Leitsatz (amtlich)
Überläßt der Steuerpflichtige das ihm gehörende Hotelgrundstück mit Gaststättenbetrieb in der Weise einer von ihm beherrschten GmbH, daß er das Unternehmen des Pächters führt und sich durch die Gestaltung der Verträge die Erträge des Unternehmens weitgehend zuführt, so beteiligt er sich selbst am wirtschaftlichen Verkehr und wird damit zum Gewerbetreibenden.
Normenkette
EStG 1961 § 15 Nr. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht des Revisionsklägers (Steuerpflichtiger) in den Erhebungszeiträumen 1961 bis 1963.
Der Steuerpflichtige war Rechtsanwalt und Eigentümer eines Hotels in günstiger Lage einer Großstadt, zu dem ein bekanntes Restaurant mit Weinstuben gehörte. Das Hotel war gegen eine Beteiligung am Umsatz in Höhe von 10 v. H. an eine GmbH verpachtet, an der der Steuerpflichtige zu 75 v. H. und seine als Geschäftsführerin bestellte Ehefrau zu 25 v. H. beteiligt waren. Der Steuerpflichtige überließ ferner der GmbH eine Hühnerfarm und zwei in fremden Gebäuden liegende Gaststätten, die er von Brauereien gepachtet hatte, gegen eine Umsatzpacht zum Betrieb. Der Steuerpflichtige betätigte sich nicht als Anwalt und widmete seine gesamte Arbeitskraft der Führung und Förderung der an die GmbH verpachteten Unternehmen, was ihn zu einem in der Führung von Gaststättenbetrieben besonders erfahrenen und bekannten Geschäftsmann machte.
Während der Steuerpflichtige der Auffassung war, daß er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bezogen habe (§ 21 EStG), nahm das FA einen gewerblichen Betrieb des Steuerpflichtigen an und hielt ihn für gewerbesteuerpflichtig.
Einspruch und Klage des Steuerpflichtigen blieben erfolglos. Das FG begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt. Der Steuerpflichtige habe sich nicht mehr im Rahmen einer bloßen Vermögensverwaltung gehalten, sondern sich durch seine umfangreiche Tätigkeit für die GmbH über die GmbH wie ein Gewerbetreibender am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt. Das ergebe sich besonders aus folgenden Umständen. Der Steuerpflichtige habe alle geschäftlichen Maßnahmen und Entscheidungen der von ihm beherrschten GmbH allein getroffen und seine gesamte Arbeitskraft als ein auf diesem Wirtschaftsgebiet allgemein bekannter Fachmann den an die GmbH verpachteten Unternehmen gewidmet. Die Ergebnisse dieser erfolgreichen wirtschaftlichen Betätigung seien im wesentlichen nicht der GmbH verblieben, sondern dem Steuerpflichtigen persönlich durch die Höhe der Umsatzbeteiligungen zugeflossen. Bezeichnend dafür, daß die Einschaltung der GmbH wirtschaftlich nur eine geringe Bedeutung gehabt habe, seien besonders die Tatsachen, daß der Steuerpflichtige nicht einmal einen schriftlichen Pachtvertrag mit der GmbH über das Hotelgrundstück habe vorlegen können und die Unterverpachtung der von Brauereien gepachteten Betriebe damit erklärt habe, daß die Brauereien nur an ihn als einen erfolgreichen und bekannten Geschäftsmann und nicht an die GmbH hätten unmittelbar verpachten wollen.
