Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Bilanzierung in einem späteren Wirtschaftsjahr nach der Betriebseröffnung: Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs bei erstmaliger Bilanzaufstellung unbeachtlich, Wertansatz von zuvor nicht bilanzierten Wirtschaftsgütern
Leitsatz (amtlich)
Im Fall eines "nicht erkannten Gewerbebetriebs", für den erst in einem späteren Wirtschaftsjahr nach der Betriebseröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, sind bei erstmaliger Bilanzaufstellung die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich. Der erste Bilanzansatz eines zuvor nicht bilanzierten Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Beginn an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde. Die Einbuchung in die Anfangsbilanz erfolgt gewinnneutral.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 5; HGB § 253
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) ist die Witwe des am 30. Juni 1997 verstorbenen Herrn D. D arbeitete im Hauptberuf als Journalist. Die Eheleute D wurden im Streitjahr 1994 zusammenveranlagt. Die Kläger und Revisionskläger zu 2. und 3. (im Folgenden: Klägerin zu 2. und Kläger zu 3.) sind die Kinder des D und dessen gemeinschaftliche Miterben.
D besaß umfangreiches Grundvermögen und beteiligte sich in den 70er und 80er Jahren als Initiator an Bauherrenmodellen. Danach wurde D neben einem anderen Initiator stets Gründungsgesellschafter in Gesellschaften bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Objekt-GbR), die Grundstücke erwarben und hierauf Wohngebäude errichteten oder modernisierten. Nach Fertigstellung wurden die Gebäude nach den Vorschriften des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (im Folgenden: WEG) geteilt. Anschließend wurden die Wohnungen den später eintretenden Gesellschaftern in der jeweiligen Objekt-GbR im Gesellschaftsvertrag für den Fall einer späteren Auseinandersetzung "zugewiesen" und die Gesellschafter als Eigentümer in das Wohnungsgrundbuch eingetragen. Die "Zuweisung" geschah, indem D oder der Mitinitiator Teile ihrer GbR-Anteile an die Erwerber der jeweiligen Wohnungen veräußerten.
Die Bauvorhaben der Objekt-GbRs wickelte der Mitinitiator (im Folgenden: L) ab. D hatte L mittels eines Vollmachts- und Treuhandvertrags ermächtigt, ihn persönlich bei der Abwicklung der einzelnen Bauvorhaben als Gesellschafter der jeweiligen Objekt-GbRs zu vertreten. D wurde auf Grundlage dieser Vollmacht mit Kreditverpflichtungen für Baukosten der Objekt-GbRs und mit Bürgschaften belastet. L hatte auch Zugriff auf Baukonten des D und tätigte Überweisungen zu Lasten des D. D vereinnahmte für die Hingabe der Nachbürgschaften in den Jahren 1981 und 1982 rund 1 Mio. DM von dem L nahestehenden Gesellschaften.
Ende 1983/Anfang 1984 erkannte D, dass sich mehrere Objekte in einer wirtschaftlichen Schieflage befanden. Aufgrund einer Vereinbarung vom 28. August 1984 nahm er einen persönlichen Kredit bei der X-Bank auf, und zwar über 12,9 Mio. DM u.a. für die Objekte A-Straße (11,2 Mio. DM, im Folgenden: A), B-Straße (600 000 DM, im Folgenden: B) und C-Straße (900 000 DM, im Folgenden: C).
Die Objekt-GbR B wurde 1987 aufgelöst. Das Grundstück einer weiteren GbR wurde von der X-Bank zwangsversteigert.
Am 27. April 1989 schloss D mit der X-Bank einen notariellen Vergleich. Nach einer Anlage zu diesem Vergleichsvertrag beliefen sich die Schulden des D bei der X-Bank zum Vergleichszeitpunkt auf ca. 21,245 Mio. DM und entfielen sowohl auf Objekte in dessen Privatvermögen als auch auf Objekte in den Objekt-GbRs. In diesem Vergleich übertrug D seine GbR-Anteile an den Objekt-GbRs C und A an die X-Bank. Es wurden sog. Altkredite II im Zusammenhang mit den Objekt-GbRs C, B und A abgelöst und in einen Neukredit in Höhe von 3,116 Mio. DM umgeschuldet. Die Kaufpreise für die GbR-Anteile A und C wurden von der X-Bank als Tilgungsleistungen auf das Umschuldungsdarlehen anerkannt, so dass es bei einem Restdarlehen an D in Höhe von 2,5 Mio. DM verblieb. In einer Vereinbarung zu den sog. Altkrediten III wurden für weitere streitige Verbindlichkeiten alle bisherigen Konten geschlossen und ein Neudarlehen an D in Höhe von 3 Mio. DM ausgereicht. Zum Ende des Streitjahres valutierten die Darlehensverbindlichkeiten weiterhin in Höhe der Vergleichssummen.
