Leitsatz (amtlich)
1. Pensionszahlungen des Arbeitgebers sind Einkünfte des früheren Arbeitnehmers im Sinn des § 19 Nr. 2 EStG auch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit unbedeutenden Gehaltskürzungen für den Erwerb des Pensionsanspruches herangezogen hatte.
2. Für eine solche Beurteilung kann bereits der Umstand sprechen, daß der gekürzte Gehaltsteil nicht der Lohnsteuer unterworfen worden war.
Normenkette
EStG 1960 § 19 Nr. 2, § 22 Nr. 1a; LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Kläger) befindet sich seit dem 1. Januar 1961 im Ruhestand. Er ist vordem Handlungsbevollmächtigter einer Versicherungs-AG gewesen und hat während seiner Dienstzeit der Versorgungskasse (X) und der Pensionskasse (Y) jener Versicherungsgesellschaft als Mitglied angehört. In dem Jahr 1962 hat er eine Rente der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Höhe von 6 583 DM, eine Rente der X und Y in Höhe von 6 180 DM und eine Pension von seiten der Versicherungsgesellschaft in Höhe von 4 019 DM bezogen.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer beantragte der Steuerpflichtige, auch die Pension von 4 019 DM gemäß § 22 Nr. 1a EStG nur mit dem Ertragsanteil in Höhe von 803 DM der Einkommensteuer zu unterwerfen. Das FA setzte die Pension jedoch als Bezüge aus früheren Dienstleistungen im Sinn des § 19 Nr. 2 EStG 1960 mit dem vollen Betrage an.
Die Klage des Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Das FG war der Auffassung, daß die Pension des Steuerpflichtigen zum Teil auf eigenen Beitragsleistungen beruhe und deshalb gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV kein Arbeitslohn sei. Das FG ging von folgendem Sachverhalt aus:
Der Steuerpflichtige hatte am 23. Dezember 1958 mit der Versicherungsgesellschaft einen Pensionsvertrag abgeschlossen, dessen maßgebliche Bestimmungen in Nr. 11 wie folgt lauten:
"Für seine Altersversorgung hat der Berechtigte einen Beitrag von 5 v. H. des in Ziff. 2 genannten pensionsberechtigten Einkommens zu zahlen. Wenn sich hieraus für den Berechtigten eine höhere Beitragspflicht ergibt als für seine Mitgliedschaft zur X/Y, steht die Differenz der Gesellschaft zu. Die Beitragszahlung entfällt mit dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für eine Pensionszahlung gemäß Ziff. 1 dieses Vertrages gegeben sind."
In einem Nachtrag zu dem Pensionsvertrag wurde bestimmt:
"In Abänderung der Ziff. 2 des Pensionsvertrages wird das pensionsberechtigte Einkommen mit Wirkung vom 1. Mai 1960 auf 15 000 DM festgesetzt. Der Beitrag des Berechtigten erhöht sich gemäß Ziff. 11 des Pensionsvertrages dementsprechend."
Das pensionsberechtigte Einkommen ab 1. Januar 1961 betrug zu diesem Zeitpunkt 68 v. H. von 15 000 DM = 10 200 DM jährlich. Dementsprechend erhielt der Steuerpflichtige für das Jahr 1962 von der Gesellschaft einen Gesamtbetrag von 10 200 DM, der sich wie folgt zusammensetzte:
1. Rente der X/Y 6 180,60 DM
2. Pension der Gesellschaft
auf Grund des Pensionsvertrages 4 019,40 DM
zusammen: 10 200,00 DM
Auf Anfrage des FA im Einspruchsverfahren hatte die Versicherungsgesellschaft erklärt, die Pensionszahlungen hätten ihre Rechtsgrundlage nicht in einem Versicherungsvertrag, sondern in dem Pensionsvertrag, die Pension werde aus Mitteln der Gesellschaft gezahlt, die hierfür Pensionsrückstellungen gebildet habe. Im Gegensatz zu den Leistungen der X und der Y beruhe die Pension nicht auf früheren Beiträgen des Steuerpflichtigen. Zwar sei das pensionsberechtigte Einkommen auf Grund des Pensionsvertrages höher gewesen als das pensionsberechtigte Einkommen in der X/Y, so daß sich nach Ziff. 11 des Pensionsvertrages eine höhere Beitragspflicht des Steuerpflichtigen als bisher ergeben habe. Diese Differenz stelle jedoch keine Beitragszahlung, sondern eine Gehaltskürzung dar. Aus technischen Gründen habe es über ein Jahr gedauert, bis das pensionsberechtigte Einkommen in den Versorgungskassen an das des Pensionsvertrages habe angepaßt werden können. Die Anpassung sei zum 1. Mai 1960 erfolgt. Seitdem habe keine Beitragsdifferenz mehr bestanden. Soweit der Steuerpflichtige in der Zeit vom 1. Januar 1959 bis zum 1. Mai 1960 Beiträge von insgesamt 244 DM geleistet habe, ergebe sich aus der Größenordnung, daß dies kein Versicherungsbeitrag gewesen sein könne.
