Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung des Arbeitslohns eines in Deutschland ansässigen, für eine österreichische Fluglinie sowohl im nationalen als auch im internationalen Luftverkehr tätigen Piloten nach dem DBA Österreich 2000
Leitsatz (redaktionell)
1. Arbeitet ein in Deutschland ansässiger Pilot für eine österreichische Fluglinie, deren tatsächliche Geschäftsleitung in Östereich liegt, darf Österreich nach dem Regelungskonzept des Art. 15 DBA Österreich 2000 den Arbeitslohn insoweit, als die Tätigkeit im Rahmen von Inlandsflügen in Österreich als dem Tätigkeitsstaat ausgeübt wurde, nach Art. 15 Abs. 1 S. 2 DBA 2000 und insoweit, als der Pilot seine Tätigkeit im internationalen Luftverkehr ausgeübt hat, nach Art. 15 Abs. 5 DBA Österreich 2000 besteuern.
2. Deutschland hat in diesem Fall (siehe unter 1.) für den gesamten Arbeitslohn ein Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 1 S. 1 DBA Österreich 2000, wobei es für den auf Tätigkeiten im internationalen Flugverkehr entfallenden Arbeitslohn nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst.ee DBA-Österreich die Anrechnungsmethode und für den auf Tätigkeiten im österreichischen Inlandsflugverkehr entfallenden Arbeitslohn nach Art. 23 Abs. 1 Buchst. a S. 1 und 2 DBA Österreich 2000 die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt anzuwenden hat. Der Arbeitslohn ist insoweit nach dem Verhältnis der reinen Flugzeiten der inländischen Flüge (innerhalb Österreichs) bzw. der internationalen Flüge aufzuteilen; Tätigkeiten wie z. B. An- und Abfahrt, Briefing, Übernachtungen, Abschlussarbeiten nach Landung, Bodenzeiten oder Wartezeiten sind der jeweiligen Flugtätigkeit zuzurechnen, in deren Zusammenhang diese erfolgen.
3. Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee DBA Österreich 2000 kann nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die Anrechnungsmethode auf Vergütungen für Tätigkeiten im internationalen Flugverkehr nur insoweit anzuwenden ist, als das Besteuerungsrecht eines Staates allein aus Art. 15 Abs. 5 DBA Österreich 2000 und nicht auch aus einer anderen Regelung (im Urteilsfall: Art. 15 Abs. 1 S. 2 DBA 2000 für den inländischen „österreichischen” Anteil an einem internationalen Flug) hergeleitet werden kann.
Normenkette
DBA-Österreich 2000 Art. 15 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 5, Art. 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ee, Buchst. a Sätze 1-2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob ausländische Einkünfte des Klägers dem Progressionsvorbehalt unterliegen oder ob das Anrechnungsverfahren anzuwenden ist.
Der Kläger hatte im Streitjahr 2008 seinen Wohnsitz in der Nähe von A.. Er war für eine in Österreich ansässige Fluglinie (…) als Flugzeugführer nichtselbstständig tätig. Seine Bruttobezüge i.H.v. … EUR aus dieser Tätigkeit wurden im Streitjahr in Österreich der Besteuerung unterworfen.
Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr aus seiner Tätigkeit in Österreich einen steuerfreien Arbeitslohn i.H.v. … EUR. Demgegenüber behandelte der Beklagte (Finanzamt) im Einkommensteuerbescheid vom 1. Juni 2010 die Bruttobezüge in vollem Umfang als steuerpflichtig und setzte die Einkommensteuer unter Ansatz von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v. … EUR mit … EUR unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch begehrte der Kläger die Anwendung der Freistellungsmethode auf seine Einkünfte als Flugzeugführer. Nach einem Aktenvermerk der Rechtsbehelfstellenbearbeiterin vom 17. Mai 2011 erhielt diese vom Arbeitgeber des Klägers zunächst die Auskunft, dass der Kläger im internationalen Luftverkehr tätig sei. Nachdem der Kläger im Laufe des Klageverfahrens im Zuge der Beantwortung einer Aufklärungsanordnung weitere Unterlagen vorgelegt hatte, stellte sich heraus, dass der Kläger auch im nationalen (österreichischen) Flugverkehr eingesetzt wurde.
Im Laufe des Einspruchsverfahrens erging am 19. Juli 2011 ein Änderungsbescheid, wobei die Einkommensteuer 2008 nun unter Berücksichtigung von geleisteter ausländischer Steuer i.H.v. …EUR mit … EUR festgesetzt wurde. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen. Mit Einspruchsentscheidung vom 22. August 2011 wurde der Einspruch des Klägers als unbegründet zurückgewiesen.
Der Kläger macht mit seiner hiergegen erhobenen Klage geltend, dass auf seine Tätigkeit als Flugzeugführer die Freistellungsmethode gemäß Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Buchstabe a Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich (DBA Österreich) anzuwenden sei und seine Einkünfte lediglich dem Progressionsvorbehalt unterfielen.
Die Anwendung von Art. 15 Abs. 5 DBA Österreich führe zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen, namentlich einer Doppelbesteuerung mit finanziellen Nachteilen in Höhe von mehreren tausend Euro pro Jahr gegenüber Arbeitnehmern anderer Berufsgruppen. Es führe auch gleichzeitig zu einer diskriminierenden Wirkung in Abhängigkei...