Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltsvertrag. Vertragsentwurf über Nachlassverteilung. Angemessenheit und Zulässigkeit der Honorarvereinbarung. Beurkundungsfähige juristische Umsetzung der Einigung der Erben. Anknüpfen des Honorars an Höhe des Erbteilanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Rechtsanwalt die zuvor erzielte Einigung der Abkömmlinge des Erblassers über eine Nachlaßverteilung in die angemessene juristische Form zu bringen, so enthält eine Honorarvereinbarung, die an die Höhe des Erbteilsanspruchs des Mandanten anknüpft, kein unzulässiges Erfolgshonorar.
Normenkette
BRAO § 49b Abs. 2
Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.04.2002) |
LG Frankfurt am Main |
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. April 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Der Beklagte zu 1) ist eines von drei Kindern des Senators F. Sch. (fortan: Erblasser), der am 17. Juli 1998 verstarb. Die Kinder waren sich schon vor dem Tod des Erblassers einig, daß die künftige Erbschaft unabhängig von dem Inhalt letztwilliger Verfügungen so aufgeteilt werden sollte, daß jeder der drei Stämme ein Drittel der Erbschaft, dessen Höhe unbekannt war, erhalten sollte. Da der Beklagte zu 1) verschuldet war, sollte sein Anteil seinen Kindern, den Beklagten zu 2) und 3), zufallen.
Im Jahre 1996 beauftragte der Beklagte zu 1) den Kläger mit einem Vertragsentwurf, der die Nachlaßverteilung nach diesen Vorgaben zum Gegenstand hatte. Am 6. November 1996 unterzeichneten er und der Kläger fünf in ihren Formulierungen im wesentlichen übereinstimmende Honorarvereinbarungen zwischen dem Kläger auf der einen und den Beklagten zu 1) bis 3) auf der anderen Seite, die sich in der Höhe des vereinbarten Honorars und dem Eintritt der Fälligkeit unterschieden. Ein Honorar von 910.000 DM war danach zur Zahlung fällig, sobald der Erbfall eingetreten und „die Erbschafts- bzw. Pflichtteilsansprüche zu Gunsten der Auftraggeber insgesamt über 15 Mio. DM … entstanden sind”. Drei weitere Honorarvereinbarungen knüpften die Fälligkeit der darin vereinbarten Honorare von 610.000 DM, 470.000 DM bzw. 350.000 DM an entsprechende Ansprüche über 13 Mio. DM, 11 Mio. DM und 9 Mio. DM; die fünfte Honorarvereinbarung über 250.000 DM setzte für die Fälligkeit neben dem Eintritt des Erbfalls nur voraus, daß überhaupt Erb- bzw. Pflichtteilsansprüche zu Gunsten der Auftraggeber entstanden.
Die Beklagten zu 2) und 3) unterzeichneten am 21. November 1996 gleichlautende „Genehmigungserklärungen”:
„Hiermit bestätige ich … die auf meinen Vater, Herrn Dr. J. Sch., erteilte Vollmacht zum Abschluß einer Honorarvereinbarung mit Rechtsanwalt H. E., Frankfurt am Main, und genehmige hiermit seine Unterschrift auch in meinem Namen unter die Vereinbarung vom 6.11.1996.”
Der Kläger arbeitete sodann einen Vertragsentwurf aus, der die Nachlaßverteilung unter den Abkömmlingen des Erblassers zum Gegenstand hatte und Grundlage der Beurkundungsverhandlung vom 14. Februar 1997 wurde (UR-Nr. 38/97 Notar Dr. St. in Frankfurt am Main).
Der Erblasser hinterließ ein Vermögen von mindestens 65 Mio. DM. Unter Hinweis darauf, daß dem Familienstamm des Beklagten zu 1) – unstreitig – Vermögenswerte von mehr als 15 Mio. DM zugefallen seien, forderte der Kläger von den Beklagten das vereinbarte Honorar von 910.000 DM zuzüglich Zinsen.
Mit Vereinbarung vom Juni 1999 trat er die Forderung gegen die Beklagten an „Rechtsanwalt Dr. J. H. „, wohnhaft in Monaco (fortan: Zessionar), ab, wobei dieser den Kläger „gleichzeitig vorsorglich mit der Einziehung der Forderung in eigenem Namen” beauftragte.