Das FG folgte dem nicht. Es war der Auffassung, der Steuerpflichtige habe auf Grund des Pensionsvertrages eigene Beiträge auf die von der Gesellschaft zugesagte Pension leisten müssen. In Ziff. 11 des Pensionsvertrages, die die Überschrift "eigene Beitragszahlung" trage, sei ausdrücklich bestimmt, daß der Steuerpflichtige einen Beitrag von 5 v. H. des pensionsberechtigten Einkommens zu zahlen habe. Diese Verpflichtung sei in Satz 2 der Ziff. 1 des Nachtrages nochmals wiederholt worden. Da das pensionsberechtigte Einkommen des Steuerpflichtigen auf Grund seiner Mitgliedschaft zur X und Y nicht das in dem Pensionsvertrag angesetzte pensionsberechtigte Einkommen von 14 000/15 000 DM erreicht habe, sei die in dem Pensionsvertrag festgelegte Verpflichtung zur Leistung eigener Beiträge auch tatsächlich zum Zug gekommen. Die Gesellschaft habe selbst eingeräumt, daß der Steuerpflichtige auf Grund des Pensionsvertrages in der Zeit vom 1. Januar 1959 bis 1. Mai 1960 Zahlungen an die Gesellschaft, eine sogenannte Beitragsdifferenz, von monatlich 15,25 DM geleistet habe. Für die Zeit nach dem 1. Mai 1960 sei nach den von dem Steuerpflichtigen vorgelegten Gehaltsabrechnungen der Y-Pflichtbeitrag von 12,25 DM um 15,25 DM auf 27,50 DM angehoben worden. Es könne dahingestellt bleiben, ob nach dieser Beitragserhöhung noch von eigenen Beitragszahlungen des Steuerpflichtigen auf Grund des Pensionsvertrages gesprochen werden könne, da unstreitig sei, daß der Steuerpflichtige in der Zeit vom 1. Januar 1959 bis 1. Mai 1960 eigene Beiträge auf seine spätere Pension geleistet habe. Die Bezeichnung der Beiträge als Gehaltskürzung könne am Beitragscharakter der Leistungen nichts ändern. Auch daraus, daß die einbehaltenen Beiträge nicht der Lohnsteuer unterworfen worden seien, könnten keine zwingenden Schlüsse für die steuerrechtliche Beurteilung der Pensionsbezüge getroffen werden. Auf die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen hinsichtlich des Versicherungsverhältnisses komme es nicht an. Der Anwendung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV stehe nicht entgegen, daß die Beiträge im Verhältnis zu den Pensionszahlungen nur gering seien. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV müsse dahin ausgelegt werden, daß der Verordnungsgeber zur Vermeidung kaum überbrückbarer Abgrenzungsschwierigkeiten durch jeden Beitrag des Arbeitnehmers das Vorliegen von Arbeitslohn ausschließen wollte. Die Pensionsbezüge des Steuerpflichtigen seien somit in vollem Umfang nach § 22 Nr. 1a EStG zu besteuern.
