Entscheidungsstichwort (Thema)
Verspätungszuschlag (Einkommensteuer 1993)
Tenor
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 01. August 1996 wird der Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1993 auf 70,– DM herabgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu 1/5 und der Beklagte zu 4/5 zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 1993.
Die Kläger sind verheiratet und werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Im Streitjahr 1993 war der Kläger als Dachdecker nichtselbständig tätig; daneben führte er mit seiner Frau einen Weinbaubetrieb.
Da die Kläger eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 1993 nicht abgegeben hatten, erinnerte der Beklagte mit Schreiben vom 19. Juli 1995 an die Abgabe der Einkommensteuererklärung und drohte ein Zwangsgeld in Höhe von 100,– DM an, falls die Steuererklärung nicht bis zum 31. August 1995 eingereicht werde.
Aufgrund der am 18. August 1995 eingereichten Einkommensteuererklärung 1993 erließ der Beklagte am 08. September 1995 einen Einkommensteuerbescheid für 1993. Verbunden damit war u.a. ein Verspätungszuschlag in Höhe von 70,– DM festgesetzt.
Am 14. September 1995 legten die Kläger gegen den Steuerbescheid Einspruch und gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags durch ihren Prozeßbevollmächtigten Beschwerde ein. Bezüglich des Verspätungszuschlags bat dieser zu berücksichtigen, daß seit Mitte Mai 1995 wegen eines Vollzeitlehrgangs ein Mitarbeiter ausgefallen sei. Es sei nicht möglich gewesen, eine Ersatzkraft zu beschaffen.
Mit Schreiben vom 26. September 1995 wies der Beklagte den Bevollmächtigten bezüglich des Verspätungszuschlags darauf hin, daß die Einkommensteuererklärungen für die zurückliegenden sieben Jahre allesamt verspätet vorgelegt worden seien. Eine Aufhebung bzw. Minderung des Verspätungszuschlags sei deshalb nicht möglich.
Mit dem gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 1993 vom 09. Oktober 1995 ließ der Beklagte deshalb den Verspätungszuschlag in Höhe von 70,– DM unverändert.
Mit Schreiben vom 03. November 1995 erinnerte der Beklagte den Bevollmächtigten der Kläger an die Erledigung des Schreibens vom 26. September 1995.
Mit Schreiben vom 30. Mai 1996 teilte der Beklagte dem Bevollmächtigten mit, daß die vor dem 01. Januar 1996 eingelegte Beschwerde nunmehr als Einspruch zu behandeln sei. Für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages komme es nicht darauf an, ob die Steuerpflichtigen selbst oder ihr Steuerberater die Verspätung letztlich zu vertreten haben, denn ein etwaiges Verschulden des Beraters stehe einem Verschulden der Steuerpflichtigen gleich. Die Arbeitsengpässe hätten durch entsprechende organisatorische Maßnahmen ausgeglichen werden müssen, damit eine rechtzeitige Abgabe der Einkommensteuererklärung 1993 möglich gewesen wäre. In Anbetracht des bisherigen Abgabeverhaltens müsse davon ausgegangen werden, daß der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag von 70,– DM als Druckmittel ungeeignet sei, die Steuerpflichtigen zur pünktlichen Abgabe der Steuererklärungen anzuhalten. Es sei daher beabsichtigt, im Rahmen der gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO möglichen Verböserung den Verspätungszuschlag mit 350,– DM neu festzusetzen. Hierzu werde um Stellungnahme binnen eines Monats gebeten.
In der Einspruchsentscheidung vom 01. August 1996 hat der Beklagte den Verspätungszuschlag zur Einkommensteuer 1993 auf 350,– DM erhöht.
Zur Begründung hat er u.a. ausgeführt, daß die Abgabe der Einkommensteuererklärung 1993 verspätet gewesen sei, da die Kläger ihre Einkommensteuererklärung 1993 – auch unter Berücksichtigung allgemeiner Fristverlängerung – bis zum 31. Mai 1995 hätten abgeben müssen. Die Steuererklärung sei damit um rund drei Monate nach Ablauf der genannten Frist beim Finanzamt eingegangen. Das Versäumnis der Kläger sei nach Lage des Falles auch nicht entschuldbar. Die in § 152 Abs. 2 Satz 1 AO enthaltene betragsmäßige Beschränkung sei im vorliegenden Fall ebenfalls beachtet worden. Aufgrund des Bescheides vom 09. Oktober 1995 hätte sich bei der Einkommensteuer 1993 eine Abschlußzahlung von 974,– DM ergeben. Der auf 350,– DM angehobene Verspätungszuschlag sei auch bei einem nicht nennenswerten Zinsvorteil und bei einer relativ geringen Abschlußzahlung nicht unangemessen, da für die Bemessung auf sämtliche Kriterien des § 152 Abs. 2 Satz 2 AO abzustellen sei.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage wenden sich die Kläger weiterhin gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlags, insbesondere gegen die Verböserung in der Einspruchsentscheidung auf 350,– DM.
Die Kläger sind der Ansicht, daß die Einkommensteuererklärung 1993 noch fristgerecht vorgelegt worden sei.
Bei Steuerpflichtigen, die keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielten, sei die Einkommensteuererklärung nach Ablauf von fünf Monaten, also bis zum 31. Mai des Folgejahres abzugeben....