Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Richtervorlage zur Verfassungsmäßigkeit von § 62 Abs. 2 EStG i. d. F. vom 13.12.2006
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vorlage zur Frage, ob § 62 Abs. 2 des EStG i. d. F. des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss v. 13.12.2006 (BGBl I 2006, 2915, 2916) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als die Gewährung von Kindergeld im Fall eines gestatteten oder geduldeten Aufenthalts aus humanitären Gründen von über drei Jahren noch von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c und Nr. 3 EStG) ist unzulässig, u.a. wegen mangelnder Ausführungen zum Aufenthalt der Klägerin im entscheidungserheblichen Zeitraum und wegen Defiziten bei der Darlegung der Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm.
2. Aus § 65 Abs. 1 FGO folgt, dass in der Klageschrift eine ladungsfähige Anschrift der Klägerin anzugeben ist, und zwar nicht nur im Zeitpunkt der Klageerhebung. Die Klägerin hat vielmehr auch dafür Sorge zu tragen, dass sie durch die Angabe ihres tatsächlichen Wohnorts und Lebensmittelpunkts für das Gericht erreichbar bleibt. Im Vorlageverfahren hätte es deshalb der Darlegung bedurft, weshalb die Klage zulässig ist, obwohl nach den Bekundungen des Prozessbevollmächtigten, der keinen Kontakt zur Klägerin mehr hat, über deren Aufenthalt lediglich bekannt ist, dass sie verzogen sei, aber immer noch in der Bundesrepublik Deutschland lebe.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1; FGO § 65 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Vorlage ist unzulässig.
Tatbestand
A.
I.
Die Vorlage betrifft die Vereinbarkeit des Ausschlusses von vollziehbar ausreisepflichtigen, seit längerer Zeit geduldeten Ausländern vom Anspruch auf Kindergeld mit Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 6. Juli 2004 (BVerfGE 111, 160) § 1 Abs. 3 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I S. 2353) für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt. Die Regelung knüpfte den Kindergeldanspruch für Ausländer an den Besitz einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis. Seit 1996 fanden sich entsprechende Regelungen in § 62 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 1 Abs. 3 Satz 1 BKGG.
2. Mit Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl I S. 2915) wurde § 62 Abs. 2 EStG neu gefasst. Die Vorschrift lautet nun:
Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kindergeld nur, wenn er
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde
nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt,
nach § 18 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen bestimmten Höchstzeitraum erteilt werden,
nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt
oder
3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltserlaubnis besitzt und
a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und
b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.
II.
1. Die Klägerin im Ausgangsverfahren, eine ivorische Staatsangehörige, ist Mutter eines 1988 geborenen Sohnes, der ebenfalls ivorischer Staatsangehöriger ist. Sie heiratete 1999 einen deutschen Staatsangehörigen und zog nach Deutschland. Sie trennte sich in der Folge von ihrem Ehemann. Der Sohn der Klägerin zog im August 2002 zu ihr und stellte einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter. Der Vater des Kindes lebt in C⊚te d' Ivoire. Zum aufenthaltsrechtlichen Status der Klägerin hat das Finanzgericht festgestellt, dass sie im November 2002 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden sei. Im April 2003 sei ihr eine Duldung erteilt worden, die später bis September 2003 verlängert worden sei.
2. Die Klägerin beantragte im Frühjahr 2003 die Bewilligung von Kindergeld. Das Arbeitsamt – Familienkasse – lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15. August 2003 ab: Nach § 62 EStG stehe Ausländern nur dann ein Kindergeldanspruch zu, wenn sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder -berechtigung seien. Der Einspruch der Klägerin wurde aus den gleichen Gründen zurückgewiesen. Sie erhob Klage.
3. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin: Er wisse aus eigener Anschauung, dass ihr Kind bis August 2005 im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Später sei die Klägerin umgezogen, lebe aber seines Wissens auch ab September 2005 in Deutschland. Er selbst habe seine Praxis verlegt und deshalb seit einiger Zeit keinen Kontakt zur Klägerin. Er könne nicht bestätigen, ob sie einer Erwerbstätigkeit nachgehe oder Arbeitslosengeld beziehe.
4. Das Finanzgericht sprach der Klägerin mit Urteil vom 9. Mai 2007 für die Monate von April 2003 bis Dezember 2004 das beantragte Kindergeld zu. Über die zugelassene und eingelegte Revision hat der Bundesfinanzhof noch nicht entschieden.
5. In dem insoweit abgetrennten Verfahren für den Zeitraum ab Januar 2005 hat das Finanzgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 62 Abs. 2 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13. Dezember 2006 (BGBl I S. 2915) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als die Gewährung von Kindergeld im Falle eines gestatteten oder geduldeten Aufenthalts aus humanitären Gründen von über drei Jahren noch von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht wird (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c und Nr. 3 EStG).
Das Finanzgericht sei von der Verfassungswidrigkeit der Norm überzeugt. Sie verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Vorlagefrage sei entscheidungserheblich, da die zitierte Norm einer Gewährung von Kindergeld zugunsten der Klägerin entgegenstehe. Die Klägerin halte sich seit 1999 zumindest geduldet im Bundesgebiet auf. Eine erlaubte Erwerbstätigkeit oder der Bezug von Arbeitslosengeld beziehungsweise Mutterschaftsgeld sei nicht feststellbar, was unstreitig sei. Eine verfassungskonforme Auslegung dahin, dass die Gewährung von Kindergeld im Falle eines gestatteten oder geduldeten Aufenthalts aus humanitären Gründen von über drei Jahren nicht noch von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht werden dürfe, komme angesichts des eindeutigen Wortlauts nicht in Betracht.
Im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG sei dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Ihm komme ein Gestaltungsspielraum zu, dem umso engere Grenzen gesetzt seien, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirke. Durch die Neuregelung würden nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer, die lediglich im Besitz eines Aufenthaltstitels nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG seien, sowie langjährig geduldete Ausländer schlechter gestellt als Deutsche und Ausländer mit hinreichendem Aufenthaltstitel. Eine Benachteiligung entfalle nur, wenn der Ausländer einen Titel nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG besitze und sich seit mehreren Jahren legal (gestattet oder geduldet) im Bundesgebiet aufhalte.
Die Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt. Nach Auffassung des Senats habe das Bundesverfassungsgericht die Verhältnismäßigkeit von Ungleichbehandlung und rechtfertigendem Grund in Frage gestellt. Der Begünstigungsausschluss müsse durch Gründe von besonderem Gewicht, die nicht rein fiskalischer Natur sein dürften, gerechtfertigt sein. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts habe entschieden, dass ein Anknüpfen nur an den Aufenthaltstitel ungeeignet sei, um das gesetzgeberische Ziel zu erreichen, Kindergeld nur den Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten stehe, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben. Die Neuregelung berücksichtige nicht, dass die Gründe, die für eine bloße Duldung oder für die Erteilung der in § 62 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe c EStG genannten Aufenthaltstitel maßgeblich seien, nicht typischerweise nur vorübergehender Natur seien. Auch eine bloße Duldung könne die Vorstufe zum Daueraufenthalt sein, was die tatsächliche Fallgestaltung des Vorlagefalls aufzeige. Eine Prognose über die Dauer des Aufenthalts in Deutschland sei anhand der Aufenthaltstitel oder des Status der Duldung nicht möglich. Auch ein bloß geduldeter Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit und trotz des Bezugs von Hilfe zum Lebensunterhalt könne gerade beim Vorhandensein von Kindern aus tatsächlichen Gründen so sehr verfestigt sein, dass ohne Weiteres von einem Daueraufenthalt gesprochen werden könne. Jedenfalls wenn sich der Aufenthalt auf einen Zeitraum von drei oder mehr Jahren erstrecke, müsse beim Vorhandensein von Kindern davon ausgegangen werden, dass der betreffende Ausländer faktisch auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne. Ein Ausschluss vom Kindergeld für Ausländer, die sich zumindest faktisch – mehr als drei Jahre legal im Inland aufhielten, sei eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, weil aufgrund der Wertungen aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 GG unabhängig von der Art des Aufenthaltstitels zu berücksichtigen sei, dass diese Ausländer in gleicher Weise wie Deutsche und wie Ausländer mit hinreichendem Aufenthaltstitel durch die persönlichen und finanziellen Aufwendungen bei der Kindererziehung belastet seien. Wenn an dem gesetzgeberischen Ziel festgehalten werden solle, Kindergeld den Ausländern zu gewähren, von denen zu erwarten sei, dass sie dauerhaft in Deutschland bleiben, könne die Kindergeldberechtigung nicht davon abhängen, ob ein langfristiger Aufenthalt angesichts des Aufenthaltstitels zu erwarten gewesen sei.
