Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährungsbeginn bei Rechtsunkenntnis. Objektive Klärung der Rechtsfrage. Darlegungs- und Beweislast bei Fehlen der Vertretungsmacht
Leitsatz (amtlich)
a) Ist der Beginn der Verjährungsfrist gem. § 199 Abs. 1 BGB in Fällen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage ausnahmsweise wegen der Rechtsunkenntnis des Gläubigers hinausgeschoben, beginnt die Verjährung mit der objektiven Klärung der Rechtslage. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von dieser Klärung kommt es nicht an.
b) Macht der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs geltend, der als Rechtsgrund seiner Leistung in Betracht kommende Vertrag sei unwirksam, weil er bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden sei, hat er die tatsächlichen Voraussetzungen des Fehlens der Vertretungsmacht, ggf. auch des Fehlens einer Rechtsscheinvollmacht gem. §§ 171 f. BGB darzulegen und zu beweisen.
Normenkette
BGB §§ 171-172, § 199 ff., § 812
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 17. Zivilsenats des OLG Karlsruhe vom 17.4.2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als i.H.v. 25.801,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des LG Mannheim vom 23.8.2006 abgeändert.
Die Beklagte wird, unter Abweisung der weitergehenden Klage, verurteilt, an die Kläger 25.801,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 zu zahlen.
Die weitergehende Revision der Kläger wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 14 % und die Beklagte zu 86 %.
Von Rechts wegen
Tatbestand
[1] Die Kläger nehmen die beklagte Sparkasse auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung in Anspruch.
[2] Die Kläger, ein damals 47-jähriger EDV-Angestellter und seine damals 48 Jahre alte Ehefrau, eine Hausfrau, wollten sich 1995 zum Zweck der Steuerersparnis mit einer Einlage von 52.284 DM an dem geschlossenen Immobilienfonds "N." (im Folgenden: GbR) beteiligen. Mit notarieller Urkunde vom 20.7.1995 boten sie der K. Steuerberatungs GmbH (im Folgenden: Treuhänderin), die über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, den Abschluss eines umfassenden Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages mit einer ebensolchen Vollmacht an. Die Treuhänderin nahm das Angebot an und schloss zur Finanzierung des für die Kläger erklärten Beitritts am 25.8.1995 in deren Namen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) einen Vertrag über einen Tilgungskredit von 60.000 DM mit 10 % Disagio. Bei Abschluss des Darlehensvertrages lagen der Beklagten weder das Original noch eine Ausfertigung der von den Klägern der Treuhänderin erteilten Vollmacht vor. Der Nettokreditbetrag von 54.000 DM (= 27.609,76 EUR) wurde nach dem Vorbringen der Beklagten auf Anweisung der Treuhänderin auf ein von dieser für die GbR geführtes Treuhandkonto ausgezahlt. Nachdem die Kläger Zahlungen i.H.v. insgesamt 8.645,67 EUR auf den Darlehensvertrag geleistet hatten, lösten sie das Darlehen am 31.1.1998 mit einer Sondertilgung von 25.801,93 EUR ab.
[3] Die erst im Jahre 2006 erhobene Klage auf Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. insgesamt 35.378,52 EUR nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
[4] Die Revision ist teilweise begründet.
I.
[5] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[6] Der Anspruch auf Erstattung der Sondertilgung i.H.v. 25.801,93 EUR sei verjährt. Die Verjährung richte sich allerdings - anders als bei den Tilgungsanteilen der auf das Annuitätendarlehen gezahlten Raten - nicht nach § 197 BGB a.F., weil die Sondertilgung eine einmalige Leistung zur Erfüllung der Darlehensrestschuld gewesen sei. Die Forderung sei aber gem. §§ 195, 199 BGB n.F., Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB mit Ablauf des 31.12.2005 verjährt. Die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien im Jahre 2002 erfüllt gewesen. Auch bei nicht fachkundigen Personen wie den Klägern könne von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der maßgeblichen Umstände bis zum 31.12.2002 ausgegangen werden. Bis dahin habe die Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit von Darlehensverträgen der vorliegenden Art in weiten Kreisen der Anleger Beachtung gefunden. Im Jahre 2002 hätten Anleger in einer ersten Welle von Gerichtsverfahren Klage auf Rückabwicklung der Anlagegeschäfte erhoben. Die Medien, insb. die Tagespresse, hätten 2002 über die neue Rechtsprechung berichtet. Falls die Kläger gleichwohl erst aufgrund anwaltlicher Beratung im Jahre 2005 hiervon Kenntnis erlangt hätten, beruhe ihre vorherige Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Nach dem anzulegenden objektiv-abstrakten Maßstab hätten die Kläger ihre Sorgfaltspflichten verletzt, wenn sie die einschlägigen Zeitungsberichte nicht zur Kenntnis und zum Anlass genommen hätten, sich durch Einholung von Rechtsrat Klarheit über ihre Rückzahlungsansprüche zu verschaffen. Gegenüber der Verjährungseinrede greife der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durch. Die Beklagte habe zwar mit Schreiben vom 30.4.2004 geltend gemacht, die Treuhandvollmacht sei unter Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln. Dieser Einwand gehöre aber nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, auf die sich die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erstrecken müsse.
