Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründung eines eigenständigen ertragsteuerpflichtigen Betriebs gewerblicher Art durch die Verpachtung eines Pflegeheims und durch mitunternehmerische Beteiligungen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
Leitsatz (redaktionell)
- Ein berufsständisches Versorgungswerk, das als unselbständige Einrichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts die zum Zwecke der Altersvorsorge geleisteten Beiträge auch in gewerbliche Personengesellschaften und in ein verpachtetes Pflegeheim investiert, begründet hierdurch keine eigenständigen ertragsteuerpflichtigen Betriebe gewerblicher Art, sondern unterliegt mit seiner gesamten Tätigkeit der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und des § 3 Nr. 11 GewStG.
- Diese Befreiungsvorschriften lassen unabhängig von einer möglichen Wettbewerbsbeeinträchtigung eine Differenzierung nach steuerfreien vermögensverwaltenden und steuerpflichtigen gewerblichen Kapitalanlagen der Versorgungseinrichtung nicht zu.
- Für die bei einem gesetzlichen Sozialversicherungsträger im Einzelfall gebotene Abgrenzung zwischen hoheitlicher und wirtschaftlicher Betätigung bleibt daher kein Raum.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 8; GewStG §§ 2, 3 Nr. 11
Streitjahr(e)
1999, 2001, 2002
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin, die „A-Kammer”, ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie unterhält ein – in den Streitjahren als unselbständige Einrichtung (nach Auskunft des Geschäftsführers des Versorgungswerks in der mündlichen Verhandlung soll die Einrichtung zwischenzeitlich eine „Teilrechtsfähigkeit” erlangt haben) –Versorgungswerk, das nach § 1 Abs. 3 der Satzung der Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung der Kammerangehörigen dient. Das Versorgungswerk übernimmt zu diesem Zweck die ertragbringende und sichere Vermögensanlage der von den Mitgliedern zum Zwecke der Altersvorsorge geleisteten Beiträge. Im Rahmen dieser Vermögensanlage hat das Versorgungswerk auch in gewerbliche Personengesellschaften und in ein verpachtetes Pflegeheim investiert. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die gewerbliche Verpachtung sowie die mitunternehmerische Beteiligung an Personengesellschaften unter die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG und § 3 Nr. 11 GewStG fällt.
I. Die Klägerin erwarb mit notariellem Vertrag vom 16.02.2001 zum Gesamtkaufpreis von „Betrag X” DM unter Eintritt in das Pachtverhältnis ein bereits am 04.01.2001 an die Stiftung „I” in „L-Stadt” verpachtetes, noch zu errichtendes Senioren-/Pflegeheim mit Pflegeplätzen und Altenwohnungen in „L-Stadt”. Das Pachtverhältnis war auf die Dauer von 30 Jahren (mit Option der Fortsetzung auf unbestimmte Zeit) geschlossen worden und sollte mit der betriebsfertigen Übergabe des Pachtgegenstandes beginnen. Der Verpächter war verpflichtet, das schlüsselfertige Gebäude mit einer funktionstüchtigen Erstausstattung nebst dazu gehörenden Außenanlagen und mindestens 13 Stellplätzen zu errichten und das schlüsselfertige Gebäude mit einem zum Betrieb eines Senioren-/Pflegeheimes notwendigen Inventar („löffelfertig) im Wert von ca. „Betrag Y” DM einzurichten. Wegen Einzelheiten wird auf den Pachtvertrag vom 04.01.2001 nebst seinen Anlagen, Zusatzvereinbarungen und Nachträgen Bezug genommen (s. Vertragsakte).
Der Veräußerer (ursprünglicher Verpächter) blieb gegenüber der Klägerin zur vertragsgemäßen Errichtung und Ausstattung des Objektes verpflichtet. Als Übergang von Besitz, Nutzungen und Lasten wurde der Zeitpunkt der Abnahme des schlüssel- bzw. löffelfertigen Objektes vereinbart. Ab diesem Zeitpunkt trat die Klägerin als neue Verpächterin in die Rechte und Pflichten aus dem Pachtvertrag ein. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem in der Vertragsakte befindlichen notariellen Vertrag vom 16.02.2001.
Der Beklagte sah in der Verpachtung des Pflegeheims eine die bloße Vermögensverwaltung überschreitende gewerbliche Tätigkeit, weil der Verpächter das für die Führung des Pflegeheimes erforderliche umfangreiche Inventar zu beschaffen und zu ersetzen hatte. Er behandelte die „Verpachtung Pflegeheim „L-Stadt” als nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 1 KStG steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art der Klägerin und setzte nach Weigerung der Klägerin zur Abgabe von Steuererklärungen die Gewerbesteuer-Messbeträge für die Jahre 2001 bis 2003 zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Schätzungswege fest. Nach Eingang der Steuererklärungen für die Streitjahre (2001 bis 2004) führte der Beklagte die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerveranlagungen erklärungsgemäß durch.
Die Klägerin macht mit der nach erfolglosen Einsprüchen am 4.08.2006 erhobenen Klage (Az. 6 K 3127/06 K, G, F) vorrangig geltend, dass mit der Verpachtung des Pflegeheims in „L-Stadt” kein eigenständiger Betrieb gewerblicher Art begründet worden sei. Vielmehr sei die Verpachtung des Pflegeheimes als unselbständige Kapitalanlage des Versorgungswerkes der Klägerin zu...