Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine grob fahrlässige Verletzung der grunderwerbsteuerlichen Anzeigepflicht bei Vorlage eines Grunderwerbsteuer auslösenden Einbringungsvertrags nur bei der für die Ertragsteuern zuständigen Stelle, nicht aber bei der für Grunderwerbsteuer zuständigen Stelle des Finanzamts
Leitsatz (redaktionell)
Wurde ein im Ausland abgeschlossener, für eine GmbH Grunderwerbsteuer auslösender Einbringungsvertrag zwar der für die Körperschaftsteuer zuständigen Stelle im Finanzamt zusammen mit der Körperschaftsteuererklärung vorgelegt und in der Bilanz eine Rückstellung wegen der durch die Einbringung verursachten Grunderwerbsteuer gebildet, wurde die Einbringung aber unter Verletzung der nach § 19 GrEStG bestehenden Anzeigepflicht nicht der für die Grunderwerbsteuer zuständigen Stelle des Finanzamts mitgeteilt, so liegt kein Fall einer groben Fahrlässigkeit als Voraussetzung für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist infolge leichtfertiger Steuerverkürzung vor; das gilt jedenfalls dann, wenn die mit der Erledigung der ertragsteuerlichen Angelegenheiten beauftragten steuerlichen Berater der GmbH nicht auch mit grunderwerbsteuerlichen Anzeigepflichten beauftragt worden waren und die Verantwortlichen der GmbH angesichts der in der Bilanz gebildeten Rückstellung offensichtlich davon ausgegangen sind, dass das Finanzamt ausreichend über den Einbringungsvorgang informiert sei und demnächst die Grunderwerbsteuer festsetzen werde.
Normenkette
AO § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2, §§ 38, 170 Abs. 2 S. 1; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1 S. 2
Nachgehend
Tenor
Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 28. Oktober 2004 und die Einspruchsentscheidung vom 22. Februar 2006 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf jedoch die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob zum Zeitpunkt des Ergehens des vorliegend angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides vom 28. Oktober 2004 die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war.
Mit einem in … (Schweiz) am 30. September 1996 öffentlich beurkundeten Vertrag über die Gründung der Klägerin verpflichtete sich die … GmbH sämtliche aktiven und passiven Vermögensgegenstände ihres Geschäftsbetriebes – darunter diverse Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Anwartschaften hierauf – im Wege der Sacheinlage in die Klägerin einzubringen; mit einem weiteren – ebenfalls am 30. September 1996 in … beurkundeten Vertrag -brachte die … GmbH sodann die erwähnten Vermögensgegenstände in die Klägerin ein. Eine Anzeige dieses Vorgangs beim seinerzeit zuständigen Finanzamt … unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 18 bzw. § 19 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) erfolgte nicht; allerdings reichte die Klägerin der Körperschaftsteuerstelle des Finanzamts zusammen mit dem vor ihr ausgefüllten Eröffnungsfragebogen auch eine Abschrift des erwähnten Vertrages ein; dies geschah offenbar relativ kurze Zeit nach Abschluss des erwähnten Gründungsvertrages. Eine Weiterleitung dieser Information innerhalb des Finanzamts … an die dortige Grunderwerbsteuerstelle erfolgte seinerzeit nicht. Die Klägerin hat in ihren Bilanzen zum 31. Dezember 1996 und zu den folgenden Bilanzstichtagen jeweils ordnungsgemäß eine Rückstellung für die durch die erwähnte Einbringungsverpflichtung entstandene Grunderwerbsteuer gebildet. Die Klägerin war steuerlich beraten; der Vertrag der Klägerin mit ihrem steuerlichen Berater erstreckte sich jedoch nicht auf die Erfüllung grunderwerbsteuerlicher Anzeigepflichten.
Die Grunderwerbsteuerstelle des zwischenzeitlich zuständig gewordenen Beklagten (FA) erhielt von der Verpflichtung zur Einbringung der Grundstücke erst Kenntnis durch einen entsprechenden Hinweis des Finanzamts … am 11. August 2004 im Zuge einer seinerzeit vom Finanzamt … bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung.
Das FA stellte sich daraufhin auf den Standpunkt, dass die reguläre Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) zwar bereits mit Ablauf des Jahres 2003 abgelaufen gewesen sei, dass jedoch die nicht ordnungsgemäße Anzeige des hier in Rede stehenden Erwerbsvorgangs eine leichtfertige Steuerverkürzung durch Verantwortliche der Klägerin darstelle, so dass eine Festsetzungsverjährungsfrist von 5 Jahren gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zur Anwendung komme, welche noch nicht abgelaufen sei. Demgemäss erließ das FA den Grunderwerbsteuerbescheid vom 28. Oktober 2004.
Zur Begründung der dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor: Die Festsetzungsfrist sei bei Ergehen des angefochtenen Bescheides bereits abgelaufen gewesen sei. Das Unterlassen der Anzeige durch sie, die Klägerin, sei möglicherweise leicht fahrlässig, nicht je...