Die Bauherrengemeinschaften A, B, C wurden beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) geführt. Für die Objekt-GbRs B und C wurden einheitliche und gesonderte Feststellungen durchgeführt und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt. Die Objekt-GbR A wurde ausschließlich im Einkommensteuerbescheid des D bei dessen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erfasst.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärten D und die Klägerin zu 1. im Hinblick auf das Grundvermögen in den Objekt-GbRs und im sonstigen Vermögen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 412 795 DM und einen positiven Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 924 708 DM. Die Einkommensteuer 1994 wurde unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs nach § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) zum 31. Dezember 1993 mit 0 DM festgesetzt und ein verbleibender Verlustabzug zum 31. Dezember des Streitjahres festgestellt.
Im Einspruchsverfahren gegen den Bescheid zur Feststellung des Verlustabzugs zum 31. Dezember des Streitjahres beantragten die Kläger, den Verlustabzug um 5,5 Mio. DM zu erhöhen. Sie reichten erstmals Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen zum 1. Januar und zum 31. Dezember des Streitjahres für einen gewerblichen Grundstückshandel und eine Mehr-Weniger-Rechnung ein. Die Verbindlichkeiten aus der Vereinbarung mit der X-Bank vom 27. April 1989 zu den Altkrediten II und III in Höhe von rund 5,5 Mio. DM führten im Wege einer Bilanzberichtigung zu nachträglichen negativen Einkünften. D sei gewerblicher Baupate und gewerblicher Grundstückshändler gewesen. Auf der Aktivseite der Bilanz wiesen die Kläger die im Streitjahr noch nicht veräußerten Grundstücke aus weiteren Objekt-GbRs aus. Auf der Passivseite stellten die Kläger unter anderem die Verbindlichkeiten aus dem Vergleich mit der X-Bank vom 27. April 1989 ein. Zusätzlich ermittelten sie einen laufenden Verlust aus dem Grundstückshandel für das Streitjahr in Höhe von ./. 208 063,24 DM.
Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Seine Entscheidung ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte 2006, 23 veröffentlicht.
Zur Begründung der Revision tragen die Kläger vor, die Tätigkeit des D als Baupate und die Veräußerung der Anteile an den verschiedenen Objekt-GbRs seien Geschäftsvorfälle des gewerblichen Grundstückshandels, der im Streitjahr noch mit einem Restbetriebsvermögen fortbestanden habe. Da D nicht die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewählt habe, habe er gemäß § 4 Abs. 1 EStG zu bilanzieren. In der Bilanz zum 1. Januar des Streitjahres bestehe das Kapital des D aus den kumulierten Anschaffungs- und Herstellungskosten der Grundstücke abzüglich der Abschreibungen und der Schulden der Vorjahre. Die Einbuchung der Verbindlichkeiten aus der Vereinbarung vom 27. April 1989 wirke sich gewinnmindernd aus, da diese zur Erhöhung der Passivposten in der Schlussbilanz des Streitjahres führten. Die Höhe der Verbindlichkeiten nach Umschuldung spiegele die Differenz zwischen den erfolgswirksamen kreditfinanzierten Anschaffungskosten der GbR-Anteile, die eingetretenen Veräußerungsverluste im Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückshandels sowie die Einkünfte aus dem Erlass der ursprünglich höheren persönlichen Verbindlichkeiten des D aus der Kreditaufnahme des Jahres 1984 wider. Im Rahmen der Bilanzberichtigung seien die in früheren Veranlagungszeiträumen eingetretenen verlustbedingten Minderungen des Kapitals per Saldo im Streitjahr als dem ersten noch offenen Veranlagungszeitraum nachzuholen.
