Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen auch bei geringfügiger Abweichung in der tatsächlichen Durchführung anzuerkennen
Leitsatz (redaktionell)
1) Aus dem Umstand, dass ein Vermögensübergeber über einen längeren Zeitraum hinweg von seinem Recht, eine Anpassung der Rente zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht hat, lässt sich noch nicht folgern, der Übergabevertrag sei nicht wie vereinbart durchgeführt worden (Abweichung von FG Münster, Beschl. v. 18.1.1999 - 11 V 8435/98 und FG Münster, Urt. v. 24.10.2000 - 15 K 4934/00, Nichtzulassungsbeschw. eingelegt).
2) Die Nichtbeachtung einer vereinbarten Wertsicherungsklausel ist für die Anerkennung der dauernden Last auch dann unschädlich, wenn sich die Rente bei Befolgung der Wertsicherungsklausel mehr als verdoppelt hätte.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1, 1 Nrn. 1, 1a; ZPO § 323
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Bedeutung der Nichtbeachtung einer Wertsicherungsklausel für die Abzugsfähigkeit von Versorgungsleistungen nach Übergabe eines Betriebes als dauernde Last.
Die Kläger (Kl.) sind Eheleute, die im Streitjahr 1997 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wurden. Der Kl. erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dem Betrieb des Lesezirkels im Streitjahr i. H. v. 101.164 DM, den er am 15.01.1974 von seiner Mutter übernommen hatte.
In dem privatschriftlichen Übertragungsvertrag vom 15.01.1974 übertrug die Mutter des Kl., Frau H, mit Wirkung vom 01.01.1974 den -Lesezirkel auf ihren Sohn. Da der Betrieb bereits seit dem 01.01.1968 an den Kl. verpachtet gewesen war, bestand der Betrieb im wesentlichen aus der Kundschaft sowie dem Firmennamen.
Als Gegenleistung für die Übertragung wurde unter Ziff. 3 vereinbart, daß der Kl. seiner Mutter eine monatliche Rente i. H. v. 300 DM zahlt. Wörtlich heißt es weiter:
„Diese Rente wird den jeweiligen Lebenshaltungskosten in der Weise angepaßt, daß sie im gleichen Umfang steigt wie die Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Die Rente steht H und ihrem Ehemann als Gesamtberechtigten zu, so daß sie im Fall des Todes eines Ehegatten an den anderen Ehegatten weiter zu leisten ist. Die Parteien behalten sich alle Rechte aus § 323 ZPO vor.”
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 15.01.1974 Bezug genommen (ESt-Akte, Vorgänge 1997).
Die vom Kl. an die Mutter gezahlte Rente wurde seit 1974 als dauernde Last bei den jeweiligen Veranlagungen der Vorjahre berücksichtigt. Die Steuerakten des Jahres der erstmaligen Anerkennung und bis zum Jahr 1984 sind nicht mehr vorhanden. Nach Angaben des Kl. betrug der Gewinn im Jahr 1973 25.178 DM und 1974, dem Jahr der Übergabe, 35.712 DM.
Die Kl. machten in ihrer Steuererklärung 1997 wegen der Zahlung an die Mutter des Kl. eine dauernde Last i. H. v. 3.600 DM geltend. Die Zahlung der monatlichen Rente wurde von der Mutter des Kl. bestätigt.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) lehnte mit Bescheid vom 09.04.1999 die Berücksichtigung der dauernden Last ab. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 29.11.1999 wird Bezug genommen.
Mit der dagegen erhobenen Klage tragen die Kl. vor, bei der ursprünglichen Wertermittlung für das übertragene Vermögen und für den kapitalisierten Wert der Rente sei die Wertsicherungsklausel nicht berücksichtigt worden.
Das FA verkenne, daß es sich bei der Anpassung nicht um einen automatischen Vorgang handele, sondern daß die Anpassung jeweils durch den Berechtigten geltend gemacht werden müsse. Es sei üblich, daß auch zwischen Fremden derartige Anpassungen nicht vorgenommen werden. Der Vertrag werde seit 23 Jahren in dieser Weise durchgeführt.
Wenn eine Leistung dem Grund nach als Versorgungsrente zu beurteilen sei, mit der Folge der Anerkennung der Abzugsfähigkeit von Versorgungsleistungen als dauernde Last, könne die bloße Nichtanpassung an die Sozialversicherungsrenten nicht die Abzugsfähigkeit entfallen lassen.
Im übrigen sei zweifelhaft, ob die Wertsicherungsklausel überhaupt wirksam sei, denn eine Genehmigung durch die Landeszentralbank sei nicht erfolgt und ein entsprechender Vorbehalt sei im Vertrag für den Fall der Nichtgenehmigung unterblieben. Es sei auch zweifelhaft, ob die Klausel, wie sie im Streitfall formuliert sei, genehmigungsfähig gewesen wäre, da lediglich eine Steigerung vorgesehen sei, nicht aber eine Minderung bei entsprechendem Sinken der Renten der gesetzlichen Sozialversicherung.
Schließlich führen die Kl. aus, die Handhabung sei sowohl bei einer im Jahre 1983 als auch bei einer 1986 durchgeführten Betriebsprüfung ohne Beanstandung geblieben. Daß insoweit kein Prüfungsbedarf mehr bestanden habe, ergebe sich auch daraus, daß das FA selbst nicht mehr über die Steuerakten des Jahres der Betriebsübergabe verfüge.
Die Kl. beantragen,
die Zahlung der Kl. an die Mutter des Kl. in Höhe von 3.600 DM als dauernde Last zu berücksichtigen.
Das FA beantragt,
- die Klage abzuweisen und für den Fall der Stattgabe der Klage...