Leitsatz (amtlich)
Hat ein Unternehmer die Steuervergünstigung nach § 6b EStG in Anspruch genommen und zunächst auch die infolge Übertragung der stillen Reserven auf neu angeschaffte Wirtschaftsgüter herabgesetzten Werte in die Handelsbilanz übernommen, so darf ihm diese Vergünstigung nicht unter Berufung auf § 4 Abs.3 Nr.2 StAnpG nachträglich entzogen werden, wenn er die Ansätze der von der Steuervergünstigung betroffenen Vermögensgegenstände in späteren Jahren durch Zuschreibungen erhöht.
Orientierungssatz
Ausführungen zur Berechtigung von Zuschreibungen in der Handelsbilanz; zum Grundsatz des Bewertungszusammenhangs im Einkommensteuerrecht sowie zum Grundsatz des Wertzusammenhangs, der es ausschließt, außerhalb des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG Zuschreibungen, die in der Handelsbilanz vorgenommen wurden, in der Steuerbilanz entsprechend zu berücksichtigen; zur historischen und teleologischen Auslegung des § 6b EStG; zur Unvereinbarkeit mit dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung, wenn die Gewährung der Vergünstigung nach § 6b EStG von einer Ausschüttungssperre abhängig gemacht würde, die nur bei Kapitalgesellschaften wirksam wäre.
Normenkette
EStG §§ 5, 6b; StAnpG § 4 Abs. 3 Nr. 2; AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2; AktG §§ 152, 154-155, 157; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 07.02.1980; Aktenzeichen X (I) 169/76) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, war in den Streitjahren eine Aktiengesellschaft. Bei der Veräußerung von GmbH-Anteilen hatte die Klägerin Gewinne erzielt, die in eine Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) eingestellt wurden. In den Jahren 1966 bis 1969 zog die Klägerin die in der Rücklage ausgewiesenen Beträge von den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten von Gebäuden oder Betriebsvorrichtungen in Höhe von insgesamt 3 381 200 DM ab. Die Abzüge hatte die Klägerin zunächst in gleicher Weise in ihren Steuer- und in ihren Handelsbilanzen vorgenommen. In der Handelsbilanz zum 31.Dezember 1972 reaktivierte sie durch Zuschreibung alle zuvor abgezogenen Beträge (abzüglich der für die Zwischenzeit zu verrechnenden Abschreibungen).
In den nach § 100 Abs.2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufig ergangenen Körperschaftsteuerbescheiden für die Jahre 1966 bis 1969 war der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) von den in den eingereichten Bilanzen der Klägerin enthaltenen Bilanzansätzen ausgegangen. Nach Durchführung einer auf die Veranlagungszeiträume 1963 bis 1966 bezogenen Betriebsprüfung in den Jahren 1968/1969 hat das FA die Klägerin für das Jahr 1966 endgültig veranlagt. Die Veranlagung wurde bestandskräftig.
Als Ergebnis einer in den Jahren 1973 bis 1974 durchgeführten Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1967 bis 1969 vertrat das FA die Auffassung, die Reaktivierung der nach § 6b EStG abgezogenen Beträge in der Handelsbilanz der Klägerin zum 31.Dezember 1972 müsse auch steuerlich zu einer Reaktivierung führen, die --soweit eine Korrektur im Jahre des Abzugs nicht möglich sei-- in der ältesten Bilanz, die den noch berichtigungsfähigen Bescheiden zugrunde liege --dies sei die Bilanz auf den 31.Dezember 1967--, vorgenommen werden müsse. Das FA erließ für die Jahre 1967 bis 1969 auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung unter Berufung auf § 4 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) am 31.Mai 1976 geänderte Körperschaftsteuerbescheide. Dies führte zum nachträglichen Wegfall der Steuervergünstigung nach § 6b EStG.