Die Kläger beantragen sinngemäß, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer 1994 des D unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen FG 2 K 9/02 in Höhe von 5 821 052 DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Einbuchung der Verbindlichkeiten sei im Streitjahr allenfalls erfolgsneutral nachzuholen. Eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung sei nicht möglich. Es gebe keinen formellen Bilanzenzusammenhang mit einer fehlerhaften Schlussbilanz des Vorjahres. Die Kläger hätten --unterstellt ein gewerblicher Grundstückshandel liege vor-- wie bei der Eröffnung eines Betriebs eine Anfangsbilanz auf den 1. Januar des Streitjahres aufzustellen. In diese seien die Wirtschaftsgüter und Verbindlichkeiten mit den fortgeführten Buchwerten einzustellen, die sich bei von Beginn an zutreffender Bilanzierung ergäben. Diese fehlerberichtigende Einbuchung habe keine Gewinnauswirkung, sondern sei erfolgsneutral gegen eine Minderung des Kapitals vorzunehmen. In der Schlussbilanz des Streitjahres seien die Verbindlichkeiten mit denselben Buchwerten wie in der Anfangsbilanz anzusetzen, so dass sich auch insoweit im Streitjahr keine Gewinnminderung ergebe.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und deshalb gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Kläger aus der begehrten Bilanzberichtigung im Streitjahr keine weiteren negativen Einkünfte beanspruchen können, so dass eine Erhöhung des bislang festgestellten verbleibenden Verlustabzugs zum 31. Dezember des Streitjahres (1994) nicht in Betracht kommt.
1. Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustabzug ist gesondert festzustellen (§ 10d Abs. 3 Satz 1 EStG). Einen "nicht ausgeglichenen Verlust" i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG können nur Abzugsposten bilden, die auf den Stufen bis zur Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht durch Verrechnung mit positiven Einkünften ausgeglichen werden können. Im Verlustentstehungsjahr liegt gemäß § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG daher bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte ein "nicht ausgeglichener Verlust" vor, wenn die Zusammenfassung der positiven und negativen Einkünfte des Veranlagungszeitraums gemäß § 2 Abs. 3 EStG mit einem Überhang der negativen Einkünfte und damit einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte endet (v. Groll, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 10d Rz B 280).
2. Die Kläger können aus der geltend gemachten Bilanzberichtigung in dem behaupteten gewerblichen Grundstückshandel keine weiteren negativen Einkünfte beanspruchen (vgl. unter II.2.b), so dass ein bislang "nicht ausgeglichener Verlust" gemäß § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG im Streitjahr nicht vorliegt.
a) Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen, ob im Streitfall von D ein gewerblicher Grundstückshandel aufgrund dessen Tätigkeit als Mitinitiator der Objekt-GbRs, der Übernahme persönlicher Verbindlichkeiten und Bürgschaften gegen Provision und Veräußerung der Gesellschaftsanteile an den Objekt-GbRs betrieben wurde. Hätte ein gewerblicher Grundstückshandel vorgelegen, bedeutete dies im Übrigen auch nicht zwingend, dass die begehrte Bilanzberichtigung auf der Ebene des D durchzuführen wäre.
aa) Im Fall gewerblich tätiger Objekt-GbRs wären die geltend gemachten betrieblichen Verbindlichkeiten aus der Vereinbarung vom August 1984 und deren Umschuldung in der Vereinbarung vom April 1989 als passives Sonderbetriebsvermögen II des D (vgl. zu Verbindlichkeiten des Sonderbetriebsvermögens Schmidt/Wacker, EStG, 27. Aufl., § 15 Rz 522) bei den jeweiligen Objekt-GbRs zu behandeln, da D mit den Verbindlichkeiten Schulden der Objekt-GbRs abgelöst hatte. Die Gewinnauswirkungen hieraus wären in der Gewinnermittlung auf der Ebene der jeweiligen Personengesellschaft und in Feststellungsbescheiden gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung zu erfassen. Sie könnten von vornherein nicht Gegenstand einer Bilanzberichtigung in einem eigenen Gewerbebetrieb des D sein.
bb) Denkbar wäre ein gewerblicher Grundstückshandel des D jedoch, wenn es sich bei den Objekt-GbRs um vermögensverwaltende --wie bislang veranlagt-- oder gewerblich geprägte Personengesellschaften handelte und D innerhalb von fünf Jahren mehr als drei GbR-Anteile veräußert hätte.
