Entscheidungsstichwort (Thema)
Charaktereigenschaften von Mitarbeitern als Fehler oder Eigenschaften des Unternehmens. mangelnde Aufklärung beim Unternehmenskauf
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, ob das Vorhandensein oder Fehlen bestimmter Charaktereigenschaften eines maßgeblichen Mitarbeiters des verkauften Unternehmens (hier: Steuerberater-Praxis) als Eigenschaft oder Fehler des Unternehmens in Betracht kommt.
Leitsatz (redaktionell)
Beim Kauf einer Steuerberatungs-GmbH ist die spätere fristlose Kündigung des Steuerfachgehilfen durch den Käufer, wegen dessen Neigung zu Vermögensdelikten, kein zu einem Schadensersatzanspruch führender Mangel des Unternehmens, obwohl mit dem Weggang des Mitarbeiters der Weggang des von diesem akquirierten Kundenstammes verbunden ist. Keine Pflicht zur Aufklärung über Mitarbeitereigenschaften beim Unternehmenskauf.
Normenkette
BGB § 459
Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Urteil vom 19.10.1989; Aktenzeichen 6 U 97/89) |
LG Düsseldorf (Urteil vom 19.12.1988; Aktenzeichen 1 O 249/88) |
Tatbestand
Der Beklagte und der Steuerfachgehilfe N. gründeten im Mai 1986 zur Betätigung auf dem Gebiet der Steuerberatung die F. GmbH, wobei der Beklagte eine Stammeinlage von 30.000 DM und N. eine Stammeinlage von 20.000 DM übernahmen. Da die zuständige Steuerberaterkammer gegen die gesellschaftsrechtliche Beteiligung von N. Einwendungen erhob, übertrug dieser seinen Geschäftsanteil am 11. September 1986 an den Beklagten, der N. als Steuerfachgehilfen weiterbeschäftigte. Der Kläger erwarb vom Beklagten beide Geschäftsanteile mit notariellem Vertrag vom 17. November 1987. Außer zur Leistung des Barkaufpreises von 50.000 DM verpflichtete er sich zur Erfüllung verschiedener Verbindlichkeiten der GmbH in einer Größenordnung von ca. 120.000 DM. Er schloß mit N. im Namen der GmbH einen Arbeitsvertrag. Desweiteren unterzeichneten er und N. eine Absichtserklärung, wonach N. außer dem monatlichen Gehalt, der Überlassung eines Pkw auch für private Zwecke und weiteren 1.000 DM brutto für die Geschäftsführung der GmbH eine Tantieme aus dem Jahresüberschuß der Gesellschaft erhalten sollte. Ferner ließ der Kläger ebenfalls am 17. November 1987 ein notarielles Angebot beurkunden, durch das er N. einen an der GmbH neu zu bildenden Geschäftsanteil von 25.000 DM zum Kauf anbot. Außerdem gab er gegenüber N. ein vollstreckbares notarielles Schuldanerkenntnis über den Betrag von 100.000 DM ab.
Am 19. April 1988 kündigte die GmbH den mit N. geschlossenen Arbeitsvertrag fristlos aus wichtigem Grund. Eine von N. erhobene Kündigungsschutzklage ist vom Arbeitsgericht abgewiesen worden.
