Entscheidungsstichwort (Thema)
Rangverhältnis abkommensrechtlicher Vorschriften. abkommensrechtliche Behandlung der Einkünfte einer Personengesellschaft. mitunternehmerische Betriebsaufspaltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die spezielleren abkommensrechtlichen Vorschriften gehen regelmäßig den allgemeineren rechtsfolgemäßig vor. Nur wenn die speziellere Vorschrift einen rechtsfolgemäßigen Vorbehalt zu Gunsten der allgemeineren Vorschrift enthält und die Voraussetzungen des Vorbehalts erfüllt sind, tritt die Rechtsfolge der spezielleren Vorschrift hinter der allgemeineren zurück.
2. Wird ein Unternehmen von einer Personengesellschaft betrieben, so wird es aus deutscher Sicht abkommensrechtlich anteilig als ein solches der Gesellschafter der Personengesellschaft behandelt. Jeder Gesellschafter betreibt anteilig das Unternehmen der Personengesellschaft.
3. Unterhält die Besitzgesellschaft im Rahmen einer mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung in Ungarn eine Betriebsstätte und hängen ihre (finanziell weit weniger bedeutenden) Einkünfte aus der Vermietung unbeweglicher Wirtschaftsgüter personell und sachlich mit ihren – betragsmäßig weit überwiegenden (= 90 v. H. ihrer Gesamteinkünfte im Streitjahr) – Einkünften aus der Vermietung beweglicher Wirtschaftsgüter eng zusammen und können ihrer ungarischen Betriebsstätte zugerechnet werden, so sind auch die Einkünfte aus der Vermietung unbeweglichen Vermögens deshalb als „Unternehmensgewinne” i. S. d. Art. 7 Abs. 1 DBA-Ungarn zu qualifizieren.
Normenkette
DBA HUN Art. 6, 7 Abs. 1, Art. 23; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 21
Nachgehend
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1996 vom 29. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2001 betr. die X wird dahingehend geändert, dass die anrechenbaren Steuern auf der Grundlage der mit Schriftsatz der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 18. Oktober 2005 eingereichten Unterlagen nach Maßgabe von Artikel 23 Abs. 1 Buchstabe b DBA-Ungarn neu festgestellt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Beigeladene trägt keine Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob vom Kläger aufgrund seiner Beteiligung an einer Gesellschaft ungarischen Rechts (X mit Sitz in … [Ungarn]) im Streitjahr 1996 bezogene Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der Bundesrepublik Deutschland als dem Ansässigkeitsstaat des Einkünftebeziehers nach dem zwischen der Volksrepublik Ungarn und der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen – DBA – vom 18. Juli 1977 (BGBl II 1979, 626, BStBl I 1979, 348) von einer Einkommensbesteuerung freigestellt sind.
Der in … wohnhafte Kläger war im Streitjahr 1996 neben einer hier unstreitigen einzelunternehmischen Tätigkeit mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 96,62 v. H. beschränkt haftender Mitgesellschafter der X. Weitere Gesellschaftsanteile in einem Umfang von 2,03 v. H. hielt der Beigeladene, von Beruf … mit Wohnsitz in …. Die restlichen Gesellschaftsanteile hielt eine ungarische Kapitalgesellschaft namens Y mit Sitz in … (Ungarn) als (einzige) Komplementärin, an der der Kläger ebenfalls mehrheitlich beteiligt war (90 v. H. der Gesellschaftsanteile). Zur Geschäftsführung in der X war nach dem Gesellschaftsvertrag nur die Komplementärin befugt, die im Streitjahr 1996 in … (Ungarn) ein eigenes Büro unterhielt.
Die X erzielte Einkünfte aus der Vermietung eines in Ungarn belegenen Grundstücks und der darauf befindlichen Maschinen an die Z mit Sitz ebenfalls in … (Ungarn). Deren alleinige Komplementärin war wiederum die Y. Die Z produzierte mit den Maschinen ab dem Jahr 1996 …. Sie tat dies als Subunternehmerin einer A – GmbH mit Sitz in … (Deutschland), deren Gesellschafter-Geschäftsführer der Kläger mit einem Gesellschaftsanteil in Höhe von 90 v. H. ebenfalls war. Die restlichen Gesellschaftsanteile in Höhe von 10 v. H. hielt der Beigeladene).
Die X (Steuernr. in Ungarn: …) ermittelte im Weg der Selbstveranlagung folgende Ertragsteuern in Ungarn und entrichtete sie auch:
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1996: |
Körperschaftsteuer |
… Forint |
Gewerbesteuer |
… Forint |
Gewinnentnahmen fanden im Streitjahr 1996 nicht statt, weshalb auch keine Kapitalertragsteuer in Ungarn erklärt oder abgeführt wurde.
Im Zeitraum 27. April bis 2. Juli 1998 führte der Beklagte als zuständiges Wohnsitzfinanzamt beim Kläger eine Außenprüfung der Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer betr. die Jahre 1994 bis 1996 durch. Bezüglich der hier streitgegenständlichen Beteiligungseinkünfte hinsichtlich der X heißt es in dem Außenprüfungsbericht vom 16. Juli 1998, dass diese in Deutschland mangels Erfüllung der Voraussetzungen der sog. Aktivitätsklausel i. S. von Art. 23 Abs. 1 Buchst. c DBA-Ungarn nicht von der Ertragsbesteuerung freizustellen seien, sondern dass insoweit das Anrechnungsverfahren i. S. von Art. 23 Abs. 1 Buchst. b DBA...