Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 23
Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen führt zu einer typisierenden Veranlagung der Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft. Die Verhältnisse des konkreten Einzelfalls bleiben dabei weitgehend außer Betracht. Dies hatte zur Folge, dass die bis zum Wirtschaftsjahr 2014 bzw. 2014/2015 von den jeweiligen Land- und Forstwirten erzielten tatsächlichen Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft erheblich von den Gewinnen abwichen, die nach den Grundsätzen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ermittelt wurden. So lag nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofs die Gewinnerfassungsquote bei den Gewinnen aus Land- und Forstwirtschaft bis zum Wirtschaftsjahr 2014 bzw. 2014/2015 nur bei etwa 50 %, wobei erhebliche Schwankungen nach oben und nach unten erkennbar waren. Vor diesem Hintergrund unterliegt die Gewinnermittlung nach § 13a EStG a. F. im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Auch die Neuregelung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen durch G. v. 22.12.2014 hat an diesem Ergebnis nichts geändert. Grundsätzlich hat sich hierdurch zwar die Gewinnerfassungsquote im Bereich der Land- und Forstwirtschaft allgemein auf 70 % erhöht. Erkauft wurde dies aber mit einer größeren Ungleichheit innerhalb der verschiedenen Betriebsformen der Land- und Forstwirtschaft mit der grundsätzlichen Folge, dass durch die Neuregelung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen Milchviehbetriebe regelmäßig begünstigt und Futterbau- und Veredelungsbetriebe regelmäßig belastet werden. Der Gesetzgeber kann zwar zur Ordnung von Massensachverhalten auf vereinfachende, typisierende und pauschalierende Regelungen zurückgreifen. Zulässig ist dies aber nur, wenn der gesetzlichen Typisierung ein realitätsgerechter typischer Fall zugrunde liegt. Daran fehlt es, wenn bei Haupterwerbslandwirten, die ihren Gewinn nach § 13a EStG ermitteln, eine durchschnittliche Gewinnerfassungsquote besteht, die erheblich unter den von ihnen tatsächlich erzielten Gewinnen liegt. Im Übrigen ist auch zu bezweifeln, dass durch die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen in ihrer jetzigen Ausgestaltung, die durch ein willkürlich erscheinendes Nebeneinander von Elementen der Pauschbesteuerung, der Einnahme-Überschuss-Rechnung und der Bruttobesteuerung gekennzeichnet ist, überhaupt eine sachgerechte und leistungsfähigkeitsorientierte Besteuerung kleiner land- und forstwirtschaftlicher Betriebe erreicht werden kann. Kein Verfassungsverstoß liegt allerdings vor, soweit bei kleineren land- und forstwirtschaftlichen Betrieben die Anwendung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zu einer höheren Gewinnerfassungsquote führt als die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder 3 EStG. Dies deshalb, weil in diesen Fällen die Wahlmöglichkeit nach § 13a Abs. 2 EStG besteht.
Rz. 24
Ebenfalls verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegen die Regelungen in § 13a Abs. 6 (Rz. 139) und Abs. 8 EStG (Rz. 179).
Rz. 25
Mit dem Unionsrecht ist § 13a EStG vereinbar.