Entscheidungsgründe
B.
Die Vorlage ist unzulässig.
1. a) Die Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG setzt voraus, dass die Verfassungsmäßigkeit der zur Prüfung vorgelegten Norm für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich ist (vgl. BVerfGE 11, 330 ≪334≫; 121, 233 ≪237≫; stRspr). Entscheidungserheblich für den Ausgang eines Rechtsstreits ist ein Gesetz nur dann, wenn es auf seine Gültigkeit für die Entscheidung ankommt. Solange das vorlegende Gericht den Rechtsstreit entscheiden kann, ohne die Norm, die es für verfassungswidrig erachtet, anwenden zu müssen, fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit (vgl. BVerfGE 105, 48 ≪56≫). Grundsätzlich ist für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts maßgeblich (vgl. BVerfGE 81, 40 ≪49≫; 121, 233 ≪237≫). Die Entscheidungserheblichkeit ist vom vorlegenden Gericht zu begründen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Der Vorlagebeschluss muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass und aus welchen Gründen das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis kommen würde als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 7, 171 ≪173 f.≫; 121, 233 ≪237 f.≫).
b) Weiter muss eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG eine umfassende Darlegung der für die Überzeugung des Gerichts von der Verfassungswidrigkeit der Norm maßgeblichen Erwägungen enthalten. Auf naheliegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte ist einzugehen (vgl. BVerfGE 86, 52 ≪57≫; 86, 71 ≪77 f.≫).
2. Diesen Anforderungen genügt der Vorlagebeschluss nicht. Die Entscheidungserheblichkeit der Verfassungsmäßigkeit von § 62 Abs. 2 EStG ist nicht hinreichend dargelegt, weil sich das Finanzgericht mit der Zulässigkeit der Klage nicht auseinandersetzt, obwohl dazu Anlass bestand. Zudem fehlen Feststellungen zum Aufenthaltsstatus der Klägerin im entscheidungserheblichen Zeitraum, ohne die sich die Frage, ob die Klage nicht auch in Anwendung von § 62 Abs. 2 EStG Erfolg haben kann, nicht beantworten lässt. Schließlich enthalten die Darlegungen zur Verfassungswidrigkeit der vorgelegten Norm Defizite.
a) Das Finanzgericht hätte sich mit der Zulässigkeit der Klage auseinandersetzen müssen, weil ihm ausweislich der Niederschrift der mündlichen Verhandlung eine ladungsfähige Anschrift der Klägerin im Zeitpunkt des Ergehens des Vorlagebeschlusses nicht bekannt gewesen ist, dies die Zulässigkeit der Klage in Frage stellt und im Falle der Unzulässigkeit eine etwaige Unvereinbarkeit von § 62 Abs. 2 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht entscheidungserheblich wäre.
