Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftsprüfer. Bestellung. Widerruf der Bestellung. nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse. Interessengefährdung, Berufspflichten
Leitsatz (amtlich)
Ein Wirtschaftsprüfer befindet sich in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen, wenn die Ausgaben die regelmäßigen Einnahmen jedenfalls nicht auf Dauer übersteigen. Soweit Schulden vorhanden sind, denen keine realisierbaren Vermögenswerte gegenüberstehen, ist von geordneten finanziellen Verhältnissen (nur) dann auszugehen, wenn der Schuldendienst nach Maßgabe mit den Gläubigern getroffener Vereinbarungen bedient wird und die Verbindlichkeiten zudem nach Art und Höhe in Ansehung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse in einem überschaubaren Zeitraum getilgt werden können.
§ 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO geht bei nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen für den Regelfall davon aus, dass die Interessen der Auftraggeber oder anderer Personen gefährdet sind. Auf ein Verschulden des Wirtschaftsprüfers kommt es dabei nicht an. Ein Ausnahmefall kann vorliegen, wenn der Wirtschaftsprüfer als angestellter Wirtschaftsprüfer verbindliche Vereinbarungen über eine die Interessengefährdung ausschließende Betätigungsweise getroffen hat und insbesondere der Gegenzeichnung (§ 44 Abs. 2 WPO) bedarf.
Für die Beurteilung sind die Umstände im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; WPO § 10 Abs. 1 Nr. 4; WPO § 16 Abs. 1 Nr. 1; WPO § 20 Abs. 2 Nr. 5; WPO § 44 Abs. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 29.07.2004; Aktenzeichen 4 A 2591/02) |
VG Arnsberg (Beschluss vom 10.04.2002; Aktenzeichen 1 K 3718/00) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger wurde mit Urkunde des Beklagten vom 12. Juli 1984 zum Wirtschaftsprüfer bestellt. Die Wirtschaftsprüferkammer teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 1. Februar 2000 mit, nach einer vom Amtsgericht … erhaltenen Auskunft sei der Kläger im Schuldnerverzeichnis des Gerichts mit zwei Haftbefehlen eingetragen. Sie habe den Kläger wiederholt angeschrieben und gebeten, für eine Löschung der Eintragungen zu sorgen; dieser habe aber nicht reagiert. Am 4. Februar 2000 gab der Kläger unter Vorlage eines Vermögensverzeichnisses die eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse ab, nachdem er zu diesem Zweck verhaftet worden war.
Mit Schreiben vom 7. April 2000 äußerte sich der Kläger gegenüber dem Beklagten dahingehend, er habe Verbindlichkeiten von insgesamt rund 2,8 Millionen DM, die sich im Wesentlichen auf vier Hauptgläubiger verteilten. Er sei bemüht, eine außergerichtliche Schuldenbereinigung durchzuführen und habe den Gläubigern zu diesem Zweck einen “Außergerichtlichen Schuldenbereinigungsplan nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO” vorgelegt. Sämtliche Gläubiger hätten ihre grundsätzliche Zustimmung zur Durchführung eines entsprechenden Vergleichsverfahrens erklärt. Seine wirtschaftliche Situation rühre daher, dass er sich in eigenen Angelegenheiten überschätzt habe. Seit Anfang 1999 setze er ein von ihm entwickeltes Konzept mit einer günstigen Fortführungsperspektive um: Er habe einen Großteil seines Mandantenstammes veräußert und sich in seinen Privaträumlichkeiten niedergelassen, wo er nunmehr mit einer Mitarbeiterin als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater tätig sei. Mit minimalem Kostenaufwand betreue er vier langjährige Mandanten; sein Jahresumsatz belaufe sich auf rund 200 000 DM. Mit einer monatlichen Belastung von 1 700 DM im Jahre 2000 habe er den Schuldendienst aufgenommen. Die Interessen seiner Mandanten seien durch seine wirtschaftliche Situation nicht gefährdet. Mit Mandantengeldern habe er nichts zu tun. Gemäß dem von ihm vorgelegten Schuldenbereinigungsplan strebte der Kläger eine Restschuldbefreiung nach sieben Jahren an und rechnete innerhalb dieses Zeitraumes mit einer Rückzahlung seiner Schulden in Höhe von insgesamt 400 000 DM, wobei die Tilgungsquote für die vier Hauptgläubiger zwischen 11,12 % und 13,17 % liegen sollte. Am 19. Mai 2000 wurde die Eintragung des Klägers im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts … gelöscht.
Nach Anhörung des Klägers widerrief der Beklagte mit Bescheid vom 9. August 2000 dessen Bestellung und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Voraussetzungen nicht geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO lägen vor, da der Kläger nicht in der Lage sei, seinen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, und angesichts der Schuldenhöhe auch nicht zu erwarten sei, dass er seine zerrüttete wirtschaftliche Situation in absehbarer Zeit beheben könne. Die angestrebte Restschuldbefreiung und das Bemühen um eine außergerichtliche Schuldenbereinigung rechtfertigten keine andere Beurteilung. Entsprechend dem gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnis sei anzunehmen, dass durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch die Interessen der Auftraggeber des Klägers oder anderer Personen gefährdet seien. Dem stehe nicht entgegen, dass der Kläger nach eigenen Angaben über keine Treuhandkonten verfüge. Da die treuhänderische Verwaltung von Mandantengeldern zu den gesetzlich zugelassenen Befugnissen eines Wirtschaftsprüfers gehöre, bestehe die Möglichkeit, dass der Kläger zukünftig davon Gebrauch mache.
Die dagegen erhobene Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Berufung des Klägers mit Beschluss vom 29. Juli 2004 (GewArch 2004, 497) zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe die Bestellung des Klägers als Wirtschaftsprüfer gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO widerrufen müssen, da sich dieser im für die Beurteilung des Sach- und Streitstandes maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befunden habe und eine Ausnahme im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO nicht gegeben gewesen sei. Der Kläger habe sich Gläubigerforderungen von fast 3 Millionen DM ausgesetzt gesehen und habe die eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse abgeben müssen. Anzeichen für eine Besserung der Situation hätten nicht vorgelegen. Seinem Schuldenbereinigungsplan hätten die Gläubiger nicht zugestimmt. Auch sonst sei nicht erkennbar gewesen, dass der Kläger seine Schulden in absehbarer Zeit in nennenswertem Umfang würde zurückführen können. Der Umstand, dass er bei Erlass des Widerrufsbescheides über regelmäßige Einkünfte verfügt und einen zur Deckung seiner Lebenshaltungs- und Praxiskosten ausreichenden Jahresumsatz erwirtschaftet habe, was der Senat zu seinen Gunsten unterstelle, führe zu keiner abweichenden Beurteilung. Von geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen könne angesichts der immensen Verbindlichkeiten keine Rede sein. Es liege sogar ein Vermögensverfall vor.
Eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber oder anderer Personen sei nur ausgeschlossen, wenn sie so fern liege, dass sie ohne Bedenken außer Betracht gelassen werden könne. Bei der Auslegung des Ausnahmetatbestandes sei zu berücksichtigen, dass nicht solche Umstände gemeint sein könnten, die bereits das Tatbestandsmerkmal “nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse” entfallen lassen würden. Auch dürften nicht derart hohe Anforderungen an die Annahme einer Ausnahme gestellt werden, dass sie praktisch nicht mehr erfüllt werden könnten. Danach liege eine Gefährdung fern, wenn und solange der Wirtschaftsprüfer bei seiner Tätigkeit fortlaufend durch einen anderen Berufsangehörigen beaufsichtigt werde. Nicht ausreichend sei, wenn der Wirtschaftsprüfer im Wege der Selbstbeschränkung auf die Entgegennahme und Verwaltung von Fremdgeldern verzichte, da er jederzeit seinen Tätigkeitsbereich wieder erweitern könne. Ausgehend davon sei dem Kläger der Nachweis, dass die Interessen der Auftraggeber oder anderer Personen nicht gefährdet seien, nicht gelungen. Bei den von ihm getroffenen Maßnahmen handele es sich ausschließlich um den Anforderungen nicht genügende freiwillige Selbstbeschränkungen.
Der Widerruf der Bestellung als Wirtschaftsprüfer verstoße nicht gegen Art. 12 GG. Mildere Mittel hätten dem Beklagten nicht zur Verfügung gestanden. Eine begleitende Überwachung, wie von dem Kläger geltend gemacht, sei nach den Regelungen der Wirtschaftsprüferordnung nicht vorgesehen. Ebenso wenig liege eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG vor. Mit der Situation von Wirtschaftsprüfern, die ihren Verpflichtungen aus Darlehensverträgen nachkämen, sei die Lage des Klägers nicht vergleichbar.
Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht im Wesentlichen geltend: Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Falle des Widerrufes der Bestellung zum Wirtschaftsprüfer sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. Das Tatsachengericht sei im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG gehindert, eine nachträglich rechtswidrig gewordene Verwaltungsentscheidung zu bestätigen. Im danach maßgeblichen Zeitpunkt habe er sich weder in ungeordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befunden noch habe ein Vermögensverfall vorgelegen. Das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass er mit seinen Gläubigern einen monatlichen Schuldendienst vereinbart habe und infolgedessen seine Eintragung im Schuldnerverzeichnis gelöscht worden sei. Mit der schriftlichen Darstellung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse zum Stand 31. März 2002 sowie der Fortschreibung der Übersicht habe er dargetan, seine finanzielle Situation im Griff zu haben. Er bediene alle anfallenden Unkosten sowie seinen Lebensunterhalt. Auch habe er dem Berufungsgericht eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes überreicht. Er unterscheide sich nicht von anderen Wirtschaftsprüfern oder Steuerberatern, die aufgrund Darlehensverpflichtungen ebenfalls einen gewissen Schuldendienst zu erbringen hätten.
Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten sei erforderlich, im Rahmen von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO eine Verschuldensprüfung vorzunehmen. Insoweit sei entsprechend seinen Ausführungen in der Klageschrift zu berücksichtigen, dass er unverschuldet in die schlechte wirtschaftliche Situation geraten sei.
Im Übrigen verstoße § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da ein Widerruf bereits bei nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen zugelassen werde, während im Falle eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters das Vorliegen eines Vermögensverfalls verlangt werde. Ein Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht ersichtlich.
Nicht berücksichtigt habe das Berufungsgericht auch seine Rüge der Unvereinbarkeit von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO mit höherrangigen europarechtlichen Vorschriften. In Betracht komme ein Verstoß gegen Art. 45, 49 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG). Der Widerruf der Bestellung zum Wirtschaftsprüfer stelle einen Eingriff in die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit des Betroffenen dar. Es verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz, dass es ihm aufgrund der Regelung des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO nicht mehr möglich sei, eine Wirtschaftsprüfertätigkeit beispielsweise in Großbritannien auszuüben, obwohl dort eine vergleichbare Widerrufsbestimmung nicht existiere und die Wirtschaftsprüferbestellung grundsätzlich auch in Großbritannien Wirkung entfalte. Des Weiteren sei es einem in Großbritannien bestellten Wirtschaftsprüfer möglich, seine Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, obwohl er in Großbritannien keiner § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO vergleichbaren restriktiven Vorschrift unterliege. Soweit Art. 45, 49 EG eine Beschränkung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeinwohls erlaubten, komme das immer wieder als Gemeinwohl angeführte Interesse an der Reinhaltung der Berufe des Steuerberaters, Rechtsanwaltes und Wirtschaftsprüfers nicht in Betracht. Ein Interesse könne nur dann als überragender Grund betrachtet werden, wenn der Freiberufler gegen unmittelbar die Berufsausübung betreffende Berufspflichten verstoße.
Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO lägen ferner nicht vor, weil der Ausnahmetatbestand gegeben sei. Indem das Berufungsgericht bereits das Vorliegen einer abstrakten Gefährdung ausreichen lasse, um den Ausnahmefall zu verneinen, lege es die Vorschrift fehlerhaft aus und verstoße gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Nach der bisherigen Rechtsprechung sei das Hinzutreten weiterer Umstände mit konkretem Gefährdungsbezug erforderlich. Setze man einen solchen konkreten Bezug nicht voraus, gebe es keinen denkbaren Fall, bei dem die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes erfüllt wären. Die Möglichkeit der Änderung der Büroorganisation oder der Ausgestaltung der beruflichen Tätigkeit sei abstrakt immer gegeben. Bei Anlegung des danach gebotenen Maßstabes eines konkreten Gefährdungsbezuges seien Interessen seiner Auftraggeber oder anderer Personen nicht gefährdet. Durch seine Büroorganisation habe er dafür Sorge getragen, dass er weder Mandantengelder treuhänderisch verwalte noch sich Erstattungsansprüche gegenüber dem Finanzamt abtreten lasse. Zu berücksichtigen sei zudem, dass er zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise durch sein Verhalten offenbart habe, die Interessen seiner Mandanten oder anderer Personen zu gefährden. Weder habe er jemals versucht, sich Mandantengeldern zu bemächtigen, noch sei er etwa in eigenen steuerlichen Angelegenheiten nachlässig gewesen. Im Übrigen sei seine Situation vergleichbar mit derjenigen von Berufskollegen, die sich Darlehensverpflichtungen gegenübersähen. Bei dem vom Berufungsgericht gewählten Ansatz sei auch bei diesen nicht auszuschließen, dass sich die Situation künftig ändere, Darlehen nicht mehr bedient würden und mithin eine Interessengefährdung anzunehmen sei. Eine solche Auslegung könne aber vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Ebenso fehle es an einem sachlichen Grund, ihn bei der Gefahrenbeurteilung schlechter zu stellen. Schließlich hätte dem Beklagten das im Vergleich zum Widerruf mildere Mittel der regelmäßigen Kontrolle zur Verfügung gestanden.
Das Berufungsgericht habe auch verfahrensfehlerhaft entschieden. Es hätte einer weitergehenden Sachaufklärung im Hinblick auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse sowie seine Büroorganisation bedurft.
Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und verweist darüber hinausgehend darauf, dass Wirtschaftsprüfern mit Blick auf die gesetzliche Vorbehaltsaufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen durchzuführen und über das Ergebnis Bestätigungsvermerke zu erteilen, eine besonders herausgehobene Funktion im Wirtschaftsleben zukomme. Der Gesetzgeber schätze die Wirtschaftsprüfertätigkeit anders ein als diejenige des Steuerberaters oder Rechtsanwaltes, so dass auch eine abweichende Ausgestaltung des Widerrufstatbestandes gerechtfertigt sei. Europarechtliche Vorschriften seien nicht verletzt. Es sei mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, wenn ein Mitgliedstaat an eigene Angehörige höhere Anforderungen stelle als an die Angehörigen anderer Mitgliedstaaten. Die so genannte Inländerdiskriminierung sei eine Frage des nationalen Rechts.
Entscheidungsgründe
II.
1. Nach § 138 WPO richtet sich das Rechtsmittel des Klägers weiterhin gegen das beklagte Ministerium. Davon gehen auch die Parteien übereinstimmend aus.
2. Die von dem Kläger “rein vorsorglich” beantragte Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem Verfahren 1 BvR 912/04 kann nicht erfolgen. In diesem Verfahren wird um die Amtsenthebung eines Notars gestritten, über dessen Vermögen wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Das Bundesverfassungsgericht hat unter Abwägung der widerstreitenden Interessen eine einstweilige Anordnung erlassen, nachdem infolge eines Insolvenzplanes vieles dafür spreche, dass der Notar wieder in geordneten Vermögensverhältnissen lebe (Beschlüsse vom 28. April 2004 ≪AnwBl. 2004, 525≫ und vom 6. April 2005).
Eine Aussetzung nach § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1, § 94 VwGO kommt nicht in Betracht, weil die Entscheidung nicht von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, über das in dem angegebenen Verfahren vom Bundesverfassungsgericht entschieden wird. Selbst wenn in beiden Fällen der “maßgebliche Beurteilungszeitpunkt” eine Rolle spielen würde, reichte dies dafür nicht aus, zumal die Auswirkungen des Widerrufes auf die Grundrechte der Betroffenen nicht ohne Rücksicht auf die in der jeweiligen Berufsordnung anzuwendenden und hier unterschiedlichen Wiederzulassungsregelungen beurteilt werden können, die bei Notaren namentlich eine Bedürfnisprüfung und ein Auswahlverfahren einschließen. Außerdem ist, wie noch auszuführen sein wird, der Zeitpunkt zur Beurteilung hier nicht von Bedeutung, weil sich die maßgeblichen Umstände zwischen der letzten Verwaltungsentscheidung und der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung nicht entscheidungserheblich geändert haben.
3. Die Verfahrensrüge unterbliebener Sachaufklärung muss erfolglos bleiben. Sie ist nicht den Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO gemäß begründet worden.
