Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Gewerbesteuerpflicht einer sowohl freiberuflich wie gewerblich ausgeübten Tätigkeit und Annahme eines einheitlichen gewerblichen Betriebes.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; EStG §§ 15, 18 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer (Bf.) für die Jahre 1949 und 1950 zur Gewerbesteuer heranzuziehen ist.
Der Bf. ist selbständiger Zivilingenieur für Wasserwerksbau. Er stellt Planungen und Entwürfe von Wasserversorungs- und Wasseraufbereitungsanlagen gegen Honorar her. Wird eine Planung verwirklicht, so überwacht er die Bauausführung. Gewisse Aufbereitungseinrichtungen läßt der Bf. nach eigenen Entwürfen und auf eigene Rechnung herstellen und liefert sie seinen Auftraggebern. In einzelnen Fällen enthält der Rechnungsbetrag für diese Lieferungen zugleich das Honorar für die Ausarbeitung des Entwurfs. Das trifft für die Fälle zu, in denen der Auftraggeber ein Versorgungsbetrieb öffentlicher Körperschaften ist, dem keine besonderen Mittel für die Zahlung von Honoraren zur Verfügung stehen.
Die Einnahmen des Bf. haben betragen: --------------------------- Im Jahre 1949 ------ 1950 Honorareinnahmen ----------- 25.811 DM ------- 14.553 DM Entgelte für Lieferungen --- 21.017 DM ------- 31.301 DM ---------------------------- 46.828 DM ------- 45.854 DM.Aus den Lieferungsentgelten sind nach Ansicht des Bf. folgende Beträge als "getarntes" Honorar auszuscheiden und den Honorareinnahmen hinzuzurechnen:
--------- 1949 ------------- 1.670 DM --------- 1950 ------------- 7.990 DM.
Der Bf. ist der Ansicht, seine Gewinne seien, wenn auch nicht steuerlich, so doch rechnerisch wie folgt aufzuteilen:
-------------------------- Im Jahre 1949 ------- 1950 Gewinne aus Honoraren ----- 10.650,47 DM ------- 7.493,05 DM Gewinne aus Lieferungen ---- 1.140,68 DM ------- 1.687,45 DM ---------------------------11.791,15 DM ------ 9.180,50 DM.Aus dem Verhältnis der auf gewerbliche Betätigung entfallenden Gewinnanteile zu den Gesamtgewinnen folgert der Bf., seine gesamte Tätigkeit sei als freiberuflich im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 und 1950 anzusehen.
Das Finanzamt hat die Tätigkeit des Bf. in vollem Umfang als gewerblich angesehen (ß 2 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -). Im Einspruchs- und Berufungsverfahren begehrte der Steuerpflichtige Freistellung von der Gewerbesteuer. Er drang mit seiner Auffassung weder beim Steuerausschuß noch beim Finanzgericht durch.
Entscheidungsgründe
Auch die Rechtsbeschwerde (Rb.) kann keinen Erfolg haben.
