Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Entstehung des Auflösungsverlustes
Leitsatz (redaktionell)
Der Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entsteht in Fällen, in denen die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen einer Kapitalgesellschaft mangels Masse abgelehnt wird, grundsätzlich im Zeitpunkt der diesbezüglichen Beschlussfassung des Amtsgerichts. Ungewissheiten über die Höhe einzelner Belastungspositionen stehen der Verlustentstehung nicht entgegen. Nachträgliche Änderungen einzelner Positionen können als rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO im Verlustentstehungsjahr berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 17 Abs. 2, 4; AO §§ 175, 175 Abs. 1, 1 Nr. 2; KO §§ 72, 107; EStG § 17
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung eines Verlustes aus einer wesentlichen Beteiligung gemäß § 17 EStG.
Die Kläger wurden im Streitjahr 1999 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war zu 30 % (15.000 DM) am Stammkapital der 1996 gegründeten Firma X.XX. GmbH …l (im Folgenden: GmbH) beteiligt. Das Stammkapital der GmbH wurde am 08.01.1997 eingezahlt. Mit Verträgen vom 23.01.1998 und 20.02.1998 übernahm der Kläger gemeinsam mit dem weiteren Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft gegenüber der Volksbank E. eine gesamtschuldnerische Bürgschaft in Höhe von insgesamt 400.000 DM. Am 18.09.1998 stellte der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einen Antrag auf Konkurseröffnung, der vom Amtsgericht I. mit Beschluss vom 20.11.1998 mangels Masse abgelehnt wurde.
Auf Grund eines am 30.04.1999 abgeschlossenen Vergleiches wurde die Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft auf 60.000 DM beschränkt. Die Zahlung erfolgte in zwei Raten am 07.05.1999 und am 03.08.1999. In seiner Einkommensteuererklärung für 1999 machte der Kläger einen Verlust aus der Beteiligung an der GmbH wie folgt geltend:
Anteil am Stammkapital |
15.000,00 DM |
Bürgschaftsverpflichtung Volksbank E. |
60.000,00 DM |
darlehnsweise zur Verfügung gestellter Bruttolohn 8/1998 |
9.705,88 DM |
Steuerberatungskosten |
1.049,80 DM |
Rechtsanwaltskosten |
5.796,11 DM |
Aufwendungen im Zusammenhang mit der Abwicklung der GmbH |
8.525,24 DM |
Summe |
100.077,03 DM |
Der Beklagte berücksichtigte den geltend gemachten Verlust bei der Einkommensteuerveranlagung 1999 nicht. Er erließ jedoch für das Jahr 1998 einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem er einen Verlust in Höhe von 91.552,00 DM anerkannte. Die im Zusammenhang mit der Abwicklung angefallenen Kosten i. H. v. 8.525,24 DM berücksichtigte er nicht.
Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 10.05.2000 Einspruch ein, der jedoch erfolglos blieb. Auf die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 02.11.2000 wird Bezug genommen.
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Anerkennung des geltend gemachten Verlustes im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1999.
Sie sind der Auffassung, dass als Zeitpunkt der Auflösung im Sinne des § 17 Abs. 4 EStG derjenige Veranlagungszeitraum anzusehen sei, in welchem der Auflösungsverlust oder Gewinn nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung realisiert sei. Danach sei der Verlust in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem das auf die wesentliche Beteiligung entfallende Gesellschaftsvermögen verteilt werde. Zwar könne der Auflösungsverlust schon in einem früheren Jahr zu erfassen sein, wenn mit einer wesentlichen Änderung nicht mehr zu rechnen sei. Hier habe im Jahr 1998 der Auflösungsverlust noch nicht festgestanden, da noch Unabwägbarkeiten bezüglich des Verbleibens von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens und des Warenbestandes bestanden hätten. Folglich hätten sich im Jahr 1999 nicht nur geringfügige Änderungen ergeben. Insbesondere habe die Höhe der Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft im Jahr 1998 noch nicht festgestanden. Der Vergleich mit der Volksbank E. sei erst am 30.04.1999 abgeschlossen worden. Darüber hinaus habe der Kläger in 1998 Kosten in Höhe von insgesamt 8.525,24 DM für die GmbH übernommen, durch die die baldmöglichste Abwicklung der Gesellschaft habe gewährleistet werden sollen. Bei den Kosten habe es sich um Aufwendungen gehandelt, die im Zusammenhang mit der Veräußerung des noch vorhandenen Warenbestandes entstanden seien (Speditionskosten, Telefonkosten, Lagerkosten). Eine Erstattung dieser Beträge durch die GmbH sei nicht erfolgt. Folglich habe der Kläger der GmbH die Beträge in der Krise darlehnsweise zur Verfügung gestellt. Auch diese Kosten seien als nachträgliche Anschaffungskosten bei der Berechnung des Verlustes aus § 17 EStG zu berücksichtigen.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 02.11.2000 den Einkommensteuerbescheid 1999 vom 10.05.2000 dahingehend abzuändern, dass ein Verlust gemäß § 17 EStG in Höhe von 100.078 DM berücksichtigt wird,
die Hinzuziehung eines Beistandes für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
für den Fall des Unterliegens oder Teilunterliegens die Revision beim BundesfinanzI. zuzulassen.
Der Beklagte be...