Der Kläger vermisst eine weitergehende Sachaufklärung bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Büroorganisation durch Vernehmung seiner im Berufungsverfahren als Zeugin benannten Angestellten. Er legt schon nicht, wie es erforderlich wäre, dar, zu welchen Umständen die Angestellte im Einzelnen hätte befragt werden sollen. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung die ohnehin im Wesentlichen unstreitigen wirtschaftlichen Verhältnisse zugrunde gelegt und ist auch von der vom Kläger vorgetragenen Büroorganisation ausgegangen. Unter diesen Umständen hätte der Kläger darlegen müssen, zu welchen davon im Einzelnen abweichenden Erkenntnissen das Gericht durch die Zeugenvernehmung gekommen wäre und inwieweit diese nach der materiellrechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts erheblich gewesen wären.
4. Das angefochtene Urteil beruht auch in materieller Hinsicht nicht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO).
a) Zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage hat das Oberverwaltungsgericht mit Recht auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abgestellt. Bei der Beurteilung der Begründetheit einer Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, auf die es nach dem Streitgegenstand und dem darauf anwendbaren materiellen Recht für die Entscheidung ankommt. Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas Abweichendes (Urteil vom 28. Juli 1989 – BVerwG 7 C 39.87 – BVerwGE 82, 260 ≪261≫ m.w.N.). Auf diesen Zeitpunkt ist namentlich dann grundsätzlich abzustellen, wenn es um eine Anfechtungsklage gegen rechtsgestaltende Verwaltungsakte geht (Beschluss vom 30. Oktober 1996 – BVerwG 1 B 197.96 – Buchholz 451.28 Fahrlehrer Nr. 17 ≪S. 2≫ = NVwZ-RR 1997, 284 m.w.N.). Dementsprechend kommt es im Falle eines Widerrufes einer Berufs- oder Betriebserlaubnis nach dem bisherigen Stand der Rechtsprechung regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an (Urteile vom 25. Februar 1965 – BVerwG 1 C 74.62 – Buchholz 418.20 Grundsätzliches Nr. 9 ≪S. 1 f.≫ = DVBl 1965, 402 f., vom 3. Mai 1977 – BVerwG 1 C 43.74 – Buchholz 355 RBerG Nr. 32 ≪S. 2≫ = NJW 1977, 2178, Beschluss vom 14. April 1998 – BVerwG 3 B 95.97 – Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100 ≪S. 49≫ = NJW 1999, 3425 ≪3426≫). Ebenso hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Widerrufes einer Bestellung zum Buchprüfer nach der Wirtschaftsprüferordnung entschieden (Urteil vom 26. August 1997 – BVerwG 1 C 1.96 – juris). Die gegen dieses Urteil erhobene Verfassungsbeschwerde ist zurückgewiesen worden (BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 1999 – 1 BvR 2530/97 –).
Dem einschlägigen materiellen Recht lassen sich keine Anhaltspunkte für eine abweichende Regelung entnehmen. Im Gegenteil unterscheidet die Wirtschaftsprüferordnung zwischen den Fällen des Widerrufes einer Wirtschaftsprüferbestellung nach § 20 Abs. 2, Abs. 4 WPO und denjenigen der Wiederbestellung nach § 23 WPO. Diese Differenzierung spricht dafür, dass die Umstände, die einen Anspruch auf eine erneute Bestellung als Wirtschaftsprüfer rechtfertigen, in einem gesonderten, darauf gerichteten Verfahren geltend zu machen und nicht im Anfechtungsprozess gegen die Widerrufsentscheidung zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil vom 2. Februar 1982 – BVerwG 1 C 74.78 – Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 36 ≪S. 5 ff.≫). Dies wird auch dem Prinzip der Gewaltentrennung gerecht, wonach vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die Verwaltung eine Entscheidung zu treffen hat. Etwaigen Änderungen der Verhältnisse kann in verfassungskonformer Weise bei der Entscheidung über die Wiederzulassung Rechnung getragen werden (vgl. auch BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2004 – AnwZ (B) 40/04 – NJW 2005, 1271).
Ob der Senat der Auffassung folgen könnte, eine Bestätigung der berufsbeendenden Maßnahme dürfe dann nicht erfolgen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts zweifelsfrei die Voraussetzungen für eine erneute Berufszulassung vorliegen (vgl. zu derartigen Fallkonstellationen BGH, Beschlüsse vom 25. März 1991 – AnwZ (B) 80/90 – NJW 1991, 2083 und vom 12. März 2001 – AnwZ (B) 27/00 – juris Rn. 7 sowie BFH, Urteil vom 13. November 2001 – VII R 14/01 – BFHE 198, 266 ≪269≫), kann auf sich beruhen. Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor. Zwischen dem Erlass des angefochtenen Bescheids am 9. August 2000 und der Entscheidung des Berufungsgerichts am 29. Juli 2004 hat sich nichts Erhebliches geändert. Während dieser Zeit hat der Kläger, wenn er seinen selbst bestimmten Zahlungsplan eingehalten hat, ca. 81 600 DM (48 Monate à 1 700 DM) zurückgezahlt. Das ist bei einer Verschuldung von ca. 3 Millionen DM angesichts der dafür erforderlichen Zins- und Tilgungsleistungen keine so bedeutsame Summe, dass eine nennenswerte Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse angenommen werden kann. Verbindliche Vereinbarungen über eine Rückführung der Verbindlichkeiten oder eine Restschuldbefreiung in absehbarer Zeit fehlten. Die in der mündlichen Verhandlung angesprochene “Ausbuchung” aus der Bilanz der Hauptgläubigerin des Klägers führte nicht zur Reduzierung seiner Schuldenlast, sondern stellte eine die fehlende Bonität des Schuldners widerspiegelnde Wertberichtigung der Bank dar. Die ebenfalls angesprochene, nach dem Vortrag des Klägers im Revisionsverfahren mit Blick auf eine zum 31. Dezember 2004 mögliche Forderungsverjährung vorgenommene Ermäßigung der Schuldenlast auf 100 000 € war jedenfalls noch nicht im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung erfolgt.
b) Das Berufungsgericht hat mit Recht entschieden, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO gegeben waren. Nach dieser Vorschrift ist die Bestellung zum Wirtschaftsprüfer zurückzunehmen, wenn der Wirtschaftsprüfer sich nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber oder anderer Personen nicht gefährdet sind.
aa) Die gesetzliche Regelung umschreibt den Widerrufstatbestand durch einen wertungsabhängigen Begriff und verzichtet auf eine Konkretisierung durch eine gesetzliche Vermutung. Der Begriff der nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse bedarf der Auslegung. An diese sind wegen der Intensität des Eingriffes in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), mit der ein Verlust der Wirtschaftsprüferbestellung verbunden ist, strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Februar 1995 – 1 BvR 2263/94 – AnwBl 1995, 262).
Für das Verständnis des Tatbestandsmerkmals ist zunächst von Bedeutung, dass das Gesetz nicht darauf abstellt, ob ungeordnete wirtschaftliche Verhältnisse vorliegen, sondern darauf, dass der Wirtschaftsprüfer sich nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet. Damit greift § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO spiegelbildlich die Zulassungsvoraussetzung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 WPO i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 4 WPO auf. Danach muss die Bestellung versagt werden, wenn der Bewerber sich nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet. Das Gesetz geht also davon aus, dass für die berufliche Betätigung des Wirtschaftsprüfers geordnete wirtschaftliche Verhältnisse erforderlich sind. Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse liegen vor, wenn die regelmäßigen Ausgaben die regelmäßigen Einnahmen jedenfalls nicht auf Dauer übersteigen. Soweit Schulden vorhanden sind, denen keine realisierbaren Vermögenswerte gegenüberstehen, ist von geordneten finanziellen Verhältnissen (nur) dann auszugehen, wenn der Schuldendienst nach Maßgabe mit den Gläubigern getroffener Vereinbarungen bedient wird und die Verbindlichkeiten zudem nach Art und Höhe in Ansehung der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse in einem überschaubaren Zeitraum getilgt werden können (vgl. BFH, Urteile vom 22. August 1995 – VII R 63/94 – BFHE 178, 506 ≪509≫ und vom 30. März 2004 – VII R 56/03 – BFH/NV 2004, 1426 zu § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StBerG; BGH, Beschlüsse vom 22. März 2004 – NotZ 23/03 – NJW 2004 ≪2018, 2019≫ m.w.N. und vom 18. Oktober 2004 – AnwZ (B) 43/03 – NJW 2005, 511 zu § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO).
