Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 24.November 1978 III R 81/76, BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255) fest, wonach eine Mehrheit von Räumen jedenfalls dann nicht als Wohnung i.S. des § 75 Abs.5 und 6 BewG angesehen werden kann, wenn die Gesamtfläche weniger als 23 qm beträgt.
Normenkette
BewG 1965 § 75 Abs. 5-6; BewG 1974 § 75 Abs. 5-6
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eigentümer eines Grundstücks, auf dem sie im Jahre 1980 ein zweigeschossiges Gebäude errichteten. Die Hauptwohnung umfaßt mehrere Räume des Erdgeschosses und das gesamte Obergeschoß. Sie hat eine Gesamtfläche von 135,62 qm. Das Erdgeschoß enthält außer den Wohnräumen der Kläger noch eine kleine Raumeinheit von insgesamt 19,14 qm (nach Rohbaumaßen), die nach Ansicht der Kläger eine zweite eigenständige Wohnung darstellt. Sie besteht aus einem Wohn-/Schlafraum mit einer eingerichteten Küchenzeile und einem nur von diesem Raum aus zugänglichen Duschbad mit WC. Zu den einzelnen Räumen gelangt man von der Straße her wie folgt: Von dem Windfang im Erdgeschoß, den man durch den Hauseingang betritt, führt zunächst rechter Hand eine Tür unmittelbar in den Wohn-/Schlafraum der kleineren Raumeinheit. Unmittelbar dahinter beginnt die durch eine Tür abgeschlossene Treppe in das Untergeschoß. Geradeaus gelangt man, ebenfalls durch eine Tür, in die Diele der Hauptwohnung.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) bewertete das Wohngrundstück auf den 1.Januar 1981 als Einfamilienhaus.
Das Einspruchsverfahren und die Klage, mit denen die Kläger die Bewertung des Grundstücks als Zweifamilienhaus begehrten, blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Auffassung, daß die geringe Wohnfläche, unabhängig davon, ob von der tatsächlichen oder von der sog. anrechenbaren Wohnfläche auszugehen sei, der Anerkennung der kleineren Raumeinheit im Erdgeschoß als Wohnung entgegenstehe. Eine "echte" Haushaltsführung sei bei derartig beengten Raumverhältnissen nicht möglich.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, daß von einer Wohnfläche von über 20 qm auszugehen sei, da der Windfang im Erdgeschoß mit einer Fläche von rd. 4 qm zumindest anteilig der Einliegerwohnung zugerechnet werden müsse. Sie begehren weiterhin, das Grundstück als Zweifamilienhaus zu bewerten.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß es sich bei dem Wohngrundstück der Kläger nicht um ein Zweifamilienhaus, sondern um ein Einfamilienhaus handelt, da es am Bewertungsstichtag nur eine Wohnung enthielt.
1. Nach § 75 Abs.5 und 6 des Bewertungsgesetzes 1965 (BewG) ist für die Abgrenzung der Grundstücksarten Ein- und Zweifamilienhaus entscheidend, ob das Wohngrundstück eine oder zwei Wohnungen enthält.
a) Unter einer Wohnung ist nach ständiger Rechtsprechung die Zusammenfassung einer Mehrheit von Räumen zu verstehen, die in ihrer Gesamtheit so beschaffen sein müssen, daß in ihnen die Führung eines selbständigen Haushalts möglich ist. Dazu ist u.a. erforderlich, daß die Wohneinheit eine bestimmte Fläche nicht unterschreitet. Unter welchen Voraussetzungen eine selbständige Haushaltsführung möglich ist und welche Fläche mindestens vorhanden sein muß, entscheidet sich nach der Verkehrsauffassung (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5.Oktober 1984 III R 192/83, BFHE 142, 505, BStBl II 1985, 151). Der Senat hat bisher für Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern eine Mindestfläche von jedenfalls mehr als 23 qm für erforderlich gehalten (vgl. Urteil vom 24.November 1978 III R 81/76, BFHE 126, 565, BStBl II 1979, 255).
b) Daran hält der Senat auch nach erneuter Überprüfung fest. Die Rechtsprechung des Senats zur Grundsteuer, wonach bei Appartements in Alten- oder Altenwohnheimen eine Mindestfläche von jedenfalls mehr als 20 qm ausreichend ist, ist auf Fälle der hier streitigen Art nicht übertragbar (vgl. Urteil vom 30.April 1982 III R 33/80, BFHE 136, 293, 298, BStBl II 1982, 671). Für Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern ist nach der Verkehrsauffassung allgemein eine größere Wohnfläche zu fordern, da, anders als in den genannten Wohnheimen, zentrale Versorgungseinrichtungen und gemeinsame Aufenthaltsräume regelmäßig fehlen.
Bei der Ermittlung der Wohnfläche einer abgeschlossenen Raumeinheit sind nur solche Räume einzubeziehen, die nach ihrer baulichen Lage zu dieser Einheit zusammengefaßt sind.
2. In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen hat das FG die fragliche Raumeinheit im Erdgeschoß des streitbefangenen Wohngrundstücks nicht als Wohnung i.S. von § 75 Abs.5 und 6 BewG angesehen. Die Fläche des Windfangs ist nicht, auch nicht anteilig, der "Einliegerwohnung" zuzurechnen. Der Wohn-/Schlafraum und die unmittelbar angrenzende Dusche mit WC bilden damit eine abgeschlossene Raumeinheit mit einer Grundfläche von weniger als 23 qm.
Fundstellen
Haufe-Index 60731 |
BStBl II 1985, 582 |
BFHE 144, 74 |
BFHE 1986, 74 |
BB 1985, 1713-1714 (ST) |
DB 1985, 2128-2129 (ST) |
DStR 1985, 642-642 (ST) |
HFR 1986, 557-557 (ST) |
Information StW 1985, 501-502 (ST) |
Planen und Bauen 1986, 15-15 (S) |