Die Vorinstanzen haben der Klage auf Zahlung von 910.000 DM zuzüglich Zinsen stattgegeben; mit ihrer zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, ohne in seinem Urteilsausspruch etwas über den Umfang der Zulassung zu bemerken. In den Urteilsgründen begründet es die Zulassung damit, grundsätzliche Bedeutung komme der Frage zu, ob bei einer Honorarvereinbarung dem Schriftformerfordernis Genüge getan sei, wenn die einzelnen, nicht foliierten Schriftstücke einer Urkunde nicht ausdrücklich aufeinander Bezug nähmen.
2. Damit hat das Berufungsgericht die Zulassung der Revision entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht beschränkt.
Mit einer den Ausspruch der Revisionszulassung einschränkenden Auslegung ist im allgemeinen Zurückhaltung geboten. Der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als unzureichend angesehen, wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat, ohne weiter erkennbar zu machen, daß es die Zulassung der Revision auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstandes hat beschränken wollen (vgl. BGH, Urt. v. 26. Mai 1982 – IVb ZR 675/80, FamRZ 1982, 795; Urt. v. 29. Januar 2003 – XII ZR 92/01, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). In aller Regel ist es nicht zulässig, die Revisionszulassung auf eine bestimmte Rechtsfrage zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278), es sei denn sie betrifft nur einen Teil des Streitgegenstandes, der an sich teilurteilsfähig und damit auch einer eingeschränkten Revisionszulassung zugänglich ist (BGH, Urt. v. 29. Januar 2003 aaO), oder aber einzelne Angriffs- oder Verteidigungsmittel bei einem nach Grund und Höhe streitigen Anspruch, bei dem es die Zivilprozeßordnung erlaubt (vgl. § 304 ZPO), den Rechtsstreit durch ein Grundurteil in ein Grund- und Höheverfahren zu zerlegen (BGHZ 76, 397, 399). Dann kann die Zulassung der Revision auf solche Teile des Streitgegenstandes beschränkt werden, über die das Berufungsgericht durch Zwischenurteil hätte entscheiden dürfen; ob es tatsächlich ein Grundurteil erlassen hat, ist unerheblich (vgl. BGHZ 76, 397, 399 f; BGH, Urt. v. 18. April 1997 – V ZR 28/96, NJW 1997, 2234, 2235).
Da zum Grund des Anspruchs unter anderem alle anspruchsbegründenden Tatsachen gehören, ist im Streitfall eine auf die Einhaltung des Schriftformerfordernisses beschränkte Zulassung der Revision rechtlich nicht möglich.
II.
1. Das Berufungsgericht hat die Klage als zulässig angesehen: Halte man mit dem Vortrag der Beklagten die Abtretung der Honorarforderung an den Zessionar für unwirksam, sei der Kläger prozeßführungsbefugt, weil er Inhaber der geltend gemachten Honorarforderung geblieben sei. Seine Prozeßführungsbefugnis sei aber auch gegeben, wenn man vom Vortrag des Klägers ausgehe, wobei dahingestellt bleiben könne, ob der Zessionar Rechtsanwalt im Sinne des § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO gewesen und deshalb die Abtretung wirksam geworden sei oder nicht. Bei Wirksamkeit der Abtretung ergebe sich das für eine gewillkürte Prozeßstandschaft notwendige schutzwürdige Eigeninteresse des Klägers aus seiner Stellung als ursprünglicher Rechtsträger der Forderung, auf die sich die Rückermächtigung beziehe.
Demgegenüber rügt die Revision, die Voraussetzungen, von denen die Wirksamkeit der Abtretung abhänge, hätten nicht offen bleiben dürfen, weil ohne konkrete Feststellungen, die das Berufungsgericht im Streitfall unterlassen habe, das schutzwürdige Eigeninteresse des Klägers nicht bejaht werden könnte.