In der Revision wendet sich der Steuerpflichtige nur noch gegen die Behandlung der Pachtbezüge für die Überlassung des Hotelgrundstücks als gewerbliche Einnahme. Er rügt mangelnde Sachaufklärung und Verletzung materiellen Rechts.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Der Senat stimmt den Ausführungen des FG zu, mit denen es den Charakter der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen für die GmbH und für die an diese verpachteten Grundstücke und Betriebe als gewerbliches Unternehmen begründete. Es kann dahingestellt bleiben, ob man den vom Steuerpflichtigen geschaffenen Sachverhalt als eine sogenannte unechte Betriebsspaltung ansieht. Denn in jedem Fall besteht, wie der BFH im Grundsatzurteil I 57/61 S vom 16. Januar 1962, BFH 74, 275, BStBl III 1962, 104, im einzelnen dargelegt hat, keine Veranlassung, einen Sachverhalt steuerlich nur deshalb anders zu beurteilen, weil er in der Vergangenheit nicht durch die Aufspaltung eines einheitlichen Unternehmens in eine Betriebsgesellschaft (GmbH) und in eine Besitzgesellschaft geschaffen wurde. Es gelten also auch hier die Grundsätze, die die Rechtsprechung für die Betriebsspaltung entwikkelt hat. Es ist für die steuerliche Behandlung der Pachteinnahmen des Steuerpflichtigen unerheblich, daß der Steuerpflichtige vor Jahren nicht selbst als Einzelkaufmann oder zusammen mit seiner Ehefrau Unternehmer des Hotelbetriebes und der dazugehörigen Gaststätte war. Dem Steuerpflichtigen ist zwar darin zuzustimmen, daß das Steuerrecht auch hier von der geschaffenen bürgerlich-rechtlichen Rechtslage ausgehen und die Existenz der GmbH als Pächterin des Hotelgrundstücks beachten muß. Das hat aber nichts mit der steuerlichen Frage zu tun, welchen Charakter die so vom Steuerpflichtigen gezogenen Einkünfte haben. Denn wie sich aus § 21 Abs. 3 EStG ergibt, gehören die Einkünfte aus einer Verpachtung nur insoweit zu der in § 21 EStG bezeichneten Einkunftsart, als sie nicht nach steuerlichen Vorschriften anderen Einkunftsarten zuzurechnen sind.
Es ist dem Steuerpflichtigen weiter zuzugeben, daß in der Vermietung oder Verpachtung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks auch dann in der Regel kein gewerblicher Betrieb liegt, wenn der Pächter eine gewerbliche Tätigkeit darin ausübt (vgl. BFH-Urteile I 53/60 S vom 17. Januar 1961, BFH 72, 637, BStBl III 1961, 233, und IV 141/60 U vom 18. März 1964, BFH 79, 373, BStBl III 1964, 367). Wenn indessen die verpachteten Wirtschaftsgüter, besonders Grundstücke, die wesentliche Grundlage des Betriebes des Pächters darstellen und zwischen dem Pächter und dem Verpächter wirtschaftlich weitgehende Identität besteht, so geht der BFH in ständiger, schon vom Reichsfinanzhof entwickelten Rechtsprechung davon aus, daß sich jedenfalls dann der Verpächter durch den Betrieb des Pächters am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt und seine Pachteinnahmen gewerblichen Charakter annehmen, wenn er weitgehend auf die gewerbliche Betätigung des Pächters Einfluß nimmt (vgl. BFH-Urteil I 131/59 S vom 8. November 1960, BFH 71, 706, BStBl III 1960, 513, und IV 75/64 vom 23. Juni 1966, BFH 86, 625, BStBl III 1966, 589). Wie der VI. Senat des BFH im Urteil VI 169/65 vom 24. Februar 1967, BFH 88, 319, BStBl III 1967, 387, dem der Senat im Ergebnis beitritt, ausgeführt hat, kann in allen Fällen, in denen einem Gewerbebetrieb wesentliche Betriebsgrundlagen pachtweise überlassen werden, eine so enge Verflechtung der wirtschaftlichen und geschäftlichen Interessen des Pächters und des Verpächters vorliegen, daß auch der Verpächter zum Gewerbetreibenden wird. Für diese Beurteilung kommt es auf alle Umstände des Falles an. Es ist nicht immer erforderlich, daß zwischen dem Pächter und dem Verpächter wie bei einer sogenannten echten oder unechten Betriebsspaltung weitgehend wirtschaftliche Identität besteht. Es ist auch denkbar, daß in Ausnahmefällen alle anderen Umstände eine so weitgehende wirtschaftliche Verflechtung der beiderseitigen Interessen ergeben, daß die für die Betriebsspaltung entwickelten Grundsätze gelten.
Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so hat der Senat keinen Zweifel, daß der vom FG festgestellte, im wesentlichen unstreitige Sachverhalt zu keinem anderen Ergebnis führen kann als zur Behandlung der vom Steuerpflichtigen bezogenen Pachtzinsen als gewerbliche Einnahmen. Daß das Hotelgrundstück und die Gaststätte schon wegen der besonders günstigen Verkehrslage eine wesentliche Grundlage des Gewerbebetriebs der GmbH darstellten, kann nicht zweifelhaft sein. Denn ebenso wie bei einem Herstellungsbetrieb Fabrik und Bürogebäude im allgemeinen auch dann zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, wenn der Betrieb ohne wesentliche Veränderung seines Charakters in gemietete Räume verlagert werden könnte (vgl. Grundsatz-Urteil des BFH I 57/61 S), muß das erst recht für einen Hotel- und Gaststättenbetrieb gelten, der durch eine Verlegung in andere Räume zu einem anders gearteten Betrieb werden würde. Es kommt weiter, worauf das FG mit Recht entscheidenden Wert gelegt hat, hinzu, daß der Steuerpflichtige nicht nur die GmbH, also den Pächter, beherrschte, sondern daß er den Betrieb des Grundstückspächters allein führte und der Erfolg der Unternehmen auf seiner persönlichen Tüchtigkeit beruhte. Dadurch, daß nun der Steuerpflichtige die Rechtslage so gestaltete, daß er sich diesen Erfolg des Pächters als eigene Einnahme zuführte und dem Pächter daran nur ein geringer Anteil verblieb, machte er sich wirtschaftlich zum eigentlichen Herrn der Unternehmen und verband seine wirtschaftlichen Interessen mit denen des von ihm beherrschten Pächters so weitgehend, daß nicht mehr von einer privaten Verwaltung eines durch Verpachtung genutzten Vermögens gesprochen werden kann. Diese Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gibt vielmehr der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen den Charakter eines Gewerbebetriebs. Das muß erst recht gelten, wenn man weiter berücksichtigt, daß der Steuerpflichtige schon durch die Weiterverpachtung der beiden anderen Gaststätten in ähnlicher Form zum Gewerbetreibenden wurde, zu dessen Betrieb dann auch die Führung des Hotel- und Gaststättenunternehmens des Pächters gerechnet werden muß.
An diesem Ergebnis kann der Hinweis des Steuerpflichtigen auf das nicht zur Veröffentlichung bestimmte Urteil des I. Senats des BFH I 19, 20/64 vom 18. Mai 1966 (Steuerrechtsprechung in Karteiform § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes, Rechtsspruch 257) nichts ändern. Der I. Senat sah zwar dort in der Vermietung von Räumen durch den Grundstückseigentümer an eine ein Kaufhaus betreibende GmbH, an der der Grundstückseigentümer neben einem fremden Gesellschafter zu 75 v. H. beteiligt war, keine gewerbliche Tätigkeit, weil die vermieteten Räume keine wesentliche Grundlage für den Betrieb der GmbH darstellten und es an der wirtschaftlichen Identität des Verpächters und Pächters fehle. Es kann dahingestellt bleiben, ob die schon damals vorliegende Rechtsprechung nicht zu einem anderen Ergebnis hätte führen müssen und ob der IV. Senat diesen Fall anders entschieden hätte. Denn es muß aus den Urteilsgründen mit Sicherheit entnommen werden, daß der I. Senat die bisherige Rechtsprechung nicht aufgeben, besonders nicht von seinem eigenen Grundsatzurteil I 57/61 S habe abweichen wollen. Dies ergibt sich auch aus seinem Urteil I 76/64 vom 24. Januar 1968 (BFH 91, 368, BStBl II 1968, 354). Es kommt hinzu, daß sich der vom I. Senat entschiedene Fall in tatsächlicher Beziehung von dem hier zu beurteilenden Sachverhalt dadurch wesentlich unterscheidet, daß an der Eigenschaft des Hotelgrundstücks als wesentlicher Betriebsgrundlage kein Zweifel besteht und daß auch die wirtschaftliche Identität zwischen dem Pächter und dem Verpächter schon deshalb bejaht werden muß, weil an der GmbH nur der Steuerpflichtige und seine Ehefrau beteiligt waren.
Fundstellen
Haufe-Index 557490 |
BStBl II 1968, 677 |
BFHE 1968, 82 |