Entscheidungsstichwort (Thema)
GmbH-Anteile. Gesellschafterpflichten und die Vor-GmbH. Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Kapitalerhaltungsgebot des § 30 GmbHG bestimmen sich auch dann ausschließlich nach § 31 GmbHG, wenn es den Beteiligten auf die Umgehung der Kapitalerhaltungsvorschriften ankommt; für die Anwendung der §§ 134, 812 ff. BGB ist daneben kein Raum (Abgrenzung zu BGHZ 95, 188, 192; BGHZ 81, 365, 367 f.; BGHZ 69, 274, 280).
Normenkette
GmbHG §§ 30-31; BGB §§ 134, 812 ff.
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 17.05.1995) |
LG München I |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 17. Mai 1995 aufgehoben, soweit der Beklagte zur Zahlung von mehr als 25.000,– DM nebst Zinsen verurteilt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der klagende Freistaat hat gegen die P. GmbH i.L. (im folgenden: P.) einen bestandskräftigen Körperschaftsteueranspruch i.H.v. 674.988,– DM. Er hat wegen Steuerrückständen der P. u.a. Ansprüche dieser Gesellschaft gegen den Beklagten wegen „verdeckter Gewinnausschüttungen” gepfändet und verlangt – soweit jetzt noch von Interesse – von dem Beklagten Zahlung von 240.000,– DM zuzüglich Zinsen.
Die P. GmbH war 1983 mit einem – voll einbezahlten – Stammkapital von 275.000,– DM unter Beteiligung des Beklagten gegründet worden. Seit 1984 hält für den Beklagten einer der Gesellschafter zwei Geschäftsanteile von je 25.000,– DM als Treuhänder.
P. erhielt den Auftrag, 40.000 t Stahl von A. nach T. zu transportieren und vereinnahmte vor Beginn der Verschiffung die Frachtvergütung. Der Transport wurde aber nur teilweise durchgeführt, weil rund 16.000 t Stahl in einem türkischen Haften liegen blieben und P. den weiteren Transport über Land mit LKW nicht ausführte. Auf diese Weise befanden sich 1,2 Mio. DM unverbrauchter Transportvergütungen auf einem Konto der Gesellschaft. P. zahlte diesen Betrag jedoch nicht an ihren Auftraggeber zurück, vielmehr wurde der Betrag wie Gewinn ausgeschüttet. Der Beklagte erhielt hiervon 240.000,– DM. Zwischen den Parteien ist strittig, wie es im einzelnen zur Auflösung der für die noch auszuführenden Transporte gebildeten Rückstellung und zur Beschaffung der Auszahlungsbeträge gekommen ist. Der Kläger hat jedenfalls die Ansicht vertreten, in der Auszahlung der 240.000,– DM liege ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften, weil bei richtiger Bilanzierung die P. überschuldet gewesen bzw. zumindest durch die Auszahlung eine Unterbilanz entstanden sei.
Das Landgericht hat diesen Teil der – weitere Beträge umfassenden und insoweit rechtskräftig erledigten – Klageforderung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, der die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Nach dessen Auffassung ergibt sich die Haftung des Beklagten aus gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Ansprüchen der P. GmbH gegen ihn wegen verbotener Einlagenrückgewähr (§ 31 GmbHG) und daneben aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 ff. BGB). Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht das Bestehen von Körperschaftsteueransprüchen in einer die Klageforderung weit übersteigenden Höhe und die Ordnungsmäßigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des zuständigen Finanzamts bejaht. Die weitere Begründung, auf die sich das Berufungsgericht stützt, hält jedoch – wie die Revision mit Recht geltend macht – in den entscheidenden Punkten der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.
I.
Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bilden keine hinreichende Grundlage für eine Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 240.000,– DM gemäß § 31 GmbHG.