2. Dieser Einwand ist unbegründet.
a) Zutreffend ist, daß jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen im Prozeß nur dann verfolgen kann, wenn er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, vgl. BGHZ 89, 1, 2; 100, 217, 218; 125, 196, 199; BGH, Urt. v. 3. April 2003 – IX ZR 287/99, z.V.b.).
b) Ob ein schutzwürdiges Interesse des Klägers schon dem Hinweis des Berufungsgerichts auf den Geschäftsbesorgungsvertrag entnommen werden kann, welcher der Rückermächtigung nach dem Inhalt der Abtretungsvereinbarung zugrunde liegt, kann offen bleiben.
aa) Im Rahmen der Prüfung der Prozeßstandschaft ist das Revisionsgericht weder an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden noch auf die Tatsachen und Beweismittel beschränkt, die dem Berufungsgericht vorgelegen haben. Das Revisionsgericht hat vielmehr gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz in Abweichung von § 559 Abs. 1 ZPO selbständig festzustellen, ob die Voraussetzungen für eine Prozeßstandschaft erfüllt sind. Dabei ist grundsätzlich zu verlangen, daß die Tatsachen, aus denen sich eine gewillkürte Prozeßstandschaft ergibt, spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben (BGH, Urt. v. 10. November 1999 – VIII ZR 78/98, WM 2000, 183, 184 m.w.N.).
bb) Die nach diesen Grundsätzen vom Revisionsgericht vorzunehmende Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß eine wirksame Prozeßführungsermächtigung gegeben ist. Nach dem Klagevortrag ist die Abtretung der Honorarforderung sicherungshalber erfolgt (S. 6 des Schriftsatzes der Prozeßbevollmächtigten des Klägers v. 27. März 2000). Hierfür spricht auch die von den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten mit der Klageerwiderung vom 12. Oktober 1999 vorgelegte vorprozessuale Korrespondenz, in welcher der Kläger gegenüber den späteren Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ausführt, er habe sich gegenüber dem Zessionar verpflichtet, dessen Zahlungsansprüche im Gegenzug für die Hilfe bei der Finanzierung eines Bauprojekts „aus der Honorarforderung zu befriedigen”, wobei er berechtigt bleiben sollte, persönlich zu fakturieren und den Ausgleich „im Innenverhältnis” mit dem Zessionar vorzunehmen. Für den Fall einer Sicherungszession ist anerkannt, daß der Zedent jedenfalls, wenn es sich bei ihm um eine natürliche Person handelt, ein eigenes schutzwürdiges Interesse daran hat, die abgetretene Forderung im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen (BGH, Urt. v. 19. September 1995 – VI ZR 166/94, NJW 1995, 3186; v. 11. März 1999 – III ZR 205/97, WM 1999, 676, 677; v. 23. März 1999 – VI ZR 101/98, NJW 1999, 2110).
Die Beklagten haben sich allerdings in der Berufungsinstanz auf die Unwirksamkeit der Abtretungsvereinbarung gemäß § 49 b Abs. 4 Satz 2 BRAO berufen, weil nicht nachgewiesen sei, daß es sich bei dem Zessionar um einen bei einer deutschen Rechtsanwaltskammer zugelassenen Rechtsanwalt gehandelt habe. Dieser Vortrag ist unerheblich, weil danach die Forderung beim Kläger geblieben ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat.
III.
Die Angriffe der Revision gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Begründetheit der Klage bleiben ebenfalls ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß der Anwaltsvertrag und die Honorarvereinbarung mit sämtlichen Beklagten geschlossen worden sind.
a) Es hat ausgeführt, der Beklagte zu 1) habe in der Honorarvereinbarung bestätigt, daß neben ihm auch die Beklagten zu 2) und 3) Auftraggeber seien und daß diese den Kläger mit der Beratung und Abwicklung der Erbschaftssache beauftragt hätten. Die Honorarvereinbarung sei zwar nur vom Beklagten zu 1) unterschrieben worden und seine Unterschrift enthalte keinen Vertretungszusatz. Gleichwohl sei davon auszugehen, daß der Beklagte zu 1) den Kläger auch im Namen der Beklagten zu 2) und 3) beauftragt habe. Hierfür spreche neben dem Umstand, daß diese im Rubrum der Vereinbarung aufgeführt seien, die Tatsache, daß das dem Kläger erteilte Mandat vor allem ihnen zu gute kommen sollte. Sie hätten mit ihren Erklärungen vom 21. November 1996 auch bestätigt, daß sie dem Beklagten zu 1) Vollmacht erteilt hätten, in ihrem Namen eine Honorarvereinbarung „und damit auch einen Dienstvertrag” mit dem Kläger zu schließen. Daß der Beklagte zu 1) am 6. November 1996 ohne Vollmacht gehandelt hätte, behaupteten die Beklagten selbst nicht.
b) Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Auslegung individueller Willenserklärungen ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt sind. Ist eine von Verfahrensfehlern unbeeinflußte tatrichterliche Auslegung jedenfalls vertretbar, bindet sie das Revisionsgericht (vgl. etwa BGH, Urt. v. 22. Juni 1998 – II ZR 72/97, WM 1998, 2075, 2076). So verhält es sich hier. Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß der Beklagte zu 1) die Gebührenvereinbarung nur an der für seine Unterschrift vorgesehenen Stelle unterschrieben hat, während die für die Beklagten zu 2) und 3) vorgesehenen Unterschriftszonen freigeblieben sind. Diesen Umstand hat das Berufungsgericht indes mit Recht nicht als entscheidend angesehen, weil es für die Passivlegitimation der Beklagten zu 2) und 3) entgegen der Auffassung der Revision in erster Linie auf ihre Stellung als Parteien des geschlossenen Anwaltsvertrages ankommt und die äußere Gestaltung der im Gegensatz zum Anwaltsvertrag schriftlich abgefaßten Gebührenvereinbarung die Annahme von der Mandantenstellung sämtlicher Beklagter stützt. Die Indizwirkung der Gebührenvereinbarung entfällt nicht schon deshalb, weil sie auf Seiten der Mandantschaft nur von dem Beklagten zu 1) unterschrieben worden ist. Denn die Beklagten zu 2) und 3) haben die Vereinbarung unter Hinweis auf die „erteilte Vollmacht zum Abschluß einer Honorarvereinbarung” genehmigt. Dies läßt die Würdigung des Berufungsgerichts zumindest als möglich erscheinen, daß sich die von ihnen in der Genehmigungserklärung erwähnte Vollmacht sowohl auf den Abschluß des Anwaltsvertrages als auch auf den Abschluß der Gebührenvereinbarung bezog. Die Revision zeigt auch keinen von dem Berufungsgericht übergangenen Streitstoff auf, nach dem sich die Genehmigungserklärung an andere Vorgänge als das hier in Rede stehende Mandat und die insoweit getroffene Gebührenvereinbarung anschließen könnte.
2. Die Honorarvereinbarung vom 6. November 1996 genügt auch der für sie vorgeschriebenen Form des § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO.
a) Das Berufungsgericht meint: Bei den fünf von dem Beklagten zu 1) unterschriebenen Schriftstücken handele es sich um eine Urkunde im Rechtssinn. Bestehe eine Urkunde aus mehreren Blättern, müsse sich deren Zusammengehörigkeit jedenfalls aus den Gesamtumständen ergeben. Dies sei hier gegeben, weil sämtliche Schriftstücke die Honorarfrage bezüglich derselben anwaltlichen Tätigkeit des Klägers regelten, sie alle nahezu den gleichen Wortlaut hätten, an einem Tag von dem Beklagten zu 1) unterschrieben und an einem anderen Tag von den Beklagten zu 2) und 3) „genehmigt” worden seien. Inhaltlich stellten sie eine Staffelhonorarvereinbarung dar, bei der sich die Höhe des Anwaltshonorars nach der Höhe der Erbschaft richten sollte.
