Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [V R 65/06 )]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Grenzen des Beleg- und Buchnachweises bei innergemeinschaftlichen Lieferungen
Leitsatz (redaktionell)
- Das Finanzamt ist nicht befugt zusätzlich zu den vom Verordnungsgeber in § 17a Abs. 2 UStDV aufgeführten Belegen vom Unternehmer weitere Belege zu verlangen, bei deren Fehlen es mit der Begründung, der Belegnachweis sei nicht geführt worden und es fehle daher an einer materiellen Voraussetzungen der Steuerfreiheit, die Steuerbefreiung ohne weiteres versagen dürfte; insbesondere kommt ist bei der Abholung des Liefergegenstandes durch einen Beauftragten nicht auf das Vorliegen einer belegmäßig dokumentierten Abholvollmacht an.
- Zu den Merkmalen von Lieferungen, die i. S. des § 17c Abs. 2 Nr. 2 UStDV „in einer für den Einzelhandel gebräuchlichen Art und Weise erfolgen”.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 1b, § 6a; UStDV § 17a Abs. 2 Nr. 4, § 17c Abs. 2 Nr. 2
Streitjahr(e)
2000, 2001, 2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, die einen Handel mit Kraftfahrzeugen aller Art betreibt, begehrt die Änderung der nach Außenprüfungen ergangenen Umsatzsteuer - Änderungsbescheide 2000, 2001 und 2003.
Die Außenprüfungen und diesen folgend der Beklagte (das Finanzamt –FA) versagten der Klägerin in 10 Fällen (9 Beförderungen und eine Versendung) die geltend gemachte Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 6 a UStG) von Gebrauchtfahrzeugen mit der Begründung, sie habe die Belegnachweise (§ 17 a UStDV) nicht ordnungsgemäß geführt. (Außerdem wurde der Klägerin der anhand einer Rechnung einer Frau A geltend gemachte Vorsteuerabzug nicht gewährt). Bei den Beförderungsfällen bemängelte die Betriebsprüfung, dass gültige Empfangsbestätigungen (§ 17 a Abs. 2 Nr. 3 UStDV) und Versicherungen über die Beförderung der Gebrauchtwagen in das übrige Gemeinschaftsgebiet (§17 a Abs. 2 Nr. 4 UStDV) der von den Abnehmern der Gebrauchtwagen beauftragten Abholer nicht vorlägen. Aus den vorgelegten Belegen könne keine Verbindung zwischen den beauftragten Abholern und den Abnehmern hergestellt werden. Es fehle an gültigen Vollmachten der beauftragten Abnehmer, Handelsregisterauszügen der Abnehmerfirmen und Passkopien der Geschäftsführer der Abnehmerfirmen. Bei dem Versendungsfall beanstandete die Betriebsprüfung, die mangelnde Übereinstimmung der Empfängerangaben zwischen Rechnung und Versandbeleg.
Die gegen die Umsatzsteuer-Änderungsbescheide 2000 und 2001 vom 6.12.2004 erhobenen Einsprüche vom 10.12.2004 und der gegen den Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2003 vom 10.12.2004 erhobene Einspruch vom 15.12.2004 wurden mit Verfügung vom 29.10.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Der an das erkennende Gericht gerichtete Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide (6 V 459/05) hatte im Hinblick auf drei im Jahr 2000 ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen nach Spanien und den geltend gemachten Vorsteuerabzug keinen Erfolg. Im Übrigen war der Antrag erfolgreich.
Mit der Klage hält die Klägerin an ihrem Änderungsbegehren nur noch in eingeschränktem Umfang fest. Sie beanstandet nicht mehr die Aberkennung der Steuerfreiheit im Falle der Lieferung an die Fa. B im Jahr 2000 und die Versagung des Vorsteuerabzugs an Hand der Rechnung „A”.
Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe der Betriebsprüfung in allen noch streitigen Fällen ordnungsgemäße Belege vorgelegt. In allen Beförderungsfällen habe sie Lieferscheine vorgelegt, auf denen die von den Abnehmern der Fahrzeuge beauftragten Abholer die Versicherung unterzeichnet hätten, das betreffende Fahrzeug in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördern zu wollen. Auf Grund ihrer technischen Ausstattung sei es nicht möglich gewesen, bessere Kopien von den Ausweisen der Abholer anzufertigen. Dass die Unterschriften nicht leserlich seien, könne ihr nicht angelastet werden; was an Aufzeichnungen notwendig und zumutbar gewesen sei, sei daher erfüllt worden. Das FA erfinde immer neue, unverhältnismäßige Regeln zum Nachteil der Händler. Die Klägerin könne nur solche Aufzeichnungen vornehmen, die rechtlich und tatsächlich möglich seien; sie besitze keine polizeilichen Befugnisse und müsse darauf vertrauen, dass die vorgelegten Unterlagen in Ordnung seien, soweit diese nicht erkennbar falsch seien. Nicht erfüllbare Sorgfaltsanforderungen an den liefernden Unternehmer ließen die Vertrauensschutzregelungen leer laufen.
Wie die Einlassungen des FA erkennen ließen, hätten die Aufzeichnungen der Klägerin genügt, um die Geschäftspartner feststellen zu können. Für das Verfahren sei ohne Bedeutung, dass teilweise Geschäftspartner später ihr Geschäft geschlossen haben oder weggezogen sind. In keinem Fall habe es sich tatsächlich um einen „Missing Trader” gehandelt. Alle Unternehmen hätten im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse bestanden und seien vom Bundesamt für Finanzen bestätigt worden. Deshalb bestehe in allen Fällen Vertrauensschutz nach § 6...