Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualifizierung der Leistungen zur Zusatzversorgung ehemaliger Angestellter im öffentlichen Dienst
Leitsatz (redaktionell)
Die Leistungen zur Zusatzversorgung ehemaliger öffentlicher Angestellter sind nur dann als abgekürzte Leibrenten lediglich mit dem Ertragsanteil besteuerbar, wenn die von den Arbeitgebern erhobenen Beiträge und Umlagen zuvor bereits als Arbeitslohn versteuert wurden. Wird ein Ruhegeld aus laufenden Haushaltsmitteln bezahlt, handelt es sich um Ruhegeld i. S. v. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Ruhegeldzahlungen.
Die Kläger sind Eheleute, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der 1933 geborene Kläger war in der Zeit vom ...1953 bis ...1959 Verwaltungsangestellter des Landes Niedersachsen, vom ...1959 bis ....1996 war er als Verwaltungsangestellter bei der Freien und Hansestadt Hamburg tätig. Seit dem ...1996 befindet sich der Kläger im Ruhestand. Er bezieht seitdem von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Altersrente, die im Streitjahr 1996 3.271,55 DM monatlich betrug. Daneben erhält er von der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) für seine Beschäftigungszeit in Niedersachsen eine monatliche "Versicherungsrente" in Höhe von 22,70 DM und von der Freien und Hansestadt Hamburg eine Ruhegeld nach dem Gesetz über die zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Angestellte und Arbeiter der Freien und Hansestadt Hamburg (Erstes Ruhegeldsgesetz, 1. RGG). Nach diesem Gesetz wird u. a. Arbeitnehmern der Freien und Hansestadt Hamburg, die eine bestimmte Wartezeit erfüllt haben, eine "Versorgung als Ruhegeld" gezahlt, auf die gem. § 1 Abs. 3 des 1. RGG keine Anwartschaft gewährleistet wird. Die Höhe des danach an den ehemaligen Arbeitnehmer zu zahlenden Gesamtbetrages ergibt sich aus § 10 des 1. RGG. Dort heißt es:
(1) Der Vomhundertsatz für die Berechnung des Gesamtbetrages beträgt für jedes Jahr der ruhegeldfähigen Beschäftigungszeit 1,875 vom Hundert, höchstens jedoch 75 vom Hundert. ...
...
(4) Der Gesamtbetrag ist auf den sich aus Abs. 5 ergebenden Vomhundertsatz des fiktiven Arbeitsentgelts im Sinne des Absatzes 6 begrenzt.
(5) Der in Absatz 4 genannte Vomhundertsatz beträgt für jedes Jahr der ruhegeldfähigen Beschäftigungszeit 2,294 vom Hundert, insgesamt jedoch höchstens 91,75 vom Hundert ....
(6) Das fiktive Nettoarbeitsentgelt ist dadurch zu ermitteln, dass von den ruhegeldfähigen Bezügen
1. bei einem am Tag des Beginns der Ruhegeldzahlung nicht dauernd getrennt lebenden verheirateten Versorgungsempfänger sowie bei einem Versorgungsempfänger, der an diesem Tag Anspruch auf Kindergeld oder eine entsprechende Leistung hat, der Betrag, der an diesem Tag als Lohnsteuer (ohne Kirchenlohnsteuer) nach Steuerklasse I zu zahlen wäre,
2. bei allen übrigen Versorgungsempfängern der Betrag, der an diesem Tag als Lohnsteuer (ohne Kirchenlohnsteuer) nach Steuerklasse I zu zahlen wäre,
sowie
3. die Beträge, die als Arbeitnehmeranteile an den Beiträgen zur gesetzlichen Pflegversicherung, zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsgesetz nach Maßgabe der am Tag des Beginns der Ruhegeldzahlung geltenden Beitragssätze und Beitragsbemessungsgrenzen zu zahlen wären, abgezogen werden. Lohnsteuer im Sinn des Sattes 1 Nummern 1 und 2 ist ein Dreizehntel der Jahreslohnsteuer, die sich nach der allgemeinen Jahreslohnsteuertabelle für das Zwölffache der ruhegeldfähigen Bezüge zuzüglich der Zuwendung ergibt; eine Ergänzungsabgabe (z. B. Solidaritätszuschlag) ist zu berücksichtigen. Arbeitnehmeranteil im Sinne des Satzes 1 Nummer 3 ist ein Dreizehntel der Jahresbeträge, die für das Zwölffache der ruhegeldfähigen Bezüge zuzüglich der Zuwendung zu zahlen wären, wenn die Versorgungsempfängerin oder der Versorgungsempfänger in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Arbeitsförderungsgesetz versicherungspflichtig und mit den ruhegeldfähigen Bezügen beitragspflichtig wäre. Für den Krankenversicherungsbeitrag ist der allgemeine Beitragssatz der Betriebskrankenkasse der Freien und Hansestadt Hamburg zugrunde zu legen.
...
Dementsprechend wurde mit Ruhegeldbewilligung des Personalamtes der Freien und Hansestadt Hamburg vom 22. 3. 1996 die monatliche Zahlung bei Versorgungsbeginn auf 898,78 DM festgesetzt, die sich wie folgt errechnet:
Ruhegeldfähige Bezüge 6.441,97 DM abzüglich der fiktiven Beträge für: Lohnsteuer 1.061,84 DM Solidaritätszuschlag 79,63 DM Sozialversicherungsbeiträge 1.236,51 DM Fiktives Nettoarbeitsentgelt 4.063,29 DM Begrenzter Gesamtbetrag davon (91,75%) 3.728,07 DM Berechnung der Versorgung Gesamtbetrag 3.728,07 DM abzüglich mitzählende Rente 3.013,20 DM Versorgungsbezug 714,87 DM
Der Betrag von 714,87 DM erhöhte sich um einen Ausgleichsbetrag von 183,91 DM, da sich zugunsten des Klägers eine Übergangsvorschrift des 9. Änderungsgeset...