Mit der wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt das FA unrichtige Rechtsanwendung. Es macht insbesondere geltend: Aus dem am 23. Dezember 1958 geschlossenen Pensionsvertrag und aus der Auskunft der Versicherungsgesellschaft ergebe sich, daß die Pensionszahlungen ihre Rechtsgrundlage in einer Pensionszusage hätten. Die Pension werde aus Mitteln der Gesellschaft geleistet, die hierfür Pensionsrückstellungen gebildet habe. In der Pensionszusage und der Zuführung von Mitteln für eine Pensionsrückstellung liege aber noch kein Arbeitslohn. Zutreffend habe daher die Gesellschaft die Differenzbeträge aus Ziff. 11 des Pensionsvertrages als Gehaltskürzung behandelt und in der in Frage kommenden Zeit vom 1. Januar 1959 bis 30. April 1960 nur die um die Kürzungsbeträge geminderten Gehaltszahlungen der Lohnsteuer unterworfen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage des Steuerpflichtigen gegen die Einspruchsentscheidung des FA als unbegründet zurückzuweisen.
Der Steuerpflichtige beantragt, die Revision zu verwerfen. Man komme an der Tatsache nicht vorbei, daß ihm die Beitragsdifferenz immer einbehalten worden sei, und daß er also zu einem Teil dazu beigetragen habe, die Verpflichtung aus dem Pensionsvertrag zu erfüllen, worauf es entscheidend ankomme.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA hat Erfolg.
Nach § 19 Nr. 2 EStG 1960 gehören zu den steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit auch die Ruhegelder aus früheren Dienstleistungen. Davon ist zwar auch das FG zutreffend ausgegangen. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV besagt aber im Gegensatz zu der Auffassung des FG nichts anderes. Diese Vorschrift stellt lediglich für den Bereich der Lohnsteuer klar, daß Versorgungsbezüge, die auch auf eigenen Beitragsleistungen des früheren Arbeitnehmers beruhen, nicht zu den Einkünften des § 19, sondern zu denen des § 22 EStG gehören (vgl. das Gutachten des Senats VI D 1/57 S vom 27. März 1958, BFH 66, 670, BStBl III 1958, 258). Das sind in aller Regel Ruhegelder, die aus einer Versorgungseinrichtung fließen, die der Arbeitgeber geschaffen hat und zu der der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer anteilig beitragen. Im Streitfall bezog der Steuerpflichtige ebenfalls aus einer solchen Versorgungseinrichtung, der X/Y, eine Rente von 6 583 DM. Diese Rente beruht unstreitig auf eigenen Beiträgen des Steuerpflichtigen.
Das FG hat aber die Bestimmung des § 2 LStDV verkannt, wenn es meint, daß jede eigene Beitragsleistung zu den vom Arbeitgeber geleisteten Ruhegeldern deren rechtlichen Charakter ändere mit der Folge, daß diese Bezüge nun nicht mehr ihre Grundlage in dem früheren Arbeitsverhältnis hätten und deshalb Renten im Sinn des § 22 EStG seien. Würden Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine solche Abrede treffen, so würde diese an der nun einmal gegebenen Rechtslage nichts ändern. Renten eines Arbeitnehmers aus dem früheren Arbeitsverhältnis kommen, wie bereits gesagt, grundsätzlich nur in Betracht, wenn sie aus gesonderten Versorgungseinrichtungen fließen (so das Urteil des Senats VI 285/65 vom 23. Februar 1966, BFH 85, 33, BStBl III 1966, 225; vgl. auch VI 125/63 U vom 14. August 1964, BFH 80, 292, BStBl III 1964, 579). Wird eine solche Versorgungseinrichtung nicht geschaffen, aber gleichwohl eine Altersversorgung zugesagt, so wird der Arbeitgeber häufig eine Rückdeckungsversicherung abschließen. Zu deren Beiträgen kann er auch den Arbeitnehmer mit heranziehen (vgl. die Urteile des Senats VI 179/62 U vom 14. Februar 1964, BFH 79, 28, BStBl IIII 1964, 243; und VI 72/64 U vom 15. Oktober 1964, BFH 81, 117, BStBl III 1965, 42). Die "Beitragsanteile" des Arbeitnehmers können dann als eigene Beitragsleistungen im Sinne des § 2 LStDV angesehen werden, wenn sie aus den Mitteln des Arbeitnehmers geleistet sind, wie es z. B. bei einer Leistung aus dem dem Arbeitnehmer zugeflossenen (und versteuerten) Gehalt der Fall ist. Es ist aber auch möglich, daß es sich bei den "Beitragsanteilen" um Gehaltskürzungen handelt, die nicht der Lohnsteuer unterliegen (vgl. das Urteil des Senats VI 229/63 vom 11. Februar 1966, BFH 85, 409, BStBl III 1966, 486); die aus den Gehaltskürzungen geleisteten "Beiträge" sind keine Beiträge des Arbeitnehmers zu den späteren Ruhegeldern (vgl. dazu das angeführte Urteil VI 72/64 U, a. a. O.).