Genügen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Wirtschaftsprüfers diesen Anforderungen nicht, so befindet er sich in der Regel nicht in geordneten Vermögensverhältnissen. Ein Vergleich mit anderen Berufsordnungen führt außerdem zu der Annahme, dass “nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse” auch bereits dann vorliegen können, wenn der Grad des Vermögensverfalls noch nicht erreicht ist. Denn dort wird dieser Begriff neben jenen gestellt (vgl. § 7 Nr. 9, § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO; § 14 Nr. 9, § 21 Abs. 2 Nr. 8 PatAnwO; § 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO; § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG). Die Unterscheidung zwischen nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen und Vermögensverfall ist auch der Wirtschaftsprüferordnung nicht fremd, wie sich aus § 34 Abs. 2 WPO über den Widerruf der Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergibt.
Danach muss davon ausgegangen werden, dass nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse regelmäßig dann vorliegen, wenn über das Vermögen des Wirtschaftsprüfers das Insolvenzverfahren eröffnet ist oder der Wirtschaftsprüfer in das vom Insolvenzgericht nach § 26 Abs. 2 InsO (Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens) oder vom Vollstreckungsgericht nach § 915 ZPO (Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO, Anordnung der Haft nach § 901 ZPO zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Diese Beurteilung kann nicht mit Blick auf § 1 Satz 2 InsO in Zweifel gezogen werden, demzufolge dem redlichen Schuldner im Insolvenzverfahren Gelegenheit gegeben wird, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien. Anders als das Gewerberecht, das mit § 12 GewO eine Vorschrift enthält, die dem Ziel einer Koordinierung des Gewerberechts mit dem Insolvenzrecht dient, enthält die Wirtschaftsprüferordnung keine Vorschrift über den (temporären) Ausschluss berufsbeendender Maßnahmen im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren, was in der herausgehobenen Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers seine Erklärung findet. Allein die Durchführung eines Insolvenzverfahrens mit der späteren Möglichkeit einer Restschuldbefreiung schließt daher noch nicht eine berufsbeendende Maßnahme gegenüber dem Wirtschaftsprüfer aus. Denn die Restschuldbefreiung ist während des laufenden Insolvenzverfahrens nur eine abstrakte Möglichkeit der Schuldenbefreiung, die sich erst durch Beendigung des Insolvenzverfahrens und Ankündigung der Restschuldbefreiung durch entsprechenden Beschluss des Insolvenzgerichts nach § 291 Abs. 1 InsO zu einer konkreten Aussicht verdichtet (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2004 – AnwZ (B) 40/04 – NJW 2005, 1271). Führt ein Insolvenzverfahren allerdings zu einer Restschuldbefreiung, kann ein Zustand geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse wieder erreicht sein.
In gleicher Weise liegen nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse vor, wenn zwar nicht die dargestellten gerichtlichen Maßnahmen ergriffen worden sind, der Wirtschaftsprüfer aber wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit jederzeit mit der Stellung entsprechender Anträge rechnen muss und deshalb, weil unter dem Druck seiner Gläubiger stehend, nicht frei in seinen Dispositionen ist.
Der Umstand, dass Gläubiger von Vollstreckungsmaßnahmen absehen, also etwa wegen bestimmter Zahlungen des Schuldners (einstweilen) stillhalten, reicht nicht aus, von geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen zu sprechen. Es steht bei dieser Lage letztlich im Belieben des Gläubigers, jederzeit seine weiterhin bestehenden Forderungen durchzusetzen. Von einem Wegfall der wirtschaftlichen Zwangslage kann daher in solchen Fällen nicht die Rede sein. Liegen allerdings verbindliche Vereinbarungen vor, die eine Rückführung der Schulden ohne Vollstreckungsmaßnahmen erwarten lassen, so kann je nach Höhe und Dauer der Verpflichtungen und ihrer Relation zu den Einnahmen des Wirtschaftsprüfers die Wiedererlangung geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse anzunehmen sein. Die bloße Möglichkeit, die schlechte finanzielle Situation in einem Insolvenzverfahren zu bereinigen, hat jedoch noch nicht zur Folge, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Wirtschaftsprüfers trotz bestehender Schulden in beachtlicher Höhe als geordnet betrachtet werden könnten (BFH, Urteil vom 30. März 2004 – VII R 56/03 – BFH/NV 2004, 1426).
Wird in einer Berufsordnung auf das Erfordernis geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse abgestellt, so liegt dem die Vorstellung zugrunde, dass bei nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen im Regelfall die Gewähr fehlt, dass der Berufsangehörige seinen beruflichen Verpflichtungen in der von der Berufsordnung vorgesehenen Weise nachkommt. Das kann im hier vorliegenden Zusammenhang der Fall sein, wenn bei dem Wirtschaftsprüfer wegen seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nicht gewährleistet ist, dass er seine beruflichen Aufgaben nach § 2 Abs. 1 WPO in der nach dem Dritten Teil des Gesetzes gebotenen Weise erfüllt.
Nach § 43 Abs. 1 WPO hat der Wirtschaftsprüfer seinen Beruf unter anderem eigenverantwortlich auszuüben und sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfungsberichten unparteiisch zu verhalten. Eigenverantwortlich handelt der Wirtschaftsprüfer, wie aus § 44 Abs. 1 WPO folgt, dann nicht, wenn er Prüfungsberichte und Gutachten nicht seiner (fachlichen) Überzeugung gemäß testiert. Der Beruf des Wirtschaftsprüfers wird geprägt durch die Aufgabe, betriebswirtschaftliche Prüfungen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen wirtschaftlicher Unternehmen, durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen (§ 2 Abs. 1 WPO). Die Wirtschaftsprüfer übernehmen wichtige Kontrollfunktionen zugunsten der Öffentlichkeit, der Unternehmen, zugunsten des Kapitalanlegerschutzes und des Gläubigerschutzes (vgl. BTDrucks 14/3649, S. 17), was insbesondere in den Fällen der gesetzlich angeordneten Prüfungen (§§ 316 ff. HGB) deutlich wird, in denen der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers oder der Vermerk über seine Versagung der öffentlichen Unterrichtung Interessierter zu dienen bestimmt ist (vgl. § 325 HGB). An der sachgerechten Erfüllung dieser Kontroll- und Bestätigungsaufgabe besteht ein erhebliches öffentliches Interesse. Der moderne Rechts- und Wirtschaftsverkehr ist auf verlässliche betriebswirtschaftliche Prüfungen im Sinne des § 2 Abs. 1 WPO angewiesen. Im Interesse einer funktionierenden Buch- und Wirtschaftsprüfung bedürfen die mit dieser Aufgabe Betrauten des Vertrauens der interessierten, am Wirtschaftsleben beteiligten Kreise. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die in § 2 Abs. 2 und 3 WPO genannten weiteren Tätigkeitsbereiche des Wirtschaftsprüfers, wonach er auch zur Beratung und Vertretung in steuerlichen Angelegenheiten befugt ist sowie weiter dazu, auf den Gebieten der wirtschaftlichen Betriebsführung als Sachverständiger aufzutreten, in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten und fremde Interessen zu wahren einschließlich der treuhänderischen Verwaltung. Die hervorgehobene Rolle, die dem Wirtschaftsprüfer im Rechts- und Wirtschaftsleben nach den gesetzgeberischen Zielvorstellungen zukommt, zeigt sich auch an dem Umstand der Vereidigung (§ 17 WPO) sowie der Verpflichtung, ein Siegel zu führen (§ 48 WPO; dazu auch BVerfG, Beschluss vom 8. April 1998 – 1 BvR 1773/96 – BVerfGE 98, 49 ≪65 f.≫). Das öffentliche Interesse an einem verlässlichen, das Vertrauen der beteiligten Kreise genießenden Wirtschaftsprüferwesen erfordert, dass der Wirtschaftsprüfer unabhängig, eigenverantwortlich und, soweit es insbesondere die Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten betrifft, unparteiisch tätig ist (§ 43 Abs. 1 WPO; zum Ganzen Urteil vom 26. August 1997 – BVerwG 1 C 1.96 – juris ≪Rn. 15≫ für den insoweit vergleichbaren Beruf des Buchprüfers, § 129 WPO).