[7] Die Kläger hätten auch keinen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998 gezahlten Darlehensraten. Ein darauf gerichteter Bereicherungsanspruch sei gem. § 197 BGB a.F. verjährt. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht gegeben, weil die Kläger weder für die Verletzung eigener Aufklärungspflichten der Beklagten noch für eine arglistige Täuschung des Anlagevermittlers konkrete Tatsachen vorgetragen hätten. Auch eine arglistige Täuschung durch den Fondsprospekt hätten sie nicht aufgezeigt. Ihr Vorwurf, das Fondsgrundstück habe statt der im Prospekt genannten 36 Mio. DM nur einen Wert von 8 Mio. DM, sei keine dem Beweis zugängliche Tatsachenbehauptung. Außerdem hätten die Kläger nicht behauptet, diese angebliche Falschangabe sei für ihre Anlageentscheidung ursächlich gewesen. Dasselbe gelte für die als irreführend gerügten Prospektangaben über Verkaufsprovisionen. Es könne keine Rede davon sein, dass die Provisionen das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Verkehrswert so wesentlich verschoben hätten, dass von einer sittenwidrigen Übervorteilung der Kläger auszugehen sei. Demnach hätten die Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
II.
[8] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
[9] 1. Der Anspruch der Kläger gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Erstattung der Sondertilgung i.H.v. 25.801,93 EUR ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt.
[10] a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass bei einer vorzeitigen Ablösung des Darlehenskapitals eines Annuitätendarlehens § 197 BGB a.F. auf den Bereicherungsanspruch des Darlehensnehmers keine Anwendung findet (BGH, Urt. v. 27.5.2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 14 f.). Dies gilt auch, soweit in der abschließenden Zahlung vom 31.1.1998 Zinsen enthalten gewesen sein sollten (BGH, Urt. v. 4.12.2007 - XI ZR 227/06, WM 2008, 244, 247 Tz. 33, für BGHZ 174, 334 vorgesehen; v. 27.5.2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 13).
[11] b) Maßgeblich ist vielmehr, da die Verjährungsfrist gem. § 195 BGB a.F. am 1.1.2002 noch nicht abgelaufen war, gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB die Frist gem. § 195 BGB n.F. Diese Frist war bei Klageerhebung am 23.2.2006 noch nicht abgelaufen, weil sie nicht vor dem 1.1.2003 begonnen hat.
[12] aa) Vor diesem Zeitpunkt waren zwar die objektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gem. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfüllt, weil die Klageforderung mit der Sonderzahlung am 31.1.1998 entstanden ist.
[13] bb) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, auch die - erforderlichen (BGH BGHZ 171, 1, 7 ff. Tz. 19 ff.) - subjektiven Voraussetzungen gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätten vor dem 1.1.2003 vorgelegen. Die Kläger haben vor diesem Zeitpunkt von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners keine Kenntnis erlangt und auch nicht ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen.
[14] (1) Ein Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verfolgt, hat Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen des Rechtsgrundes, d.h. von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt, weiß (BGH, Urt. v. 29.1.2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 732 Tz. 26, für BGHZ 175, 161 vorgesehen; Staudinger/Peters, BGB Neubearb. 2004 § 199 Rz. 46). Bei der Beurteilung der Frage, wann der Gläubiger diese Kenntnis besitzt, kann, auch bei Bereicherungsansprüchen (BGH, Beschl. v. 19.3.2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 8), weitgehend auf die Rechtsprechung des BGH zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. zurückgegriffen werden (BGH, Urt. v. 3.6.2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27, m.w.N.). Danach muss dem Anspruchsberechtigten die Erhebung einer Feststellungsklage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich sein (st.Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 14.10.2003 - VI ZR 379/02, NJW 2004, 510; BGH, Urt. v. 3.6.2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27; jeweils m.w.N.). Dazu ist nicht die Kenntnis aller Einzelheiten erforderlich. Es genügt, dass der Anspruchsberechtigte den Sachverhalt, etwa den Schadenshergang, in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet (BGH, Urt. v. 29.6.1989 - III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 179; MünchKomm/Grothe, BGB, 5. Aufl., § 199 Rz. 25).
