgegen der Auffassung des FG folgt daraus allerdings, daß ungeachtet der Einbringung zum Buchwert auch ein Gewinn anzusetzen ist (§ 24 des Umwandlungs-Steuergesetzes --UmwStG-- i.V.m. §§ 14, 16 EStG).
1. Die vom Kläger in Rechnung gestellte und vereinnahmte Umsatzsteuer ist Betriebseinnahme, der eine entsprechende Betriebsausgabe nicht gegenübersteht, weil der Kläger seine Umsätze nach Durchschnittssätzen versteuert.
a) Zu Unrecht hat das FA die vereinnahmte Umsatzsteuer allerdings als Gewinnzuschlag gemäß § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG erfaßt. Nach dieser Vorschrift sind in den Durchschnittssatzgewinn nach § 13a Abs. 4 bis 7 EStG auch die den Freibetrag von 3 000 DM übersteigenden Gewinne aus Betriebsvorgängen einzubeziehen, die bei der Feststellung des Ausgangswerts nach Abs. 4 nicht berücksichtigt worden sind. Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 15. November 1984 IV R 131/83 (BFHE 142, 469, BStBl II 1985, 156) entschieden hat, erfaßt die Vorschrift damit Erträge, die bei der Ermittlung des Vergleichswerts für die landwirtschaftliche Nutzung nicht berücksichtigungsfähig sind. Dies trifft zwar auch auf Veräußerungs- und Einbringungsgewinne zu; gleichwohl sind diese Gewinne nicht nach § 13a Abs. 8 EStG zu erfassen, sondern gesondert durch Bestandsvergleich zu ermitteln (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Juni 1965 IV 180/61 U, BFHE 83, 213, BStBl III 1965, 579, und vom 23. Februar 1989 IV R 58/87, BFHE 157, 47, BStBl II 1989, 709; gl.A. Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2. Aufl. 1991, Rdnr.979). Das ist einmal deshalb geboten, weil der zum vollen Tarif zu besteuernde laufende Gewinn vom u.U. begünstigten Einbringungsgewinn (§ 24 UmwStG i.V.m. §§ 14, 16, 34 EStG) abzugrenzen ist und zum anderen Begünstigungen des laufenden Gewinns (z.B. nach § 13a Abs. 8 und § 34e EStG) nicht zusätzlich für Veräußerungs- oder Einbringungsgewinne gewährt werden sollen (Senatsurteil in BFHE 157, 47, BStBl II 1989, 709).
b) Mit dem FG geht der Senat davon aus, daß die Vereinnahmung der Umsatzsteuer Teil des Einbringungsvorgangs ist. Dies hat indessen nicht zur Folge, daß der Ertrag aus der Vereinnahmung der Umsatzsteuer nur deshalb nicht der Einkommensteuer unterliegen soll, weil es sich um eine sog. Buchwerteinbringung handelt. Auch der im Schrifttum vertretenen Auffassung, wonach die vereinbarte Umsatzsteuer bei Buchwerteinbringung laufender Gewinn ist, bei Einbringung zu Zwischenwerten oder zum Teilwert aber dem Einbringungsgewinn zuzurechnen ist (so Leingärtner/Zaisch, a.a.O., Rdnr.1539; wohl auch Felsmann/ Pape, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl. 1983, Anm. C 282c), vermag der Senat nicht zu folgen. Denn an der Charakterisierung der Einbringung als tauschähnlichem Veräußerungsvorgang ändert sich nichts dadurch, daß die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens des Klägers nicht aufgedeckt, sondern von der Gesellschaft fortgeführt worden sind. Die Buchwertfortführung bei der Gesellschaft hat lediglich zur Folge, daß aus diesem tauschähnlichen Vorgang buchmäßig kein Gewinn entstand. Der Senat hat deshalb entschieden, daß der Gewinn aus der Veräußerung einzelner nicht zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehörender Wirtschaftsgüter anläßlich einer Buchwerteinbringung kein der Gewerbesteuer unterliegender laufender Gewinn, sondern ungeachtet der Einkommensbesteuerung nach dem Normaltarif ein Einbringungsgewinn ist (Senatsurteil vom 29. Oktober 1987 IV R 93/85, BFHE 151, 181, BStBl II 1988, 374).
