Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermögensübertragung bei vorweggenommener Erbfolge
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Satz 1 EStG sind Sonderausgaben die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Werden wiederkehrende Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zugesagt (private Versorgungsrente), stellen diese weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar, sondern sind spezialgesetzlich den Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) und den wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) zugeordnet.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a; ZPO § 323
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger Zahlungen, zu denen er sich im notariellen Vertrag vom 22. Dezember 2005 im Zusammenhang mit der Übernahme des elterlichen landwirtschaftlichen Betriebes verpflichtet hat, in voller Höhe als dauernde Last oder nur mit dem Ertragsanteil als Rente nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a Einkommensteuergesetz -EStG- als Sonderausgabe abziehen kann.
Der Kläger hat als Inhaber eines Weinbaubetriebes Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 2005 hat er den elterlichen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft übernommen (Bl. 1 f. Vertragsakten). Unter II des Vertrages verpflichtet er sich, seinen Eltern lebenslänglich, beginnend ab 1. Januar 2006 als "dauernde Last" monatlich einen Betrag in Höhe von 2.500,00 € zu zahlen. Beim Ableben eines der Berechtigten vermindert sich dieser Betrag nicht. Weiterhin heißt es:
"Sofern durch eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt der Zahlungsverpflichteten oder der Berechtigten nicht mehr gewährleistet ist, kann jeder Beteiligte, also auch der Eigentümer als auch die Berechtigten, Abänderungen in entsprechender Anwendung des § 323 ZPO verlangen.
Eine Änderung darf jedoch nicht aus dem Mehrbedarf der Berechtigten abgeleitet werden, der sich infolge ihrer dauernden Pflegebedürftigkeit oder durch ihre Aufnahme in ein Alten- oder Pflegeheim ergibt."
Weiterhin räumt der Kläger seinen Eltern ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnungsrecht an dem in dem Vertrag genannten Hausgrundstück ein. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 hat der Kläger einen Betrag von 31.120,00 € als dauernde Lasten geltend gemacht (Bl. 1 Rs. ESt-Akte). Bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung wurden diese Versorgungsleistungen zunächst wie beantragt in voller Höhe als Sonderausgabe (dauernde Last) berücksichtigt. Der Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 9. August 2011 ist gem. § 164 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Am 28. September 2011 hat der Beklagte einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2009 erlassen, in dem der Abzug der Versorgungsleistungen auf den Ertragsanteil wie folgt beschränkt wurde:
Leistungen lt. Zeile 42 Mantelbogen |
31.120,00 € |
Ertragsanteil (18 %) |
5.602,00 € |
Die am 21. April 1939 geborene Mutter des Klägers hatte zum Zeitpunkt des Notarvertrages das 66. Lebensjahr vollendet, so dass sich ein Ertragsanteil lt. Tabelle zu § 22 EStG in Höhe von 18 % ergeben hat.
Hiergegen hat der Kläger Einspruch eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass in dem Hofübergabevertrag vom 22. Dezember 2005 der landwirtschaftliche Betrieb der Eltern auf ihn übertragen worden sei. Hierbei handele es sich um eine klassische Hofübergabe, bei der die existenzsichernde Wirtschaftseinheit auf die nächste Generation übertragen worden sei und gleichzeitig die Versorgung der Übergeber aus den Erträgen des übergebenen Vermögens gesichert worden sei, wobei die Erträge nachhaltig deutlich höher als die Versorgungsleistungen seien. Damit liege eine ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheit vor. In diesem Fall seien Versorgungsleistungen regelmäßig abänderbar und daher in voller Höhe als dauernde Last abziehbar. Eine nur mit dem Ertragsanteil abziehbare Leibrente läge hingegen nur dann vor, wenn man im Vertrag die Abänderbarkeit der Versorgungsleistungen ausgeschlossen hätte. Hier sei jedoch ausdrücklich die Gültigkeit des § 323 Zivilprozessordnung –ZPO- aufgenommen worden. Der Vertrag enthalte allerdings auch die Einschränkung, dass eine eintretende Pflegebedürftigkeit kein Grund für den Berechtigten sei, um einen Mehrbedarf geltend zu machen. Die Einschränkung der Abänderungsmöglichkeit für den Extremfall des Pflegerisikos entspreche jedoch dem Sinn des Hofübergabevertrages, den Hof als Existenzgrundlage für nachfolgende Generationen zu erhalten. Der Ausschluss des Pflegefallrisikos sei sogar erforderlich, um zu gewährleisten, dass er als Betriebsübernehmer die Versorgungsleistungen dauerhaft aus den...