[15] (a) Der Verjährungsbeginn setzt gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ebenso wie gem. § 852 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Hingegen ist es in der Regel nicht erforderlich, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (BGHZ 170, 260, 271 Tz. 28; BGH, Urt. v. 3.6.2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27). Rechtsunkenntnis kann aber im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (BGHZ 138, 247, 252; 150, 172, 186; 160, 216, 231 f.; BGH, Urt. v. 15.10.1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 259; v. 24.2.1994 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991; v. 17.10.1995 - VI ZR 246/94, WM 1996, 125, 127; v. 25.2.1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975 und Beschl. v. 19.3.2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 9). In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, Urt. v. 25.2.1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975).
[16] (b) Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2004 - II ZR 17/03, WM 2005, 382, 384; MünchKomm/Grothe, BGB, 5. Aufl., § 199 Rz. 28; jeweils m.w.N.).
[17] (c) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (BGH, Urt. v. 26.10.2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27; v. 3.6.2008 - XI ZR 318/06, Urteilsumdruck Tz. 23) und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (BGH BGHZ 145, 337, 340 und Urt. v. 15.2.2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813). Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist allerdings nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (BGHZ 122, 317, 326; 138, 247, 253; BGH, Urt. v. 24.2.1999 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991 f.).
[18] (2) Nach diesen Grundsätzen waren die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bis zum 31.12.2002 nicht erfüllt.
[19] (a) Der Verjährungsbeginn hing allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis der Kläger von der Rechtsprechung des BGH zur Unwirksamkeit von Treuhändervollmachten der vorliegenden Art ab. Vor dieser Rechtsprechung, d.h. auch im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung, war die Rechtslage zwar unsicher und zweifelhaft, so dass die Rechtsunkenntnis der Kläger den Verjährungsbeginn hinausschob. Die Rechtslage wurde aber durch die Urteile des BGH vom 28.9.2000 (BGHZ 145, 265), vom 18.9.2001 (XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2114) und vom 11.10.2001 (III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261) geklärt. Nach dieser Rechtsprechung sind Geschäftsbesorgungsverträge und Treuhändervollmachten der vorliegenden Art wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam, und zwar auch im Zusammenhang mit kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungen. Nach der Veröffentlichung dieser Entscheidungen in der NJW als der auflagenstärksten juristischen Fachzeitschrift in den Heften vom 4.1.2001, 17.12.2001 und 2.1.2002 stand die zuvor unklare Rechtslage dem Verjährungsbeginn nicht mehr entgegen. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Kläger von der Klärung der Rechtslage kam es hierfür nicht an. An der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt es bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage (vgl. BGH, Urt. v. 25.2.1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975) nur bis zur objektiven Klärung der Rechtslage (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 199 Rz. 26). Danach ist die Klageerhebung zumutbar. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass derjenige, der bei zunächst unklarer, aber später geklärter Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen fortdauernder Rechtsunkenntnis aber keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergreift, nicht anders behandelt werden darf als derjenige, der bei von Anfang an klarer Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen Rechtsunkenntnis aber keine Klage erhebt. In diesem Fall wird der Verjährungsbeginn durch die Rechtsunkenntnis auch nicht hinausgeschoben.
[20] (b) Die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB waren aber, was das Berufungsgericht verkannt hat und die Revision zu Recht rügt, vor dem 1.1.2003 aus einem anderen Grund nicht erfüllt.