b) Diese Begründung hält den Angriffen der Revision jedenfalls im Ergebnis stand. Ob die Schriftform gewahrt ist, hängt zum einen von den formalen Kriterien ab, die § 126 BGB für den gesamten Bereich des Privatrechts einheitlich regelt, und zum anderen von inhaltlichen Merkmalen, die jeweils den einzelnen Bestimmungen zu entnehmen sind, welche die Schriftform vorschreiben, und sich insbesondere aus dem mit diesen Vorschriften verfolgten Schutzzweck ergeben (BGHZ 136, 357, 362; BGH, Urt. v. 2. Februar 1989 – IX ZR 99/88, WM 1989, 559, 560). Die Bestimmung des § 3 Abs. 1 BRAGO dient dem Interesse der Rechtsklarheit und dem Schutze des rechtsunkundigen Auftraggebers (vgl. Riedel/Sußbauer/Fraunholz, BRAGO 8. Aufl. § 3 Rn. 9). Die Urkunden vom 6. November 1996 weisen jeweils einen in sich geschlossenen Erklärungsinhalt auf. Jede enthält für sich die für die Honorarvereinbarung erforderlichen Erklärungen der Vertragsparteien im Hinblick auf die Tätigkeit des Klägers und die Verpflichtung der Beklagten. Zur Erfassung der beiderseitigen Verpflichtungen ist eine Würdigung der Urkunden in ihrer Gesamtheit nicht erforderlich. Bereits der im Streitfall maßgebenden Erklärung der Mandanten und nicht erst aus dem Zusammenspiel der in verschiedenen Urkunden niedergelegten Regelungen (vgl. BGHZ 142, 158, 163) kann unmißverständlich entnommen werden, daß ein Honorar von 910.000 DM zur Zahlung fällig ist, sobald die Erbschaft angefallen und Erb- oder Pflichtteilsansprüche zu Gunsten der Auftraggeber über wenigstens 15 Mio. DM entstanden sind. Hierdurch unterscheidet sich der Streitfall grundlegend von den von der Revision angeführten Fallgestaltungen, in denen sich der Bestand der rechtsgeschäftlichen Erklärungen erst aus der Gesamtheit eines aus mehreren Blättern bestehenden Vorgangs ergab (vgl. BGHZ 136, 357, 369; 142, 158, 161 f; BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 – VII ZR 93/97, BB 1999, 495, 496; Urt. v. 29. September 1999 – XII ZR 319/98, NJW 2000, 354, 357).
Die Frage, auf welche Weise mehrere Schriftstücke miteinander verbunden sein müssen, um das Erfordernis der Einheitlichkeit der Urkunde zu wahren, ist daher nicht entscheidungserheblich.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das vereinbarte Honorar sei zwar von der Höhe der Erbschaft, nicht aber vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig.
a) Aufgrund der Vorschrift des § 49 b Abs. 2 BRAO sind Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird (Erfolgshonorar) oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrags als Honorar erhält (quota litis), unzulässig. Das nunmehr im Gesetz ausgesprochene Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars knüpft an die Unabhängigkeit des Rechtsanwalts (§ 1 BRAO) an. Es soll verhindert werden, daß der Rechtsanwalt den Ausgang eines Mandats zu seiner eigenen „wirtschaftlichen” Angelegenheit macht (vgl. BT-Drucks. 12/4993 S. 31). Nach gefestigter, schon vor Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung eingeleiteter Rechtsprechung stellt deshalb jede Vereinbarung, durch welche die Höhe des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwalts vom Ausgang der von ihm vertretenen Sache oder sonst vom Erfolg seiner anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird, eine unwirksame Erfolgshonorarvereinbarung dar (vgl. BGHZ 34, 64, 71; 39, 142, 145; 51, 290, 293 f; BGH, Urt. v. 4. Dezember 1986 – III ZR 51/85, NJW 1987, 3203, 3204).
b) Dies trifft auf den Streitfall nicht zu.
aa) Der Revision ist zwar im Ausgangspunkt darin Recht zu geben, daß sich die Abkömmlinge des Erblassers, als die Beklagten den Kläger beauftragten, noch nicht wirksam verpflichtet hatten, die Erbschaft unabhängig von dem Inhalt der letztwilligen Verfügung des Erblassers aufzuteilen. Denn die von ihnen zuvor getroffenen Abreden bedurften – jedenfalls teilweise – der Form der notariellen Beurkundung (vgl. § 312 Abs. 2 BGB a.F., § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB). Deshalb wäre eine Gebührenvereinbarung, nach der das Honorar erst zur Zahlung fällig ist, sobald der Erbfall eingetreten und bestimmte Erbschafts- oder Pflichtteilsansprüche zugunsten der Auftraggeber entstanden sind, nach § 49b Abs. 2 BRAO unzulässig, wenn sich das Mandat nicht nur auf die Ausarbeitung des Entwurfs, sondern auch auf das Herbeiführen oder den Erhalt der Einigung der Vertragsbeteiligten richtete. Denn in einem solchen Fall hätten die Parteien das Honorar von dem Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht.