Die in § 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 und in § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO zum Ausdruck kommende Einschätzung des Gesetzgebers, dass es im Interesse einer sachgerechten Aufgabenerfüllung des Wirtschaftsprüfers geboten ist, über geordnete wirtschaftliche Verhältnisse zu verfügen, trägt diesen Anforderungen Rechnung. Eine ordnungsgemäße Berufsausübung ist im Falle einer wirtschaftlichen Notlage des Wirtschaftsprüfers potentiell gefährdet, da Berufspflichtverletzungen zu besorgen sind, die die Interessen der Auftraggeber oder Dritter wie Kapitalanleger oder Unternehmensgläubiger verletzen (vgl. für die Berufsgruppe der Steuerberater BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. Januar 1988 – 1 BvR 23/88 – HFR 1989, 46; ferner Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer vom 13. Februar 1958, BTDrucks 3/201, S. 38). Dies gilt zum einen im Hinblick auf den Umgang des Wirtschaftsprüfers mit Fremdgeldern, wodurch nicht nur ihm, sondern auch seinen Gläubigern ein Zugriff ermöglicht ist. Darüber hinaus ergibt sich eine Interessengefährdung unter dem Gesichtspunkt, dass ein unter finanziellen Druck geratener Wirtschaftsprüfer dazu neigen könnte, Aufträge zu übernehmen, denen er wegen des Umfanges, der rechtlichen Schwierigkeiten und/oder der Zahl der Fälle nicht ausreichend gewachsen ist (vgl. Schmittmann, NJW 2002, 182 ≪184≫ unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 9. Februar 2001 – 4 A 5645/99 – NJW 2002, 234). Außerdem ist die Gefährdung von Kapitalanlegern und Gläubigern der zu überprüfenden Unternehmen in den Blick zu nehmen. Befindet sich ein Wirtschaftsprüfer in einer finanziellen Zwangslage, ist zu besorgen, dass er Versuchen Dritter, seine Prüftätigkeit sachwidrig zu beeinflussen, nicht mit dem erforderlichen Nachdruck entgegentreten will oder kann. Ausgehend von dieser Zweckbestimmung liegen nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO vor, wenn wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse eine potentielle Gefahr besteht, dass der Wirtschaftsprüfer bei Erfüllung seiner Aufgaben nicht mehr frei, sondern durch sein angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse gesteigertes Interesse an der Erhaltung und Mehrung seiner Einkünfte gelenkt ist.
Das Gesetz geht bei Vorliegen nicht geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse für den Regelfall davon aus, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber des Wirtschaftsprüfers oder anderer Personen gefährdet sind. Die Ausgestaltung des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO (“es sei denn, dass …”) als Regel-Ausnahme-Tatbestand verweist darauf, dass es für die Annahme des Regelfalles keiner Feststellung einer konkreten Gefährdung der genannten Interessen bedarf, sondern insoweit für den Widerruf der Wirtschaftsprüferbestellung eine potentielle Gefährdung ausreicht (vgl. BFH, Urteil vom 22. September 1992 – VII R 43/92 – BFHE 169, S. 286 ≪289≫ zu der vergleichbaren Regelung in § 46 Abs. 2 Nr. 6 ≪nunmehr Nr. 4≫ StBerG sowie BVerfG, Beschluss vom 3. Juli 2003 – 1 BvR 238/01 – BVerfGE 108, 150 ≪164≫ mit dem Hinweis auf einen abstrakten Gefährdungstatbestand in § 7 Nr. 9 BRAO; ferner BGH, Beschluss vom 7. März 2005 – AnwZ (B) 7/04 – NJW 2005, 1944 ≪1945≫).
Angesichts des Schutzzweckes der Vorschrift setzt die Annahme nicht geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse nach § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO nicht voraus, dass der Wirtschaftsprüfer die finanzielle Schieflage verschuldet hat. Ein solches Erfordernis ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Norm noch liegen dafür sonst Anhaltspunkte vor. Sinn und Zweck der Regelung weisen vielmehr in die entgegengesetzte Richtung. Die Gefahr einer nicht ordnungsgemäßen Berufsausübung aufgrund einer wirtschaftlichen Notlage besteht unabhängig davon, ob der Wirtschaftsprüfer für die finanziellen Schwierigkeiten selbst verantwortlich ist. Im Interesse der Auftraggeber und anderer Personen wie Kapitalanleger oder Unternehmensgläubiger ist es daher geboten, die den Widerrufsgrund auslösende Situation nicht geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse auch dann zu bejahen, wenn der Wirtschaftsprüfer ohne Verschulden in die ihn belastende finanzielle Situation geraten ist (vgl. auch Urteil vom 3. Mai 1977 – BVerwG 1 C 43.74 – Buchholz 355 RBerG Nr. 32 = NJW 1977, 2178; Beschluss vom 29. März 1996 – BVerwG 1 B 54.96 – Buchholz 355 RBerG Nr. 49, S. 4 f.).
bb) Nach diesen Maßstäben befand sich der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt und im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung nicht in geordneten Vermögensverhältnissen. Der Kläger hatte im Februar 2000 die eidesstattliche Versicherung abgegeben, nachdem er zu diesem Zweck verhaftet worden war. Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides war die Eintragung des Klägers im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts nach § 915 ZPO allerdings gelöscht. Nach den Feststellungen in dem angefochtenen Beschluss, der auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verweist, hatte der Kläger jedoch Schulden in Höhe von ca. 3 Millionen DM, denen nach eigenen Angaben ein Vermögen von knapp 200 000 DM gegenübersteht. Den Schulden standen danach ganz überwiegend nicht im Sinne eines “Bilanzausgleichs” realisierbare Werte gegenüber. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die sich das Oberverwaltungsgericht zu Eigen gemacht hat, konnte der Kläger ab 1995 seine mit der Stadtsparkasse … vereinbarten Finanzierungsverpflichtungen nicht mehr in dem vorgesehenen Rahmen erfüllen. Nach den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger zwar einen “Schuldenbereinigungsplan” aufgestellt. Dieser sieht aber einen Verzicht der Gläubiger auf ca. 87 bis 88 v.H. ihrer Forderungen vor. Die Gläubiger haben dem Plan nicht zugestimmt. Auch wenn diese, wie es den Anschein hat, keine Vollstreckungsmaßnahmen betrieben, konnten sie doch jederzeit entsprechende Schritte einleiten. Aufgrund dieser Feststellungen bestehen keine Zweifel, dass sich der Kläger nach den genannten Maßstäben nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befand.
c) Befindet sich der Wirtschaftsprüfer nicht in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen, so ist die Bestellung zum Wirtschaftsprüfer zu widerrufen, es sei denn, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber oder anderer Personen nicht gefährdet sind (§ 20 Abs. 2 Nr. 5 2. Halbsatz WPO).
aa) Aus dem Wortlaut der Regelung (“es sei denn”) folgt, dass es sich um einen Ausnahmefall handelt, worauf auch ausdrücklich die Gesetzesbegründung hinweist (BTDrucks 12/5685, S. 23). Das Gesetz geht damit – wie bereits erwähnt – beim Vorliegen nicht geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse für den Regelfall davon aus, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber des Wirtschaftsprüfers oder anderer Personen gefährdet sind. Dem Wirtschaftsprüfer ist jedoch die Möglichkeit eingeräumt, die gesetzliche Vermutung der Interessengefährdung zu widerlegen, wobei ihm die Darlegungs- und Feststellungslast für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes obliegt. Der Betroffene hat im Einzelnen darzutun und zu belegen, aus welchen Gründen in seinem konkreten Fall keine Interessengefährdung anzunehmen ist (BFH, Urteil vom 15. November 1994 – VII R 48/94 – BFH/NV 1995, 736 zu § 46 Abs. 2 Nr. 6 ≪nunmehr Nr. 4≫ StBerG; Beschluss vom 4. März 2004 – VII R 21/02 – BFHE 204, 563).
Wird die Gelegenheit zum Entlastungsnachweis gegeben, entspricht es der Systematik des Regel-Ausnahme-Tatbestands sowie dem Sinn und Zweck der Regelung, dass sich der Ausnahmetatbestand auf die konkrete Gefährdungssituation der Auftraggeber des betroffenen Wirtschaftsprüfers und anderer Personen bezieht. Die Voraussetzungen des Ausnahmefalles liegen daher vor, wenn es dem Wirtschaftsprüfer gelingt zu belegen, dass aufgrund besonderer Umstände seines Einzelfalles ausnahmsweise Veranlassung besteht, eine Interessengefährdung der Auftraggeber und des Publikums zu verneinen.