Der Kläger hat Klage auf Rückzahlung der Hälfte des Barkaufpreises von 50.000 DM „im Wege des Schadensersatzes bzw. der Minderung” erhoben und sich u.a. darauf gestützt, der Beklagte habe gewußt, daß N. zu strafbaren Handlungen neige, wie sich aus dem Abmahnschreiben vom 23. Dezember 1985 ergebe. Strafbare Handlungen von N. hätten schließlich auch nach Übertragung des Unternehmens zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, und zwar im Hinblick auf die hier nicht interessierende Widerklage durch Teilurteil. Der Kläger hat mit seiner Berufung den Klagantrag erweitert und Zahlung von 50.000 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der Geschäftsanteile verlangt. Das Berufungsgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hält die Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht für begründet. Dazu hat es ausgeführt:
Es sei in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß der Verkäufer eines Unternehmens bei falschen Angaben über wertbildende Merkmale des Kaufgegenstands, die nicht die Beschaffenheit des Kaufgegenstands betreffen und daher nicht in den Anwendungsbereich der Gewährleistungsansprüche der §§ 459ff BGB gehören, sich wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen schadensersatzpflichtig mache. Dasselbe gelte, wenn er einer nach Treu und Glauben bestehenden Aufklärungspflicht zuwider Hinweise unterlasse, die für den Kaufentschluß von erheblicher Bedeutung seien. Zwar bestehe keine allgemeine Verpflichtung des Verkäufers, Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des Verhandlungspartners von Bedeutung sein können. Eine Aufklärungspflicht sei jedoch gegeben, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise eine Aufklärung über solche Umstände erwarten durfte, die den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können und daher für ihn von ausschlaggebender Bedeutung sind. Diese Voraussetzungen einer Aufklärungspflicht seien hier aufgrund des unstreitigen Parteivortrags erfüllt, weil der Beklagte es pflichtwidrig unterlassen habe, den Kläger auf die ihm bekannten erheblichen charakterlichen Mängel des Steuerfachgehilfen N. hinzuweisen, die mit einer Neigung zu strafbaren Handlungen im Bereich der Vermögensdelikte in Zusammenhang stünden. Daß charakterliche Fehler des Angestellten eines Unternehmens keinen Fehler des Kaufgegenstands selbst darstellten und deshalb keine Gewährleistungsansprüche auslösten, bedürfe keiner Begründung. Allenfalls könne die charakterliche Zuverlässigkeit von Angestellten als Eigenschaft eines Unternehmens anzusehen sein. Diese Frage könne jedoch dahingestellt bleiben, weil Ansprüche des Verkäufers aus Verschulden bei Vertragsschluß auch dann gegeben sein könnten, wenn sich die unrichtigen Informationen oder die pflichtwidrige Unterlassung der Aufklärung auf zusicherungsfähige, aber nicht zugesicherte Eigenschaften des Kaufgegenstands bezögen. Zur subjektiven Seite stehe fest, daß die charakterliche Unzuverlässigkeit N.'s bereits vor dem Vertragsabschluß zwischen den Parteien offenbar geworden und dem Beklagten bekannt gewesen sei. Das ergebe sich eindeutig aus dem unstreitigen Inhalt des Schreibens des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten des Beklagten an N. vom 23. Dezember 1985. Dieses Schreiben enthalte eine scharf formulierte „ernste Abmahnung” wegen einer Reihe von Unregelmäßigkeiten. Beispielhaft würden in dem Schreiben – und zwar unstreitig berechtigt – zwei Vorgänge aufgeführt, welche der spätere Prozeßbevollmächtigte des Beklagten als schwere Vertrauensbrüche charakterisiere, die den Ausspruch einer fristlosen Kündigung rechtfertigen würden: Die Unterschlagung eines Geldbetrags von 2.887,05 DM, den N. an die AOK Düsseldorf weiterleiten sollte, statt dessen aber für sich verbraucht und der AOK einen ungedeckten Scheck auf sein Privatkonto gegeben habe, der später zu Protest gegangen sei. Ferner die Überschreitung seiner Befugnisse durch unberechtigte Entgegennahme der Zustellungen von gegen ihn gerichteten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen an die GmbH und durch unberechtigte Abgabe von Drittschuldnererklärungen, um die gegen ihn gerichteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vor dem Beklagten zu verheimlichen. Die ernste Abmahnung in dem Schreiben ist mit der Androhung fristloser Kündigung im Wiederholungsfalle und dem Hinweis verbunden, schnellstmöglich über eine Lösung des Arbeitsverhältnisses nachzudenken.
Über diese Umstände habe der Kläger bei den Vertragsverhandlungen redlicherweise eine Aufklärung erwarten dürfen, weil der Person N.'s für den Wert der zu erwerbenden Steuerberatungspraxis entscheidende Bedeutung zugekommen sei. Es sei zu befürchten gewesen, daß die im wesentlichen von ihm (N.) akquirierten Mandanten nur solange Kunden der GmbH bleiben würden, als er in der Praxis tätig war. Außerdem habe der Kläger die GmbH in der Absicht erworben, N. nach Bestehen der Steuerberaterprüfung die Hälfte der Geschäftsanteile zu übertragen. Daß N. innerhalb der GmbH eine Position innegehabt habe, die weit über die eines einfachen Steuerfachgehilfen und Arbeitnehmers hinausgegangen sei, werde nicht zuletzt durch die „Gemeinsame Absichtserklärung” vom 17. November 1987 und durch das notarielle Schuldanerkenntnis über 100.000 DM bestätigt.
