Prof. Dr. Klaus-Dieter Drüen
Rz. 116
Die Körperschaftsteuerpflicht endet nicht bereits mit der Einstellung der satzungsmäßigen Tätigkeit oder mit dem Tag der Auflösung einer Gesellschaft/Genossenschaft (s. Rz. 108ff.), sondern erst mit dem tatsächlichen und rechtlichen Schluss der Abwicklung. Die Abwicklung ist beendet mit der Verteilung des Liquidationsvermögens der Gesellschaft/Genossenschaft an die Gesellschafter/Genossen. Die Verteilung des Gesellschafts-/Genossenschaftsvermögens ist vor Tilgung oder Sicherstellung der Schulden der Gesellschaft/Genossenschaft und vor Ablauf des sog. Sperrjahres nicht zulässig (vgl. Rz. 109).
Ist die Abwicklung einer Gesellschaft/Genossenschaft beendet, haben die Abwickler (Liquidatoren) den Schluss der Abwicklung zur Eintragung ins Handels-/Gesellschaftsregister anzumelden. Die Gesellschaft/Genossenschaft ist zu löschen. Diese Verpflichtung ergibt sich für AG und KGaA aus § 273 Abs. 1 AktG. Das GmbHG und das GenG enthalten hierüber keine Vorschriften. Die Anmeldepflicht wird aber nach herrschender Meinung aus § 31 Abs. 2 S. 1 HGB hergeleitet. Die Eintragung ins Handels-/Genossenschaftsregister lautet in diesen Fällen: "Die Firma ist erloschen".
Rz. 117
Das Registergericht kann die Löschungseintragung auch von Amts wegen vornehmen. Nach § 31 Abs. 2 S. 2 HGB hat das Gericht das Erlöschen von Amts wegen einzutragen, wenn die Anmeldung des Erlöschens der eingetragenen Firma durch die hierzu Verpflichteten nicht auf dem Wege der Festsetzung von Zwangsgeldern herbeigeführt werden kann.
Rz. 118
Davon zu unterscheiden ist die Löschung vermögensloser Gesellschaften von Amts wegen nach § 394 Abs. 1, 3 i. V. m. § 393 Abs. 3-5 FamFG. Voraussetzung für eine solche Löschung ist, dass die Gesellschaft/Genossenschaft kein verwertbares Vermögen mehr besitzt, m. a. W. "wenn ein ordentlicher Kaufmann keine Werte mehr als Aktiva in seine Bilanz einsetzen kann". Vermögenslosigkeit i. d. S. liegt nicht vor, wenn noch Aktivvermögen vorhanden ist, das zugunsten der Gläubiger verwertet werden kann, auch wenn die Gesellschaft überschuldet ist. Selbst geringe Vermögenswerte stehen einer Löschung entgegen. Diese Vermögenswerte können auch Forderungen gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer sein. Die auf Anregung des FA von Amts wegen im Handelsregister eingetragene Löschung einer Gesellschaft ist allerdings ihrerseits zu löschen, wenn es im Zeitpunkt der Löschungsanordnung durch das Registergericht an nach Umfang und Intensität ausreichenden amtswegigen Ermittlungen zur Vermögenslosigkeit der betroffenen Gesellschaft fehlte. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn dem Registergericht als Erkenntnisgrundlage allein der Umstand vorhandener Schulden der Gesellschaft zur Verfügung stand, ohne dass ersichtlich gewesen wäre, ob diese auf mangelnder Leistungsfähigkeit oder unzureichender Zahlungsmoral beruhten. Eine Löschung hat indes zu unterbleiben, wenn noch Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, an denen die Kapitalgesellschaft mitzuwirken hat, und hierbei durch ihren Liquidator vertreten werden muss.
Eine Liquidation findet in diesen Fällen grds. nicht statt, weil es mangels Vermögenswerten nichts zu liquidieren gibt. Die Löschung wegen Vermögenslosigkeit ist daher auch vor Ablauf des sog. Sperrjahrs möglich. Die Eintragung ins Handels-/Genossenschaftsregister lautet in diesen Fällen: "Die Gesellschaft (Genossenschaft) ist aufgrund des § 394 Abs. 1 FamFG wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöscht".
Rz. 118a
Die Vermögenslosigkeit allein führt nicht zur Beendigung der Gesellschaft. Dafür ist der Doppeltatbestand von Vermögenslosigkeit und Löschung notwendig.
Rz. 119
Die Löschung von Gesellschaften/Genossenschaften im Handels-/Genossenschaftsregister allein hat nur deklaratorische (rechtsbekundende), nicht dagegen konstitutive (rechtserzeugende) Bedeutung. Die Löschung begründet lediglich eine Vermutung der Vermögenslosigkeit und damit des Erlöschens der Gesellschaft. Daraus folgt, dass die Gesellschaft/Genossenschaft trotz ihrer Löschung im Handels-/Genossenschaftsregister rechtlich fortbesteht, wenn die Löschung erfolgt ist, obwohl ihre Voraussetzungen nicht vorlagen. Die materielle Folge des Erlöschens der Gesellschaft tritt nur bei der Kombination von Vermögenslosigkeit und Löschung ein. Trotz der Löschung im Handels-/Genossenschaftsregister bleiben die gegen die Gesellschaft/Genossenschaft gerichteten Ansprüche materiell-rechtlich bestehen. Voraussetzung ist dafür nicht, dass die Gesellschaft/Genossenschaft noch Vermögen besitzt.
Rz. 119a
Die Löschung kann rückgängig gemacht werden ("Löschung der Löschung"), wenn wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Dagegen genügt es hierfür nicht, dass sich herausstellt, dass die Gesellschaft nicht vermögenslos war; dann ist ein Fortsetzungsbeschluss der Gesellschafter erforderlich.
Rz. 120
Die zivilrechtlichen Folgen der Löschung nach § 394 Abs. 1 FamFG gelten auch für das Steuerrecht. Erfolgt die Löschung wegen Vermögenslosigkeit, end...