Da § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO die Möglichkeit gibt, die gesetzliche Vermutung einer Interessengefährdung zu widerlegen, verweist dies auf die Annahme des Gesetzgebers, es seien Fallkonstellationen denkbar, in denen die der Vorschrift zugrunde liegende Gefährdungssituation nicht besteht. Die Anforderungen an den Entlastungsbeweis dürfen daher nicht dergestalt sein, dass ein solcher von vornherein nicht gelingen könnte, da der Ausnahmetatbestand sonst ins Leere ginge. Eine solche Auslegung der Norm würde zudem Art. 12 Abs. 1 GG nicht gerecht. Dem Wirtschaftsprüfer kann daher nicht jedwede potentielle, theoretische Interessengefährdung, mag sie auch noch so fern liegend sein, entgegengehalten werden (vgl. BFH, Urteil vom 22. September 1992 – VII R 43/92 – a.a.O. BFHE 169, 286 ≪289/290≫; Beschluss vom 19. Februar 2003 – VII B 45/02 – BFH/NV 2003, 665 ≪666≫ m.w.N.; BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2004 – AnwZ (B) 43/03 – NJW 2005, 511 ≪512≫). Andererseits müssen die Anforderungen, die an den Nachweis einer Nichtgefährdung zu stellen sind, dem Schutzzweck der Widerrufsregelung genügen. Insoweit kommt insbesondere zum Tragen, dass der Tätigkeitsbereich eines Wirtschaftsprüfers nicht auf die Wahrnehmung von Auftraggeberinteressen beschränkt ist.
Mit der Befugnis, betriebswirtschaftliche Prüfungen durchzuführen und entsprechende Bestätigungsvermerke zu erteilen, übernimmt der Wirtschaftsprüfer, wie dargelegt, wichtige Kontrollfunktionen nicht nur gegenüber dem Auftraggeber, sondern zugleich zugunsten der Öffentlichkeit, des Kapitalanlegerschutzes und des Gläubigerschutzes. Diese hervorgehobene Funktion rechtfertigt es auch im Lichte von Art. 12 Abs. 1 GG, an den Entlastungsnachweis einen strengen Maßstab anzulegen. Ausgehend davon ist eine Nichtgefährdung im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO (erst) dann anzunehmen, wenn die Interessengefährdung hinreichend sicher ausgeschlossen werden kann (vgl. BFH, Beschluss vom 4. März 2004 – VII R 21/02 – BFHE 204, 563; BGH, Beschluss vom 12. März 2001 – AnwZ (B) 27/00 –). Damit im Einklang steht, dass das Berufungsgericht in Anlehnung an die bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu § 14 Abs. 1, § 6 Satz 3 der 1. AVO RBerG darauf abgestellt hat, eine Interessengefährdung sei nur dann zu verneinen, wenn sie so fern liege, dass sie ohne Bedenken außer Betracht gelassen werden könne (Urteil vom 3. Mai 1977 – BVerwG 1 C 43.74 – Buchholz 355 RBerG Nr. 32 = NJW 1977, 2178; Beschluss vom 29. März 1996 – BVerwG 1 B 54.96 – Buchholz 355 RBerG Nr. 49 ≪S. 4≫; in diesem Sinne auch BGH, Beschlüsse vom 19. Februar 1990 – AnwZ (B) 64/89 – juris ≪Rn. 15≫ und vom 17. Februar 1992 – AnwZ (B) 50/90 – juris ≪Rn. 16≫ zu § 15 Nr. 1 BRAO a.F. bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 8 ≪nunmehr Nr. 7≫ BRAO).
Mit Rücksicht auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis bedarf es mithin des Nachweises besonderer Umstände, um trotz nicht geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse eine Interessengefährdung ausschließen zu können (BFH, Beschluss vom 19. November 1998 – VII B 196/98 – BFH/NV 1999, 522 zu § 46 Abs. 2 Nr. 5 ≪nunmehr Nr. 4≫ StBerG). In diesem Zusammenhang kann es von Bedeutung sein, aus welchen Gründen der Wirtschaftsprüfer in nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse geraten ist, wie er einem nicht von vornherein fern liegenden Vorhalt ungenügender wirtschaftlicher Kompetenz entgegenarbeitet, ob er etwa vorhandenen Mandanten seine Lage offen legt und vor allem, wie er die dargestellten Gefahren durch konkrete, verbindliche und auf Dauer verlässliche Strategien praktisch vermeidet. Solche Umstände können etwa vorliegen, wenn der Wirtschaftsprüfer durch verbindliche Beschränkungen seiner beruflichen Betätigung ausschließt, dass die dargestellten Gefahren eintreten. Dafür gibt die Wirtschaftsprüferordnung in § 44 Abs. 2 WPO Hinweise. Danach kann eine Tätigkeit als angestellter Wirtschaftsprüfer mit verbindlicher Vereinbarung über Beschränkung der Tätigkeitsfelder und Gegenzeichnungspflicht durch einen anderen Wirtschaftsprüfer zur Anerkennung einer Ausnahme im Sinne des 2. Halbsatzes des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO führen, wenn eine hinreichend verlässliche Kontrolle gewährleistet ist.
bb) Anhand dieser Maßgaben ist bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen eines Ausnahmefalles im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO gegeben sind, eine Gesamtwürdigung aufgrund aller Umstände des konkreten Falles vorzunehmen. Die Gesichtspunkte, die dem Widerruf entgegengehalten werden, sind im Lichte des Schutzzweckes der Widerrufsregelung insbesondere abzuwägen mit Art und Ausmaß der wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Je größer die finanzielle Schieflage, umso gewichtiger müssen die geltend gemachten entlastenden Umstände sein. Führt die Gesamtwürdigung danach zu dem Ergebnis, dass eine Gefährdungslage nicht hinreichend fern liegt, ist der Widerrufstatbestand des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO erfüllt.
Danach ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Entlastungsbeweis hier nicht als geführt angesehen hat. Entscheidendes Gewicht kommt dem Umstand zu, dass es sich um eine wirtschaftliche Schieflage beträchtlichen Ausmaßes handelt. Angesichts der Höhe der Verbindlichkeiten und vor dem Hintergrund, dass der Kläger weder deren Tilgung in absehbarer Zeit noch eine Zustimmung der Gläubiger zu dem Schuldenbereinigungsplan dargetan hat, ist die Annahme des Berufungsgerichts gerechtfertigt, es sei nicht fern liegend, dass der Kläger unter dem finanziellen Druck Interessen seiner Auftraggeber oder anderer Personen gefährden könnte. Dass es die Selbstbeschränkungsmaßnahmen des Klägers für die berufliche Tätigkeit (zahlenmäßige Beschränkung der Mandate, keine treuhänderische Verwaltung von Mandantengeldern, keine Abtretung von Erstattungsansprüchen gegen das Finanzamt) nicht als ausreichend erachtet hat, um die gesetzlich vermutete Interessengefährdung zu widerlegen, sondern maßgeblich darauf abgestellt hat, ob der Kläger durch einen anderen Wirtschaftsprüfer beaufsichtigt wird, ist unter den gegebenen Einzelfallumständen im Lichte des von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO verfolgten Schutzzweckes sachgerecht und lässt keine Überspannung der an den Entlastungsnachweis zu stellenden Anforderungen erkennen.
Entsprechendes gilt, soweit das Berufungsgericht den Gesichtspunkten der pünktlichen Begleichung aktuell anfallender (Neu-)Verbindlichkeiten, des ordnungsgemäßen Umganges mit Mandantengeldern, der sorgfältigen Behandlung eigener Angelegenheiten und eines fehlenden Verschuldens an dem Eintreten der finanziellen Schieflage kein eine Gefährdung ausschließendes Gewicht beigemessen hat. § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO setzt nicht voraus, dass sich die gesetzlich vermutete Gefahr bereits “realisiert” hat. Der Kläger hat seine wirtschaftliche Schieflage nicht zum Anlass genommen, seinen Beruf unter verbindlicher Kontrolle eines Berufskollegen im Angestelltenverhältnis auszuüben. Allein eine jederzeit rücknehmbare Selbstbeschränkung und die Beobachtung durch eine abhängig beschäftigte Angestellte reichen nicht aus, um eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber oder anderer Personen zu verhindern.
Der Kläger macht geltend, als weniger einschneidende Maßnahme hätte man seine berufliche Tätigkeit einer regelmäßigen Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde unterwerfen können. Stünde dieses Aufsichtsmittel zur Verfügung, könnte in Betracht kommen, dass dadurch eine Interessengefährdung im Sinne von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO zu vermeiden wäre. Soweit das Vorbringen des Klägers auf eine Kontrolle durch den Beklagten selbst abzielt, geht dieses Ansinnen bereits fehl, da das Regelwerk der Wirtschaftsprüferordnung keine entsprechende Ermächtigungsgrundlage aufweist. Im Übrigen ist nicht erkennbar, dass eine derartige Maßnahme, die regelmäßig nur in Form von Stichproben zu leisten ist, gleichermaßen effektiv wäre wie der Widerruf der Bestellung. Soweit der Kläger sich darauf beruft, der Beklagte hätte ihm die Beaufsichtigung durch einen Berufskollegen zur “Auflage” machen können, fehlt es ebenfalls an einer Ermächtigungsgrundlage. Die Wirtschaftsprüferordnung geht bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO zwingend vom Widerruf aus. Auch ist es nicht Aufgabe des Beklagten, für die für einen Entlastungsnachweis erforderlichen Umstände zu sorgen, sondern die Darlegungs- und Feststellungslast obliegt, wie ausgeführt, dem betroffenen Wirtschaftsprüfer.