1. a) Mit der Heranziehung der steuerrechtlichen Figur der „verdeckten Gewinnausschüttung” (vgl. für Austauschverträge Sen. Urt. v. 13. November 1995 – II ZR 113/94, ZIP 1996, 68; ferner für die hier nicht vorliegende Gewährung von Sondervorteilen ohne Gewinnverteilungsbeschluß: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl. § 29 Rdnr. 53 f. m.w.N.; Rowedder, GmbHG, 3. Aufl. § 29 Rdnr. 115) ist für die nach §§ 30, 31 GmbHG allein wesentliche Frage, ob ein Erstattungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter besteht, nichts gewonnen. Entscheidend ist vielmehr allein, ob die Auszahlung an den Gesellschafter – mag sie offen oder verdeckt vorgenommen worden sein – das das Stammkapital deckende Vermögen angreift oder eine schon bestehende Unterbilanz oder Überschuldung vertieft. Dagegen sind derartige verdeckte Zahlungen an die Gesellschafter aus der hier allein maßgeblichen Sicht des Kapitalerhaltungsgebots unbedenklich, soweit sie aus nicht gebundenem Vermögen geleistet werden können.
b) Die danach erforderliche Feststellung, ob durch die Auszahlung der 240.000,– DM an den Beklagten eine Unterbilanz entstanden oder vertieft worden ist oder ob gar die P. GmbH dadurch in die Überschuldung geraten oder dieser Zustand verschärft worden ist, hat das Berufungsgericht nicht in einwandfreier Weise getroffen.
aa) Soweit seine Ausführungen, mit denen es sich dem gerichtlichen Gutachter anschließt, dahin zu verstehen sein sollten, daß die genannte „Unterdeckung” von 46.574,74 DM das Maß der Unterbilanz, also den Betrag bezeichnen soll, um den die Stammkapitalziffer unterschritten ist, könnte die Klageforderung allenfalls in dieser Höhe begründet sein. Die weitergehende Verurteilung zur Zahlung von 193.425,26 DM nebst Zinsen fände dann in §§ 30, 31 GmbHG keine Grundlage.
bb) Wie die Revisionserwiderung mit Recht rügt, legen die Ausführungen des Gutachters, denen sich das Berufungsgericht ohne Begründung angeschlossen hat, die Annahme nahe, daß es sich bei jenem Betrag von 46.574,74 DM um das Maß der rechnerischen Überschuldung der P. handelt. Denn der Sachverständige erörtert die von ihm so genannte „Unterdeckung” unter der Überschrift „Ermittlung der Überschuldungsrechnurug” [Gutachten S. 19], bezieht in die von ihm aufgestellte Bilanz das Eigenkapital der Gesellschaft nicht ein [Gutachten S. 20] und gelangt bei seiner Errechnung der Unterdeckung [Gutachten S. 24] zu dem Betrag von 46.574,74 DM durch Saldierung des Verlustvortrages aus dem Jahr 1983, des eingezahlten Eigenkapitals und des laufenden Ergebnisses des Jahres 1984 [Gutachten S. 24]. In diesem Fall würde sich der gepfändete und zur Einziehung überwiesene Erstattungsanspruch der P. gegen den Beklagten auf den vollen geltend gemachten Betrag von 240.000,– DM belaufen.
cc) Dies gilt erst recht, wenn die P. die Rückstellung für die Transportkosten entgegen der von dem Gutachter vertretenen Ansicht nicht auflösen durfte, wie der Kläger mit seinen Revisionsgegenrügen beanstandet. Weder der Sachverständige, noch das Berufungsgericht, das sich ihm ohne weiteres angeschlossen hat, haben begründet, aus welchem Grund die P. gegen Ende des Jahres 1984 berechtigt gewesen ist, die genannte Rückstellung aufzulösen.