c) Nach Auffassung des Senats kann für die Vereinnahmung von Umsatzsteuer anläßlich der Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft nichts anderes gelten. Die vereinnahmte Umsatzsteuer kann nicht einmal Teil des Einbringungsgewinns bei der Einbringung zu Zwischenwerten, andererseits aber bei Buchwerteinbringung laufender Gewinn sein. Eine derart unterschiedliche Behandlung verbietet sich schon wegen der verschiedenartigen Rechtsfolgen. Die Auffassung des Senats hat nämlich zur Folge, daß die vereinnahmte Umsatzsteuer nicht in die zeitanteilige Umrechnung des Gewinns nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG einzubeziehen, sondern nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG dem Gewinn des Kalenderjahrs hinzuzurechnen ist, in dem der Einbringungsgewinn entstanden ist. Da es sich --wie ausgeführt-- nicht um einen Sondergewinn nach § 13a Abs. 8 Nr. 3 EStG handelt, entfällt auch der Freibetrag von 3 000 DM, den das FA in dem angefochtenen Bescheid gewährt hat.
2. a) Der Kläger hat hiergegen im wesentlichen eingewandt, die einseitige Erfassung vereinnahmter Umsatzsteuer würde die Konzeption des geltenden Umsatzsteuerrechts zerstören, weil ein Landwirt mit Pauschalierung nach § 24 UStG keine Möglichkeit habe, Vorsteuern geltend zu machen; dies könne daher auch einkommensteuerrechtlich nicht rechtens sein. Dem kann der Senat nicht folgen. Die besondere Besteuerungsform der Durchschnittssätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe (§ 24 UStG) ist keineswegs zwingend vorgeschrieben; der Kläger hätte nach § 24 Abs. 4 UStG für die Regelbesteuerung optieren können, wie es die Gesellschaft getan hat. In diesem Fall hätte er auch den vollen Vorsteuerabzug. Der Vorteil der im Streitfall gewählten Gestaltung lag aber gerade in der unterschiedlichen Ausübung des Wahlrechts durch den Kläger einerseits und die Gesellschaft andererseits. Es liegt im Wesen steuerlicher Wahlrechte, daß sie sich auch nachteilig auswirken können. Deshalb ist in derartigen Fällen eine Abwägung der Vor- und Nachteile durch den Steuerpflichtigen geboten, die auch die einkommensteuerrechtlichen Folgewirkungen erfaßt. Erweisen sich diese Folgewirkungen als nachteilig, so bedarf nicht das Einkommensteuerrecht, sondern das, das Wahlrecht eröffnende UStG der Korrektur. Nach einkommensteuerrechtlicher Wertung ist es sogar geboten, die durch die Vereinnahmung der Umsatzsteuer erhöhte Leistungsfähigkeit des einbringenden Landwirts zu berücksichtigen. Im übrigen hat der Gesetzgeber die vom Kläger dargestellte Unzulänglichkeit durch Änderung des UStG beseitigt. Durch das Steueränderungsgesetz 1992 vom 25. Februar 1992 (BGBl I, 297; BStBl I, 146) wurden in § 24 Abs. 1 UStG die Sätze 2 und 3 eingefügt, wonach die Umsätze im Rahmen einer Betriebsveräußerung, zu der auch die Einbringung eines Betriebs oder Teilbetriebs in eine Gesellschaft gehört, nicht der Steuer unterliegen. Durch Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts vom 21. Dezember 1993 (BGBl I, 2310; BStBl I 1994, 50) wurden diese Regelungen zwar wieder aufgehoben; dies geschah aber nur deshalb, weil nach dem in § 1 UStG neu eingefügten Abs. 1a die Geschäftsveräußerung insgesamt nicht mehr Besteuerungsgegenstand ist.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers führt die von der Gesellschaft gezahlte Umsatzsteuer auch nicht zu einer Aufstockung der Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter, die durch eine negative Ergänzungsbilanz zu neutralisieren wäre. Dies hat das FG zutreffend erkannt. Da die Gesellschaft zur Regelbesteuerung optiert hat, kann sie die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen, so daß eine Erhöhung der Buchwerte nach § 9b Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist. Darin unterscheidet sich die Umsatzsteuerzahlung der Gesellschaft von einer Ausgleichszahlung an den einbringenden Unternehmer.
3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 65742 |
BStBl II 1995, 708 |
BFHE 178, 21 |
BFHE 1996, 21 |
BB 1995, 1939 |
BB 1995, 1939-1941 (LT) |
DB 1995, 2050 (L) |
DStR 1995, 1627 (K) |
DStZ 1996, 48-49 (KT) |
HFR 1995, 642-643 (LT) |
StE 1995, 591 (K) |