Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Umfang der gewerblichen Betätigung bei Grundstücksgeschäften
Leitsatz (NV)
Werden mehrere Parzellen (insgesamt rd. 55 000 qm) erworben, aber nur die Parzelle X nach Aufteilung baureif gemacht und werden sodann deren Teilflächen an verschiedene Interessenten verkauft, so umfaßt die in diesen Maßnahmen zu sehende gewerbliche Betätigung zunächst nur die Parzelle X. Der spätere Verkauf der übrigen Parzellen könnte nur dann in diese gewerbliche Betätigung mit einzubeziehen sein, wenn sich entweder die Aktivitäten des Steuerpflichtigen auch auf die Baureifmachung dieser Parzellen erstreckt haben sollten oder wenn diese Parzellen zwar ohne ein Dazutun des Steuerpflichtigen Bauland geworden waren, aber ein sich auch auf diese Flächen erstreckender einheitlicher Betätigungswille vorgelegen hat.
Normenkette
EStG § 15; GewStDV § 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben im Juli 1969 eine Grundstücksfläche von rd. 55 000 qm. Es handelte sich dabei im wesentlichen um ein aufgelassenes Fabrikgelände. Erworben wurden im einzelnen die Flurstücke 6/4, 7, 39/3 sowie 45/3, die teilweise an die beiden Einfamilienhausgrundstücke der Kläger angrenzten. Nach dem damals geltenden Flächennutzungsplan war dieses Gelände zur gewerblichen Nutzung vorgesehen.
Zu Beginn des Jahres 1970 beschloß die Gemeinde, in der sich die erworbene Fläche befand, einen neuen Flächennutzungsplan aufzustellen. Die Planung berührte u. a. auch die von den Klägern erworbenen Flurstücke 45/3 und 6/4. Die Kläger wurden deshalb von der Gemeinde angeschrieben. Sie antworteten mit Schreiben vom 25. Mai 1972. In diesem Schreiben lehnten sie den Verkauf einer Teilfläche ab.
Mit Schreiben vom 16. März 1973 beantragten die Kläger beim Landkreis, Bodenverkehrsabteilung, die Genehmigung der Parzellierung der Parzelle 7. Sie sandten eine Fotokopie des Schreibens an die Gemeinde mit der Bitte, den Antrag bei der Kreisverwaltung zu befürworten. Am 13. April 1973 beantragten die Kläger bei der Gemeinde, den ehemaligen Bebauungsplan 25 so abzuändern, daß auf der Parzelle 7 sechs Einfamilienhäuser errichtet werden könnten. Sie ergänzten diesen Antrag durch das Schreiben vom 25. Mai 1973 mit einem Bebauungsvorschlag. Am 4. Oktober 1973 faßte der Bauausschuß zum Änderungsantrag der Kläger einen Beschluß, gegen den die Kläger Einwendungen erhoben. Nach weiteren intensiven Verhandlungen zwischen den Klägern und der Gemeinde wurde der Antrag in der Gemeinderatssitzung vom 14. Juni 1974 abgelehnt. Die Kläger wandten sich dagegen mit ihren Schreiben vom 25. Juni und 20. September 1974. Es folgten weitere Verhandlungen und weitere Schriftwechsel. Am 17. Dezember 1976 beschloß der Gemeinderat die Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans 25. Der geänderte Plan wurde im Mai 1977 rechtswirksam.
Im Jahre 1976 veräußerten die Kläger sechs Grundstücke aus der Parzellierung der ehemaligen Parzelle 7 und zwei weitere Grundstücke aus der Parzelle 45/3 für insgesamt . . . DM. Im Jahre 1977 veräußerten sie drei Grundstücke aus dem westlichen Teil der Parzelle 6/4 für insgesamt . . . DM. Außerdem boten sie im Jahre 1977 der Gemeinde den im geänderten Bebauungsplan ausgewiesenen Kinderspielplatz zum Erwerb an. Zum Erwerb kam es indes zunächst nicht, weil die Gemeinde wesentlich andere Vorstellungen über die Bedingungen des Erwerbs hatte. Die Verhandlungen darüber zogen sich hin. In einer Unterredung vom 12. April 1979 zwischen den Klägern und dem Gemeindedirektor kam man zu dem Ergebnis, daß der Kinderspielplatz als Baugelände für drei Baugrundstücke ausgewiesen werden sollte. Der Gemeindedirektor sollte diesen Plan den zuständigen Ausschüssen vortragen. Nach weiteren Verhandlungen erwarb die Gemeinde schließlich das Gelände auf Grund des Kaufvertrags vom 30. Mai 1980 (Flurstücke 6/11 bis 6/13 - Spielplatz, Wegefläche -).