[21] (aa) Zu den tatsächlichen Umständen, die einen Bereicherungsanspruch gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB begründen, gehören auch die Tatsachen, aus denen das Fehlen eines Rechtsgrundes der Leistung, d.h. die Unwirksamkeit des Vertrages, zu dessen Erfüllung geleistet wurde, folgt. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Mangels des rechtlichen Grundes (BGHZ 128, 167, 171; 154, 5, 9; BGH, Urt. v. 6.10.1994 - III ZR 165/93, WM 1995, 20, 21; v. 27.9.2002 - V ZR 98/01, WM 2003, 640, 641; v. 14.7.2003 - II ZR 335/00, WM 2004, 225, 226; BGH, Urt. v. 6.12.1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190). Während der eine vertragliche Leistung fordernde Gläubiger die Wirksamkeit des Vertrages darzulegen und zu beweisen hat, muss der eine erbrachte Leistung zurückfordernde Bereicherungsgläubiger dessen Unwirksamkeit vortragen und unter Beweis stellen (BGH, Urt. v. 18.7.2003 - V ZR 431/02, WM 2004, 195, 196; Beschl. v. 10.10.2007 - IV ZR 95/07, NJW-RR 2008, 273 Tz. 3). Macht der Bereicherungsgläubiger, wie im vorliegenden Fall, geltend, der als Rechtsgrund in Betracht kommende Vertrag sei unwirksam, weil er bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden sei, hat er die tatsächlichen Voraussetzungen des Fehlens der Vertretungsmacht darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört, wie der Senat bereits entschieden hat (Urt. v. 6.12.1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190), bei einem In-Sich-Geschäft gem. § 181 BGB das Fehlen einer Zustimmung des Vertretenen. Ebenso sind bei einer Leistungskondiktion die Umstände, die die Unwirksamkeit einer Vollmacht begründen, und das Fehlen der Voraussetzungen einer Rechtsscheinvollmacht gem. §§ 171 f. BGB anspruchsbegründende Tatsachen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung nicht etwa rechtshindernde Einwendungen, deren Kenntnis für den Verjährungsbeginn nicht erforderlich wäre (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 22.6.1993 - VI ZR 190/92, NJW 1993, 2614). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 20.4.2004 (XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1228) eine andere Auffassung vertreten hat, wird daran nicht festgehalten.
[22] (bb) Von diesen anspruchsbegründenden Tatsachen haben die Kläger vor dem 1.1.2003 keine Kenntnis erlangt; ihre Unkenntnis beruht auch nicht auf grober Fahrlässigkeit.
[23] Ihnen war zwar bekannt, dass der Darlehensvertrag durch eine Treuhänderin abgeschlossen worden war und dass deren Vollmacht einen umfassenden Inhalt hatte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vortrag der für den Verjährungsbeginn darlegungsbelasteten Beklagten ist aber nicht zu entnehmen, dass die Kläger wussten, dass die Treuhänderin keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß. Ob ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, weil eine Erlaubnis gem. § 17 Satz 1 RBerV zu veröffentlichen ist und bei dem für ihre Erteilung zuständigen Präsidenten des LG erfragt werden kann, ist zweifelhaft. Diese Frage bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.
[24] Jedenfalls hatten die Kläger vor dem 1.1.2003 keine Kenntnis davon, dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages am 25.8.1995 nicht, wie für eine Rechtsscheinvollmacht gem. § 171 f. BGB erforderlich, eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vom 20.7.1995 vorgelegen hat. Eine solche Kenntnis ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Diese Unkenntnis der Kläger beruhte nicht auf grober Fahrlässigkeit. Zahlreiche Kreditinstitute haben sich bei vergleichbaren Geschäften vor Abschluss des Darlehensvertrages regelmäßig eine Ausfertigung der notariellen Urkunde der Treuhändervollmacht vorlegen lassen. Für die Kläger als juristische Laien lag die Nichtvorlage einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vor Abschluss des Darlehensvertrages vom 25.8.1995 keinesfalls so nahe, dass sie dieser Frage nachgehen mussten. Es ist auch nicht festgestellt oder vorgetragen worden, dass sie auf eine entsprechende Rückfrage bei der Beklagten eine zutreffende Auskunft erhalten hätten. Die Beklagte selbst wirft den Klägern insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vor.
[25] 2. Einen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998 gezahlten Darlehensraten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als unbegründet angesehen.
[26] a) Der darauf gerichtete Bereicherungsanspruch ist, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, gem. § 197 BGB a.F. verjährt (BGHZ 112, 352, 354 und Urt. v. 27.2.2007 - XI ZR 56/06, WM 2007, 731, 732 Tz. 20; v. 27.5.2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 12).