Der Umstand, daß die P. die restliche Beförderungsleistung nicht erbracht hat und auch nicht mehr erbringen kann, sei es weil der Stahl in der Türkei beschlagnahmt worden ist, sei es weil die Stahlteile inzwischen von dritter Seite auf Kosten der Vertragspartnerin der P. weitertransportiert worden sind, rechtfertigt die Auflösung der Rückstellung jedenfalls nicht (vgl. § 249 HGB). Denn entweder hatte die P. GmbH zu gewärtigen, nach Freigabe des Stahls durch die türkischen Behörden den Auftrag zu Ende führen zu müssen, oder sie sah sich einem Rückzahlungsanspruch ihrer Auftraggeberin ausgesetzt. Soweit das Berufungsgericht – ohne nähere Begründung – angenommen hat, die iranische Vertragspartnerin der P. habe einen Rückerstattungsanspruch nicht geltend gemacht, setzt es sich über den gegenteiligen und unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers hinweg, wie er mit seiner Revisionsgegenrüge zutreffend geltend macht.
c) Da das Berufungsgericht die Begriffe „Unterdeckung” und „Unterbilanz” für den nicht eindeutig eingeordneten Betrag von 46.574,74 DM nebeneinander verwandt, sich aber andererseits genötigt gesehen hat, besonders zu begründen, warum hier ausnahmsweise der darüber hinausgehende volle vom Kläger geltend gemachte Betrag zu zahlen ist, ist der Senat mangels klarer und unzweideutiger tatrichterlicher Feststellungen an einer eigenen Entscheidung gehindert.
2. Auch bei einem bewußten, auf die Umgehung der Kapitalerhaltungsregeln abzielenden Verstoß gegen § 30 GmbHG kann auf die Feststellung des Bestehens und der Höhe der Unterbilanz bzw. der Überschuldung nicht verzichtet werden. Denn auch ein solches Geschäft führt weder zur Nichtigkeit des obligatorischen noch des dinglichen Teils, vielmehr ergibt sich die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Kapitalerhaltungsgebot ausschließlich aus der als Spezialregelung zu verstehenden Rückerstattungsnorm des § 31 GmbHG, mit welcher dem berechtigten Schutzbedürfnis der Gesellschaft und ihrer Gläubiger hinreichend Rechnung getragen ist.
Der Senat hat diesen Grundsatz schon bisher verfolgt. In früheren Entscheidungen (vgl. z.B. BGHZ 69, 274, 280; BGHZ 81, 365, 367 f.; BGHZ 95, 188, 192; Sen. Urt. v. 11. Mai 1987 – II ZR 226/86, ZIP 1987, 1113, 1115; ferner BGH, Urt. v. 14. Januar 1953 – I ZR 169/51, LM Nr. 1 zu § 30 GmbHG) hat er allerdings ausgesprochen, unter besonderen Umständen sei zu erwägen, daß ein das Rückgewährverbot verlerzendes Rechtsgeschäft nicht nur die Erstattungspflicht nach § 31 GmbHG auslöse, sondern ausnahmsweise insgesamt nichtig sei. Als ein solcher Ausnahmefall ist insbesondere der Fall erwähnt worden, daß die Beteiligten sich bewußt über das Rückzahlungsverbot hinweggesetzt haben. In allen diesen Urteilen handelte es sich jedoch nicht um tragende Erwägungen, die letztlich nur auf lange zurückliegende Erkenntnisse des Reichsgerichts (vgl. RGZ 168, 292 ff., 302) bzw. des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 14. Januar 1953 – I ZR 169/51, LM Nr. 1 zu § 30 GmbHG) referierend Bezug nehmen.
Nicht einmal für den genannten Ausnahmefall ist indessen die Nichtigkeit des betreffenden Rechtsgeschäfts die angemessene Lösung. Denn das Kapitalerhaltungsgebot des § 30 GmbHG bezweckt allein, daß das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter zurückgewährt wird. Die sachgerechte Rechtsfolge eines Verstoßes gegen § 30 GmbHG besteht deswegen darin, daß ein entsprechendes Verpflichtungsgeschäft nicht erfüllt werden darf, soweit in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Leistung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen angegriffen wird, und daß eine gleichwohl erbrachte Zahlung den Erstattungsanspruch nach § 31 GmbHG auslöst. Dagegen ist es für §§ 30, 31 GmbHG ohne Bedeutung, ob die Beteiligten Kenntnis von der durch die Zahlung eintretenden oder vertieften Unterbilanz bzw. Überschuldung haben oder ob sie gar diesen Zustand bewußt haben herbeiführen wollen, weil der im Interesse der Gesellschaftsgläubiger angeordnete Kapitalerhaltungsschutz allein an objektive Kriterien anknüpft und – von der in § 31 Abs. 2 GmbHG geregelten Ausnahme abgesehen – unabhängig davon besteht, welche Vorstellungen Geschäftsführer und Gesellschafter mit ihren Handlungen verbinden (vgl. Hachenburg/Goerdeler/Welf Müller, GmbHG, 8. Aufl. § 30 Rdnr. 74; Scholz/Westermann, GmbHG, 8. Aufl. § 30 Rdnr. 27).