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mehrfach entschieden hat, ist die Veräußerung des Anteils an einer vermögensverwaltenden Grundstücksgesellschaft (unabhängig davon, ob es sich um rein vermögensverwaltende oder gewerblich geprägte Gesellschaften handelt) der Veräußerung eines Grundstücks gleichzustellen. Die Anteile sind Objekte im Sinne der sog. Drei-Objekt-Grenze (BFH-Urteile vom 7. März 1996 IV R 2/92, BFHE 180, 121, BStBl II 1996, 369; vom 10. Dezember 1998 III R 61/97, BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390, und vom 5. Juni 2008 IV R 81/06, BFHE 222, 295, BFH/NV 2008, 1751, m.w.N.; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 26. März 2004 IV A 6 -S 2240- 46/04, BStBl I 2004, 434 Rz 18 bei einer Beteiligung von mindestens 10 %; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 15 Rz 74, m.w.N.).
Ein Gesellschafter, der demnach innerhalb von fünf Jahren mehr als drei solcher Gesellschaftsanteile erwirbt und verkauft, überschreitet regelmäßig die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung und wird damit zum gewerblichen Grundstückshändler, wie wenn er mehr als drei Grundstücke (oder z.B. zwei Grundstücke und zwei Gesellschaftsanteile) veräußert (BFH-Urteil in BFHE 222, 295, BFH/NV 2008, 1751).
Ergibt sich die gewerbliche Betätigung erst aus einer Gesamtschau der Anteilsveräußerungen eines Steuerpflichtigen, sind die Gewinne aus den Anteilsveräußerungen als laufende Gewinne des gewerblichen Grundstückshandels des Steuerpflichtigen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung zu erfassen (vgl. zu dieser "Gesamtbildbetrachtung" BFH-Entscheidungen vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, und in BFHE 222, 295, BFH/NV 2008, 1751).
Damit wäre ein gewerblicher Grundstückshandel des D nach den vorstehenden Grundsätzen aufgrund der Veräußerung von Anteilen an den Objekt-GbRs jedenfalls denkbar. Der Senat kann aus den Feststellungen des FG jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen, in welchem Umfang D innerhalb von fünf Jahren Anteile erworben und veräußert hat. Läge ein gewerblicher Grundstückshandel aufgrund der Anteilsveräußerungen auf der Ebene des D vor, könnten auch die Darlehensverbindlichkeiten aus der Vereinbarung vom 27. April 1989 als Verbindlichkeiten des notwendigen Betriebsvermögens in diesem Betrieb anzusehen sein, da die Darlehen aufgenommen wurden, um die Gebäude zu errichten und die spätere Veräußerung der Anteile an den Objekt-GbRs zu ermöglichen.
b) Selbst wenn man den Klägern aber (hypothetisch) dahingehend folgte, dass D einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat und er gemäß § 4 Abs. 1 EStG zur Bilanzierung verpflichtet war, ergeben sich im Streitjahr aus der Bilanzberichtigung nicht die geltend gemachten weiteren negativen gewerblichen Einkünfte.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH zählen bei Vorliegen eines gewerblichen Grundstückhandels die zur Veräußerung bestimmten Grundstücke oder die Anteile an Grundstücksgesellschaften zum Umlaufvermögen (BFH-Urteile vom 21. Juni 2001 III R 27/98, BFHE 196, 59, BStBl II 2002, 537; vom 14. Dezember 2006 IV R 3/05, BFHE 216, 233, BStBl II 2007, 777; in BFHE 222, 295, BFH/NV 2008, 1751; BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 434). Wird ein zum Umlaufvermögen zählendes Grundstück oder ein GbR-Anteil bei einem bilanzierenden gewerblichen Grundstückshändler mit Darlehensmitteln erworben, sind sowohl die Kreditaufnahme als auch der Anschaffungsvorgang gewinnneutrale Geschäftsvorfälle. Kommt es zum Verkauf des Grundstücks oder GbR-Anteils, realisiert der Grundstückshändler mit der Veräußerung erfolgswirksam einen laufenden Gewinn oder Verlust i.S. des § 15 Abs. 2 EStG.
