Leitsatz (amtlich)
Das aufgrund eines klar und eindeutig vereinbarten und dieser Vereinbarung gemäß vollzogenen Ehegatten-Arbeitsverhältnisses an die Ehefrau gezahlte Arbeitsentgelt ist als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn die Ehefrau im gleichen Veranlagungszeitraum dem Ehemann aus einem ihr zustehenden Sparkonto, auf das sie ihre Bezüge eingezahlt hat, einen Betrag darlehnsweise zur Verfügung stellt, der ihrem Jahresarbeitslohn entspricht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Tatbestand
Mit der Klage erstrebte der Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) die Erhöhung des Verlustabzuges (§ 10d EStG) um 6 000 DM bei der Einkommensteuerveranlagung für 1966. Diesen Betrag hat er im Jahre 1965 als Arbeitsvergütung an seine Ehefrau geleistet. Der Revisionskläger (das FA) hatte diesen Betrag bei der Bemessung des abzugsfähigen Verlustes aus dem Jahre 1965 nicht zum Abzug zugelassen; das Arbeitsverhältnis zwischen dem Steuerpflichtigen und seiner Ehefrau könne für das Jahr 1965 mit Wirkung für die Einkommensteuer nicht anerkannt werden, weil die Ehefrau ihren Arbeitslohn für 1965 dem Ehemann zinslos als Darlehen zur Verfügung gestellt habe.
Auf die Klage hat das FG den angefochtenen Einkommensteuerbescheid in der Gestalt, die er durch die Einspruchsentscheidung erlangt hat, aufgehoben; das FA habe bei der Neufestsetzung der Einkommensteuer 1966 einen Verlustabzug von 19 281 DM zu berücksichtigen. In diesem Betrag sind die von dem Kläger begehrten 6 000 DM enthalten.
Mit der hiergegen gerichteten Revision beantragt der Beklagte unter Hinweis auf die Urteile des BFH IV 98/63 S vom 5. Dezember 1963 (BFH 76, 335, BStBl III 1964, 131) und I 157/65 vom 9. April 1968 (BFH 92, 281, BStBl II 1968, 524), das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
I. Gemäß § 10d EStG können Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG oder nach § 5 EStG aufgrund ordnungsmäßiger Buchführung ermitteln, die Verluste der fünf vorangegangenen Veranlagungszeiträume aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen, soweit ihnen ein Ausgleich oder Abzug der Verluste in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen nicht möglich war. Im Streitfall handelt es sich nur um den Betrag von 6 000 DM, um dessen Abzugsfähigkeit als Betriebsausgabe des Veranlagungszeitraums 1965 und damit dessen Eignung, den Verlust aus Gewerbebetrieb für diesen Veranlagungszeitraum zu erhöhen, die Beteiligten streiten.
1. In tatsächlicher Hinsicht hat das FG als unstreitig festgestellt, daß die Buchführung des Klägers, der seinen Gewinn nach § 5 EStG ermittelt, keine Mängel aufgewiesen hat, die deren Ordnungsmäßigkeit in Frage stellen.
Der Kläger habe in den Jahren 1964 und 1965 Gehaltszahlungen an seine Ehefrau in Höhe von 5 100 und 6 000 DM geltend gemacht. Laut eines schriftlichen Arbeitsvertrages, der das Datum vom 1. Januar 1964 trage, stehe der Ehefrau eine Vergütung von monatlich 500 DM für eine wöchentliche Arbeitszeit von 45 Stunden zu; ihre Aufgabe sei es gewesen, zwei Filialgeschäfte des Klägers zu leiten und die Kassenberichte herzustellen. Auf den Arbeitsvertrag hat das Gericht wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Das FG hat es als erwiesen angesehen, daß der Kläger spätestens seit dem 1. Januar 1965 einen wirksamen Arbeitsvertrag abgeschlossen habe. Es könne dahingestellt bleiben, ob der schriftlich niedergelegte Vertragstext damals schon unterschrieben gewesen sei; nach der glaubhaften Aussage der Ehefrau des Klägers als Zeugin hätten mündliche Abmachungen bestanden. Sie habe - dies werde vom FA nicht bestritten - die schriftlich festgelegten Arbeitsleistungen erbracht und das (nicht unangemessene) Entgelt von monatlich 500 DM erhalten. Das Gehalt sei laufend monatlich ausgezahlt worden. Nach den Buchungen auf dem Gehaltskonto der Ehefrau seien seit dem 31. März 1964 500 DM - im Dezember jeweils zusätzlich 100 DM Weihnachtsgeld - ausgezahlt worden. Die Zahlungen seien ab 30. Januar 1965 jeweils zum Monatsende bewirkt worden.