§ 57 Abs. 2 Nr. 4 WPO führt zu keinem abweichenden Ergebnis. Nach dieser Bestimmung obliegt es der Wirtschaftsprüferkammer unter anderem, die Erfüllung der den Mitgliedern obliegenden Pflichten zu überwachen. Nach der gesetzlichen Ausgestaltung der Wirtschaftsprüferordnung kommt § 57 Abs. 2 Nr. 4 WPO nicht die Funktion einer Ordnungsmaßnahme zu, die anstelle der Widerrufsentscheidung nach § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO ergriffen werden könnte. Ebenso wenig ist die Regelung geeignet, das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes zu begründen. Dies widerspräche der Systematik des Regelwerkes, da der Widerrufstatbestand des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO dann regelmäßig ins Leere ginge. Im Übrigen gilt auch hier, dass eine begleitende, stichprobenartige Kontrolle nicht von derselben Effektivität ist wie der Widerruf der Bestellung und mithin die gesetzlich vermutete Interessengefährdung nicht hinreichend sicher ausräumen könnte.
d) Das Berufungsgericht ist danach zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des Ausnahmefalles nach § 20 Abs. 2 Nr. 5, 2. Halbsatz WPO nicht vorliegen. Der Widerrufstatbestand ist somit im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt erfüllt. Da die Voraussetzungen des Widerrufs, wie dargelegt, auch noch im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vorlagen, konnte der Kläger in diesem Zeitpunkt auch nicht gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 WPO sofort wieder zum Wirtschaftsprüfer bestellt werden, so dass auf sich beruhen kann, ob in einem derartigen Fall der Widerrufsbescheid aufgehoben werden müsste.
e) § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO verletzt in der dargestellten Auslegung und Anwendung nicht das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG.
aa) Die Vorschrift knüpft die Beibehaltung der Bestellung als Wirtschaftsprüfer an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen in der Person des Freiberuflers, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Eine solche subjektive Berufszulassungsvoraussetzung ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, geeignet und erforderlich ist, um besonders wichtige Gemeinschaftswohlinteressen zu sichern, und wenn sie keine übermäßige, unzumutbare Belastung enthält, das heißt zu dem angestrebten Zweck der ordnungsgemäßen Erfüllung der Berufstätigkeit nicht außer Verhältnis steht (stRspr, z.B. BVerfG, Beschlüsse vom 9. August 1995 – 1 BvR 2263/94 u.a. – BVerfGE 93, 213 ≪235≫ m.w.N., vom 29. Oktober 1997 – 1 BvR 780/87 – BVerfGE 97, 12 ≪26≫ und vom 19. Juli 2000 – 1 BvR 539/96 – BVerfGE 102, 197 ≪213≫).
bb) Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit sind nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, der auch für Maßnahmen gilt, die die Freiheit der Berufswahl betreffen (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000, a.a.O. ≪213≫ m.w.N.), nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dass § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO den Widerrufstatbestand durch wertungsabhängige Begriffe umschreibt, ist unter dem Gesichtspunkt des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) begründeten Gebots hinreichender Bestimmtheit nicht zu beanstanden. Dieses zwingt den Gesetzgeber nicht, den Tatbestand einer Norm mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Vorschriften müssen vielmehr so bestimmt gefasst sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Sachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Auslegungsbedürftigkeit macht eine Norm nicht unbestimmt, sofern die von ihr Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können (BVerfG, Beschlüsse vom 18. Mai 1988 – 2 BvR 579/84 – BVerfGE 78, 205 ≪212 f.≫ und vom 9. August 1995, a.a.O. ≪238≫, jeweils m.w.N.). Zu berücksichtigen ist dabei auch die Konkretisierung gesetzlicher Tatbestandsmerkmale durch richterliche Auslegung (BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juli 1989 – 1 BvR 1460/85 u.a. – BVerfGE 80, 269 ≪279≫, vom 24. Juni 1993 – 1 BvR 689/92 – BVerfGE 89, 69 ≪84 f.≫ und vom 9. August 1995, a.a.O. ≪239≫).
Nach diesen Maßstäben handelt es sich bei § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO um eine hinreichend bestimmte gesetzliche Regelung. Die Tatbestandsmerkmale sind, wie ausgeführt, hinlänglich auslegungsfähig.
cc) § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO dient dem Schutz eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes. Der Wirtschaftsprüfer übernimmt, wie dargelegt, wichtige Kontrollfunktionen im Rechts- und Wirtschaftsleben. Im öffentlichen Interesse an einem verlässlichen, das Vertrauen der beteiligten Kreise genießenden Wirtschaftsprüferwesen liegt es daher, dass der Wirtschaftsprüfer unabhängig, eigenverantwortlich und, soweit es insbesondere die Erstattung von Prüfungsberichten und Gutachten betrifft, unparteiisch tätig ist (vgl. § 43 Abs. 1 WPO). Mit dieser Ausgestaltung des Wirtschaftsprüferberufes bewegt sich der Gesetzgeber im Rahmen seiner Befugnis, bestimmte wirtschafts-, berufs- und gesellschaftspolitische Zielvorstellungen und Leitbilder durchzusetzen und in den Rang wichtiger Gemeinschaftsinteressen zu erheben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 15. Februar 1967 – 1 BvR 569/62 u.a. – BVerfGE 21, 173 ≪180 f.≫ und vom 5. Mai 1987 – 1 BvR 724/81 u.a. – BVerfGE 75, 246 ≪265 ff.≫ m.w.N.). Angesichts der Bedeutung eines funktionierenden und anerkannten Wirtschaftsprüfungswesens genießt dieses Anliegen den Rang eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes (Urteil vom 26. August 1997 – BVerwG 1 C 1.96 – a.a.O.).
dd) In der dargestellten Auslegung und Anwendung ist die Berufsregelung des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO auch verhältnismäßig.
Die Vorschrift ist geeignet, das mit ihr verfolgte Ziel des Schutzes eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes, nämlich eines funktionierenden und anerkannten Wirtschaftsprüfungswesens, zu erreichen. § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO trägt der in § 43 Abs. 1 WPO verankerten Berufspflicht des Wirtschaftsprüfers Rechnung, die berufliche Tätigkeit unabhängig auszuüben. Eine ordnungsgemäße Berufsausübung ist im Falle einer wirtschaftlichen Notlage des Wirtschaftsprüfers potentiell gefährdet, da Berufspflichtverletzungen zu besorgen sind. Dem entspricht es, dass bereits die Bestellung zum Wirtschaftsprüfer voraussetzt, dass sich der Bewerber in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 4 WPO). § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO führt zum Ausschluss von der Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer, wenn nach der Bestellung ungeordnete wirtschaftliche Verhältnisse und eine dadurch bedingte Gefährdung der Interessen der Auftraggeber oder Dritter eintreten. Die Widerrufsregelung wirkt damit der Gefahr einer aufgrund finanzieller Abhängigkeit zu besorgenden pflichtwidrigen Berufsausübung entgegen und sichert die Rahmenbedingungen für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Wirtschaftsprüferaufgaben. Zugleich kann ein solches Instrument dazu beitragen, das Vertrauen der interessierten Kreise auf eine funktionierende Wirtschaftsprüfung und sachgerechte Berater- und Sachverständigentätigkeit zu stärken.
Die Widerrufsregelung ist auch erforderlich. Ein weniger belastendes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Normzwecks ist nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber muss sich nicht darauf verweisen lassen, der Gefahr der Verletzung von Berufspflichten im Wege der Standesaufsicht zu begegnen. Um der Gefahr von Pflichtverletzungen gleichermaßen effektiv entgegenzuwirken wie durch den Widerruf der Berufsbestellung, bedürfte es einer laufenden Kontrolle der Berufsausübung durch die Organe der Standesaufsicht. Abgesehen von der praktischen Durchführbarkeit erforderte dies einen wesentlich höheren Aufwand als eine Maßnahme, die wie der in § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO vorgesehene Widerruf die Berufsausübung generell untersagt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. November 1992 – 1 BvR 79/85 u.a. – BVerfGE 87, 287 ≪322≫; BVerwG, Urteil vom 26. August 1997 – BVerwG 1 C 1.96 – a.a.O. ≪Rn. 27≫).
