Entscheidungsstichwort (Thema)
Währungsumrechnung bei der Anrechnung von Familienleistungen aus EU-, EWR-Staaten oder der Schweiz
Leitsatz (redaktionell)
Im Rahmen der Berechnung des Differenzkindergelds sind Schweizer Familienleistungen nach dem Umrechnungskurs umzurechnen, der im Zeitpunkt der abschließenden Festsetzung des Kindergeldanspruchs durch die Familienkasse gegolten hat. Die insoweit in Art. 107 der VO (EWG) Nr. 574/72 enthaltene planwidrige Regelungslücke kann nicht durch entsprechende Anwendung von § 32 Abs. 4 Satz 10 EStG, sondern nur dadurch geschlossen werden, dass der Anwendungsbereich von Art. 107 Abs. 1 der VO (EWG) 574/72 entsprechend ausgedehnt wird.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 10, § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EWGV 1408/71; EWGV 574/72 Art. 10 Abs. 1 Buchst. a, Art. 107 Abs. 1, 6
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin (Klin) ist die Mutter des am …2005 geborenen A. Mit Formblattschreiben vom 03.08.2007 beantragte die Klin Kindergeld für A. Nach der von der Klin vorgelegten Bescheinigung E 411 übte der Kindsvater ab 01.07.2007 eine berufliche Tätigkeit in der Schweiz aus und hatte seither einen Anspruch auf Familienleistungen für Familienangehörige. Die gesamte Familie hat ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland.
Mit Bescheid vom 13.12.2007 bewilligte die Beklagte (die Familienkasse – FK –) ab Juli 2007 vorläufig Differenzkindergeld in Höhe von 51,39 EUR. Insoweit rechnete es die schweizerischen Familienleistungen in Höhe von 102,61 EUR (170 CHF; Umrechnungskurs 1,65676) an. Nachdem der Kindsvater mitgeteilt hatte, dass die Kantonsverwaltung St. Gallen die Kinderzulage ab 01.01.2008 auf 200 CHF angehoben hat, erließ die FK unter dem 19.05.2008 einen Änderungsbescheid und reduzierte das Differenzkindergeld ab Juni 2008 auf 30,57 EUR. Insoweit rechnete es die schweizerischen Familienleistungen in Höhe von 123,43 EUR (200 CHF; Umrechnungskurs 1,62032) an. Mit weiterem und nunmehr abschließend entscheidendem Änderungsbescheid vom 23.01.2009 reduzierte die FK das Differenzkindergeld für den Zeitraum Juli 2007 bis Dezember 2007 auf monatlich 42,11 EUR und für den Zeitraum Januar 2008 bis Dezember 2008 auf 22,37 EUR und forderte den überzahlten Betrag in Höhe von 154,08 EUR von der Klin zurück. Dabei ging es von folgender Berechnung aus:
|
Juli 2007 – Dez. 2007 |
Jan. 2008 – Dez. 2008 |
Schweizer Familienleistung |
170 CHF |
200 CHF |
Umrechnungskurs für das 1. Quartal 2009: 1,5194 |
111,89 EUR |
131,63 EUR |
Deutsches Kindergeld |
154,00 EUR |
154,00 EUR |
Unterschiedsbetrag |
42,11 EUR |
22,37 EUR |
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Rückforderung |
6 × 9,28 EUR = 55,68 EUR |
12 × 8,20 EUR = 98,40 EUR |
Den zugrunde gelegten Wechselkurs entnahm die FK den von der Bundesagentur für Arbeit vierteljährlich festgestellten Währungsumrechnungskursen und ging insoweit von dem für das 1. Kalendervierteljahr 2009 mitgeteilten Kurs aus. Zudem erließ die FK am 23.01.2009 einen weiteren Bescheid, mit dem es das Differenzkindergeld ab Januar 2009 vorläufig auf 32,37 EUR festsetzte.
Den gegen den Bescheid für 2007 und 2008 gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 03.06.2009 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, dass entsprechend § 32 Abs. 4 Satz 10 Einkommensteuergesetz (EStG) die Umrechnung nach dem Kurs zu erfolgen habe, der am Tag der Zahlung des Kindergelds gegolten habe. Zudem sei die FK nicht befugt gewesen, die Bescheide mit einem Vorläufigkeitsvermerk zu versehen. Die Höhe des deutschen unddes schweizerischen Kindergelds sei über Monate und Jahre konstant geblieben. Es seider Klin nicht zuzumuten, dass sie über die gezahlten Beträge nicht frei verfügen könne,weil sie immer mit einer Rückzahlung rechnen müsse.
Die Klin beantragt sinngemäß,
den Änderungsbescheid vom 23.01.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.06.2009 dahingehend zu ändern, dass die Höhe des Differenzkindergelds nach demim Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung geltenden Währungsumrechnungskurs bestimmt wirdund der Bescheid für endgültig erklärt wird.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen darauf, dass nach der gebotenen analogen Anwendung des Art. 107 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 (DVO) die Umrechnung nach dem Umrechnungskurs vorzunehmen sei, der in dem Zeitpunkt gegoltenhabe, zu dem die FK den Kindergeldanspruch abschließend festgesetzt habe. Art. 107 Abs. 6 DVO finde hingegen weder unmittelbare noch analoge Anwendung.
…
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Die Klage ist insoweit unbegründet, als die Klin eine endgültige Festsetzung des Kindergeldes begehrt.
Hinsichtlich der Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Ju...