Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Lohnsteuer-Jahresausgleichs 1990 und Einkommensteuerveranlagung 1991
Nachgehend
Tenor
1. Unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 10.12.1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.05.1994 wird das Finanzamt verpflichtet, den Lohnsteuer-Jahresausgleich für 1990 und die Einkommensteuerveranlagung für 1991 durchzuführen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat das Finanzamt zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein wirksamer Antrag auf Durchführung eines Lohnsteuer-Jahresausgleichs (LJA) bzw. einer Einkommensteuer-Veranlagung (ESt-VA) gestellt wurde.
Der Kläger ist ungarischer Staatsangehöriger. In den Streitjahren hatte er einen Wohnsitz in … das zum Zuständigkeitsbereich der Beklagten gehört. Seit 1992 lebt der Kläger wieder in Ungarn.
Am 30.12.1992 gingen beim Finanzamt A. ein Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich für 1990 sowie eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1991 für den Kläger ein. Dabei trat die … Lohnsteuerhilfeverein, …, in A. (kurz: Lohnsteuerhilfeverein) als Berater auf. Die Steuererklärungen waren von X. mit dem Namen des Klägers ohne weiteren Zusatz unterzeichnet. Das Finanzamt A. übersandte der örtlich zuständigen Beklagten die genannten Anträge.
Mit Bescheid vom 10.12.1993 lehnte das beklagte Finanzamt die Anträge mit der Begründung ab, daß die Vordrucke offenbar nicht vom Kläger eigenhändig unterschrieben seien, da die Unterschrift in den schrifttypischen Merkmalen wesentlich von der Unterschrift des Klägers bei den Unterlagen der Meldebehörden abweiche.
Hiergegen legte der Lohnsteuerhilfeverein Einspruch ein, der nicht begründet wurde. Mit Einspruchsentscheidung vom 10.05.1994 wies das Finanzamt die Einsprüche zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben und im wesentlichen vorgetragen:
Zu Unrecht verweigere das Finanzamt die sachliche Bearbeitung der Anträge. Es sei zwar grundsätzlich richtig, daß diese Anträge vom Steuerpflichtigen persönlich unterschrieben werden müßten; ggf. könne das aber auch durch einen Bevollmächtigten geschehen, wenn die Leistung der Originalunterschrift durch den Steuerpflichtigen selbst zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Dies sei im Streitfall gegeben, da der Kläger zum Zeitpunkt der Unterschrift unter das amtliche Formular nicht körperlich in Deutschland anwesend gewesen sei. Er habe sich daher zu Recht des in A. ansässigen ungarischen Diplom-Juristen X. bedient, der die Unterschrift in seinem Auftrag – aber irrtümlich in seinem, des Klägers Namen – geleistet habe. Das Finanzamt verhindere mit überzogenen formalen Anforderungen, daß die Erstattung der ihm zustehenden Beträge versagt würde. Dies widerspreche dem vom Grundgesetz garantierten Nettobesteuerungsprinzip.
Der Kläger hat beantragt, das Finanzamt zu verpflichten, den Lohnsteuer-Jahresausgleich 1990 und die Einkommensteuer-Veranlagung 1991 erklärungsgemäß durchzuführen.
Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Es hat im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung ausgeführt:
Wie vom Kläger eingeräumt seien die Anträge nicht von ihm persönlich unterzeichnet worden; vielmehr handle es sich um eine Unterschriftsleistung durch einen verdeckten Vertreter. Eine solche Vertretung sei nicht zulässig, so daß kein wirksamer Antrag auf Durchführung eines LJA bzw. ESt-VA gestellt worden sei.
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung beschlossen, Herrn X. als Zeugen zu vernehmen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung und auf die Akten des Finanzamts und des Finanzgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat Erfolg. Das Finanzamt hat zu Unrecht die Durchführung des LJA und der ESt-VA abgelehnt, da wirksame Anträge vorliegen.
1. Ein rechtswirksamer Antrag auf LJA ist bis zum Ablauf des auf das Ausgleichsjahr folgenden zweiten Kalenderjahres zu stellen; die Frist kann nicht verlängert werden. Der Antrag muß auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck eigenhändig vom Arbeitnehmer unterschrieben sein (vgl. § 42 Abs. 2 EStG 1990 und BFH-Urteil vom 10.10.1986 VI R 208/83, BStBl. II 1987, 77).
Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung stets durchgeführt, wenn das Einkommen bei Personen, die einzeln veranlagt werden, mehr als 27.000 Deutsche Mark beträgt (§ 46 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1991). Bei Einkommen bis zu dem genannten Betrag wird eine Veranlagung u. a. nur dann durchgeführt, wenn sie beantragt wird, insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer. Der Antrag ist bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen. Der Steuerpflichtige hat die Einkommensteuererklärung eigenhändig zu unterschreiben (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 i.V.m. § 25 Abs. 3 Satz 4 EStG 1991).
Ordnen die Steuergesetze an, daß der Steuerpflichtige die Steuere...