Die Ehefrau habe das ihr laufend ausgezahlte Gehalt auf einem Sparkonto verzinslich angelegt. Nach den Eintragungen in dem von der Ehefrau vorgelegten Sparbuch sei seit dem 10. August 1964 bis zum 20. März 1967 jeden Monat ein gleich hoher Betrag eingezahlt worden.
Die im Jahre 1965 bezogenen Gehälter habe die Ehefrau jeweils in größeren Beträgen nach Ablauf mehrerer Monate (seit der Auszahlung) als Darlehen zur Verfügung gestellt. Von dem Sparkonto seien abgehoben worden:
am 4. Nov. 1964 2 000 DM 27. April 1966 1 500 DM
3. März 1965 2 500 DM 7. Juli 1966 1 000 DM
5. Juli 1965 2 000 DM 5. Aug. 1966 1 000 DM
19. Okt. 1965 1 500 DM 15. Sept. 1966 1 000 DM
7. Febr. 1966 2 500 DM 21. Febr. 1967 1 500 DM.
Die Ehefrau des Klägers sei mit diesem darüber einig gewesen, daß ihr ein Rückforderungsanspruch zustehe. In dem Sachkontoblatt "Darlehen-Verbindlichkeiten" für 1964 und 1965 der Buchführung des Klägers seien folgende Verbindlichkeiten an die Ehefrau (jeweils mit Hinweis auf die Journalseite) ausgewiesen:
am 4. Nov. 1964 2 000 DM 5. Juli 1965 2 000 DM
(Journalseite 65)
3. März 1965 2 500 DM 19. Okt. 1965 1 500 DM
(Journalseite 23) (Journalseite 106)
Zum 31. Dezember 1964 sei der Saldo des Kontos mit 2 000 DM und zum 31. Dezember 1965 mit 8 000 DM in die Bilanz übernommen worden. Ein schriftlicher Darlehnsvertrag habe nicht bestanden; Zinspflicht sei nicht vereinbart gewesen. Erst durch den schriftlichen Vertrag vom 5. Januar 1967 sei - mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Darlehnsgewährung - eine Verzinsung von 7 % vereinbart worden.
2. Die Auffassung des FG, die Darlehnsgewährung durch die Ehefrau an den Kläger spreche nicht gegen die Ernsthaftigkeit des mündlich vereinbarten Arbeitsverhältnisses und stehe somit dem Abzug des gezahlten Arbeitsentgelts als Betriebsausgaben nicht entgegen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Die Berücksichtigung des im Jahre 1965 an die Ehefrau gezahlten Arbeitsentgelts bei der Ermittlung des im Veranlagungszeitraum 1966 gemäß § 10d EStG abzugsfähigen Verlustes kann im Streitfall, da die übrigen Voraussetzungen für den Verlustabzug unstreitig erfüllt sind, nur dann verweigert werden, wenn diese Vergütungen keine Betriebsausgaben des Klägers sind. Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Vergütungen aus Ehegattenarbeitsverhältnissen sind solche Aufwendungen, wenn klare und eindeutige Abmachungen vorliegen und diese auch tatsächlich durchgeführt werden (BFH-Urteile IV 165/60 U und IV 168/60 U je vom 8. März 1962, BFH 75, 584, 587, BStBl III 1962, 217, 218). Da im Falle von Ehegattenarbeitsverhältnissen nach der Lebenserfahrung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß gegensätzliche Interessen wie zwischen einander fremden Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht bestehen, sondern gleichgerichtete Interessen des Ehegatten-Arbeitgebers und des Ehegatten-Arbeitnehmers Abschluß und Durchführung des Arbeitsverhältnisses in nicht geringem Umfange bestimmen, müssen, um der Gefahr des Mißbrauchs vorzubeugen, im Hinblick auf die Ausgestaltung und die Durchführung des Arbeitsverhältnisses strenge Anforderungen gestellt werden (vgl. zuletzt das BFH-Urteil I 160/70 vom 16. Dezember 1970, BFH 101, 83, BStBl II 1971, 178, mit Nachweisen). Auch unter Berücksichtigung eines strengen Maßstabes ist der Abzug der im Jahre 1965 an die Ehefrau des Klägers gezahlten Vergütung als Betriebsausgaben gerechtfertigt.
