Entscheidungsstichwort (Thema)
"Wirtschaftlicher Vorteil einer Vertragsarztzulassung" als gesondert zu bewertendes Wirtschaftsgut?
Leitsatz (amtlich)
Die Kassenzulassung ist kein gesondert vom Praxiswert zu erfassendes nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut, sondern ein Wert bildender Faktor für diesen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Erwerb der Arztpraxis vertraglich davon abhängig gemacht wird, dass dem Erwerber die Zulassung erteilt wird, eine gesonderte Vergütung für den Verzicht des Verkäufers auf die Zulassung aber nicht geleistet wird und die Vergütung für den Praxiswert sich am Umsatz/Gewinn orientiert.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 7 Abs. 1 Sätze 1-2; SGB-V § 103 Abs. 4, § 95
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob beim Erwerb einer Facharztpraxis ein Teil des Kaufpreises - wie das Finanzamt meint - auf ein nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut: "Wirtschaftlicher Vorteil einer Vertragsarztzulassung" entfällt.
Der 1962 geborene Kläger - inzwischen geschieden; 3 Kinder - ist Facharzt für Orthopädie. Mit Vertrag vom 06. Juni 1997 erwarb er mit Wirkung zum 01. April 1998 in Anlehnung an eine Schätzwertermittlung des stellvertretenden Geschäftsführers der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) vom 01. April 1997 (Bl. 23 - 32 Rechtsbehelfsakte) - dort Praxiswert zwischen 420.000,00 DM und 440.000,00 DM - und Ergänzung vom 11. April 1997 - dort: Erhöhung um 100.000,00 DM (Bl. 33 - 35 der Rb-Akte) - zu einem Gesamtkaufpreis von 498.000,00 DM eine eingeführte Facharztpraxis in Z, mit Ausnahme der Privatpraxis des Übergebers (Vertrag, Bl. 15 - 21 Rb-Akte). Diese wollte der Übergeber in einer von ihm neu einzurichtenden Praxis in Z fortführen. In diesem Zusammenhang bestimmt Punkt 7 des "Praxis-Übernahmevertrags" (Bl. 15 ff., 18 Rb-Akte):
"Die Parteien sind sich einig, dass die Patientenkartei im Besitz des Praxisübergebers verbleibt. Der Praxisübergeber gibt an den Praxisübernehmer die Unterlagen derjenigen Patienten heraus, die sich in die Behandlung des Praxisübernehmers begeben und mit einer Herausgabe der Patientenkartei an diesen einverstanden sind".
Vom Gesamtkaufpreis sollten 440.000,00 DM auf den "ideellen Wert der Arztpraxis" entfallen.
Neben dem Inventar (angesetzt mit 58.000,00 DM) übernahm der Kläger "die laufenden Fälle der RVO und Ersatzkassen zur sachgemäßen Weiterbehandlung". Unter Punkt 6 des Vertrags heißt es u.a.:
"Sollte der Praxisübernehmer aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen die Zulassung zur Kassenpraxis nicht erhalten (Vertragsarztsitz), entfällt die Geschäftsgrundlage dieses Praxisübernahmevertrages. … wird der Vertrag mangels unverschuldeter Nichtzulassung zur Kassenpraxis obsolet, hat der Praxisübernehmer diese Kosten (des Übernahmevertrags) endgültig allein zu tragen und keinen Anspruch auf Rückerstattung".
Für den Fall der Kassenzulassung, die als solche gem. Punkt 13 des Vertrags nicht dessen Gegenstand war, sondern sich nach den dafür maßgeblichen Vorschriften richten sollte, hatte sich die den Gesamtkaufpreis finanzierende Bank unter Bürgschaftsgestellung unwiderruflich zu verpflichten, die Auszahlung an den Veräußerer vorzunehmen.
Die Kassenzulassung wurde erteilt; der Kläger begann zum 01. April 1998 seine freiberufliche Tätigkeit in der erworbenen Praxis, und zwar bis Ende 2000 in Praxisgemeinschaft mit einem Facharzt für Anästhesie. Dieser entrichtete seinerseits am 13. März 1998 an den Kläger 200.000,00 DM als Gegenleistung für den von diesem zum 01. April 1998 für 440.000,00 DM erworbenen "Praxiswert". Der Anästhesist sollte Patienten des Klägers schmerztherapeutisch weiterbehandeln.
In seinen Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG nahm der Kläger - ausgehend von dem ihm zuzurechnenden und verbleibenden Praxiswert von 240.000,00 DM - auf 5 Jahre jährliche Abschreibungen von 48.000,00 DM (für 1998 zeitanteilig: 9/12 = 36.000,00 DM) vor; zum 31. Dezember 2001 verblieb dieserhalb ein Restwert von 60.000,00 DM (= 30.677,51 €). Für die hier streitbefangenen Jahre zog er 24.542,51 € in 2002 und 6.135.00 € in 2003 als Betriebsausgaben gewinnmindernd ab.
Im Anschluss an eine u.a. diese Jahre umfassende Außenprüfung gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die Hälfte des vom Kläger entrichteten Betrags von 440.000,00 DM für den "ideellen Anteil der Arztpraxis" laut Punkt 2 des "Praxis-Übernahmevertrags" vom 06. Juni 1997 auf den "wirtschaftlichen Vorteil einer Vertragsarztzulassung" entfalle, der als ein nicht abnutzbares immaterielles - vom Praxiswert zu trennendes eigenes - Wirtschaftsgut anzusehen sei. Da die vom Kläger jährlich vorgenommenen Abschreibungen auf dem ihm nach Abzug der erhaltenen Zahlung von 200.000,00 DM verbliebenen Praxiswert von 240.000,00 DM die abschreibbare Hälfte von 120.000,00 DM bereits überschritten hätten, seien für weitere Abschreibungen u.a. in den Jahren 2002 und 2003 kein Raum mehr (Bp-Bericht vom 23. November 2006, Bl. 5 ff. Rb-Akte).
Dementsprechend ergingen nach § ...