Mit ihrer unmittelbar beim Finanzgericht (FG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, § 6b Abs.3 Satz 6 EStG sehe eine Bindung an die handelsrechtliche Handhabung nur für die Rücklagenbildung vor, nicht für den Übertragungsvorgang. Auch der aus § 5 EStG folgende Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gebiete dies nicht.
Die Klage hatte in diesem Punkte keinen Erfolg (vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1980, 380).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin, das FG habe § 6b EStG sowie § 4 Abs.3 Nr.2 StAnpG nicht zutreffend angewandt.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1967 bis 1969 entsprechend zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der dem Verfahren beigetretene Bundesminister der Finanzen (BMF) hat zur Sache Stellung genommen, aber keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur teilweisen Aufhebung der angefochtenen (geänderten) Körperschaftsteuerbescheide 1967 bis 1969.
Die Zuschreibung auf Wertansätze im Jahresabschluß der Klägerin auf den 31.Dezember 1972 hat nicht zur Folge, daß ein Merkmal, dessen Vorliegen das Gesetz für eine Steuerermäßigung oder sonstige Steuervergünstigung fordert, nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit weggefallen ist (§ 4 Abs.3 Nr.2 StAnpG, Art.97 § 9 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14.Dezember 1976 --EGAO 1977--, BGBl I, 3341, 3381).
1. Die Streitfrage ist bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden. Im Schrifttum wird zum Teil die Ansicht vertreten, wirtschaftsfördernde Steuervergünstigungen, die etwa in Form von Sonderabschreibungen, Bewertungsabschlägen oder Bewertungsfreiheiten gewährt werden, dürften nur unter der Voraussetzung in Anspruch genommen werden, daß die Wertansätze der Steuerbilanz auch in die Handelsbilanz übernommen und in ihr beibehalten werden (vgl. Ludwig Schmidt, Einkommensteuergesetz, 4.Aufl., § 5 Anm.12 c; Söffing, Finanz-Rundschau --FR-- 1976, 313, 1977, 602; Bordewin, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1975/1976, 243 ff., 257, sowie --für § 14 des Berlinhilfegesetzes-- Erlaß des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 23.August 1974 S.1975 - 2 - V B 1, Betriebsberater --BB-- 1974, 1148). Diese Auffassung vertritt im vorliegenden Verfahren auch der BMF mit der Begründung, es könne nicht der Sinn der Vergünstigung des § 6b EStG sein, daß der Steuergläubiger auf die Besteuerung stiller Reserven verzichte, die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft jedoch durch spätere Gewinnerhöhung infolge Wertzuschreibung durch Ausschüttung begünstigt würden. Andere Autoren verwerfen diese Ansicht oder stellen sie zumindest in Frage (Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 13.Aufl., §§ 4, 5 Rdnr.75; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 5 Anm.49 j (4), EK-Lieferung 138; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht, 4.Aufl., S.20, insbesondere mit den weiteren Hinweisen in Anm.26).
2. Die handelsrechtlichen Vorschriften berechtigen grundsätzlich zur Zuschreibung in der Handelsbilanz.
§ 154 Abs.2 Nr.2 und § 155 Abs.3 Nr.2 des Aktiengesetzes (AktG) sehen den Ansatz niedrigerer Werte als der Anschaffungs- und Herstellungskosten ausdrücklich vor, soweit der niedrigere Ansatz für Zwecke der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag für zulässig gehalten wird. Der niedrigere Ansatz darf beibehalten werden (§ 154 Abs.2 letzter Satz AktG und § 155 Abs.4 AktG). Dies bedeutet jedoch nicht, daß die niedrigeren Wertansätze auch beibehalten werden müssen. Nach dem AktG ist der Unternehmer grundsätzlich zu Zuschreibungen berechtigt (§ 152 Abs.1 Satz 2 und § 157 Abs.1 Nr.11 AktG). Nach dem sog. Wilhelmi- Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages (zu BTDrucks IV/3296/31) sollte mit den Vorschriften der §§ 154 Abs.2 Nr.2 und 155 Abs.3 Nr.2 AktG lediglich die Gefahr beseitigt werden, daß die Unternehmen durch die handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften gehindert würden, steuerrechtliche Abschreibungsmöglichkeiten auszunutzen. Inhalt und Grenzen einer Maßgeblichkeit des Steuerrechts für das Handelsrecht können sich demnach nur aus den Normen des Steuerrechts ergeben.