b) Die tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), rechtfertigen dessen Schlußfolgerung, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen den Ehegatten vereinbart und daß dieses Arbeitsverhältnis - von der umstrittenen Darlehnsgewährung an den Ehemann abgesehen - wie unter Fremden üblich durchgeführt worden ist. In dieser Hinsicht erhebt der Beklagte mit seiner Revision keine Einwendungen. Er meint jedoch, ein Fall, in dem das Gehalt zunächst ausgezahlt werde, die gezahlten Beträge aber in demselben Veranlagungszeitraum als Darlehen zum weitaus überwiegenden Teil wieder an den Arbeitgeber-Ehegatten zurückgegeben werden, könne nicht anders behandelt werden als der Fall, in dem das Gehalt gar nicht erst ausgezahlt, sondern von vornherein nur eine Darlehnsforderung des Arbeitnehmers begründet werde. Würde man im ersten Fall das Arbeitsverhältnis anerkennen, so würden wirtschaftlich gleiche Tatbestände steuerlich unterschiedlich behandelt und das auch vom FG nicht in Frage gestellte Erfordernis der tatsächlichen Auszahlung des Gehalts würde seines eigentlichen Sinnes entkleidet und rein formalistisch aufgefaßt. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.
c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist dem FG auch insoweit zu folgen, als es der nachträglichen Darlehnsgewährung an den Ehemann keinen Einfluß auf die von dem Kläger begehrte Anerkennung der Abzugsfähigkeit der im Laufe des Jahres 1965 an die Ehefrau gezahlten Arbeitsvergütung in Höhe von insgesamt 6 000 DM zugebilligt hat.
Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen ist davon auszugehen, daß das Entgelt für die geleistete Arbeit monatlich an die Ehefrau gezahlt worden ist, die entsprechenden Geldmittel ihr Eigentum geworden sind. Es steht auch fest, daß sie im Jahre 1965 monatlich den Gegenwert der von ihr bezogenen (§ 11 Abs. 1 EStG) Arbeitsvergütung auf ihr Sparkonto, über das sie allein verfügungsbefugt war, eingezahlt hat. Wenn die Ehefrau von diesem Sparguthaben im Laufe des Jahres 1965 insgesamt 6 000 DM abgehoben und ihrem Ehemann - zunächst ohne Verzinsung - überlassen hat, so hat sie über eigenes Vermögen verfügt.
Wenn das FA diesen Fall dem gleichstellen will, in dem das Gehalt nicht ausgezahlt, sondern von vornherein nur eine Darlehnsforderung des Arbeitnehmers begründet wird, so verkennt es - von § 6 StAnpG einmal abgesehen - Zweck und Bedeutung der von der Rechtsprechung angelegten strengen Beurteilungsmaßstäbe für Ehegattenarbeitsverhältnisse. Strenge Maßstäbe werden angelegt, weil sich nur ernstlich vereinbarte und vereinbarungsgemäß durchgeführte Arbeitsverhältnisse zwischen Eheleuten steuerrechtlich auswirken sollen. Die klare Trennung der sich für die Ehegatten aus der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft ergebenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse von den sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Rechtsbeziehungen ist Voraussetzung für die Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses (BFH-Urteil I 157/65, a. a. O.). Eine solche Trennung ist im Streitfall durch Auszahlung der Bezüge zur Verfügung der Ehefrau und die Einzahlung des Gegenwerts durch die Ehefrau auf ein Sparkonto, über das nur sie verfügen konnte, vollzogen worden.