Wenn demnach § 31 GmbHG als auf den besonderen Fall zugeschnittene gesellschaftsrechtliche Spezialnorm verstanden wird, neben der für die Heranziehung des § 134 BGB kein Raum ist, wird nicht nur das Abstraktionsprinzip auch bei solchen Rechtsgeschäften beachtet, die das Kapitalerhaltungsgebot verletzen; es lassen sich auch die Fälle sachgerecht lösen, in denen die Auszahlung nur zum Teil das das Stammkapital deckende Vermögen angreift. Schließlich sprechen, wie der Senat bereits früher zum Ausdruck gebracht hat (BGHZ 95, 188, 192), auch die mit der GmbHG-Novelle eingeführten Vorschriften des § 32 a Satz 2 KO und des § 3 b Satz 2 AnfG dafür, § 134 BGB in dem hier interessierenden Zusammenhang nicht anzuwenden.
Diese Auffassung steht in Übereinstimmung mit der ganz herrschenden Meinung im neueren Schrifttum (vgl. z.B. Flume Juristische Person § 8 IV 2 c S. 292 f.; Scholz/Westermann a.a.O. § 30 Rdnr. 12; Baumbach/Hueck, GmbHG, 16. Aufl. § 30 Rdnr. 21; Hachenburg/Goerdeler/Welf Müller a.a.O. § 30 Rdnr. 77 f.; Lutter/Hommelhoff a.a.O. § 30 Rdnr. 34 und 37; Rowedder a.a.O. § 30 Rdnr. 28; Joost, ZHR 148 [1984], 27 ff.; Meister, WM 1980, 390, 396 f.), die jedenfalls im Ergebnis für eine Anwendbarkeit des § 134 BGB und der §§ 812 ff. BGB neben den GmbH-rechtlichen Kapitalschutzvorschriften keine Notwendigkeit sieht.
3. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet ferner die Begründung des angefochtenen Urteils für die Annahme, die Klageforderung sei nicht verjährt, obwohl die Klage erst mehr als fünf Jahre nach dem Empfang der Ausschüttung durch den Beklagten erhoben worden ist. Eine „bösliche Handlungsweise” i.S.v. § 34 Abs. 5 Satz 2 GmbHG, bei deren Vorhandensein der Erstattungsanspruch nicht in fünf, sondern in dreißig Jahren verjährt, liegt nicht bereits dann vor, wenn der Gesellschafter mit der Entgegennahme der Leistung Steuern hinterziehen will und damit – wie das Berufungsgericht ausgesprochen hat – in dem Bewußtsein handelt, Gläubiger der Gesellschaft zu schädigen. Vielmehr handelt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 110, 342, 352; BGHZ 127, 17, 33 f. m.w.N.) böslich nur derjenige Gesellschafter, der die Auszahlung in Kenntnis ihrer Unzulässigkeit entgegennimmt, also weiß, daß bereits eine Überschuldung oder eine Unterbilanz besteht oder daß infolge der Auszahlung das zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nunmehr angegriffen wird (vgl. Lutter/Hommelhoff a.a.O. § 31 Rdnr. 27; Scholz/Westermann a.a.O. § 31 Rdnr. 36; Hachenburg/Goerdeler/Welf Müller a.a.O. § 31 Rdnr. 69).
