Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterscheidung zwischen nichtsteuerbarer Personalbeistellung und steuerbarer Personalgestellung nach den Abgrenzungskriterien für Werklieferungen - Keine Umsatzsteuerfreiheit gemäß § 4 Nr. 16c UStG bei tatsächlich fehlender Aufsicht durch einen Arzt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Personalüberlassung durch den Besteller an einen Unternehmer zur Erbringung einer sonstigen Leistung an den Auftraggeber als nichtsteuerbare Personalbeistellung anzusehen ist, richtet sich nach den für Werklieferungen entwickelten Rechtsprechungsgrundsätzen zur Abgrenzung zwischen nichtsteuerbarer Arbeitskräftebeistellung und steuerpflichtigem Leistungsaustausch.
2. Die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 16c UStG setzt voraus, dass Überwachungsmaßnahmen durch einen Arzt tatsächlich stattfinden.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 4, 12, 12 S. 2, § 4 Nrn. 15b, 15c, § 10 Abs. 2, 2 S. 2, § 1 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine nichtsteuerbare Personalbeistellung zur Ausführung sonstiger Leistungen vorliegt und ob die Klägerin (Klin.) mit medizinischen Laboruntersuchungen steuerfreie Leistungen im Sinn des § 4 Nr. 16 c Umsatzsteuergesetz (UStG) erbringt.
Die Klägerin (Klin.) betreibt ein Unternehmen u.a. zur Bereitstellung von Diensten und von Einrichtungen und Geräten zur Durchführung von laborchemischen und laborphysikalischen Untersuchungen einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden organisatorischen und wirtschaftlichen Beratung (§ 2 des Gesellschaftsvertrages vom 14.07.1988). Alleiniger Gesellschafter der Klin. ist der Arzt für Laboratoriumsmedizin Dr. J T (J.T.). Nach den Feststellungen einer Betriebsprüfung (Bericht des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 25.06.1997 Tz. 9 und Tz. 10) war die Klin. auf folgenden Gebieten tätig: Laboruntersuchungen im Auftrag von Betriebsärzten, Heilpraktikern und Kliniken; bakteriologische Lebensmitteluntersuchungen; zur Verfügung Stellung von Räumen, Laborgeräten und anderen Diensten an Laborgemeinschaften (LG); organisations- und betriebswirtschaftliche Beratung der Laborpraxen des J.T. und der LG; Fahrdienste für die Laborpraxen des J.T. und der LG. Circa 60 % des Gesamtumsatzes der Klin. entfiel auf Laboruntersuchungen für verschiedene, in den Geschäftsräumen der Klin. ansässige LG, zu denen sich praktische Ärzte in Form von Gesellschaften bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen hatten. Jedes Mitglied einer LG rechnete gegenüber seinen Patienten bzw. deren Versicherung die von der Klin. erbrachten Laboruntersuchungen als eigene Leistung ab. Grundlage für die Leistungen der Klin. an die LG waren mit der LG X (X.) bzw. der LG C (C.) abgeschlossene Mietverträge über die Vermietung von Arbeitsräumen zur Durchführung von laborchemischen Untersuchungen bzw. über die dazu erforderlichen Geräte von 1989 nebst Ergänzungsvertrag ebenfalls von 1989. Darin übernahm der J.T. gegen gesondertes Entgelt die ärztliche Leitung der LG und die ärztliche Aufsicht über die LG und verpflichtete sich, die Weisungen jedes Mitglieds der LG betreffend die Durchführung seiner konkreten Laboratoriumsuntersuchungen zu beachten, wichtige Zusatzinformationen zum Analyseergebnis kurzfristig an das Mitglied zu übermitteln und Rückfragen des Mitglieds zum Analyseergebnis zu beantworten. Ausdrücklich unberührt blieben hiervon die Aufgaben des Mitgliedes der LG gemäß Nr. 2.2 bzw. Nr. 2.3 der Richtlinien für die Durchführung von Laboratoriumsuntersuchungen der kassenärztlichen/vertragsärztlichen Versorgung (Fassung 01.10.1997), die Analysen selber durchzuführen und selber zu beurteilen. Bis zum 31.10.1990 führten von der Klin. beschäftigte medizinisch-technische Assistenten die Laboruntersuchungen durch. Mit Wirkung vom 01.11.1990 verließen mehrere Mitarbeiter die Klin. und wurden von der LG X. bzw. der LG C. als Arbeitnehmer eingestellt. Hintergrund dieser Maßnahme war die in 1990 geltende Fassung der Labor-Richtlinien der Kassenärztlichen Vereinigung, wonach die an einer LG beteiligten Ärzte Arbeitgeber der nicht-ärztlichen Mitarbeiter sein und das aus der Beschäftigung von nichtärztlichem Personal herrührende Risiko tragen mussten. Für die ab 01.11.1990 bei der LG X. bzw. der LG C. beschäftigten Mitarbeiter ergaben sich insoweit keine Änderungen, als nach Nr. 2 des schriftlichen Ergänzungsvertrages zwischen der Klin. und der LG C. vom 01.10.1990 bzw. einer gleich lautenden mündlichen Vereinbarung zwischen der Klin. und der LG X. weiterhin die Klin. die mit der Personalverwaltung zusammenhängenden laufenden Dispositionen tätigte; nach Nr. 1 des Vertrages oblag – bei Zustimmungsvorbehalt der LG – die Auswahl des neu einzustellenden Personals der Klin. und in Nr. 3 des Vertrages verpflichtete sich die Klin. grundsätzlich, im Falle der Auflösung der LG d...