[27] b) Auch einen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungsverschuldens hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Fondsinitiatoren bzw. der für sie tätige Vermittler hätten die Kläger über die Fondsbeteiligung arglistig getäuscht. Hierfür fehlt substantiiertes Vorbringen in den Tatsacheninstanzen. Die Kläger haben lediglich behauptet, nach dem ihnen vorgelegten Fondsprospekt habe das Fondsgrundstück für knapp 28 Mio. DM erworben werden sollen, während es tatsächlich nur einen Wert von 8 Mio. DM habe. Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob in dieser Prospektangabe die konkludente Behauptung liegt, das Grundstück habe einen Wert von 28 Millionen DM. Jedenfalls ist dem Vortrag der Kläger nicht zu entnehmen, in welchem Zeitpunkt das Grundstück den von ihnen behaupteten Wert gehabt haben soll. In ihren Schriftsätzen ist sowohl vom 2.10.1995 als auch vom 28.2.1998 die Rede. Darüber hinaus haben die Kläger eine - auch eine subjektive Komponente umfassende (BGH, Urt. v. 6.11.2007 - XI ZR 322/03, WM 2008, 115, 120 Tz. 49) - arglistige Täuschung nicht substantiiert vorgetragen.
[28] Da die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nicht erfüllt sind und über den geschuldeten Betrag von 25.801,93 EUR keine wirksame Mahnung vorliegt, haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
III.
[29] Das Berufungsurteil stellt sich, soweit es rechtsfehlerhaft ist, nur in geringem Umfang aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
[30] 1. Der Anspruch der Kläger auf Zinsen aus dem Betrag von 25.801,93 EUR für die Zeit vor dem 1.1.2002 ist verjährt. Dieser Anspruch gem. § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe von Nutzungszinsen verjährt als Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen gem. § 197 BGB a.F. in vier Jahren (BGH, Urt. v. 15.2.2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812). Diese Frist war für die Zeit bis zum 31.12.2001 abgelaufen, bevor im Jahr 2006 Klage erhoben wurde.
[31] 2. Hingegen ist der Anspruch der Kläger gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der am 31.1.1998 geleisteten Schlusszahlung i.H.v. 25.801,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 begründet.
[32] a) Die Beklagte hat diesen Betrag durch Leistung der Kläger ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Darlehensvertrag vom 25.8.1995 ist unwirksam, weil die Treuhänderin, die den Vertrag namens der Kläger geschlossen hat, nicht wirksam bevollmächtigt war. Die ihr erteilte Vollmacht ist im Hinblick auf ihre umfassenden Befugnisse wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig (st.Rspr., s. nur BGH, Urt. v. 26.2.2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683, 686 Tz. 26 m.w.N.). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Voraussetzungen einer Vertretungsbefugnis gem. §§ 171 f. BGB und einer Duldungs- oder Anscheinsvollmacht nicht vorliegen.
[33] b) Die von den Klägern aufgrund der Fondsbeteiligung erlangten Steuervorteile mindern entgegen der Auffassung der Beklagten den Rückzahlungsanspruch nicht. Anders als die Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein verbundenes Geschäft bildet (vgl. hierzu BGH BGHZ 172, 147, 153 ff. Tz. 23 ff.), bei der der Darlehensnehmer die Rückzahlung seiner auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen Zug-um-Zug gegen Abtretung des Fondsanteils verlangen kann, führt die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen des Verstoßes der Treuhändervollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht zu einer Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung. Da die Kläger, zumindest nach den Grundsätzen über den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft (vgl. BGHZ 153, 214, 221 f.), Gesellschafter der Fonds-GbR sind und bei Erfüllung ihres Rückzahlungsanspruchs gegen die Beklagte bleiben, sind ihnen die aus dieser Kapitalanlage resultierenden Vorteile, d.h. Fondsausschüttungen und Steuervorteile, zu belassen.
[34] c) Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch auf Herausgabe der Darlehensvaluta ist unbegründet. Ein Kreditinstitut, das aufgrund eines wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksamen Darlehensvertrages die Immobilienfondsbeteiligung eines Kapitalanlegers finanziert und die Darlehensvaluta unmittelbar an den als GbR betriebenen Fonds ausgezahlt hat, kann den Kapitalanleger für die Bereicherungsschuld der GbR gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB nicht in entsprechender Anwendung des § 128 HGB persönlich in Anspruch nehmen (BGH, Urt. v. 17.6.2008 - XI ZR 112/07, WM 2008, 1356, 1358 f. Tz. 18 ff., für BGHZ vorgesehen).
IV.
[35] Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit i.H.v. 25.801,93 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung dieses Betrages zu verurteilen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 2068391 |
BB 2008, 2469 |
BB 2008, 2653 |