Aus der in § 65 Abs. 1 FGO statuierten Obliegenheit zur Bezeichnung des Klägers in der Klageschrift folgt nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Pflicht zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift (BFH, Urteil vom 11. Dezember 2001 – VI R 19/01 –, BFH/NV 2002, S. 651; FG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 2008 – 3 K 200/08 –, juris; siehe auch: Bartone, in: Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 19. Aufl. 2008, § 65 FGO Rn. 2). Die Obliegenheit betrifft nicht nur die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift im Zeitpunkt der Klageerhebung. Der Kläger hat vielmehr auch dafür Sorge zu tragen, dass er durch die Angabe seines tatsächlichen Wohnortes und Lebensmittelpunktes für das Gericht erreichbar bleibt (BFH, Urteil vom 6. März 2001 – IX R 98/97 –, BFH/NV 2001, S. 1273; Sächs. FG, Urteil vom 26. März 2002 – 7 K 1573/00 –, juris). Vor diesem Hintergrund bedurfte es hier der Darlegung, weshalb die Klage zulässig ist, obwohl nach den Bekundungen des Prozessbevollmächtigen, der keinen Kontakt zur Klägerin mehr hat, über deren Aufenthalt lediglich bekannt ist, dass sie verzogen sei, aber immer noch in der Bundesrepublik Deutschland lebe. Ausführungen dazu enthält der Vorlagebeschluss nicht.
b) Die Entscheidungserheblichkeit der Norm ist auch deswegen nicht hinreichend dargelegt, weil Feststellungen zum Aufenthaltsstatus der Klägerin im entscheidungserheblichen Zeitraum fehlen. Damit ist nicht dargelegt, dass die Klägerin in Anwendung von § 62 Abs. 2 EStG keinen Anspruch auf Kindergeld hat. Nach dieser Norm kommt es für die Frage des Anspruchs auf Kindergeld unter anderem darauf an, welchen Aufenthaltsstatus der Antrag stellende Ausländer besitzt. Ausdrückliche Feststellungen zum Aufenthaltsstatus finden sich im Vorlagebeschluss nur für die Zeit bis September 2003. Für den maßgeblichen Zeitraum ab Januar 2005 lassen sich der Vorlage keine Tatsachenfeststellungen entnehmen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Klägerin den Tatbestand des § 62 Abs. 2 EStG nicht erfüllt. Die anders lautende Behauptung im Beschluss unter III. – Umdruck S. 7 unten – ist durch nichts belegt. Die Aussage, die Klägerin halte sich seit 1999 „zumindest geduldet” im Bundesgebiet auf, lässt darüber hinaus offen, ob sie einen Aufenthaltstitel besitzt.
c) Das Finanzgericht hat schließlich seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des § 62 Abs. 2 EStG nicht hinreichend dargelegt. Es gibt nicht an, aufgrund welcher Tatsachengrundlage es zu dem Ergebnis gelangt ist, dass dann, wenn sich der gestattete oder geduldete Aufenthalt im Inland auf einen Zeitraum von drei oder mehr Jahren erstreckt und Kinder „vorhanden sind”, davon auszugehen sei, dass der Betreffende faktisch auf unbestimmte Zeit nicht abgeschoben werden könne. Soweit das Finanzgericht seinen Erwägungen die Möglichkeit eines faktisch legalen Aufenthalts von Ausländern zugrunde legt, verwendet es eine Kategorie, die dem Aufenthaltsgesetz fremd ist. Da § 62 Abs. 2 EStG an die Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes anknüpft, lässt sich daher nicht nachvollziehen, ob das Finanzgericht sich in der gebotenen Weise mit den Differenzierungen, die in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommen, auseinander gesetzt hat.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Osterloh, Mellinghoff, Gerhardt
Fundstellen
Haufe-Index 2259917 |
BFH/NV 2010, 153 |
HFR 2010, 174 |
NWB 2009, 3778 |
ZAR 2010, 7 |
FamRBint 2010, 24 |
GuT 2009, 357 |
NWB direkt 2009, 1234 |