Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung, Umstrukturierung einer AG, Verkauf eines inländischen Grundstücks durch eine Auslandsgesellschaft, Gebot der Gleichbehandlung mit Verkäufen durch inländische Gesellschaften
Leitsatz (amtlich)
Die Artikel 52 und 58 EWG-Vertrag stehen einer rechtlichen Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die die Befreiung von der Grunderwerbsteuer, die gewöhnlich bei Veräußerungen oder Verkäufen geschuldet wird, die anläßlich der Umstrukturierung innerhalb eines Konzerns erfolgen, auf die Fälle beschränkt, in denen die Gesellschaft, der diese Steuerbefreiung zugute kommen soll, unbewegliches Vermögen von einer Gesellschaft erwirbt, die nach nationalem Recht errichtet worden ist, und diese Vergünstigung versagt, wenn die veräußernde Gesellschaft nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats errichtet worden ist.
Normenkette
EWGVtr Art. 52, 58
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Tatbestand
GESELLSCHAFTEN - NIEDERLASSUNGSFREIHEIT - DISKRIMINIERENDE BESTEUERUNG
RECHTSSACHE C-1/93
HALLIBURTON SERVICES BV
GEGEN
STAATSSECRETARIS VAN FINANCIEN.
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG: HOGE RAAD - NIEDERLANDE.
Urteil
1 Der Hoge Raad der Nederlanden hat mit Urteil vom 23. Dezember 1992, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Januar 1993, gemäß Artikel 177 EWG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 7, 52 und 58 EWG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen der in Den Haag niedergelassenen Gesellschaft niederländischen Rechts Halliburton Services BV und dem Staatssecretaris van Financiën (im folgenden: Finanzverwaltung) über die Voraussetzungen der Befreiung von der Grunderwerbsteuer, die in der Wet op belastingen van rechtsverkeer vom 24. Dezember 1970 (Gesetz über Verkehrsteuern, im folgenden: Gesetz) und im Uitvöringsbesluit belastingen van rechtsverkeer vom 21. Juni 1971 (Durchführungsverordnung betreffend Verkehrsteuern, im folgenden: Durchführungsverordnung) vorgesehen ist.
3 Der Halliburton-Konzern ist eine internationale Holdinggesellschaft, deren Muttergesellschaft, Halliburton Inc., in den Vereinigten Staaten von Amerika niedergelassen ist. Sie hält sämtliche Anteile an ihrer deutschen (Halliburton Co. Germany GmbH) und ihrer niederländischen Tochtergesellschaft (Halliburton Services BV). Die Letztgenannte besitzt die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung niederländischen Rechts (besloten vennootschap met beperkte aansprakelijkheid).
4 Im Rahmen einer Umstrukturierung der Tätigkeit des Halliburton-Konzerns in Europa veräußerte die deutsche Tochtergesellschaft mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. Dezember 1986 ihre ständige Niederlassung in den Niederlanden, zu der ein in Emmen belegenes Grundstück im Wert von 3 178 926 HFL gehörte, an die niederländische Tochtergesellschaft.
5 In den Niederlanden unterliegt die Übertragung des Eigentums an Grundstücken der Verkehrsteuer. Nach Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe h des Gesetzes sind diese Transaktionen jedoch von der Steuer befreit, wenn sie "im Rahmen einer internen Umstrukturierung von Aktiengesellschaften und von Gesellschaften mit beschränkter Haftung" vorgenommen werden.
6 Nach Artikel 5 der Durchführungsverordnung gilt diese Steuerbefreiung nur für Veräußerungsgeschäfte zwischen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die zu einem Konzern gehören, dessen Muttergesellschaft ebenfalls eine dieser beiden Rechtsformen besitzt. Wie sich jedoch aus den Akten ergibt, hat das vorlegende Gericht bereits entschieden, daß der Halliburton Services die Steuerbefreiung aufgrund des im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Niederlanden und den Vereinigten Staaten von Amerika niedergelegten Diskriminierungsverbots nicht deshalb versagt werden dürfe, weil es sich bei der Muttergesellschaft des Halliburton-Konzerns um eine nach nordamerikanischem Recht errichtete Gesellschaft handle.
7 Die niederländische Finanzverwaltung vertrat die Auffassung, die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück durch die deutsche an die niederländische Gesellschaft könne nicht von der Steuer befreit werden und forderte von der Halliburton Services BV die Zahlung der Verkehrsteuer.
8 Mit Urteil vom 11. Dezember 1990 wies der Gerechtshof Den Haag die von dieser Gesellschaft erhobene Klage mit der Begründung ab, das das Grundstück veräußernde Unternehmen - Halliburton Co. Germany GmbH - sei keine Gesellschaft niederländischen Rechts im Sinne von Artikel 5 Absatz 4 der Durchführungsverordnung und die in Frage stehende Transaktion könne daher nicht von der Steuer befreit werden.
9 Die Klägerin legte Rechtsmittel beim Hoge Raad ein und machte u. a. geltend, die vorstehend beschriebenen Voraussetzungen der Steuerbefreiung stellten eine gegen den EWG-Vertrag verstoßende Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit dar.
10 Der Hoge Raad hat Zweifel an der Vereinbarkeit des Gesetzes und der Durchführungsverordnung ...