Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Körperschaftsteuerguthabens beim Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren. Verfassungsmäßigkeit des § 36 KStG in der Fassung des JStG 2010
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist die Summe der mit Körperschaftsteuer unbelasteten Teilbeträge (also des EK 01, des EK 02 und des EK 03) negativ, sind bei der Berechnung des Körperschaftsteuerguthaben beim Übergang vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren die Teilbeträge zunächst untereinander und dann mit den mit Körperschaftsteuer belasteten Teilbeträgen zu verrechnen.
2. Eine vorherige Verrechnung der negativen Summe aus EK 01, EK 02 und EK 03 mit gleichfalls vorhandenem positiven EK 04 sieht das Gesetz in § 36 Abs. 4 KStG auch nach der Fassung durch das JStG 2010 nicht vor.
3. Gegen die durch das JStG 2010 geschaffene Neuregelung in § 36 KStG n. F. zur Umgliederung der Teilbeträge des vEK und zu deren Überführung in ein Körperschaftsteuerguthaben bestehen keine verfassungsrechtliche Bedenken.
4. Das BVerfG hat die in § 36 Abs. 4 KStG n. F. vorgesehene Verrechnung von negativem EK 02 mit positivem belastetem vEK im Grundsatz für sachgerecht und nur insoweit als dem Gleichheitssatz widersprechend angesehen, als ein negatives EK 02 auf der in § 36 Abs. 3 KStG i. d. F. des StSenkG angeordneten Umgliederung von EK 45 in EK 40 beruht
Normenkette
KStG § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 38 Abs. 1, § 36; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die sich im Zuge des Übergangs vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren ergebende Vernichtung von Körperschaftsteuerminderungspotential, soweit sie auf die Verrechnung von mit 40% Körperschaftsteuer belastetem verwendbaren Eigenkapital (vEK) – EK 40 – mit originär negativem nicht mit Körperschaftsteuer belastetem vEK (EK 01, EK 02 und EK 03) zurückzuführen ist, mit verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist.
Die Klägerin ist eine Körperschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG), die sich vornehmlich mit dem Erbringen von Dienstleistungen und Entwicklungen im Bereich der A befasst und sich in der Funktion einer Holdinggesellschaft an anderen in diesem Bereich tätigen Unternehmen beteiligt. Das Geschäftsjahr der Klägerin ist das Kalenderjahr. Das gezeichnete Kapital belief sich zum 31. Dezember 2001 auf xxx EUR, wobei sich die Aktien in Streubesitz befanden.
Das beklagte Finanzamt (der Beklagte) stellte die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) zum 31. Dezember 2000 (KStG a. F.), die Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG (hier i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes – StSenkG – vom 23. Oktober 2000, BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428 – KStG n. F. –) und die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG n. F. zum 31. Dezember 2001 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gesondert fest. Mit Bescheiden vom 23. Mai 2005 hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Dagegen legte die Klägerin Einsprüche ein, die sie unter anderem auch mit Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Umgliederungen im Zusammenhang mit dem Übergang zum Halbeinkünfteverfahren begründete.
Mit Bescheid vom 21. April 2006 stellte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31. Dezember 2000 wie folgt fest:
EK 45 |
1 DM |
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EK 40 |
xxx DM |
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EK 01 |
xxx DM |
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EK 02 |
./. xxx DM |
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EK 04 |
xxx DM |
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Die Summe der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals belief sich demzufolge auf xxx DM. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit zusammengefasstem Bescheid vom 21. Juli 2009 stellte der Beklagte die Endbestände gemäß § 36 Abs. 7 KStG n. F. und zum 31. Dezember 2001 die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG n. F. wie folgt gesondert fest:
EK 40 |
0 DM |
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EK 01/03 |
0 DM |
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EK 02 |
./. xxx DM |
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EK 04 |
xxx DM |
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Betrag des steuerlichen Einlagekontos |
xxx DM |
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Körperschaftsteuerguthaben |
0 DM |
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Bei der Berechnung hatte der Beklagte zunächst das positive mit 45% Körperschaftsteuer belastete vEK (EK 45) von 1 DM in gleicher Höhe in EK 40 (zuvor xxx DM) umgegliedert (Summe: xxx DM). Zudem hatte er das positive EK 01 (xxx DM) in gleicher Höhe mit dem negativen EK 02 (./. xxx DM) verrechnet (Summe: ./. xxx DM). Anschließend hatte der Beklagte das umgegliederte EK 40 (xxx DM) und das verrechnete EK 01 und EK 02 (./.xxx DM) miteinander saldiert.
Gegen den Bescheid vom 21. Juli 2009 legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein. Diesen begründete sie in der Folge unter Hinweis auf den zwischenzeitlich ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17. November 2009 – 1 BvR 2192/05 (BVerfGE 125, 1, BFH/NV 2010, 803) damit, dass die vom Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394) getroffene Neuregelung des § 36 KStG n. F. die verfassungsrechtlichen Vorgaben – nämlich den glei...