3. Das Einkommensteuerrecht erlaubt Zuschreibungen in der Steuerbilanz nur im Rahmen des § 6 Abs.1 Nr.2 Satz 3 EStG. Diese Voraussetzungen liegen jedoch im Streitfall nicht vor, weil es sich bei den Gebäuden und Betriebsvorrichtungen, auf die die Rücklage gemäß § 6b Abs.3 EStG übertragen wurde, um abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens handelt, die nach § 6 Abs.1 Nr.1 EStG zu bewerten sind. Im übrigen geht das Einkommensteuerrecht von dem Grundsatz des Bewertungszusammenhanges aus. Das bedeutet, daß die schon in einem Vorjahr zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter in der Schlußbilanz des laufenden Wirtschaftsjahres höchstens mit dem Wert angesetzt werden dürfen, der in der Schlußbilanz des Vorjahres ausgewiesen ist. Der Grundsatz des Wertzusammenhanges schließt es aus, außerhalb des § 6 Abs.1 Nr.2 Satz 3 EStG Zuschreibungen, die in der Handelsbilanz vorgenommen wurden, im Jahr der Zuschreibung in der Steuerbilanz entsprechend zu berücksichtigen. Daher ist es steuerrechtlich nicht zulässig, den Gewinn des Wirtschaftsjahres 1972 um die in der Handelsbilanz vorgenommenen Zuschreibungen zu erhöhen. Eine Berichtigung des Wertansatzes ist vielmehr nur möglich, wenn dieser von Anfang an fehlerhaft war. Da die Voraussetzungen des § 6b EStG ursprünglich gegeben waren, hängt die Entscheidung über die Streitfrage davon ab, ob dem § 6b EStG der Grundsatz entnommen werden kann, daß die Möglichkeit der Rücklagenübertragung rückwirkend wegfallen soll, wenn der Steuerpflichtige Zuschreibungen in der Handelsbilanz vornimmt.
4. Der Senat ist der Auffassung, daß für eine solche Ansicht aus § 6b EStG nichts gewonnen werden kann.
§ 6b EStG regelt in seinem Abs.1 diejenigen Fälle, in denen im Jahre der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 6b Abs.4 Nr.2 EStG) die stillen Reserven des veräußerten Wirtschaftsguts auf noch in dem selben Jahr neu angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter bestimmter Art übertragen werden dürfen. Es kann dahingestellt bleiben, ob am Bilanzstichtag des Jahres der Übertragung die stillen Reserven auf ein neu angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut deren infolge der Übertragung niedrigere Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Jahresabschluß (Handelsbilanz) angesetzt werden müssen. Auch wenn man diese Frage bejaht, folgt daraus noch nicht, daß die im Jahr der Übertragung der stillen Reserven zu gewährende Steuervergünstigung unter dem Vorbehalt der Beibehaltung der steuerlichen Werte auch in der Handelsbilanz stünde (umgekehrter Maßgeblichkeitsgrundsatz). Der Wortlaut des § 6b EStG, sein Sinnzusammenhang und seine Entstehungsgeschichte sprechen nicht für diese Annahme.