Die bis 1989 in dem behaupteten gewerblichen Grundstückshandel des D vorgenommenen GbR-Anteilsveräußerungen hätten somit nur in den Zeitpunkten zu laufenden Veräußerungsgewinnen oder -verlusten geführt, in denen die GbR-Anteile von D bei Eintritt neuer Gesellschafter in die Objekt-GbRs und im Zuge des Vergleichs mit der X-Bank im Jahr 1989 an diese veräußert wurden. Zudem hätte D aufgrund der Umschuldung im Jahr 1989 betriebliche Erträge realisiert, als die X-Bank ihm dem gewerblichen Grundstückshandel zuzuordnende betriebliche Verbindlichkeiten teilweise erlassen hat.
bb) Diese --bei Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels-- eingetretenen Gewinnminderungen lassen sich aber nicht mittels Einbuchung der Altkredite II und III in die erstmals aufgestellte Anfangs- und Schlussbilanz des Streitjahres "nachholen". Die Einbuchung der Altkredite II und III müsste in der Anfangsbilanz des Streitjahres erfolgsneutral zum Buchwert erfolgen. Aufgrund der unveränderten Buchwerte der Verbindlichkeiten in der Schlussbilanz des Streitjahres käme es auch nach Einbuchung zu keiner Gewinnminderung.
(1) Existieren Bilanzen sowohl eines Berichtigungsjahres als auch des Vorjahres, ist --wie die Kläger zutreffend ausführen-- ein unrichtiger Bilanzansatz grundsätzlich in derjenigen Schlussbilanz zu korrigieren, in der er erstmals aufgetreten ist. Kommt eine Änderung des für das Fehlerjahr ergangenen Steuerbescheids wegen Festsetzungsverjährung nicht in Betracht, ist die Richtigstellung grundsätzlich in der ersten, verfahrensrechtlich noch "offenen” Schlussbilanz vorzunehmen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 10. Dezember 1997 XI R 52/96, BFHE 185, 164, BStBl II 1998, 377; vom 13. Juni 2006 I R 58/05, BFHE 213, 559, BStBl II 2006, 928). Dabei sind fehlerhafte Bilanzansätze im Rahmen einer Bilanzberichtigung grundsätzlich erfolgswirksam zu korrigieren, wenn der Bilanzierungsfehler sich erfolgswirksam ausgewirkt hat (vgl. BFH-Urteil vom 6. August 1998 IV R 67/97, BFHE 186, 402, BStBl II 1999, 14). Wird die Berichtigung über die sog. Mehr-Weniger-Rechnung nach der Bilanzpostenmethode --wie von den Klägern befürwortet-- durchgeführt, führt die Erhöhung von Schuldposten in der Schlussbilanz zu einer Betriebsvermögensminderung und damit zu einer Minderung des Unterschiedsbetrags gemäß § 4 Abs. 1 EStG.
(2) Der BFH hat aber für den Fall eines "nicht erkannten Gewerbebetriebs", in dem --wie im Streitfall-- für ein späteres Wirtschaftsjahr nach Eröffnung mit der Bilanzierung begonnen wird, entschieden, dass bei erstmaliger Bilanzaufstellung mangels einer vorhergehenden Schlussbilanz im ersten noch offenen Jahr die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs unbeachtlich sind (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1997 IV R 76/96, BFH/NV 1998, 578).
Für den ersten Bilanzansatz eines Wirtschaftsguts des notwendigen Betriebsvermögens in der erstmals aufzustellenden Anfangsbilanz gelten damit die Grundsätze des formellen Bilanzenzusammenhangs ebenfalls nicht (Senatsurteil vom 24. Oktober 2001 X R 153/97, BFHE 197, 105, BStBl II 2002, 75; BFH-Entscheidungen vom 28. Januar 1992 VIII R 28/90, BFHE 168, 30, BStBl II 1992, 881; vom 23. Juni 2000 VIII B 52/99, BFH/NV 2000, 1487). Der Bilanzansatz für das zuvor nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bemisst sich nach dem Wert, mit dem es bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde (Senatsurteil in BFHE 197, 105, BStBl II 2002, 75). Die nachträgliche Einbuchung des Wirtschaftsguts in die Anfangsbilanz selbst ist eine berichtigende gewinnneutrale Einbuchung über das Kapitalkonto und keine Einlage (Senatsurteil in BFHE 197, 105, BStBl II 2002, 75).