Eine solche Zielrichtung des Auftrags haben die Beklagten in den Tatsacheninstanzen nicht geltend gemacht. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Inhalt der notariellen Vereinbarung vom 14. Februar 1997, die sich – ausgehend von der vorgegebenen Dreiteilung des Nachlasses – im wesentlichen in Abwicklungsregelungen erschöpft. Danach gehörte es nicht zu den Aufgaben des Klägers, auf die Willensbildung der übrigen Abkömmlinge des Erblassers Einfluß zu nehmen, um eine Einigung über die Verteilung des Nachlasses herbeizuführen.
bb) Hatte der Kläger danach bei der Bearbeitung des Mandats den Einigungserfolg vorauszusetzen und nur noch in eine beurkundungsfähige juristische Form zu gießen, ist die Gebührenvereinbarung gemessen an § 49b Abs. 2 BRAO unbedenklich.
Sie enthält, soweit sie sich mit dem Honoraranspruch dem Grunde nach befaßt, eine reine Fälligkeitsregelung, der eine – rechtlich zulässige – Stundungsfunktion zukommt. Es ist nicht erkennbar, daß davon die Ausführung des Auftrags durch den Kläger beeinflußt werden sollte und seine Unabhängigkeit gefährdet war, weil bei der Führung der Sache wirtschaftliche Erwägungen den Ausschlag geben konnten (vgl. BT-Drucks. aaO).
Gleiches gilt für den von den Parteien zugrunde gelegten Gebührenmaßstab. Auf die Höhe der Erbschafts- und Pflichtteilsansprüche der Beklagten konnte der Kläger bei der Bearbeitung der Sache keinen Einfluß nehmen, weil diese angesichts der von den Beklagten verbindlich vorgegebenen Dreiteilung allein von dem Wert des Nachlasses und etwaigen Verfügungen des Erblassers zu Gunsten dritter Personen abhing. Beides lag außerhalb des Einflußbereichs des Klägers. Deshalb war hinsichtlich der Höhe des Gebührenanspruchs Anknüpfungspunkt der Honorarvereinbarung ebenso wie beim gesetzlichen Gebührenanspruch (§ 7 Abs. 1 BRAGO) ein – hier freilich gestaffelter – Gegenstandswert und nicht der Ausgang der Sache oder der Erfolg der Bemühungen des Klägers. Dieser sollte auch nicht einen Teil des „erstrittenen” Betrages erhalten. Die Fälligkeit des Honoraranspruchs war lediglich zusätzlich davon abhängig gemacht, daß die Erbschafts- oder Pflichtteilsansprüche der Beklagten in bestimmter Höhe (hier: 15 Mio. DM) entstanden und ein Betrag in Höhe von 1 Mio. DM nach Steuern für die Beklagten zur Verfügung stand. Dies stellt eine zulässige Differenzierung der Gebührenhöhe nach der finanziellen Leistungsfähigkeit der Beklagten dar.
Die Höhe des sich hieraus ergebenden Honorars wird von der Revision nicht in Frage gestellt.
Unterschriften
Kreft, Kirchhof, Fischer, Ganter, Kayser
Fundstellen
Haufe-Index 939564 |
NJW 2003, 3279 |
FamRZ 2003, 1096 |
NJW-RR 2003, 1067 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2003, 1631 |
ZAP 2003, 914 |
ZEV 2003, 289 |
AnwBl 2003, 593 |
MDR 2003, 836 |
AGS 2003, 341 |
FamRB 2003, 275 |
ZErb 2003, 261 |
BRAGO prof. 2003, 115 |
BRAK-Mitt. 2003, 188 |
KammerForum 2003, 404 |
ProzRB 2003, 313 |