Bei den Beitragsleistungen des Steuerpflichtigen von 5 v. H. nach § 11 des Pensionsvertrages handelt es sich offensichtlich um eine technische Anpassung der beiderseitigen Verpflichtungen der Versicherungsgesellschaft und des Steuerpflichtigen bei der Anrechnung der späteren Leistungen der Versorgungskassen auf die Pensionsleistungen, zu denen sich die Versicherungsgesellschaft verpflichtet hatte. Für ihre Beurteilung ist von den Grundsätzen des angeführten Urteils VI 125/63 U (a. a. O.) auszugehen. Die Verbindung der Pensionsverpflichtungen der Versicherungsgesellschaft mit den von den Versorgungskassen zu leistenden Renten macht die von der Versicherungsgesellschaft als Arbeitgeberin zu leistenden Altersbezüge nicht zu Renten, die auf eigenen Beiträgen des Steuerpflichtigen beruhen. Jedenfalls können die einem Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber gewährten Altersbezüge im Sinn des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV nur dann Renten im Sinn des § 22 EStG statt Einkünften aus einem früheren Arbeitsverhältnis sein, wenn die sogenannten Beiträge des Arbeitnehmers zu den späteren Altersbezügen in einem angemessenen Verhältnis gestanden haben. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt, wenn die "Beiträge" des Steuerpflichtigen in Höhe von insgesamt 244 DM ihm Anspruch auf zusätzliche jährliche Altersbezüge von 4 019 DM gaben. Mag auch der Pensionsvertrag in Nr. 11 die vom Steuerpflichtigen zu erbringenden Eigenleistungen als "Beiträge" bezeichnet haben, so sind derart unbedeutende Leistungen doch keine eigenen "Beiträge" zu den Altersbezügen im Sinn des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 LStDV.
Derartige Beiträge könnten auch überhaupt nur dann in Betracht kommen, wenn der Steuerpflichtige sie im Sinn der angeführten Urteile VI 179/62 U und VI 72/64 U (a. a. O.) aus den in voller Höhe der Besteuerung unterworfenen Arbeitseinkünften geleistet hätte. Das ist hier nicht geschehen. Im Streitfall hat die Versicherungsgesellschaft die sogenannten Beiträge als Gehaltskürzungen behandelt und nicht der Lohnsteuer unterworfen. Eine abweichende Beurteilung im Sinn des bereits angeführten Urteils VI 285/65 (a. a. O.) kann auf den Streitfall keine Anwendung finden, weil die sogenannten Beiträge des Steuerpflichtigen nicht fälschlich der Lohnsteuer unterworfen waren.
Das Urteil des FG war deshalb gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1, § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Nach den angeführten Grundsätzen beruhen die von der Versicherungsgesellschaft geleisteten Pensionszahlungen in Höhe von 4 019 DM nicht auf eigenen Beiträgen des Steuerpflichtigen. Seine Klage war deshalb nach Aufhebung der Vorentscheidung als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 68413 |
BStBl II 1969, 187 |
BFHE 1969, 445 |