Entscheidungsstichwort (Thema)
Isolierte Aufhebung einer Einspruchsentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
Zu einer isolierten Aufhebung einer Einspruchsentscheidung durch das Gericht kann es dann kommen, wenn der Antrag auf Aussetzung oder Ruhen des Verfahrens rechtswidrig abgelehnt worden ist oder wenn die Aussetzung oder das Ruhen des Verfahrens rechtswidrig widerrufen wurde.
Normenkette
AO § 363 Abs. 2 S. 1, Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Einkommensteuerbescheide und begehrt isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung und hilfsweise Aufhebung der Steuerbescheide.
Auf die Einkommensteuererklärungen der Klägerin, die im Wesentlichen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielte, erließen das Finanzamt Hamburg-Nord (bis einschließlich Bescheid für 1994) und danach der Beklagte, der die Verfahren insgesamt 1996 übernahm, Einkommensteuerbescheide für folgende Jahre:
Jahr |
1990 |
1991 |
1992 |
1993 |
1994 |
1995 |
1996 |
Bescheid |
30.03.92 |
14.07.93 |
05.05.94 |
15.05.95 |
02.08.96 |
05.02.97 |
28.09.98 |
Jahr |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
2001 |
2002 |
2003 |
Bescheid |
24.08.99 |
20.04.00 |
31.08.01 |
24.06.02 |
22.05.03 |
02.06.04 |
02.06.04 |
Die Bescheide ergingen zum Teil vorläufig, unter anderem die Bescheide der Jahre 1991 - 1995 und 1999 - 2003 hinsichtlich der beschränkten Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen, § 10 Abs. 3 EStG.
Am 25. Juni 1992 erließ das Finanzamt Hamburg-Nord für das Jahr 1990 einen Änderungsbescheid, in dem es dem Einspruch teilweise abhalf, soweit die Nichtanerkennung von Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gerügt worden war. Dieser Änderungsbescheid erging vorläufig im Hinblick auf die berücksichtigen Höchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen, § 10 Abs. 3 EStG.
Die Klägerin wurde bei nachfolgend angegebenen Einkünften, beschränkt abziehbaren Sonderausgaben (Sonderausg.), in denen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung enthalten sind (RV), wie folgt mit Einkommensteuer (ESt) belastet (bis 2001 in DM, ab 2002 in EUR):
Jahr |
1990 |
1991 |
1992 |
1993 |
1994 |
1995 |
1996 |
Einkünfte |
54.548 |
44.220 |
13.676 |
37.072 |
50.631 |
54.366 |
59.633 |
Sonderausg. |
13.713 |
9.291 |
5.219 |
9.364 |
13.014 |
14.151 |
16.102 |
davon RV |
5.754 |
4.148 |
1.499 |
3.526 |
5.400 |
5.687 |
6.634 |
ESt |
11.084 |
8.705 |
1.419 |
6.076 |
9.841 |
10.930 |
12.571 |
Jahr |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
2001 |
2002 |
2003 |
Einkünfte |
54.212 |
58.796 |
78.802 |
80.328 |
78.531 |
40.363 |
41.683 |
Sonderausg. |
15.530 |
16.613 |
19.549 |
20.437 |
19.271 |
10.508 |
10.920 |
davon RV |
6.395 |
6.953 |
8.548 |
9.071 |
8.623 |
4.444 |
4.252 |
ESt |
10.870 |
12.345 |
19.266 |
19.605 |
17.754 |
9.192 |
9.656 |
Die Klägerin legte jeweils Einspruch ein:
Jahr |
1990 |
1991 |
1992 |
1993 |
1994 |
1995 |
1996 |
Einspruch |
08.04.92 |
21.07.93 |
01.06.94 |
13.06.95 |
30.08.96 |
03.03.97 |
23.10.98 |
Jahr |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
2001 |
2002 |
2003 |
Einspruch |
17.09.99 |
11.05.00 |
11.09.01 |
27.06.02 |
27.05.03 |
09.06.04 |
09.06.04 |
Die Einsprüche wurden jeweils umfangreich begründet.
Die Klägerin stützte ihre Einsprüche im Wesentlichen darauf, dass die angewendeten Steuergesetze nicht rechtmäßig seien, insbesondere die nur beschränkte Abzugsfähigkeit von Vorsorgeaufwendungen, aber auch beispielsweise die Höhe des Grundfreibetrags (Streitjahre 1992, 1998 - 2003), die Streichung des Arbeitnehmer- und des Weihnachtsfreibetrags (1991 - 1995), die Nichtberücksichtigung privater Schuldzinsen (1993 - 2001), die Praxis der Besteuerung von Arbeitnehmern (1994 - 2003) sowie Diverses mehr. Ganz überwiegend benannte die Klägerin zu den aufgeworfenen Rechtsfragen gerichtliche Aktenzeichen. Sie trug vor, diese Aktenzeichen gehörten zu anhängigen Gerichtsverfahren, die mit den aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang stünden. Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Einspruchsverfahren ruhten deswegen bzw. sie beantragte das Ruhen des Verfahrens.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die einspruchsbegründenden Schreiben der Klägerin.
Für die Streitjahre 1991 - 1993 teilte das seinerzeit zuständige Finanzamt Hamburg-Nord der Klägerin mit, dass ihrem Antrag auf Ruhen entsprochen werde.
Mit Schreiben vom 10. März 1999 teilte der Beklagte der Klägerin für die Streitjahre 1990 - 1993 mit, dass die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Musterverfahren mittlerweile abgeschlossen seien und vor Erlass der Einspruchsentscheidung die Möglichkeit zur Rücknahme oder weiterer Begründung gegeben werde.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 1999 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Steuerbescheide 1990 - 1992 zurück.
Diese Einspruchsentscheidung hob der Beklagte wieder auf, nachdem die Klägerin Klage erhoben hatte (FG Hamburg Az. VII 179/99). Die Aufhebung begründete der Beklagte seinerzeit damit, dass Schreiben der Klägerin, mit denen die Einspruchsbegründungen erweitert worden waren, im internen Geschäftsgang des Beklagten die Rechtsbehelfsstelle nichterreicht hätten und demzufolge bei der Entscheidung über die Einsprüche unberücksichtigt geblieben worden waren. Das Klagverfahren endete, weil die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend fü...