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Kläger hätten einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben. Es erließ Gewinnfeststellungsbescheide und Gewerbesteuermeßbetragsbescheide für 1976, 1977 und 1980.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus, die Merkmale des gewerblichen Grundstückshandels seien erfüllt, der Bereich der privaten Vermögensverwaltung sei überschritten. Daß die Kläger sich bereits im März 1973 um die Veräußerung der Parzelle 7 bemüht hätten, spreche gegen ihre Behauptung, sie hätten das gesamte Gelände nur wegen ihrer jagdlichen Interessen erworben. Der Ankauf von Grund und Boden in der Absicht, ihn entsprechend den gegebenen Möglichkeiten alsbald mit Gewinn wieder zu verkaufen, schließe die Annahme einer privaten Vermögensverwaltung bereits aus.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Ohne Rechtsirrtum hat das FG darauf abgestellt, daß eine gewerbliche Betätigung Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht sowie Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr außerhalb freiberuflicher sowie land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit voraussetzt. Zutreffend ist auch, daß zwar die bloße Parzellierung und Veräußerung von Baugrundstücken ohne Rücksicht auf die Zahl der Verkäufe grundsätzlich nicht als gewerbliche Betätigung anzusehen ist, daß aber die Verkäufe als gewerblich betrachtet werden müssen, bei denen der Eigentümer zum Zwecke des Verkaufs die Grundfläche selbst als Bauland erschlossen oder zumindest bei der Erschließung und/oder bei der künftigen Bebauung aktiv mitgewirkt hat (vgl. u. a. Urteile des BFH vom 7. Februar 1973 I R 210/71, BFHE 109, 308, BStBl II 1973, 642 sowie vom 29. August 1973 I R 214/71, BFHE 110, 348, BStBl II 1974, 6).
Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze begegnet es keinen Bedenken, den Verkauf der sechs Grundstücke, die durch Aufteilung der Parzelle 7 entstanden waren, als Teil einer gewerblichen Betätigung anzusehen. Denn die Kläger haben ab dem 16. März 1973 durch zahlreiche Einzelmaßnahmen die öffentlich-rechtliche Genehmigung der Parzellierung der Parzelle 7 betrieben. Daß dieser Initiative eine Anfrage der Gemeinde aus dem Jahre 1972 vorausging, steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil sich diese Anfrage offenbar mit der Schaffung eines sog. Wendehammers, nicht dagegen mit der Bebauung der Parzelle 7 befaßte.
Die Vorentscheidung muß indes aufgehoben werden, weil sowohl über den Umfang der gewerblichen Tätigkeit als auch über deren Beginn nicht sämtliche entscheidungserheblichen Tatsachen festgestellt wurden.
1. Die bezüglich der Parzelle 7 vom FG zutreffend angenommene gewerbliche Tätigkeit rechtfertigt es für sich genommen nicht ohne weiteres, auch den Verkauf der übrigen Grundstücke als Teil einer gewerblichen Betätigung anzusehen. Dies könnte nur dann der Fall sein, wenn sich entweder die Aktivitäten der Kläger auch auf die Baureifmachung der übrigen Grundstücke erstreckt haben sollten, wozu das FG keine tatsächlichen Feststellungen getroffen hat, oder wenn diese Grundstücke zwar ohne ein Dazutun der Kläger Bauland geworden waren, ihre Veräußerung aber in einem solchen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Verkäufen der Grundstücke der ehemaligen Parzelle 7 standen, daß bezüglich aller verkauften Grundstücke von einem einheitlichen Betätigungswillen ausgegangen werden kann. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt objektiven Beweisanzeichen besondere Bedeutung zu. Es wird insoweit auf die Urteile des BFH vom 12. März 1964 IV 136/61 S (BFHE 79, 366, BStBl III 1964, 364); vom 16. Januar 1969 IV R 34/67 (BFHE 95, 219, BStBl II 1969, 375); vom 25. Juni 1975 I R 225/73 (BFHE 116, 537, BStBl II 1975, 850) sowie vom 19. Januar 1977 I R 10/74 (BFHE 121, 199 BStBl II 1977, 287) verwiesen. Entsprechendes gilt auch bezüglich der zur Errichtung eines Kinderspielplatzes veräußerten Fläche.
2. Die Vorentscheidung läßt nicht erkennen, ob bereits der Erwerb der Grundstücke im Jahre 1969 als Beginn der gewerblichen Betätigung anzusehen ist oder ob die Kläger erst 1973 mit der gewerblichen Tätigkeit begonnen haben. Die auf Seiten 8-9 der Vorentscheidung wiedergegebenen Überlegungen deuten zwar stark darauf hin, daß sich das FG der Annahme des FA anschließen wollte, wonach die Kläger ,,von Anbeginn die Absicht gehabt haben, das erworbene Gelände bei sich bietender Gelegenheit gewinnbringend zu veräußern". Andererseits enthält das angefochtene Urteil die Sätze: ,,Die Kläger beantragten die Genehmigung zur Parzellierung dieses Flurstücks im März 1973. Dieser Zeitpunkt ist entscheidend."
3. Die Frage, ob der Zeitpunkt des Grundstückserwerbs oder der Antrag auf Parzellierung als Beginn der gewerblichen Tätigkeit der Kläger anzusehen ist, kann nicht unaufgeklärt bleiben. Denn es ist nicht auszuschließen, daß sich die Grundstückswerte in der Zeit von 1969 bis 1973 sowohl durch die allgemeine Entwicklung als auch durch die eventuelle Bearbeitung der Grundstücke seitens der Kläger verändert haben. Sollte der Beginn der gewerblichen Tätigkeit erst im Jahre 1973 liegen, wird das FG noch Feststellungen zur Höhe der Grundstückseinlagewerte zu treffen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 414020 |
BFH/NV 1985, 73 |