Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz auf Straßenbenutzungsgebühren, Brücke über den Tejo
Leitsatz (amtlich)
1. Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 12 und 28 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2001/4/EG des Rates vom 19. Januar 2001 geänderten Fassung verstoßen, dass sie bei der Maut für die Straßenbrücken über den Tejo in Lissabon einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 5 % beibehalten hat.
2. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 12, 28
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tatbestand
„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Zulässigkeit ‐ Rechtskraft ‐ Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1, Art. 12 Abs. 3 Buchst. a und Art. 28 Abs. 2 Buchst. e“
In der Rechtssache C-462/05
betreffend eine Vertragsverletzungsklage gemäß Art. 226 EG, eingereicht am 22. Dezember 2005,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch R. Lyal und M. Afonso als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes, Â. Seiça Neves und R. Laires als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász, J. Malenovský und T. von Danwitz,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. März 2008,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass die Portugiesische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 12 und 28 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2001/4/EG des Rates vom 19. Januar 2001 (ABl. L 22, S. 17) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie) verstoßen hat, dass sie gesetzliche Vorschriften aufrechterhalten hat, nach denen auf die Maut für die Straßenbrücken über den Tejo in Lissabon ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von 5 % angewendet wird.
Rechtlicher Rahmen
Die Sechste Richtlinie
2
Der 19. Erwägungsgrund der Sechsten Richtlinie lautet:
„Es muss ein Übergangszeitraum vorgesehen werden, der eine schrittweise Anpassung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften in den betreffenden Bereichen ermöglicht“.
3
Nach Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer „Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt“.
4
Art. 4 Abs. 1 und 5 der Sechsten Richtlinie bestimmt:
(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis.
…
(5) Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.
Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Leistungen als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Die vorstehend genannten Einrichtungen gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in Bezug auf die in Anhang D aufgeführten Tätigkeiten, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.
…“
5
In Bezug auf den Mehrwertsteuersatz bestimmt Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 1 bis 3:
„Der Normalsatz der Mehrwertsteuer wird von jedem Mitgliedstaat als ein Prozentsatz der Besteuerungsgrundlage festgelegt, der für Lieferungen von Gegenständen und für Dienstleistungen gleich ist. Vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2005 darf dieser Satz nicht niedriger als 15 % sein.
Auf Vorschlag der Kommission und nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses entscheidet der Rat einstimmig über die Höhe des nach dem 31. Dezember 2005 geltenden Normalsatzes.
Die Mitgliedstaaten können außerdem einen oder zwei ermäßigte Sätze anwenden. Diese ermäßigten Sätze werden als ein Prozentsatz der Besteuerungsgr...