Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgebende Gesetzesfassung bei Anteilsveräußerung für vor dem 1.1.1999 bestehende wesentliche Beteiligung
Leitsatz (redaktionell)
Es erscheint ernstlich zweifelhaft, ob bei Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im Jahre 1999 für den Begriff der wesentlichen Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre die im Veräußerungszeitpunkt geltende Quote von 10% auch für Zeiträume vor dem 01.01.1999 maßgeblich ist.
Normenkette
EStG 1999 § 17 Abs. 1 S. 1; EStG § 17 Abs. 1 S. 4; GG Art. 20 Abs. 3; EStR 1999 R 140 Abs. 2 S. 1
Tatbestand
I.
Der Antragsteller -Ast.- war als Gründungsgesellschafter an der im Jahre 1996 gegründeten T GmbH (im folgenden GmbH) mit einem Anteil von 24,5 % beteiligt. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. Dezember 1998 (Nummer 950 der Urkundenrolle für 1998 des Notars), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, veräußerte der Ast. einen Geschäftsanteil in Höhe von 15 %. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 12. April 1999 (Nummer 253 der Urkundenrolle für 1999 des Notars), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, veräußerte der Ast. den ihm noch verbliebenen Geschäftsanteile in Höhe von 9,5 %. Der Antragsgegner -Ag.- erfaßte im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999 vom 29.01.2001 den Gewinn aus der im Jahre 1999 erfolgten Anteilsveräußerung in Höhe von 50.000 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 11.04.2001) hat der Ast. Klage erhoben ( 7 K 2568/01 E), über die der Senat noch nicht entschieden hat. Außerdem begehrt er vorläufigen Rechtsschutz bei Gericht.
Zur Begründung trägt er vor:
Die Voraussetzungen des § 17 EStG seien nicht erfüllt, da er im Jahre 1999 weniger als 10 % Geschäftsanteile an der GmbH innegehabt habe. Diese Anteile seien auch nicht Teil einer wesentlichen Beteiligung in den letzten fünf Jahren vor der Veräußerung gewesen. Für die Jahre bis zum 1.1.1999 sei für die Frage, ob eine wesentliche Beteiligung vorgelegen habe, auf die alte Gesetzesfassung abzustellen. Die danach erforderlichen mehr als 25 % Anteile an der GmbH habe er nie besessen, weshalb zu keinem Zeitpunkt das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Beteiligung erfüllt gewesen sei.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1999 vom 29.01.2001 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung in Höhe von 25.490 DM bis einen Monat nach Bekanntgabe einer das Klageverfahren abschließenden Entscheidung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor:
Die in der Neufassung des § 17 EStG genannte Grenze von 10 % definiere auch den Begriff der wesentlichen Beteiligung für die Zeiträume bis zum 1.1.1999 neu. Der Ast. sei innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung zu 24,5 % an der GmbH und damit zu mehr als 10 % beteiligt gewesen. Die veräußerten Anteile seien daher Teil einer wesentlichen Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre gewesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist begründet.
Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 S.2 Finanzgerichtsordnung -FGO- soll ein Steuerbescheid unter anderem dann von der Vollziehung ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Soweit - wie im Streitfall- Rechtsfragen umstritten sind, sind ernstliche Zweifel anzunehmen, wenn bei summarischer Prüfung neben Umständen, die für die Rechtmäßigkeit sprechen, wichtige Punkte zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage auslösen (Beschlüsse des Bundesfinanzhofes -BFH- vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 1999, 684≪685≫ und vom 5. März 2001 IX B 90/00, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH-BFH/NV 2001,703). Eine überwiegende Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfes ist für die Aussetzung der Vollziehung nicht erforderlich (Beschluß des BFH vom 5. November 1998 VIII B 74/98, BFH/NV 1999, 468).
Bei Anwendung dieses Maßstabes bestehen im Streitfall ernstliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes, weil zweifelhaft ist, ob der Ast. Anteile veräußert hat, die zu einer wesentlichen Beteiligung im Sinne des § 17 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetztes -StEntlG-1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (Bundesgesetzblatt Teil I 1999, 402) gehörten.
Nach § 17 Absatz 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung führt der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Gemäß § 17 Absatz 1 Satz 4 dieser Vorschrift setzt eine wesentliche Beteiligung Anteilsbesitz von mindestens 10 % voraus.
Da der Ast. im Streitjahr lediglich mit 9,5 % an der GmbH beteiligt gewesen ist, wären die veräußerten Anteile nur dann steuerverstrickt, wenn sie innerhalb der letzten fünf Jahre Teil einer wesentlichen Beteiligung gewe...