Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage, ob der Übernehmer von GmbH-Anteilen bereits wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile sein kann, wenn das Stimmrecht noch dem Veräußerer zusteht.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte bei der Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer für das Streitjahr dem Grunde nach zu Recht einen Veräußerungsgewinn in unstreitiger Höhe von 607.217 DM erfasst hat.
Von dem Stammkapital von 50.000 DM war dem Kläger ein Anteil von 50 v. H. als Treugeber wirtschaftlich zuzurechnen. Treuhänder war Herr ..., der auch den weiteren Geschäftsanteil an der ... hielt. Mit notariellem Vertrag vom 28. Oktober 1996 veräußerte Herr ... die Geschäftsanteile an der zu einem Kaufpreis von 1.500.000 DM, der mit einem Teilbetrag von 500.000 DM im Streitjahr und im Übrigen im Jahre 1997 fällig wurde. Die zugleich vereinbarte Abtretung der Anteile war bis zur Zahlung des Kaufpreises aufschiebend bedingt; mitveräußert wurde das Gewinnbezugsrecht ab dem 1. Januar 1996. Wegen der Einzelheiten der vertraglichen Vereinbarungen wird auf die Ablichtung des Vertrages Bezug genommen. Die Käuferin der Geschäftsanteile, die ... veräußerte mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 1996 einen Geschäftsanteil von 22.500 DM an einen dritten Erwerber, Herrn .... Auch insoweit wird wegen der Einzelheiten auf die Ablichtung des Vertrages Bezug genommen.
Nachdem zunächst am 28. Oktober 1996 der Geschäftsführer der ... GmbH, ..., unter Abberufung des Herrn ... zum alleinvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB- befreiten Geschäftsführer bestellt worden war, wurde am 4. Dezember 1996 Herr ... zum weiteren Geschäftsführer bestellt und die Alleinvertretungsberechtigung sowie die Befreiung von § 181 BGB aufgehoben. In einer Gesellschafterversammlung am 3. November 1997 berief der Treuhänder - ... - als noch alleiniger Gesellschafter der ... GmbH die Herren ... und ... mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer ab und bestellte sich selbst zum Geschäftsführer. Dieser Beschluss ist ... am 4. November 1997 zugestellt worden. Der Eingang der von den Klägern dazu vorgelegten Handelsregisteranmeldung bei dem Amtsgericht Charlottenburg ist in den Handelsregisterakten nicht feststellbar.
Schließlich vereinbarten ... und die ... GmbH mit notariellem Vertrag vom 10. November 1997, auf den wegen der Einzelheiten ebenfalls verwiesen wird eine Minderung des Kaufpreises auf 1.274.433,85 DM, den ... im Jahre 1997 vollen Umfangs bezahlte.
Den Gewinn aus der Anteilsveräußerung unterwarf der Beklagte im Streitjahr der Einkommensteuer, weil er die Auffassung vertrat, das wirtschaftliche Eigentum an dem Anteil sei mit dem Abschluss des Vertrags vom 28. Oktober 1996 auf die Erwerberin übergegangen.
Der dagegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Der Beklagte hielt in seiner Einspruchsentscheidung vom 27. September 2000 daran fest, dass der Veräußerungsgewinn bereits im Streitjahr entstanden sei. Die Erwerberin sei als wirtschaftliche Eigentümerin des Geschäftsanteils zu beurteilen, weil sie aufgrund des bürgerlich-rechtlichen Vertrags bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Anteils gerichtete Position erworben habe, die ihr gegen ihren Willen nicht mehr hätte entzogen werden können und auch die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf sie übergegangen seien. Dies genüge nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- (Urteil vom 10. März 1988 IV R 226/85, Bundessteuerblatt -BStBl- 1988 II, 832), um den Erwerber von Geschäftsanteilen abweichend von der zivilrechtlichen Lage als wirtschaftlichen Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung -AO- zu beurteilen. Insbesondere stehe dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums auch nicht entgegen, dass der Kläger vermittelt durch seinen Treuhänder bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung noch Gesellschafterbeschlüsse hätte fassen können. Dieses einzige bei ihm verbliebene wesentliche Gesellschafterrecht hätte keine ins Gewicht fallende wirtschaftliche Bedeutung gehabt, weil er sich bei Gesellschafterbeschlüssen, die den Geschäftsbetrieb oder das Vermögen der ... GmbH negativ beeinflusst hätten, der Gefahr ausgesetzt hätte, sich gegenüber der Erwerberin schadensersatzpflichtig zu machen. Dass diese Schadensersatzpflicht im Streitfall aus dem Gesetz folge und nicht wie in dem dem BFH-Urteil vom 10. März 1988 (a. a. O.) zugrunde liegenden Sachverhalt vertraglich vereinbart worden sei, rechtfertige keine andere Beurteilung. Das von den Klägern herangezogene Urteil des Finanzgerichts -FG- Münster vom 18. November 1999 (1 K 4685/96 E, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2000, 374 betreffe ebenfalls eine andere Sachverhaltskonstellation.
Mit ihrer dagegen gerich...