a) In Abs.3 des § 6b EStG ist der Fall geregelt, daß im Jahre der Veräußerung von Wirtschaftsgütern eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage gebildet werden kann, soweit Steuerpflichtige einen Abzug nicht bereits nach Abs.1 vorgenommen haben. Bis zur Höhe dieser Rücklage können die Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs.1 und § 5 ermitteln (§ 6b Abs.4 Nr.1 EStG), von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten bestimmter Wirtschaftsgüter, die in späteren Jahren angeschafft oder hergestellt worden sind, im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung einen Betrag abziehen. Die Rücklage ist in Höhe der abgezogenen Beträge aufzulösen. Diese Möglichkeit ist --für bestimmte Fallgruppen unterschiedlich-- zeitlich begrenzt. Nach § 6b Abs.3 letzter Satz EStG ist die Rücklage nur zulässig, "wenn in der handelsrechtlichen Jahresbilanz ein entsprechender Passivposten in mindestens gleicher Höhe ausgewiesen wird".
Das Erfordernis, daß die Rücklage nach § 6b EStG von der gleichzeitigen Bildung eines Passivpostens im handelsrechtlichen Jahresabschluß abhängig gemacht wird, enthält --auch in seiner logischen Folge-- keine Aussage dahin, daß einkommensteuerrechtlich die Übertragung der stillen Reserven auf neu angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter unter dem Vorbehalt ihrer Bewertung in der Handelsbilanz stehe. § 6b Abs.3 letzter Satz EStG soll verhindern, daß der Gewinn, der mit der Veräußerung von Wirtschaftsgütern entstanden und im Veräußerungsjahr noch nicht auf ein neues Wirtschaftsgut übertragen worden ist, ausgeschüttet wird, so daß für die Anschaffung oder Herstellung neuer Wirtschaftsgüter keine Mittel mehr zur Verfügung stehen (Regierungsbegründung zum Steueränderungsgesetz 1964 --StÄndG-- BTDrucks IV/2400 S.64). Werden im Jahr der Anschaffung oder Herstellung der neuen Wirtschaftsgüter die stillen Reserven, die bei der früheren Anschaffung aufzudecken wären, durch Verrechnung mit der Rücklage nach § 6b EStG auf das neue Wirtschaftsgut übertragen, ist der Zweck, der mit der Bildung einer Rücklage auch in der Handelsbilanz erreicht werden soll, erfüllt. Die durch die Bildung einer Rücklage in der Handelsbilanz zunächst eingetretene Ausschüttungssperre bewirkt, daß die zu Neuinvestitionen nötigen Mittel im Betriebsvermögen verblieben sind und zur Reinvestition neuer Wirtschaftsgüter zur Verfügung gestanden haben. Sind die neuen Wirtschaftsgüter angeschafft oder hergestellt oder wird die Rücklage nach § 6b EStG aus zeitlichen Gründen aufgelöst, so besteht keine Veranlassung mehr für eine handelsrechtliche Ausschüttungssperre.
b) Auch der Zweck des § 6b EStG, wie er der Entstehungsgeschichte der Vorschrift zu entnehmen ist, erfordert nicht die Beibehaltung der niedrigeren Steuerbilanzansätze in der Handelsbilanz. Durch § 6b EStG soll erreicht werden, daß die beim Verkauf eines Wirtschaftsguts nach dem Vermögensvergleich gewinnerhöhend anfallenden stillen Reserven in bestimmten Fällen unversteuert bleiben. Dadurch soll der Kaufmann dazu angereizt werden, nicht mehr benötigte Wirtschaftsgüter steuerunschädlich zu veräußern und betriebswirtschaftlich sinnvolle Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen (vgl. die Regierungsbegründung zum StÄndG 1964, BTDrucks IV/2400 S.41). Dieses Ziel wird mit der Übertragung stiller Reserven auf neue Wirtschaftsgüter erreicht. Der Zwang zur handelsrechtlichen Beibehaltung der steuerrechtlichen Buchansätze würde sogar über das steuerpolitische Ziel des Gesetzes hinausgehen, wie es in den Gesetzesmaterialien (Begründung des Regierungsentwurfs) seinen Ausdruck gefunden hat. Er würde dazu führen, daß der Kaufmann --womöglich während der gesamten Dauer der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen-- in seiner handelsrechtlichen Bewertung eingeengt und außerstande wäre, kaufmännisch sinnvoll zu bewerten und seine stillen Reserven im Rahmen des handelsrechtlich Zulässigen aufzudecken. Hätte der Gesetzgeber in einem Fall, in dem lediglich bei der Veräußerung von Wirtschaftsgütern die stillen Reserven zunächst nicht besteuert werden sollen, die Inanspruchnahme dieser Steuervergünstigung von der Beibehaltung des Buchwerts neu angeschaffter oder hergestellter Wirtschaftsgüter auch in der Handelsbilanz abhängig machen wollen, so hätte es ihm freigestanden, dies im Gesetz ausdrücklich anzuordnen, insbesondere zu bestimmen, wie lange eine solche Bindung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz bestehen solle.
