Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheitsprüfung einer Testamentsvollstreckervergütung auch bei einem Steuerberater als Testamentsvollstrecker
Leitsatz (redaktionell)
1. Der vom Erblasser bestimmte Vergütungsanspruch des Testamentsvollstreckers ist mit dem über die angemessene Vergütung hinausgehenden Betrag als durch die Amtsannahme bedingtes steuerpflichtiges Vermächtnis zu behandeln.
2. Der steuerpflichtige Erwerb bestimmt sich nach der Differenz zwischen der angemessenen Nettovergütung und der zustehenden Nettovergütung.
3. Die Belastung der Testamentsvollstreckervergütung mit Einkommensteuer steht der Erbschaftsteuerfestsetzung nicht entgegen.
4. Die Grundvergütung für eine Testamentsvollstreckung durchschnittlicher Art und gewöhnlichen Umfangs konnte in den Jahren 1993-1995 der sogenannten Möhring`schen Tabelle entnommen werden.
5. Eine Verwaltungsgebühr steht dem Testamentsvollstrecker nur für die Zeit nach Erledigung aller durch die Grundgebühr abgegoltenen Tätigkeiten zu.
Normenkette
ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 20 Abs. 1; EStG § 35; BGB § 158 Abs. 1, §§ 2147, 2221
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Mit notariellem Testament vom 04.12.1992 setzte Frau X, die Erblasserin, zu ihrer alleinigen Erbin Frau E ein (II. der Urkunde). Unter III. setzte sie Vermächtnisse zugunsten ihrer Tante und ihrer Schwester aus. Unter IV. heißt es:
„Ich ordne Testamentsvollstreckung an. Zum Testamentsvollstrecker ernenne ich Herrn Steuerberater G…. Sollte dieser das Amt nicht annehmen oder später wieder wegfallen, ernenne ich zum Ersatztestamentsvollstrecker Herrn Steuerberater T, geschäftsansässig ...,….
Er hat die Aufgabe, die Vermächtnisse zu erfüllen und den Nachlass auf die Dauer von drei Jahren nach meinem Tode zu verwalten. Er ist von den Verpflichtungen, die einem Testamentsvollstrecker gesetzlich auferlegt sind, so weit als möglich befreit. Er ist berechtigt, Verpflichtungen für den Nachlass einzugehen und er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Er ist berechtigt, die Vermögenswerte des Nachlasses umzuschichten.
Der Testamentsvollstrecker erhält eine Gebühr von 3 v. Hundert des Aktivvermögens (ohne Schuldenabzug) zum Zeitpunkt des Erbfalles, und zwar jährlich, also insgesamt dreimal (= 9 v. H.).”
Die Erblasserin war Zahnärztin mit eigener Praxis. Bei Errichtung des Testaments vor dem Notar war sie schwer erkrankt. Ihre Zahnarztpraxis hatte sie verkauft; der Kaufvertrag war noch nicht vollständig abgewickelt.
Am 20.01.1993 verstarb die Erblasserin. In der Folgezeit wurde der Kläger (Kl) zum Testamentsvollstrecker (TV) bestellt und führte die Testamentsvollstreckung durch.
Im Nachlass befanden sich u. a. neben einem Grundstück, das die Erbin bereits zu Lebzeiten der Erblasserin in Besitz hatte, verschiedene Lebensversicherungen, die - zumindest zum Teil - zur Sicherheit an Gläubiger der Erblasserin abgetreten waren.
Am 08.02.1993 entzog die anwaltlich vertretene Erbin dem TV die diesem von der Erblasserin über ihren Tod hinaus erteilte Vollmacht und untersagte ihm, die Lebensversicherungen zum Nachlass zu ziehen. Ebenfalls 1993 betrieb die Erbin gegen den TV vor dem Amtsgericht…(Az. ...) ein Verfahren zu seiner Absetzung, das ebenso wie das nachfolgende Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht…(Az. ...) erfolglos blieb.
Am 10.02.1994 erstellte der Kl ein Nachlassverzeichnis mit einem Wert des Aktivvermögens von 3.555.176 DM. Darin waren Grundvermögen in Form des von der Erblasserin und der Erbin bewohnten Zweifamilienhauses von 1.000.000 DM, Forderungen von 1.967.056 DM sowie bewegliche Sachen mit einem weit gehend geschätzten Wert von 588.100 DM enthalten. Die Verbindlichkeiten betrugen 2.000.056 DM.
Nach dem 11.01.1995 gab der Kl die Erbschaftsteuererklärung ab.
1995 verklagte der Kl die Erbin vor dem Landgericht…(Az. ...) auf Zahlung der restlichen Testamentsvollstreckervergütung in Höhe von 121.163,50 DM. Mit Urteil vom 01.07.1996 wurde der Klage in Höhe von 11.806,56 DM (+ Zinsen) entsprochen, im Übrigen wurde sie abgewiesen. Aus dem Tatbestand des Urteils geht hervor, dass der Kl als Vergütung
1993 |
105.000,00 DM und |
1994 |
88.836,60 DM, |
mithin bislang 193.836,60 DM
erhalten hatte. Weiter habe die Erbin behauptet, der Kl habe sich von der im Sterben liegenden Erblasserin einen unverhältnismäßig hohen Vorteil versprechen lassen, Wenn die Erblasserin über die übliche Vergütung in Höhe von 77.880 DM aufgeklärt worden wäre, hätte sie dem Kl niemals die hohe Vergütung versprochen.
Das Landgericht vertrat in den Entscheidungsgründen die Auffassung, dass der Erblasserin schon nach dem Vortrag der Beklagten nichts über die übliche Vergütung eines Testamentsvollstreckers und die diesbezüglichen Maßstäbe der Rechtsprechung gewusst habe, so dass sie sich bei Errichtung des Testaments nicht über die Vergütung und deren Höhe geirrt habe. Weiter gehörten aber die zur Sicherheit abgetretenen Lebensversicherungen nicht zur Aktivmasse, so daß sich die ...