Leitsatz (amtlich)
Die Anwendung des § 10a EStG wird nicht ohne weiteres schon dadurch ausgeschlossen, daß der Steuerpflichtige in sein Betriebsvermögen zum kurzfristigen Ausgleich von Entnahmen Mittel einlegt. Die Steuervergünstigung ist jedoch im Fall einer Steuerumgehung nach § 6 StAnpG zu versagen, die dann vorliegt, wenn die Einlagemittel ohne jeden wirtschaftlich vernünftigen Grund dem Betriebsvermögen kurz vor Schluß des laufenden Wirtschaftsjahres zugeführt und kurz nach Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres wieder entnommen werden.
Normenkette
EStG § 10a; StAnpG § 6
Gründe
Aus den Gründen:
Nach der neueren Rechtsprechung des BFH kann ein betriebliches Interesse an der Einlage eines Wirtschaftsguts in das Betriebsvermögen nicht allein mit dem Interesse an einem Ausgleich von Entnahmen begründet werden (BFH-Urteile I 185/59 S, vom 19. Juli 1960, BFH 71, 629, BStBl III 1960, 485, und VI 230/64 U, vom 8. Oktober 1965, BFH 83, 630, BStBl III 1965, 730; Urteil des Verwaltungsgerichts - VG - Berlin XIX A 80/63 vom 5. Juli 1965, Entscheidungen der Finanzgerichte 1966 S. 68 - EFG 1966, 68 -). Durch (nicht veröffentlichtes) Urteil VI 210/65 vom 29. Oktober 1965 hat der BFH die Entscheidung des FG Schleswig-Holstein IV 116-118/64 vom 18. März 1965 (EFG 1965, 536) bestätigt und diesen Gedanken dahin erweitert, daß es bei Einlagen von Geld, das zum gewillkürten Betriebsvermögen gehöre, an der erforderlichen objektiven Beziehung zum Betrieb fehle, da der Vorgang über § 10a EStG nur die Ersparnis von Personensteuern bezwecke. Voraussetzung für einen Ausgleich der Entnahmen durch Einlagen sei, daß der Unternehmer wirklich eine "Einlage" mache, d. h. das Betriebsvermögen ernsthaft verstärke. Eine solche Verstärkung liege in der Regel nicht vor, wenn ein Steuerpflichtiger dem Unternehmen Mittel zuführe, in der Absicht, sie alsbald wieder zu entnehmen (BFH-Urteil VI 230/64 U, a. a. O.).
Dieser Rechtsprechung kann soweit nicht gefolgt werden, wie sie schon begrifflich das Vorliegen einer Einlage verneint, wenn der Steuerpflichtige dem Betriebsvermögen kurzfristig Mittel zuführt, um Entnahmen auszugleichen und sich damit die Steuervergünstigung des nicht entnommenen Gewinns zu erhalten. Das Motiv der Einlage ist ohne Bedeutung. Es kommt nur darauf an, ob das eingelegte Wirtschaftsgut Betriebsvermögen sein kann. Das ist bei Geld immer der Fall (vgl. Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 10a EStG Anm. 16).
Eine andere Frage ist, ob die Einlage zum Zweck des Ausgleichs der Entnahmen im Einzelfall eine Steuerumgehung nach § 6 StAnpG darstellt (vgl. BFH-Urteil IV 107/55 U vom 9. Mai 1957, BFH 65, 63, BStBl III 1957, 258, das zu der ähnlichen Vorschrift des § 32a EStG 1949 ergangen ist). Das wird im allgemeinen anzunehmen sein, wenn der Steuerpflichtige ohne jeden wirtschaftlich vernünftigen Grund - von der Absicht der Steuerersparnis abgesehen - kurz vor Schluß des Wirtschaftsjahres dem Betriebsvermögen Mittel zuführt, nur um im Hinblick auf § 10a EStG die Entnahmen auszugleichen, und wenn er die Mittel kurz nach Beginn des neuen Wirtschaftsjahrs wieder entnimmt. Auch der III. Senat des BFH hat in dem Urteil III R 71/68 vom 18. Dezember 1968 (BFH 94, 546, BStBl II 1969, 232) in dem umgekehrten Fall kurzfristiger Entnahmen eine Steuerumgehung nach § 6 StAnpG angenommen (vgl. zur Steuerumgehung nach § 6 StAnpG auch BFH-Urteile IV R 6/68 vom 27. Juni 1968, BFH 93, 64, BStBl II 1968, 700, und II 113/61 vom 2. März 1966, BFH 86, 396, BStBl III 1966, 509). Die Nachversteuerung der Mehrentnahmen im Jahr der Wiederentnahme der Einlage stellt nach Ansicht des Senats keinen ausreichenden Ausgleich des Steuervorteils dar, der durch die kurzfristige Einlage erlangt wurde.
Die tatsächlichen Feststellungen des FG reichen nicht aus, um abschließend beurteilen zu können, ob im Streitfall die Einlage eine Steuerumgehung nach § 6 StAnpG darstellt. Das FG hat insbesondere nicht hinreichend geprüft, ob die Einlage, abgesehen von dem Ausgleich der Entnahmen, auf wirtschaftlich vernünftigen Überlegungen der Steuerpflichtigen beruhte. Die Sache geht daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 68885 |
BStBl II 1970, 205 |
BFHE 1970, 415 |