c) Schließlich spricht auch folgende Überlegung gegen die Ansicht der Finanzverwaltung.
Eine Ausschüttungssperre, wie sie von der Finanzverwaltung vertreten wird, wäre allenfalls bei Kapitalgesellschaften wirksam. Demgegenüber können die Gesellschafter von Personengesellschaften (OHG und KG) und Einzelunternehmer nicht daran gehindert werden, jederzeit Beträge aus dem Betriebsvermögen zu entnehmen. Bei der OHG und der KG kann jeder persönlich haftende Gesellschafter aus der Gesellschaftskasse Geld bis zum Betrag von 4 v.H. seines für das letzte Geschäftsjahr festgestellten Kapitalanteils zu seinen Lasten erheben und, soweit es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht, auch die Ausschüttung seines den bezeichneten Betrag übersteigenden Anteils am Gewinn des letzten Jahres verlangen (§ 122, § 161 Abs.2, § 169 des Handelsgesetzbuches). Damit ist das Entnahmerecht der persönlich haftenden Gesellschafter von ihrem Anteil am Handelsbilanzgewinn eines bestimmten Jahres grundsätzlich gelöst. Eine abweichende, rein gewinnabhängige Entnahmebefugnis kann zwar, muß aber nicht vereinbart werden. Insbesondere kann der Einzelunternehmer unabhängig von der Höhe seines Handelsbilanzgewinns entscheiden, in welchem Umfang er Beträge aus dem Betrieb entnehmen will. Es wäre mit dem Grundsatz der gleichmäßigen Besteuerung nicht vereinbar, die Gewährung des § 6b EStG von einer Ausschüttungssperre abhängig zu machen, die nur bei in bestimmter Rechtsform betriebenen Unternehmen wirksam wäre. Die Rechtsform der Kapitalgesellschaft enthält keine Besonderheiten, die gerade in der hier zu entscheidenden Frage eine unterschiedliche steuerrechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten.
5. Da das FG von seiner abweichenden Rechtsauffassung ausgegangen ist, muß sein Urteil aufgehoben werden. Aufzuheben sind ferner die geänderten Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1967 bis 1969 insoweit, als das FA der Klägerin die Steuervergünstigung des § 6b EStG entzogen hat. Die Berechnung der Körperschaftsteuerschulden für die Jahre 1967 bis 1969 wird dem FA übertragen (Art.3 § 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vom 31.März 1978, BGBl I, 446 i.d.F. des Gesetzes vom 22.Dezember 1983, BGBl I, 1515).
Fundstellen
BStBl II 1986, 324 |
BFHE 144, 14 |
BFHE 1986, 14 |
BB 1985, 1641-1642 (ST) |
DB 1985, 1818-1819 (ST) |
DStR 1985, 577-578 (ST) |
HFR 1985, 470-471 (ST) |
FR 1985, 442-443 (ST) |
Information StW 1985, 448-448 (ST) |
GmbH-Rdsch 1986, 30-32 (ST) |
StBp 1985, 218-218 (S) |