Nach § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG gehören Einkünfte freiberuflich tätiger Ingenieure zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Die Vorinstanz ist deshalb mit Recht davon ausgegangen, daß die beratende, gutachtliche und beaufsichtigende Tätigkeit des Bf. eine selbständige im Sinne dieser Vorschrift ist. Das Finanzgericht hat weiter zutreffend festgestellt, daß die Lieferung von Waren eine gewerbliche Betätigung ist, der Beruf des Bf. mithin Merkmale sowohl freiberuflicher wie gewerblicher Art aufweist. Beide Tätigkeitsarten greifen ineinander über. Sie bedingen sich gegenseitig und sind miteinander verflochten. Es besteht ein enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihnen. Der Reichsfinanzhof hat bei einer solchen sogenannten gemischten Tätigkeit die gesonderte Behandlung der unterschiedlichen Tätigkeitsarten für unzulässig gehalten (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs VI 471/38 vom 17. August 1938 - Slg. Bd. 44 S. 324, Reichssteuerblatt (RStBl) 1938 S. 915 = Grundwerk zur Steuerrechtsprechung in Karteiform (GW-StRK) II, 372 -, VI 299/38 vom 29. März 1939 - Slg. Bd. 46 S. 294, RStBl 1939 S. 759 = GW-StRK III, 393 - und VI 178/42 vom 8. Juli 1942 - RStBl 1942 S. 907 Mrozek-Kartei, Gewerbesteuergesetz 1936 § 2 Abs. 1 Rechtsspruch 116 -). Auch der erkennende Senat hat sich in dem Urteil IV 200/51 U vom 12. September 1951 (Slg. Bd. S. 487, Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 III S. 197 = Steuerrecht in Karteiform, Gewerbesteuergesetz § 2 Abs. 1 Rechtspruch 19) dieser Auffassung angeschlossen und zur Besteuerung von Steuerberatern und Helfern in Steuersachen ausgeführt, ihre Gesamttätigkeit sei als gewerblich anzusehen, wenn der auf die gewerbliche Betätigung entfallende Anteil am Gesamtumsatz etwa 1/3 übersteige.
Nach erneuter Prüfung hält der Senat an dieser Auffassung für die Fälle nicht mehr fest, in denen sich die an sich freiberufliche Tätigkeit nicht lediglich als Ausfluß einer gewerblichen Betätigung darstellt und schon aus diesem Grunde als gewerbliche behandelt werden muß. Der Senat schließt sich vielmehr der Ansicht des I. Senats an, nach der es zu gerechteren steuerlichen Ergebnissen führt, die gesonderte Behandlung der einzelnen Tätigkeiten soweit als möglich auszudehnen (Urteil des Bundesfinanzhofs I 116/55 U vom 23. Oktober 1956, BStBl 1957 III S. 17). Auch bei einer gemischten Tätigkeit ist eine getrennte steuerliche Beurteilung der verschiedenen Tätigkeitsarten stets geboten, wenn sie ohne besondere Schwierigkeiten möglich ist. Ob jedoch an der in dem letzten Satze des Urteils I 116/55 U vertretenen Ansicht, nach der die Grundsätze des Urteils IV 200/51 U bei einer im Einzelfall nicht möglichen Trennung anzuwenden sind, festzuhalten ist, kann Bedenken unterliegen; es könnte erwogen werden, das in der Entscheidung IV 250/50 U vom 2. Februar 1951 (Slg. Bd. 55 S. 171, BStBl 1951 III S. 65 = Steuerrecht in Karteiform, Gewerbesteuergesetz § 2 Abs. 1 Rechtsspruch 18) als maßgebend bezeichnete Abgrenzungsverhältnis entsprechend zur Anwendung zu bringen. Die Frage braucht jedoch für die hier streitigen Erhebungszeiträume nicht näher erörtert zu werden, da die Entgelte für die gewerbliche Tätigkeit im Jahre 1949 fast die Hälfte, im Jahre 1950 mehr als 2/3 betragen und damit erheblich über den in der Entscheidung IV 200/51 U aufgestellten Maßstab hinausgehen. Entscheidend ist, daß sich die vom Bf. ausgeübten zwei Tätigkeiten unlösbar bedingen und so miteinander verflochten sind, daß der gesamte Betrieb als einheitlicher angesehen werden muß. Diese Beurteilung ist um so unbedenklicher, als der Bf. in der Einspruchsbegründung beide Tätigkeiten als sachlich und wirtschaftlich zusammengehörig bezeichnete, die nur einheitlich behandelt werden könnten. Scheidet hiernach die Annahme von zwei selbständigen Betrieben aus, so kann bei dem überwiegenden Anteil der gewerblichen Einnahmen der ganze Betrieb nur als ein gewerblicher gewürdigt werden.
Es muß daher bei der Vorentscheidung sein Bewenden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 408736 |
BStBl III 1957, 182 |
BFHE 1957, 490 |
BFHE 64, 490 |