Feststellungen hierzu hat das Berufungsgericht bisher nicht getroffen. Daß eine solche Kenntnis bestand, läßt sich nach dem gegenwärtigen Stand des Rechtsstreits nicht ausschließen. Die – allerdings in ihrer Tragweite nicht zweifelsfreien – Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, nach denen die P. GmbH schon Ende 1983 ihr Stammkapital verloren hatte oder gar überschuldet war und im Laufe des Jahres 1984 praktisch keine Erträge erwirtschaftet hat, können dafür sprechen, daß dem Beklagten schon seit der Feststellung des Jahresabschlusses für das Jahr 1983, an der er nach dem Treuhandvertrag zu beteiligen war, die Krisensituation der P. GmbH bekannt war. Im übrigen kann er diese Kenntnis auch später – etwa im Zusammenhang mit den Entscheidungen über die Auflösung der Transportkostenrückstellung und über die Ausschüttung des dadurch buchmäßig entstandenen Gewinns – erlangt haben.
II.
Die Klageforderung ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen auch nicht nach Bereicherungsrecht begründet.
1. Soweit das Berufungsgericht angenommen haben sollte, ein bewußter Verstoß gegen die sich aus § 30 GmbHG ergebende Kapitalerhaltungspflicht führe zur Nichtigkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses der Gesellschaft, ist dem – wie unter I. 2 näher ausgeführt – nicht zu folgen.
2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Beschluß über die Ausschüttung des nach Auflösung der Rückstellung für die Transportkosten ausgewiesenen Gewinns nicht deswegen nach §§ 134, 138 BGB nichtig, weil die Beteiligten mit der von ihnen gewählten Gestaltung Steuern haben hinterziehen wollen.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß nur solche Abreden, die zur Verkürzung von Steuern führen, insgesamt nichtig sind, deren Hauptzweck auf die Steuerhinterziehung gerichtet ist (BGHZ 14, 26, 30 f.; Sen. Urt. v. 23. März 1961 – II ZR 157/59, BB 1961, 767; Sen. Urt. v. 24. April 1978 – II ZR 168/76, VersR 1978, 915 f.; Sen. Urt. v. 23. Oktober 1975 – II ZR 109/74, WM 1975, 1279, 1281; BGH, Urt. v. 4. März 1993 – V ZR 121/92, BGHR BGB § 134 „Steuerhinterziehung 1”). Diese Voraussetzung liegt nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Hauptzweck des von den beteiligten Gesellschaftern gefaßten Beschlusses war es danach, die wegen der nicht vollständig erfüllten Transportverpflichtung gebildete Rückstellung aufzulösen und den dadurch entstandenen Bilanzgewinn an die Gesellschafter auszuschütten. Dieses hauptsächlich verfolgte Ziel wurde lediglich durch die zusätzliche und nicht zum notwendigen Inhalt des Beschlusses gehörende Absprache ergänzt, die Ausschüttung nicht offen mit der Folge des Entstehens von Steuerforderungen gegen die Gesellschaft durchzuführen, sondern den durch die Auflösung entstehenden Gewinn dadurch geringer erscheinen zu lassen, daß fiktive Betriebsausgaben aus einem in Wirklichkeit nicht geschlossenen und auch nicht bezahlten Transportauftrag erfolgsmindernd verbucht worden sind.
III.
Damit das Berufungsgericht die gebotenen Feststellungen treffen kann, ist die Sache zurückzuverweisen. Die Parteien erhalten dadurch zugleich die Gelegenheit, ihr Vorbringen unter Berücksichtigung der vorstehenden rechtlichen Erörterungen klarzustellen und zu ergänzen.
Unterschriften
Röhricht, Prof. Dr. Henze, Dr. Goette, Dr. Kapsa, Dr. Kurzwelly
Fundstellen
Haufe-Index 714190 |
BGHZ |
BGHZ, 125 |
HFR 1998, 309 |
NJW 1997, 2599 |
BBK 1997, 1016 |
KTS 1998, 95 |
Nachschlagewerk BGH |
ZIP 1997, 1450 |
JZ 1997, 965 |