Häusliches Arbeitszimmer: Gesundheitsbedingte Einschränkungen

In welcher Höhe sind Kosten eines Arbeitszimmers bei gesundheitlichen Einschränkungen als Werbungskosten abzugsfähig?

In einem vom FG Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall (zur Rechtslage vor dem 1.1.2023) hatten die Kläger, ein zusammenveranlagtes Ehepaar, mit ihrer Einkommensteuererklärung geltend gemacht, dass der Klägerin der betriebliche Arbeitsplatz nicht an allen Arbeitstagen "zur Verfügung gestanden habe" weil sie aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen zumindest an einem Arbeitstag in der Woche aus dem Home-Office tätig werden müsse. Anderenfalls verschlimmere sich ihr Gesundheitszustand. Angesichts dieser Umstände erleichtere ihr eine Tätigkeit im Home-Office das Leben ganz erheblich und beuge schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen vor.

Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen, dass die im Einkommensteuergesetz benannten Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer in ihrem Fall irrelevant seien, da es sich nicht um absolute Bedingungen oder Voraussetzungen handele. Vielmehr zielten die tatbestandlichen Merkmale darauf ab, den Begriff der Notwendigkeit eines Arbeitszimmers zu objektivieren.

Finanzamt: Abschließend festgelegten Abzugsvoraussetzungen

Das Finanzamt hat den Abzug der Kosten des Arbeitszimmers als Werbungskosten mit der Begründung abgelehnt, dass das Arbeitszimmer unstreitig nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung der Klägerin darstelle. Zudem habe der Klägerin für ihre Tätigkeit auch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden, den sie grundsätzlich auch an den Heimarbeitstagen hätte benutzen können.

Entgegen ihrer Ansicht handele es sich bei den gesetzlichen Voraussetzungen für die Abziehbarkeit nicht nur um Erläuterungen, um den Begriff der Notwendigkeit eines Arbeitszimmers zu objektivieren, sondern um die durch den Gesetzgeber abschließend festgelegten Abzugsvoraussetzungen.

Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg: Begrenzter Werbungskostenabzug

Das FG Berlin Brandenburg hat entschieden (Urteil v. 29.9.2022, 5 K 5138/21), dass eine Arbeitnehmerin, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen den von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nicht an allen Werktagen nutzen kann, sondern stattdessen zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit gehalten ist, ihrer Berufstätigkeit in ihrem häuslichen Arbeitszimmer nachzugehen, die Aufwendungen hierfür als Werbungskosten steuerlich geltend machen kann. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG sei der Werbungskostenabzug allerdings auf 1.250 EUR begrenzt.

Die Feststellung, ob ein Steuerpflichtiger seinen anderen Arbeitsplatz in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann, habe das Gericht im Rahmen einer Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls zu treffen. Anhaltspunkte könnten sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes selbst als auch aus den Rahmenbedingungen der Nutzung ergeben.

BFH-Rechtsprechung zu Lärmbelästigungen

Wie der BFH entschieden habe (Urteil v. 6.11.2014, VI R 4/14), sei ein Arbeitsplatz für die Erledigung der konkret erforderlichen beruflichen Tätigkeiten nicht geeignet, wenn die zulässigen Grenzwerte für Lärmbelästigungen überschritten werden. Drohten Gesundheitsbeeinträchtigungen, sei ein Dienstzimmer objektiv ungeeignet, die erforderlichen Büroarbeiten darin zu verrichten.

Ausgehend von diesen Grundsätzen stehe der andere Arbeitsplatz der Klägerin entgegen der Auffassung des Finanzamtes nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Denn wie sich aus der ärztlichen Stellungnahme und dem vom Finanzamt nicht in Zweifel gezogenen Vortrag der Klägerin ergebe, drohten ihr bei einer arbeitstäglichen Verwendung des vom Arbeitgeber bereitgestellten Arbeitsplatzes aufgrund ihrer spezifischen Erkrankung gesundheitliche Beeinträchtigungen.

Zur Aufrechterhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit sei sie deshalb gehalten, an ein bis zwei Tagen in der Woche an ihrem häuslichen Arbeitsplatz zu arbeiten, wie sie dies in den Streitjahren auch praktiziert habe. Damit sei die vom BFH als maßgeblich erachtete Schwelle der Unzumutbarkeit nach der Überzeugung des FG überschritten.

Keine Revision eingelegt

Obwohl das FG die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen hat, wurde diese von dem Finanzamt nicht eingelegt. Es ist daher zu vermuten, dass die Finanzverwaltung die Auffassung des FG Berlin-Brandenburg teilt. In vergleichbaren Fällen können sich Betroffene zwar auf das Urteil des FG berufen, es besteht jedoch kein Anspruch auf eine ähnliche positive Entscheidung.

Hinweis der Redaktion: Rechtslage ab 1.1.2023

Durch das Jahressteuergesetz 2022 geltenv für nach dem 31.12.2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten Änderungen:

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, können die Aufwendungen weiterhin in voller Höhe abgezogen werden. Die Aufwendungen sind in auch dann abziehbar, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Anstelle des Abzugs der tatsächlichen Aufwendungen ist ein pauschaler Abzug in Höhe von 1.260 EUR möglich (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG). Wenn das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, kommt ein Abzug der Aufwendungen nur über die Homeoffice-Pauschale (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG) in Betracht.


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