Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung von Stillhaltergeschäften
Leitsatz (redaktionell)
Verluste aus Basisgeschäften dürfen – entgegen der bisherigen Auffassung des BFH – mit Stillhalterprämien verrechnet werden, wenn und soweit sie mit diesen wirtschaftlich zusammenhängen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1
Tenor
1. Die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide für 2002 vom 14. Januar 2009 und für 2003 vom 21. Januar 2009 wird ab Fälligkeit bis einen Monat nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung in Höhe eines Steuerbetrages
- für 2002 von 6.960.267 EUR und
- für 2003 von 9.085.401 EUR ausgesetzt.
2. Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2004 vom 21. Januar 2009 wird ab Fälligkeit bis einen Monat nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung in Höhe des Steuerbetrages ausgesetzt, der denjenigen übersteigt, der sich ergibt, wenn bei der Berechnung der Einkommensteuer anstelle von bisher 53.096.641 EUR ein Betrag von 0 EUR als sonstige Einkünfte angesetzt werden. Die Berechnung des Aussetzungsbetrages wird dem Finanzamt übertragen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
3. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, wie Stillhaltergeschäfte steuerlich zu behandeln sind.
1. Die Antragsteller werden beim Antragsgegner – dem Finanzamt (FA) – für die Streitjahre 2002 bis 2004 zur Einkommensteuer (ESt) zusammen veranlagt.
Der vermögende Antragsteller erzielte in den Streitjahren jenseits der streitigen Einkünfte positive Einkünfte im Wesentlichen aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer einer GmbH, aus Kapitalvermögen und selbständiger Arbeit, negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 11 Objekten und aus einer Vielzahl von Unternehmensbeteiligungen sowie dem gewerblichen Vertrieb von Kapitalanlagen.
Wegen ausstehender Steuererklärungen schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen für die Streitjahre unter Berücksichtigung der ihm aus den Steuerakten bekannten Daten und setzte die ESt jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Im August 2007 ordnete das FA die Außenprüfung u.a. der ESt für die Streitjahre an. Im Januar 2008 reichte der Antragsteller Steuererklärungen für die Streitjahre ein, die das FA erklärungsgemäß mit Änderungsbescheiden vom 25. Februar 2008 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagte. Die am gleichen Tag begonnene Außenprüfung führte zu erheblichen Mehrsteuern, die wesentlich auf der hier streitigen Besteuerung von Stillhaltergeschäften auf Terminkontrakten und Devisentermingeschäften beruhten. Das FA übernahm die Ergebnisse der Außenprüfung mit den streitgegenständlichen Änderungsbescheiden vom 14. Januar 2009 für 2002 und vom 21. Januar 2009 für 2003 und 2004. Über die Einsprüche des Antragstellers ist noch nicht entschieden. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) lehnte das FA mit Bescheid vom 8. April 2009 ab. Diesen Antrag verfolgt der Antragsteller mit Einspruch beim FA und dem verfahrensgegenständlichen Antrag an das Gericht weiter.
Bereits im Rahmen der Betriebsprüfung stellte der Antragsteller einen Antrag auf Erlass aus Billigkeitsgründen nach § 163 Abgabenordnung (AO), den das FA mit Bescheid vom 8. April 2009 ablehnte. Im hierauf eingeleiteten Einspruchsverfahren prüft das FA unter verwaltungsinterner Beteiligung des Landesamtes für Steuern bzw. der Ministerien einen derartigen Erlass. Einen Antrag auf Erlass nach § 222 AO lehnte das Zentralfinanzamt München (seit 1. August 2009 Finanzamt München, Abteilung Erhebung) mit Bescheid vom 5. Mai 2009 ab. Über den hiergegen eingelegten Einspruch ist ebenfalls noch nicht entschieden.
2. Die in ihrer rechtlichen Behandlung streitigen Stillhaltergeschäfte auf Terminkontrakte und Devisentermingeschäfte tätigte der Antragsteller über mehrere depotführende Banken. Er erhielt als Stillhalter bei Abschluss des Optionsgeschäfts Prämien für die Übernahme der Verpflichtung, am festgelegten Fälligkeitstermin bei Ausübung der Option durch den Käufer das Basisgeschäft (Lieferung bzw. Abnahme des Basiswerts zum festgelegten Preis) bzw. den entsprechenden Barausgleich in Geld durchzuführen. Nach der Art der standardisierten Optionsgeschäfte steht es dem Käufer der Option frei, zum festgelegten Termin bzw. innerhalb einer Zeitspanne die Option nicht auszuüben und damit das Basisgeschäft nicht durchzuführen. So wird er handeln, wenn der Marktpreis des Basiswerts am Termin unter dem vereinbarten Optionspreis liegt. Ist der Basiswert dagegen am Termin auf dem Markt teurer als der Optionspreis, so wird der Käufer die Option ausüben. Der Antragsteller als Stillhalter muss dann am Termin dieses für ihn ungünstige Geschäft durchführen bzw. die Differenz in Geld ausgleichen. Alternativ hierzu kann der Antragsteller bis zum Termin eine gegenläufige Option kaufen und das Geschäft glattstellen. Schließlich steht es dem Stillhalter frei, Gegengeschäfte über den Basiswert vor oder nach Eingehen der Stillhalterposition zu tätigen.
Insgesamt vereinnahmte der A...