Der Beklagte habe – wie sich ebenfalls aus dem unstreitigen Parteivortrag ergebe – von den Umständen, welche die Aufklärungspflicht begründeten, Kenntnis gehabt. Es sei auch davon auszugehen, daß die Verletzung der Aufklärungspflicht für den Abschluß des Anteilsübertragungsvertrags ursächlich gewesen sei. Den Beklagten habe die Darlegungs- und Beweislast dafür getroffen, daß sein Verhandlungspartner den Vertrag auch bei gehöriger Aufklärung abgeschlossen hätte. Dazu habe er indessen nichts Erhebliches vorgetragen. Sein Vorbringen, aus der Abmahnung sei kein Hehl gemacht worden, dem Kläger hätten die einschlägigen Unterlagen wochenlang zur Verfügung gestanden, reiche dazu nicht aus. Denn daraus ergebe sich nicht schlüssig, daß der Kläger den Inhalt des Abmahnschreibens vom 23. Dezember 1985 tatsächlich zur Kenntnis genommen, gleichwohl aber die Verträge vom 17. November 1987 abgeschlossen habe. Der Beklagte habe auch schuldhaft gehandelt, denn er, der in entsprechender Anwendung des § 282 BGB und weil die Ursache des Schadens aus seinem Gefahren- und Verantwortungsbereich hervorgegangen sei, die Darlegungs- und Beweislast für sein fehlendes Verschulden trage, habe zu seiner Entlastung nichts vorgetragen. Der Kläger könne mithin nach § 249 BGB verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des Beklagten gestanden hätte. Da er ohne die Verletzung der Aufklärungspflicht den Vertrag vom 17. November 1987 nicht abgeschlossen hätte, habe er Anspruch auf Rückgängigmachung des Vertrags.
II. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Vertrag über den Erwerb aller Geschäftsanteile an der GmbH zustande gekommen, der sich als Unternehmenskauf darstellt, hinsichtlich dessen die Vorschriften über die Sachmängelhaftung Anwendung finden (BGHZ 85, 367, 370). Zwar bestehen erhebliche Zweifel, ob der notarielle Kaufvertrag vom 17. November 1987 insoweit § 15 Abs. 4 GmbHG genügte, als dem Beurkundungserfordernis alle Vereinbarungen unterliegen, die nach dem Willen der Vertragsparteien zu dem schuldrechtlichen Veräußerungsgeschäft gehören (BGH, Urteil vom 23. November 1988 – VIII ZR 262/87, WM 1989, 256, 258 unter A II 1 b bb). Nach dem Geschäftsanteilskaufvertrag beträgt der Kaufpreis insgesamt 50.000 DM. Im Tatbestand des Berufungsurteils wird erwähnt, daß sich der Kläger außer zur Leistung des Barkaufpreises von 50.000 DM zur Erfüllung verschiedener Verbindlichkeiten der GmbH in einer Größenordnung von ca. 120.000 DM verpflichtet habe. Sollte diese Verpflichtung zu dem Anteilsverkauf gehören, was naheliegt, dann unterfiel auch sie dem Beurkundungserfordernis. Die Frage kann jedoch – auch hinsichtlich anderer an sich beurkundungsbedürftiger Vereinbarungen – offenbleiben, weil in dem notariell beurkundeten Kaufvertrag auch die Abtretung der Geschäftsanteile enthalten und damit gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG der Kaufvertrag jedenfalls geheilt worden ist. Die Heilung tritt auch dann ein, wenn – wie hier – der Kaufvertrag und die Abtretung in derselben Urkunde enthalten sind (vgl. BGH, Urteil vom 23. Februar 1983 – IVa ZR 187/81, WM 1983, 565 unter II 1 a).
