rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage wegen bereits abgetretener Forderung
Leitsatz (redaktionell)
- Der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage wegen der Rechtswidrigkeit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung steht die Erledigung durch Einziehung der gepfändeten Forderung selbst dann nicht entgegen, wenn die Erledigung schon vor der Erhebung der Anfechtungsklage eingetreten ist.
- Ein besonderes Feststellungsinteresse des Vollstreckungsschuldners liegt dann vor, wenn substantiiert geltend gemacht wird, dass gegen ein gesetzliches Vollstreckungsverbot verstoßen wurde und die berechtigten Erwartung besteht, dass das Finanzamt nach einer Feststellung der Rechtswidrigkeit die Vermögensverschiebung rückgängig machen und das Geld zurück zahlen werde.
- Eine so genannte gewillkürte Prozessstandschaft ist im finanzgerichtlichen Verfahren unzulässig.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2, § 100 Abs. 1 S. 4
Streitjahr(e)
2002
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist die Zulässigkeit einer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr. … vom 5.12.2002.
Die Klägerin ist eine juristische Person, die ihren Sitz in Griechenland hat und in dem dortigen Handelsregister eingetragen ist. Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) setzte gegen die Klägerin Umsatzsteuern 1992 und 1995 sowie steuerliche Nebenleistungen (Verspätungszuschläge und Zinsen) fest. Außerdem schuldete die Klägerin Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer sowie Zwangsgelder wegen Nichtabgabe von Umsatzsteuererklärungen. Die Gesamthöhe dieser Verbindlichkeiten nebst Vollstreckungskosten belief sich am 05.12.2002 auf 53.373,82 EURO (Bl. 30 und 32 Gerichtsakte).
Mit der an die Bank A gerichteten Pfändungs- und Einziehungsverfügung Nr. vom 5.12.2002 pfändete das FA die „Forderungen, die dem Vollstreckungsschuldner gegen Sie auf Zahlung aus der Inanspruchnahme aus den Bürgschaften gegen die Bank B, aufgrund des Berufungsurteils des OLG Frankfurt am Main vom 31.05.1999 in der Fassung der Berichtigungsbeschlüsse vom 08.09.1999 und 17.11.1999 zustehen und künftig zustehen werden” (Bl. 30 Gerichtsakte). Die Bank A zahlte den Gesamtbetrag am 20.12. 2002 und erklärte damit die Pfändung für erledigt. (Bl. 183 R Vollstreckungsakte)
Mit Schreiben vom 19.12.2002 übersandte das FA eine Zweitschrift der Pfändungs- und Einziehungsverfügung (PÜ) an die Klägerin, die gegen die PÜ vorsorglich Einspruch einlegte und mit Schreiben vom 17.01.2003 geltend machte, diese sei aus mehreren Gründen rechtswidrig. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 17.01.2003 (Bl. 191 Vollstreckungsakte) verwiesen. Mit der Einspruchsentscheidung vom 6.3.2003 verwarf das FA den Einspruch als unzulässig, weil die angefochtene Pfändungs- und Einziehungsverfügung bereits vollzogen und die Vollstreckung damit beendet sei. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung oder einer einzelnen Zwangsvollstreckungsmaßnahme sei ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht mehr zulässig.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter und trägt vor:
a) Die streitgegenständliche Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei unwirksam, weil sie gegen Vollstreckungsverbote verstoße, insbesondere gegen § 851 ZPO. Außerdem habe das FA gewusst, dass die Pfändungsverfügung unwirksam sei und kollusiv mit der Bank A und deren Kunden C und Herrn D zusammengearbeitet. Schließlich sei vom FA § 254 AO nicht beachtet worden.
b) Soweit das Gericht mit Verfügung vom 20.10.2003 (Bl. 72 ff Gerichtsakte) darauf hingewiesen habe, für das besondere Feststellungsinteresse sei die berechtigte Erwartung erforderlich, dass die Vollstreckungsbehörde nach entsprechender Feststellung der Rechtswidrigkeit die Folgen der durch die Vollstreckungsmaßnahme bewirkten Vermögensverschiebungen rückgängig machen werde, trägt die Klägerin unter Beweisantritt vor, dass sie ihre Ansprüche aus verschiedenen Titeln gegen die Firma E GmbH einschließlich Nebenrechten bereits im Jahre 1996 ihrem geschäftsführenden Gesellschafter F zur Sicherheit für die von diesem gewährten Darlehen abgetreten habe. Daher sei eine Aufrechnung des FA ausgeschlossen (Bl. 100 Gerichtsakte). Durch diese Sicherungszession sei ihr Rechtsschutzinteresse an der Fortsetzungsfeststellungsklage nicht entfallen. Mit dem Zessionar bestehe Einigkeit, dass sie als Zedentin ermächtigt und gehalten sei, die Forderung gerichtlich geltend zu machen.
c) Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen: Trotz Abtretung der Forderung mit Nebenrechten an F in 1996 habe sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit, weil sie durch die Beachtung der Pfändung durch die Bank B nicht von ihrer Darlehensschuld gegenüber F befreit worden sei. Sie sei in eigenen Rechten betroffen, weil sie weiterhin Schuldnerin der nicht getilgten Darlehen sei. Außerdem seien ihr Sicherungsmittel verloren gegangen.