(3) Diesen Grundsätzen folgend wäre --das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels im Streitjahr unterstellt-- im Streitjahr zum 1. Januar eine Anfangsbilanz aufzustellen, in der die dem Gewerbebetrieb zuzuordnenden Verbindlichkeiten über das Kapitalkonto zum Buchwert (hier: Nennwert) einzubuchen wären. In der Schlussbilanz des Streitjahres ergäbe sich keine Änderung des Buchwerts der Verbindlichkeiten und damit keine Gewinnauswirkung aus deren bilanzieller Erfassung. Die von den Klägern begehrte Gewinnminderung, welche allein darauf beruht, dass sie die Einbuchung der Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen des Bilanzenzusammenhangs nur in der Schlussbilanz des Streitjahres vornehmen, um dadurch zu einer Erhöhung der Passivposten und einer Betriebsvermögensminderung zu gelangen, kann folglich nicht eintreten, weil eine Bilanzberichtigung nach den Grundsätzen des formellen Bilanzenzusammenhangs nicht vorzunehmen wäre.
Wirtschaftlich betrachtet ist zwar nachvollziehbar, dass die Kläger per Saldo aus den kumulierten betrieblichen Veräußerungsverlusten einerseits und den betrieblichen Erträgen aus dem teilweisen Erlass der Verbindlichkeiten im Jahr 1989 andererseits in etwa von betrieblichen Verlusten für die Gesamtdauer des "Grundstückshandels" von 5,5 Mio. DM ausgehen. Diese Verluste beruhen aber nicht auf der bisherigen Nichterfassung der Verbindlichkeiten. Nur die Veräußerungsverluste für die zum Umlaufvermögen gehörenden GbR-Anteile hätten zu negativen Einkünften im jeweiligen Realisationszeitpunkt führen können. Eine Nachholung dieser in der Vergangenheit nicht erfassten möglichen Gewinnauswirkungen über die Bilanzberichtigung ist jedoch nicht möglich, weil die bilanzielle Erfassung der Verbindlichkeiten auch bei zeitgerechter Bilanzierung stets ein gewinnneutraler Vorgang gewesen wäre.
c) Hinsichtlich der von D aufgenommenen Nachbürgschaften steht für den Senat nach den Feststellungen des FG bindend fest (§ 118 Abs. 2 FGO), dass nicht nachgewiesen worden ist, ob die Vereinbarung vom 27. April 1989 zu den Altkrediten II und III auch zur Ablösung der Nachbürgschaften erfolgte.
3. Schließlich ergibt sich auch kein höherer Verlustabzug aus dem Umstand, dass die Kläger für das Streitjahr --ohne Berücksichtigung der begehrten Gewinnminderung aus der Bilanzberichtigung-- einen laufenden Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 208 063,24 DM im "Grundstückshandelsbetrieb" des D ermittelt haben. Dieser Verlust beruht auf einzelnen Ausgaben, die bereits bei den Werbungskosten der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Einkommensteuerveranlagung des Streitjahres geltend gemacht und berücksichtigt worden sind. Es handelt sich bei diesen Aufwendungen um bereits ausgeglichene negative Einkünfte i.S. des § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG.
4. Die von den Klägern geltend gemachten Rechtsverletzungen aufgrund widersprüchlicher Sachverhaltsfeststellungen des FG im Tatbestand des angefochtenen Urteils sind im Revisionsverfahren unbeachtlich. Unrichtigkeiten im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sind nicht im Rechtsmittelverfahren beim BFH, sondern nur mit einem fristgebundenen Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim FG (§ 108 FGO) geltend zu machen (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2006 X B 206/05, BFH/NV 2006, 1877). Im Übrigen wenden sich die Kläger mit den geltend gemachten Rechtsverletzungen gegen die Beweiswürdigung und die Feststellungen des FG zu den Altkrediten II und III, den Eigentumsverhältnissen an den GbR-Anteilen und den Verkaufsabsichten des D. Die substantiierte Rüge etwaiger Verfahrensfehler vermag der Senat im Vorbringen in der Revisionsbegründung nicht zu erkennen. Eine ausdrücklich erhobene und als solche erkennbare Verfahrensrüge wäre aber Voraussetzung für eine Prüfung durch den Senat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 73).
5. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist deshalb das Gericht des ersten Rechtszugs, im Streitfall das FG (vgl. BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 68/96, BFHE 191, 505, 517, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 2141774 |
BFH/NV 2009, 814 |
BFH/PR 2009, 205 |
BStBl II 2009, 407 |
BFHE 2009, 61 |
BFHE 224, 61 |
BB 2009, 827 |
DB 2009, 822 |
DStR 2009, 678 |
DStRE 2009, 511 |
DStZ 2009, 374 |
HFR 2009, 557 |