2. Entgegen der Ansicht der Revision war das Berufungsgericht prozessual nicht daran gehindert, die Begründetheit der Klage – auch soweit schon vor dem Landgericht erhoben – unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen zu prüfen. Die Auffassung, der Kläger habe die sich aus dem landgerichtlichen Urteil gegen ihn ergebende Beschwer – nämlich die Abweisung von Gewährleistungsansprüchen – nicht angegriffen, das landgerichtliche Urteil sei damit in Rechtskraft erwachsen, geht fehl. Vielmehr heißt es schon in der Klagschrift, daß der Kläger vom Beklagten die hälftige Rückzahlung des Kaufpreises im Wege des Schadensersatzes bzw. der Minderung verlange. Für eine Beschränkung der Klage auf Gewährleistungsansprüche – ihre Zulässigkeit unterstellt (vgl. jedoch BAG DB 1975, 1226; Zöller/Stephan, ZPO, 16. Aufl., § 253 Rdnr. 12) – zeigt die Revision nichts auf. Das Landgericht hat den Sachverhalt ersichtlich nicht unter Beschränkung auf diese Ansprüche geprüft, wie bereits der einleitende Satz der Entscheidungsgründe seines Urteils zeigt: „Dem Kläger stehen weder aus Haftung aus Sachmängeln nach §§ 459, 463 BGB Ansprüche zu, noch solche auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der c.i.c. und positiver Forderungsverletzung.” Gerade etwaige Ansprüche wegen des Verschweigens der Überschuldung und der charakterlichen Unzuverlässigkeit des Steuerfachgehilfen N., auf die sich der Kläger in der Berufungsinstanz allein noch stützt (ohne daß daraus ein Verzicht oder eine Rechtskraftwirkung bezüglich anderer Anspruchsgrundlagen hergeleitet werden kann), hat das Landgericht nur unter dem Gesichtspunkt von c.i.c. geprüft und abgelehnt. Dagegen hat sich der Kläger mit der Berufungsbegründung gewendet, wofür es ersichtlich einer Klageänderung nicht bedurfte, so daß die Revisionsrügen aus §§ 263, 264, 528, 543 Abs. 2, 551 Nr. 7 ZPO nicht durchgreifen.
3. Im Ergebnis ist die Revision begründet, weil dem Kläger weder Gewährleistungsansprüche noch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß (c.i.c.) zustehen.
a aa) Ansprüche aus c.i.c. sind allerdings nicht wegen des Vorrangs der Gewährleistungsvorschriften ausgeschlossen. Er besteht dann, wenn sich fahrlässige Angaben oder Nichtangaben des Verkäufers auf Eigenschaften der Kaufsache beziehen (BGHZ 88, 130, 134; Urteil vom 6. Juni 1984 – VIII ZR 83/83, WM 1984, 1092, 1094 unter II 3 a jeweils m.Nachw.). Auch hinsichtlich zusicherungsfähiger, aber nicht zugesicherter Eigenschaften schließen – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – die Sondervorschriften über die Gewährleistung eine Haftung aus c.i.c. für lediglich fahrlässige Verletzung einer Offenbarungspflicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1987 – V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10 unter II 2 a, dazu Hagen, WM Sonderbeilage Nr. 7/1989, S. 14 unter B II 3 a; Urteil vom 8. Dezember 1988 – VII ZR 83/88, WM 1989, 416 unter II 1 b).
bb) Die vom Berufungsgericht offengelassene Frage, ob die „charakterliche Zuverlässigkeit” des Steuerfachgehilfen N. eine zusicherungsfähige Eigenschaft der Steuerberaterpraxis darstellt, ist indessen zu verneinen. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß zur grundsätzlichen Prüfung, ob – ebenso wie die Umsätze eines Unternehmens (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1969 – I ZR 93/67, WM 1970, 132, dazu Hiddemann, ZGR 1982, 435, 446) – Charaktereigenschaften eines Arbeitnehmers des verkauften Unternehmens schon von der Natur der Sache her nicht in einen nachvollziehbaren, auf gewisse Dauer bestehenden Zusammenhang mit dem Unternehmen gebracht werden können und daher nicht als Eigenschaft des Unternehmens in Betracht kommen. Der Wert N.'s für die Praxis war nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts in der „Abhängigkeit des Mandantenstammes” von seiner Person begründet. Insoweit können sich nach dem Prozeßstoff charakterliche Mängel von N. nur dadurch ausgewirkt haben, daß sie – nicht etwa fehlende fachliche Qualifikation – im April 1988 zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit ihm führten und mit seinem Weggang die Mandanten für die GmbH verlorengingen. Dieser Zusammenhang wäre auf jeden Fall nicht unmittelbar genug (vgl. Hiddemann aaO S. 445 unter III 3 a), um eine Eigenschaft der Praxis im Zeitpunkt ihres Übergangs auf den Kläger anzunehmen. Für die Frage, ob ein Fehler des Unternehmens vorliegt, kann nichts anderes gelten; er wäre lediglich das Spiegelbild der Eigenschaft, daß der maßgebliche Mitarbeiter N. keine Charakterfehler aufweist, und daher wie eine derartige Eigenschaft zu verneinen (vgl. zu der weitgehend nur noch terminologischen Unterscheidung von Eigenschaft im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB und Beschaffenheit als Anknüpfung für den Fehlerbegriff im Sinne von § 459 Abs. 1 BGB, Soergel/Huber, BGB, 11. Aufl., Rdnr. 47 vor § 459).
