Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkunftserzielungsabsicht bei kreditfinanzierter Sofortrente gegen Einmalbeitrag
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer kreditfinanzierten Sofortrente gegen Einmalbeitrag ist von einer Überschusserzielungsabsicht auszugehen, wenn nach den bei Vertragsabschluss absehbaren Umständen mit einem Überschuss der zu erwartenden steuerpflichtigen Renteneinnahmen (Ertragsanteile) über die insgesamt anfallenden Finanzierungskosten und sonstigen Aufwendungengerechnet werden kann.
2. Ändern sich die der Erstellung der Ergebnisprognose zugrunde liegenden Verhältnisse zu einem späteren Zeitpunkt maßgeblich, so ist eine weiterhin bestehende Einkunftserzielungsabsicht nur dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige auf die geänderten Verhältnisse durch Maßnahmen reagiert, die geeignet sind, trotz der eigetretenen Veränderung (hier: gestiegenes Wechselkursrisiko) weiterhin die Erzielung eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten zu gewährleisten.
Normenkette
EStG 1990 § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1
Gründe
Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger ist am 25. November 1954 geboren, die Klägerin am 9. Oktober 1954. Die Kläger schlossen – nachdem der Kläger zuvor von der A. ein entsprechendes Angebot eingeholt hatte, auf das verwiesen wird (Gerichtsakte Bl. 16-21) – am 15. November 1991 (Datum des Vertragsbeginns und des Versicherungsscheins) mit der in Großbritannien ansässigen B. einen sofort beginnenden Rentenversicherungsvertrag gegen Einmalbeitrag in Höhe von umgerechnet 120.000 DM ab. Der Vertrag unterliegt nach den allgemeinen Bedingungen („general conditions”) englischem Recht. Die Kläger sind in dem Versicherungsschein als Versicherungsnehmer („policyholders”), Rentenberechtigte („annuitants”) und Zahlungsempfänger („payees”) bezeichnet. Die Rentenzahlung ist garantiert für einen Zeitraum von zunächst 15 Jahren, im Anschluß daran für die Zeit bis zum Tode des erstversterbenden Rentenberechtigten und von da an bis zum Tode des längstlebenden Rentenberechtigten. Die Rente in Höhe von 4086.99 Pfund Sterling (£) ist jährlich nachschüssig (erstmals am 15. November 1992) zu zahlen. Der Einmalbeitrag wird im Falle des Todes der Rentenberechtigten nicht erstattet. Weder der Versicherungsschein noch die allgemeinen Bedingungen enthalten Regelungen zur Kündigung des Vertrags.
Die Kläger finanzierten den Einmalbeitrag, die für die Kreditvermittlung an die A. zu entrichtende Gebühr in Höhe von 4.115 DM sowie das im Rahmen der Finanzierung anfallende Disagio in Höhe von 10 % (darin enthalten: Bearbeitungsgebühr in Höhe von 4 %) durch ein Darlehen der … L.-Bank. Der Zinssatz beträgt in den ersten zehn Jahren 7,68 %; nach Ablauf dieses Zeitraums ist er neu zu vereinbaren. Zumindest bis zum Ablauf der Zinsbindungsfrist ist das Darlehen tilgungsfrei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 2./6. November 1991 Bezug genommen (Einkommensteuerakte Bl. 60-64).
Der Kläger schloß am 5. November 1991 mit der C. einen Lebensversicherungsvertrag über eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfalle, Nachversicherungsgarantie, Überschußbeteiligung und Rentenwahlrecht ab, auf den verwiesen wird (Gerichtsakte Bl. 87-100). Die Laufzeit dieses Vertrages beträgt 20 Jahre. Die Versicherungssumme beläuft sich – ohne Überschußanteile – auf 126.619 DM, die voraussichtliche Ablaufleistung nach Angaben der A. auf 137.173 DM. Der Jahresbeitrag beträgt 5.419 DM. Die Kläger traten ihre Rechte und Ansprüche aus beiden Versicherungsverträgen an die L.-Bank ab.
Die L.-Bank überwies den Darlehensbetrag am 7. November 1991 unmittelbar an die B. Die dafür anfallende Gebühr in Höhe von 157 DM war von den Klägern gesondert zu tragen.
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 1991 Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften i. S. von § 22 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 17.989 DM geltend. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus dem Disagio (13.717 DM), der Vermittlungsgebühr (4.115 DM) und der Gebühr für die Überweisung des Darlehensbetrags (157 DM).
Der Beklagte teilte den Klägern durch Schreiben vom 26. Juni 1992 mit, daß er beabsichtige, die Aufwendungen nicht als Werbungskosten anzuerkennen, weil nicht ersichtlich sei, ob sich ein Totalüberschuß der in Höhe des Ertragsanteils der Rentenzahlungen zu erfassenden Einnahmen über die Finanzierung des Einmalbetrages ergebe. Die Kläger wiesen demgegenüber mit Schreiben vom 6. Juli 1992 darauf hin, daß sich nach dem von der A. erstellten „Liquiditätsverlauf” ein Überschuß der Einnahmen in Gestalt des Ertragsanteils der Rentenzahlungen über die Aufwendungen in Höhe von ca. 85.000 DM ergeben werde. Der Beklagte hielt dagegen an seiner Auffassung fest und ließ deshalb im Einkommensteuerbescheid vom 24. September 1992 sonstige Einkünfte aus den Gründen der Anlage zum Bescheid, auf die Bezug genommen wird, unberücksichtigt.
Die Kläger legten dagege...