vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Lohnsteuernachforderung für Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich eines Betriebsfestes
Leitsatz (redaktionell)
- Die Freigrenze von 110 EUR für Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen ist im Jahr 2005 noch als sachgerecht und angemessen zu beurteilen.
- Zur Ermittlung der Höhe der auf die einzelnen Arbeitnehmer entfallenden Zuwendungen sind sämtliche Kosten, die auf die bei der Planung des Arbeitgebers vorgesehenen, aber nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfallen, aus der Durchschnittsberechnung auszuscheiden, weil es insoweit an einer Bereicherung der tatsächlich teilnehmenden Arbeitnehmer fehlt.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2; LStR 2005 R 72 Abs. 4
Streitjahr(e)
2005
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Lohnsteuernachforderung für Zuwendungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer anlässlich eines Betriebsfestes.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung – GmbH – mit Sitz in A-Stadt und gehört zum A-Konzern. Unternehmensgegenstand ist die Fertigung von Platinen und damit in Zusammenhang stehende Handelsgeschäfte. Die Produktion erfolgt in A-Stadt und B-Stadt. Die Klägerin beschäftigt rund 340 Arbeitnehmer.
Ab dem Jahr 2007 führte das Finanzamt C-Stadt eine Lohnsteuer-Außenprüfung für die Jahre 2003 bis 2006 bei der Klägerin durch. Dabei wurde festgestellt, dass die Klägerin am 2. Juli 2005 neben den jährlich abteilungsweise durchgeführten Weihnachts- bzw. Jahresabschlussessen, die mit 25 EUR pro Teilnehmer bezuschusst werden, erstmals ein Betriebsfest ausgerichtet hatte. Eine zuvor durchgeführte Umfrage hatte eine Teilnehmerzahl von 600 (Belegschaftsmitglieder und Familienangehörige) ergeben, auf deren Grundlage Angebote eingeholt und Bestellungen abgegeben worden waren. Tatsächlich hatten aber nur 348 Personen (67 Arbeitnehmer ohne Begleitung, 43 Arbeitnehmer mit einer Begleitperson – d.h. 86 Personen – und 54 Arbeitnehmer mit zwei oder mehr Begleitpersonen – d.h. 195 Personen –) an dem Betriebsfest teilgenommen (vgl. Aufstellung, Blatt 27 ff. der Gerichtsakte). Die Kosten für Zelt, Gastronomie, Kinderanimation, Live-Musik und dergleichen beliefen sich auf insgesamt 27.166,36 EUR (brutto). Die Zusammensetzung der Aufwendungen ergibt sich aus der von der Klägerin gefertigten Aufstellung (Blatt 25 der Gerichtsakte).
Die Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Auffassung, Zuwendungen des Arbeitgebers bei Betriebsveranstaltungen würden im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht und gehörten daher nicht zum Arbeitslohn, sofern es sich um herkömmliche (übliche) Veranstaltungen und bei solchen Veranstaltungen übliche Zuwendungen handele. Der Begriff der üblichen Zuwendung werde durch die Freigrenze von 110 EUR je Veranstaltung definiert (R 72 Abs. 4 der Lohnsteuerrichtlinien – LStR – 2005). Dabei würden Zuwendungen an Angehörige und andere Gäste des Arbeitnehmers dem Arbeitnehmer zugerechnet (R 72 Abs. 5 Nr. 1 LStR 2005). Bei der Ermittlung des Durchschnittsbetrags seien alle Kosten einschließlich der Aufwendungen für den äußeren Rahmen zu summieren und durch die Anzahl der Teilnehmer zu teilen. Die Ermittlung des Werts der Zuwendung für den einzelnen Arbeitnehmer in der Weise, dass der Gesamtaufwand für die Betriebsveranstaltung durch die Zahl der Veranstaltungsteilnehmer geteilt werde (sog. Durchschnittsberechnung), könne allerdings ausnahmsweise zu einem unzutreffenden Ergebnis führen, z.B. wenn Arbeitnehmer, deren Teilnahme vorgesehen gewesen sei, nicht teilgenommen hätten. In diesem Fall dürften Sachzuwendungen, die weder ihnen noch den anderen Arbeitnehmern zugewendet worden seien, nicht in die Durchschnittsbewertung einbezogen und den teilnehmenden Personen wertmäßig zugerechnet werden, selbst wenn dem Arbeitgeber dafür entsprechende Betriebsausgaben entstanden seien (Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, „Betriebsveranstaltungen” Rn. 25 und 29). Dementsprechend sei der Gesamtaufwand der Klägerin um die für 600 Personen berechnete Speisenpauschale i. H. v. 12,50 EUR (netto) pro Person zu vermindern. Der verbleibende Gesamtaufwand sei zur Durchschnittsberechnung heranzuziehen, so dass sich ein wie folgt zu ermittelnder Durchschnittsbetrag von 67,56 EUR pro Teilnehmer ergebe:
Gesamtaufwand |
|27.166,36 EUR |
Speisenpauschale |
252 nicht teilnehmende Arbeitnehmer x 12,50 EUR zzgl. 16 % |
MwSt./Person |
3.654,00 EUR |
Verbleibender Gesamtaufwand |
23.512,36 EUR |
Dividiert durch die Teilnehmerzahl (348) |
67,56 EUR |
Somit liege bei allen Teilnehmern, die mit zumindest einer Begleitperson erschienen seien, steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Insgesamt sei ein Betrag i. H. v. 18.984,36 EUR (281 Personen x 67,56 EUR/Person) nachzuversteuern. Gemäß § 40 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG – könne die Lohnsteuer...