b) Nach dem zuvor Ausgeführten wird eine Haftung des Beklagten aus c.i.c. nicht durch den Vorrang der Gewährleistung verdrängt. Sie scheidet jedoch deshalb aus, weil der Beklagte keine Offenbarungspflicht verletzt hat, so daß es auf Kausalität und Verschulden nicht ankommt. Eine Offenbarungspflicht besteht auch bei Kaufvertragsverhandlungen dann, wenn das Verschweigen von Tatsachen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde und der Erklärungsgegner die Mitteilung der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1983 – VIII ZR 142/82, NJW 1983, 2493 unter II 2 a; Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., Rdnr. 153 vor § 275 m.Nachw.); dabei ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (BGHZ 96, 302, 311). Das Oberlandesgericht knüpft die Offenbarungspflicht an die tatsächlichen Umstände, die dem Beklagten etwa zwei Jahre vor den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger Anlaß gegeben hätten, N. durch das Anwaltsschreiben vom 23. Dezember 1985 ernsthaft abzumahnen und ihm zu empfehlen, „schnellstmöglich über eine Lösung des arbeitsrechtlichen Verhältnisses nachzudenken”. Feststellungen dazu, daß nach der Abmahnung vom 23. Dezember 1985 N. wiederum Grund zu Beanstandungen gegeben hätte oder daß er und der Beklagte einer Lösung des Arbeitsverhältnisses nähergetreten wären, trifft das Berufungsgericht nicht. Dann spricht schon der Zeitablauf dagegen, noch eine Aufklärungspflicht des Beklagten anzunehmen. Dies gilt um so mehr, als es um Tatsachen ging, für deren ungefragte Mitteilung das Persönlichkeitsrecht von N. berücksichtigt werden mußte. Dafür, was der Kläger an Mitteilung erwarten durfte, spielt eine Rolle, daß er als Steuerberater geschäftsgewandt ist (vgl. BGHZ 96, 302, 311). Dieser Umstand ist außerdem in Zusammenhang mit der Tatsache zu sehen, daß der Kläger N. nicht nur als Mitarbeiter der Praxis übernommen hat. Vielmehr bot er ihm am 17. November 1987, als er auch den Vertrag mit dem Beklagten abschloß, einen Geschäftsanteil an der GmbH zum Kauf an. Die beabsichtigte Verbindung mit N. als Mitgesellschafter legte dem Kläger eigene Initiative zur Information über N. derart nahe – sei es durch Nachfrage beim Beklagten, Einsichtnahme in ihm zur Verfügung gestellte Unterlagen oder Einholung von Auskünften –, daß er sich nicht auf ungefragte Mitteilung durch den Beklagten verlassen durfte. Bei Berücksichtigung der vom Berufungsgericht nicht gewürdigten konkreten Umstände ist eine Aufklärungspflicht hinsichtlich des Abmahnschreibens zu verneinen.
Da weiterer relevanter Vortrag nicht zu erwarten ist, konnte der Senat abschließend entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO). Demnach war die Berufung gegen das Teilurteil zurückzuweisen und die in der Berufungsinstanz erweiterte Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2073794 |
BB 1991, 496 |
NJW 1991, 1223 |
ZIP 1991, 321 |
JuS 1991, 599 |
ZBB 1991, 108 |