Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung eins Vorsteuerüberhangs, Verjährungsfrist zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs, Versagung der Berichtigung des Vorsteuerabzugs aus einem bereits geprüften Besteuerungszeitraum
Leitsatz (amtlich)
Die Art. 167, 168, 179, 180 und 182 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sowie die Grundsätze der Effektivität, der Steuerneutralität und der Verhältnismäßigkeit sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren entgegenstehen, wonach es ‐ in Abweichung von der für Berichtigungen von Mehrwertsteuererklärungen im nationalen Recht vorgesehenen Verjährungsfrist von fünf Jahren ‐ einem Steuerpflichtigen unter Umständen wie denen des Ausgangsfalls nur deshalb verwehrt ist, zur Geltendmachung seines Vorsteuerabzugsrechts eine Berichtigung vorzunehmen, weil diese Berichtigung einen bereits geprüften Zeitraum betrifft.
Normenkette
EGRL 112/2006 Art. 167-168, 179-180, 182
Beteiligte
Directia Generala Regionala a Finantelor Publice Iasi - Administratia Judeteana a Finantelor Publice Suceava |
Verfahrensgang
Curtea de Apel Suceava (Rumänien) (Beschluss vom 23.01.2017; ABl. EU 2017, Nr. C 161/8) |
Tatbestand
„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerrecht ‐ Richtlinie 2006/112/EG ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem ‐ Vorsteuerabzug ‐ Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer ‐ Umsätze eines Besteuerungszeitraums, der bereits Gegenstand einer abgeschlossenen Steuerprüfung war ‐ Nationale Rechtsvorschriften ‐ Möglichkeit für den Steuerpflichtigen, bereits geprüfte Steuererklärungen zu berichtigen ‐ Ausschluss ‐ Effektivitätsgrundsatz ‐ Steuerneutralität ‐ Rechtssicherheit“
In der Rechtssache C-81/17
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Curtea de Apel Suceava (Berufungsgericht Suceava, Rumänien) mit Entscheidung vom 23. Januar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Februar 2017, in dem Verfahren
Zabrus Siret SRL
gegen
Directia Generala Regionala a Finantelor Publice Iasi ‐ Administratia Judeteana a Finantelor Publice Suceava
erlässt
DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Vajda, des Richters E. Juhsz (Berichterstatter) und der Richterin K. Jurimae,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der rumänischen Regierung, vertreten durch R. Radu, C. M. Florescu und R. Mangu als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und L. Radu Bouyon als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom 13. Juli 2010 (ABl. 2010, L 189, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie) sowie der Grundsätze der Steuerneutralität, der Effektivität und der Verhältnismäßigkeit.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Zabrus Siret SRL (im Folgenden: Zabrus) und der Directia Generala Regionala a Finantelor Publice Iasi ‐ Administratia Judeteana a Finantelor Publice Suceava (Regionale Generaldirektion für öffentliche Finanzen Iasi ‐ Kreisverwaltung für öffentliche Finanzen Suceava, Rumänien) (im Folgenden: Generaldirektion) über die Möglichkeit für Steuerpflichtige, Mehrwertsteuererklärungen zu berichtigen, um Vorsteuer in Abzug zu bringen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:
„Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.“
Rz. 4
Art. 168 der Richtlinie bestimmt:
„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:
a) die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;
…“
Rz. 5
Nach Art. 179 Abs. 1 dieser Richtlinie wird der Vorsteuerabzug „vom Steuerpflichtigen global vorgenommen, indem er von dem Steuerbetrag, den er für einen Steuerzeitraum schuldet, den Betrag der Mehrwertsteuer absetzt, für die während des gleichen Steuerzeitraums das Abzugsrecht entstanden ist und gemäß Artikel 178 ausgeübt wird“.
Rz. 6
Art. 180 der Richtlinie hat folgenden Wortlaut:
„Die Mitgliedstaaten können einem Steuerpflichtigen gestatten, einen Vorsteuerabzug vorzunehmen, der nicht gemäß den Artikeln 178 und 179 vorgenommen wurde.“
Rz. 7
Gemäß Art. 182 der Mehrwertsteuerrichtlinie legen die Mitgliedstaaten „die...