Der vorliegende Sachverhalt ist wirtschaftlich nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen das Arbeitsentgelt nicht ausgezahlt, sondern von vornherein eine Darlehnsforderung begründet wird oder das ausgezahlte Geld sofort dem Ehegatten-Arbeitgeber darlehnsweise wieder zur Verfügung gestellt wird. Im Streitfall hat die Ehefrau über ihr zu freier Verfügung stehendes Vermögen (Geldforderung gegen die Bank) verfügt und dem Mann ihr gehörendes Geld darlehnsweise zur Verfügung gestellt (vgl. auch das BFH-Urteil VI R 140/66 vom 25. April 1968, BFH 92, 101, BStBl II 1968, 494). In den anderen Fällen ist eine ihr zustehende, noch nicht erfüllte Geldforderung im Zeitpunkt der Fälligkeit in eine Darlehnsforderung umgewandelt, bzw. das Gehalt zwar formal ausgezahlt, aber sofort wieder darlehnsweise zurückgegeben worden. In Fällen dieser Art hat sich die Ehefrau ihrer freien wirtschaftlichen Verfügungsgewalt im Hinblick auf den ihr zustehenden Arbeitslohn von vornherein begeben; sie hat rechtsförmlich ein Entgelt für ihre Arbeitsleistung erhalten, ohne jedoch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung auf Arbeitslohn nach Belieben darüber verfügen zu können.
II. Diese Entscheidung steht nicht im Widerspruch zu dem BFH-Urteil IV 98/63 S (a. a. O.). Dieses Urteil beruht auf der - auch oben unter I 2a vertretenen - Rechtsauffassung, Arbeitsverhältnisse zwischen Eheleuten seien für Zwecke der Ertragsteuern nur dann anzuerkennen, wenn sie den getroffenen Vereinbarungen entsprechend auch tatsächlich vollzogen werden, insbesondere, wenn die vereinbarte Monatsvergütung tatsächlich laufend geleistet wird. Der BFH hat im Urteil IV 98/63 S (a. a. O.) die gewinnmindernde Wirkung der an den Ehemann gezahlten Bezüge mit der Begründung verneint, daß der Ehemann (Arbeitnehmer) "die von der Vereinbarung abweichenden Monatsbezüge in der verbleibenden Höhe nicht jeweils laufend monatlich, sondern zeitlich in sehr unterschiedlichen Teilbeträgen" erhalten habe; außerdem seien "auch die unterschiedlich ausgezahlten Monatsbeträge ihrerseits wieder in einzelnen, offenbar auf die Einzelbedürfnisse des Ehemannes abgestellten Teilbeträge ausgezahlt" worden. Die in dem Urteil IV 401/61 vom 30. März 1962 (HFR 1963, 286) zugelassene Ausnahme komme im Streitfall nicht in Betracht, weil es sich hier nicht um eine einmalige vorübergehende und zeitlich abgegrenzte Kreditierung handle.
Im Verfahren I R 31/69, das sich auf den gegen den Kläger ergangenen Gewerbesteuermeßbescheid 1966 bezieht, hat das FA mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht, im Urteil IV 98/63 S, a. a. O., habe der BFH ausgeführt, einem Arbeitsverhältnis sei die steuerrechtliche Anerkennung in aller Regel dann zu versagen, wenn der mitarbeitende Ehegatte den an ihn ausgezahlten Arbeitslohn an den anderen Ehegatten als Betriebsinhaber im Wege der Darlehnsgewährung sofort zurückgebe. Auf dieser Erwägung beruht das bezeichnete Urteil indessen nicht. Diese Ansicht hat der IV. Senat nur beiläufig geäußert; in dem von ihm entschiedenen Fall hat der mitarbeitende Ehegatte dem Arbeitnehmer-Ehegatten kein Darlehen gewährt.
Fundstellen
Haufe-Index 412964 |
BStBl II 1972, 112 |
BFHE 1972, 328 |