Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1996
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die geltend gemachten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in vollem Umfang als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Der Kläger ist von Beruf Dipl.-Betriebswirt (FH). Er wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 1996 war der Kläger arbeitslos. Er war in diesem Jahr intensiv um die Erlangung eines neuen Beschäftigungsverhältnisses als angestellter Betriebswirt bemüht. Der Kläger nutzte im Streitjahr 1996 ein Arbeitszimmer, dessen Aufwendungen er zuzüglich einer Mietabfindung für ein vorhergehendes Arbeitszimmer als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machte. Seine diesbezüglichen Aufwendungen seien unbeschränkt abziehbar, da seine berufliche Tätigkeit zu über 94% im Arbeitszimmer stattgefunden habe. Dies zeige folgende Übersicht:
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Zeitbedarf (Std.) |
% |
1. Im Arbeitszimmer: |
320,75 |
94,41 |
nämlich |
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75 Bewerbungsschreiben mit je 4 Std. durchschnittlich |
300,00 |
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37 Schreiben an das Arbeitsamt oder in anderen Stellensuchangelegenheiten je durchschnittlich 0,5 Std. Zeitbedarf |
18,50 |
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diverse Telefonate in Stellensuchangelegenheiten je 0,25 Std. |
2,25 |
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2. Außerhalb des Arbeitszimmers: |
19,00 |
5,59 |
nämlich |
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5 erste Vorstellungsgespräche inkl. Hin- und Rückfahrt je 2 Std. |
10,00 |
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1 zweites Vorstellungsgespräch inkl. Hin- und Rückfahrt je 3 Std. |
3,00 |
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höchstens 2 Besuche beim Arbeitsamt je 3 Std., da alles schriftlich über … abgewickelt worden sei |
6,00 |
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Portokauf und Briefkasteneinwürfe seien im Rahmen der sowieso stattfindenden privaten Einkaufsfahrten erfolgt. |
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3. Gesamte (vor-)berufliche Tätigkeit: |
339,75 |
100,00 |
Nachdem das beklagte Finanzamt die geltend gemachten Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zunächst nicht anerkannt hatte, berücksichtigte es diese Aufwendungen in der Einspruchsentscheidung vom 23.11.1998 nunmehr mit 2.400 DM. Begründet ist die Einspruchsentscheidung insoweit im wesentlichen wie folgt:
Werbungskosten seien nach § 9 Abs. 1 EStG alle Aufwendungen zur Erzielung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehörten hierzu alle Aufwendungen, die durch den Beruf veranlaßt seien. Eine berufliche Veranlassung setze voraus, daß objektiv ein Zusammenhang mit dem Beruf bestehe und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht würden, Aufwendungen verlören ihren Charakter als Werbungskosten nicht, wenn nur vorübergehend keine Einnahmen erzielt würden, so z. B. bei vorübergehender Arbeitslosigkeit. Die Aufwendungen würden in derartigen Fällen im Hinblick auf erstrebte künftige Einnahmen aufgewendet. Für die Anerkennung derartiger Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten sei allerdings erforderlich, daß die Ausgaben in einem hinreichend klaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der in Aussicht genommenen Einkunftserzielung stünden. Vorab entstandene Werbungskosten könnten auch Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sein. Durch das Jahressteuergesetz 1996 sei die Abzugsfähigkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer aber grundsätzlich ausgeschlossen und nur in besonders gelagerten Fällen zum vollen oder eingeschränkten Abzug zugelassen (§ 9 Abs. 5 und § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG). Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen werde auf 2.400 DM begrenzt, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe oder wenn die berufliche Nutzung mehr als 50% der gesamten beruflichen Tätigkeit betrage (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG). Ein unbeschränkter Abzug sei nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bilde (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 3 EStG). Ein häusliches Arbeitszimmer sei der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung, wenn es unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale den Schwerpunkt aller im beruflichen Bereich ausgeübten Tätigkeiten bilde und die Betätigung des Steuerpflichtigen außerhalb des Arbeitszimmers nicht dauerhaft, sondern von nur ganz untergeordneter Bedeutung seien (BMF-Schreiben vom 22.01.1998, Rn. 8, BStBl. I 1998, 120). Bei einem Arbeitnehmer könne das Arbeitszimmer daher nur dann der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung sein, wenn er an keinem anderen Ort dauerhaft tätig werde (A 45 Abs. 3 Satz 2 LStR).
In Anwendung dieser Grundsätze könnten die streitbefangenen Aufwendungen dem Grunde nach als vorab entstandene Werbungskosten anerkannt werden; denn sie stünden in einem hinreichend klaren Zusammenhang mit der vom Kläger angestrebten nichtselbständigen Tätigkeit. Der Abzug der Aufwendungen sei aber auf 2.400 DM beschränkt, da dem Kläger für seine (vor-)berufliche Tätigkeit zwar kein Arbeitsplatz zur Verfügung stehe, das Arbeitszimmer jedoch nicht den Mittelpunkt seiner gesamten Betätigung bilde. Bei der Beurteilung, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Betäti...