Die Vorschrift des § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO stellt keine unzumutbare Belastung dar. Zwar sind die wirtschaftlichen Folgen des Verlustes der Wirtschaftsprüferbestellung erheblich, auch wenn die Befugnis, andere in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu beraten und zu vertreten, von der Bestellung als Wirtschaftsprüfer unabhängig ist. Das mit der Widerrufsregelung verfolgte Ziel der Erhaltung eines funktionierenden und anerkannten Wirtschaftsprüfungswesens ist jedoch derart gewichtig, dass die Belange der betroffenen Wirtschaftsprüfer dahinter zurückstehen müssen. Wer als Wirtschaftsprüfer tätig sein will, kann sich bei der Berufswahl auf das sachlich gerechtfertigte Erfordernis geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse einstellen, zumal dieses bereits im Zusammenhang mit der Wirtschaftsprüferbestellung erfüllt sein muss. Zudem ist der Widerrufstatbestand in § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO so ausgestaltet, dass das Vorliegen einer wirtschaftlichen Notlage nicht automatisch in den Widerruf der Wirtschaftsprüferbestellung mündet. Über den Ausnahmetatbestand, ebenso aber auch über die Anwendung und Auslegung des Tatbestandsmerkmals der “nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse” ermöglicht § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO eine am jeweiligen Einzelfall orientierte Verhältnismäßigkeitsprüfung, in die etwa ein mangelndes Verschulden und eine verbindliche Beschränkung der Berufsbetätigung in dem dargelegten Sinn einbezogen werden können. Schließlich besteht gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 3 WPO die Möglichkeit der Wiederbestellung, wenn die Gründe, die für den Widerruf maßgeblich gewesen sind, weggefallen sind.
Der Widerrufstatbestand in § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO steht daher mit Art. 12 Abs. 1 GG im Einklang.
f) Es liegt auch keine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG vor.
aa) Der Kläger sieht eine Verletzung des Gleichheitssatzes darin, dass § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO für den Widerruf der Bestellung als Wirtschaftsprüfer nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse verlangt, während § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG und § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO den Widerruf der Steuerberaterbestellung und der Anwaltszulassung vom Eintritt des Vermögensverfalls abhängig machen.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Eine unterschiedliche Behandlung muss sich daher auf Unterschiede in den Sachverhalten zurückführen lassen, die es rechtfertigen, sie als im Hinblick auf die fragliche Behandlung ungleich anzusehen. Art. 3 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn für eine vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung ein einleuchtender Grund nicht auffindbar ist. Innerhalb dieser Grenzen ist es Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will (BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. März 2004 – 2 BvR 406/03 – NJW 2004, 3030 m.w.N.).
Nach diesen Maßgaben lässt sich keine Verletzung des Gleichheitssatzes feststellen. Für die unterschiedlichen Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Wirtschaftsprüfer (§ 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO) einerseits, den Widerruf der Steuerberaterbestellung (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG) und der Anwaltszulassung (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) andererseits streiten Gründe von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die Differenzierung rechtfertigen. Der Beruf des Wirtschaftsprüfers wird geprägt durch die im öffentlichen Interesse unabhängig, eigenverantwortlich und unparteiisch (§ 43 Abs. 1 WPO) wahrzunehmende Aufgabe der betriebswirtschaftlichen Prüfungen, insbesondere von Jahresabschlüssen, und die Befugnis, Bestätigungsvermerke zu erteilen. Damit unterscheidet er sich von den Berufen des Rechtsanwaltes und Steuerberaters, die in erster Linie die Wahrung der Interessen ihrer Mandanten zum Gegenstand haben. Im Hinblick auf die Befugnis, Prüfvermerke auszustellen, ist der Wirtschaftsprüfer vielmehr einem Notar vergleichbar und unterliegt besonders strengen Anforderungen an seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (BVerfG, Beschluss vom 8. April 1998 – 1 BvR 1773/96 – BVerfGE 98, 49 ≪65≫; BVerwG, Urteil vom 26. August 1997 – BVerwG 1 C 1.96 – a.a.O. ≪Rn. 15, 34≫). Die hervorgehobene Stellung, die dem Wirtschaftsprüfer im Rechts- und Wirtschaftsverkehr zukommt, ist ein hinreichender sachlicher Differenzierungsgrund dafür, dass § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO nicht entsprechend § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO, § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ausgestaltet ist, sondern sich – im Sinne einer strengeren Regelung – an § 50 Abs. 1 Nr. 8 BNotO orientiert.
bb) Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf § 34 Abs. 2 WPO. Die durch den gesellschaftsrechtlichen Rahmen bedingten Unterschiede rechtfertigen es, für den Widerruf der Anerkennung als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft abweichend von § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO an den Eintritt des Vermögensverfalls anzuknüpfen. Im Übrigen kommt § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO über den Widerrufstatbestand in § 34 Abs. 1 Nr. 1 WPO auch im Bereich der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zum Tragen.
cc) Soweit der Kläger geltend macht, er würde gegenüber einem britischen Wirtschaftsprüfer benachteiligt, weil dieser in Deutschland tätig sein könne, ohne in Großbritannien einer § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO vergleichbaren Vorschrift zu unterliegen, fehlt es schon an einer relevanten Ungleichbehandlung. Die Tätigkeit eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union als Wirtschaftsprüfer in der Bundesrepublik Deutschland ist gebunden an die Bestellung als Wirtschaftsprüfer nach der Wirtschaftsprüferordnung. Eine § 3 Nr. 4 StBerG vergleichbare Regelung findet sich in der Wirtschaftsprüferordnung nicht. Auf die Bestellung finden dieselben Regelungen Anwendung, die für Inländer gelten (vgl. § 131 k i.V.m. §§ 131 g und h WPO) mithin auch § 20 WPO. Auf die Frage, ob Art. 3 Abs. 1 GG auf den Fall der “Inländerdiskriminierung” anwendbar wäre (offen gelassen von BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. November 1989 – 1 BvR 986/89 – NJW 1990, 1033), kommt es somit nicht an.
g) Der Widerruf der Bestellung des Klägers als Wirtschaftsprüfer erweist sich auch im Übrigen nicht als unverhältnismäßig. Auslegung und Anwendung des Widerrufstatbestandes in § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO durch das Berufungsgericht halten sich, wie ausgeführt, in dem durch die Norm vorgegebenen Rahmen, der den verfassungsrechtlichen Anforderungen hinreichend Rechnung trägt. Eine weniger belastende, gleichermaßen effektive Ordnungsmaßnahme kommt nach der gesetzlichen Konzeption der Wirtschaftsprüferordnung nicht in Betracht. Dass die Widerrufsentscheidung für den Kläger unzumutbar wäre, ist nicht erkennbar.
h) Die Widerrufsentscheidung kollidiert auch nicht mit europäischem Gemeinschaftsrecht. Das gemeinschaftsrechtliche Primärrecht ist auf rein innerstaatliche Sachverhalte wie die nicht grenzüberschreitende Berufsausübung eines Deutschen in der Bundesrepublik Deutschland nicht anwendbar (Beschluss vom 1. April 2004 – BVerwG 6 B 5.04 – GewArch 2004, 488 ≪489≫ m.w.N.). Ein grenzüberschreitender Bezug, der im Hinblick auf eine Verletzung von Primärrecht von Relevanz wäre, ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die angefochtene Widerrufsentscheidung gegen gemeinschaftsrechtliches Sekundärrecht verstieße. Richtlinien- oder Verordnungsregelungen, die dem deutschen Gesetzgeber hinsichtlich deutscher Staatsangehöriger (seiner Inländer) Dienstleistungsbeschränkungen wie die hier in Rede stehende verbieten würden, bestehen nicht. Angesichts des § 131k Satz 1 WPO, nach dem die Bestimmungen des Dritten Abschnitts des Zweiten Teils der Wirtschaftsprüferordnung mit dem darin enthaltenen § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO auch auf die Bestellung von Angehörigen u.a. der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften Anwendung finden, gibt es auch keinen Anhalt für eine Inländerdiskriminierung.
5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Bardenhewer, Hahn, Graulich, Vormeier, Bier
Fundstellen
Haufe-Index 1446981 |
BVerwGE 2006, 110 |
ZAP 2006, 1167 |
DÖV 2006, 614 |
GewArch 2006, 36 |
DVBl. 2006, 256 |
NWVBl. 2006, 217 |