rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung. Richtsatzsammlung. Einkommensteuer 1999. Umsatzsteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
Zweifel an der Richtigkeit von Steuererklärungen und diesen zu Grunde liegenden Aufzeichnungen i.S. der §§ 158, 162 AO werden dadurch begründet, dass der erklärte Rohgewinnaufschlagsatz erheblich von der Richtsatzsammlung abweicht, dem Steuerpflichtigen außerdem – die Richtigkeit seiner Angaben unterstellt – keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verbleiben und er sich weigert, Erläuterungen hierzu abzugeben.
Normenkette
AO §§ 158, 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer vom Beklagten (das Finanzamt – FA –) vorgenommenen Schätzung.
I.
Die Klägerin (Klin) erzielte im Streitjahr aus dem Betrieb der Schank- und Speisewirtschaft „…” Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Nachdem die Klin ihrer Verpflichtung zur Abgabe der Einkommensteuer(ESt)- und Umsatzsteuer(USt)-Erklärung 1999 nicht nachkam, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen. Zur ESt-Veranlagung ging das FA von einem Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 20.000 DM aus. Für Zwecke der USt-Festsetzung legte das FA einen Umsatz in Höhe von 110.000 DM (16 %) sowie abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von 10.000 DM zugrunde. Die USt wurde auf 7.600 DM festgesetzt. Gegen die insoweit am 10. Mai 2001 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheide legte die Klin nach Aktenlage fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung legte sie die ESt-Erklärung vor, in der ein Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 27.082 DM ausgewiesen war. Der nachfolgenden Aufforderung des FA die noch ausstehende USt-Erklärung und die Gewinnermittlung vorzulegen, kam die Klin nicht nach. Mit Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2002 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung in beiden Bescheiden auf.
Hiergegen richtet sich die nach Aktenlage fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung bezieht sich die Klin auf die inzwischen dem FA vorgelegte USt-Erklärung und Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Die eingereichte USt-Erklärung weist Umsätze zu 16 % in Höhe von 100.710 DM und Vorsteuerbeträge in Höhe von 12.843,67 DM aus.
Die Klin beantragt,
die Bescheide über ESt 1999 und USt 1999 jeweils vom 10. Mai 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2002 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt es aus, dass die eingereichte Gewinnermittlung keine Änderung der bisherigen Steuerfestsetzung rechtfertige, da der sich hieraus ergebende Rohaufschlag von 56 % nicht durch Offenlegung der Kalkulationsgrundlagen detailliert begründet worden sei. Des Weiteren seien bei den Positionen Miete/Pacht, Telefon, Strom, Gas, Müll, Lebensmittel und Getränke die Privatanteile klärungsbedürftig. Ferner sei die Position Steuern unklar. Schließlich müsse die Klin darlegen, aus welchen Mitteln sie sowohl den geltend gemachten Verlust aus Gewerbebetrieb als auch ihren Lebensunterhalt finanziert habe. Hinsichtlich der USt fehle eine Ausweisung der Privatanteile und bei den Positionen Miete/Pacht und Lebensmittel/Getränke eine Aufteilung nach steuerfreien/steuerpflichtigen Leistungsbezügen sowie solchen mit ermäßigtem bzw. vollem Steuersatz.
Mit Schreiben vom 22. April 2002 und vom 05. April 2004 sowie mit nach § 79 b Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ergangener Aufklärungsanordnung vom 29. Juli 2004 wurde die Klin aufgefordert, bis 31. August 2004 die vom FA angeforderten Angaben zu machen und entsprechende Beweismittel vorzulegen. Hierauf reagierte sie nicht.
Der Senat hat die Entscheidung gemäß § 6 Abs. 1 FGO durch Beschluss vom 16. September 2004 auf den Einzelrichter übertragen.
Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung, der dort vorgelegten Unterlagen und der dort gestellten Anträge wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Soweit das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln kann, hat es sie zu schätzen (§ 162 Abs. 1 Satz 1 AO). Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag (§ 162 Abs. 2 Satz 1 AO), wenn er Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nicht nach § 158 AO der Besteuerung zugrunde gelegt werden (§ 162 Abs. 2 Satz 2 AO). Letztere sind der Besteuerung nur zugrunde zu legen, soweit kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden. Im finanzgerichtlichen Verfahren stehen diese Schätzungsbefugnisse auch dem Gericht zu (§ 96 Abs. 1 S. 1 FGO).
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 24. November 1993 X R 12/89, BFH/NV 1994, 766) können Zweifel an der Richtigkeit von Steuererklärungen und diesen zu Grun...