rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellung wegen Altlastensanierung im Fall des Gefahrenverdachts
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der Bildung von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen.
- Jede ungewisse Verbindlichkeit setzt eine Verpflichtung gegenüber einem Gläubiger voraus, der grundsätzlich seinen Anspruch gegen den Schuldner (Stpfl.) kennen muss.
- Bei Schadensersatzansprüchen ist eine Inanspruchnahme des Schuldners erst dann wahrscheinlich und damit passivierbar, wenn die den Anspruch begründenden Tatsachen entdeckt und dem Beschädigten bekannt geworden sind oder dies unmittelbar bevorsteht.
- Bei einer Bodenkontamination ist mit einem Einschreiten der Behörden erst zu rechnen, wenn diese von „signifikanten” Untersuchungsergebnissen Kenntnisse erlangt haben.
- Ergibt sich aus dem Schreiben des Umweltamtes der zuständigen Behörde, dass erst nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse einer erneuten Untersuchung entschieden werden kann, „ob und in welchem Umfang Sanierungsmaßnahmen erforderlich sind”, reicht das für die Bildung einer Rückstellung nicht aus.
Normenkette
HGB § 249 Abs. 1 S. 1; EStG § 5 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
1992
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Bildung einer Rückstellung für Altlastensanierung im Streitjahr.
Die Klägerin stellt Zäune und Einfriedungen her und vertreibt diese. Am 19. Mai 1992 beantragte die Klägerin die wasserbehördliche Genehmigung für die Umgestaltung der Imprägnierungsanlage. Im Zuge der Antragstellung im Jahr 1992 kam es zu einer Ortsbesichtigung, bei der Verunreinigungen des Pflasters vor der Imprägnierungsanlage festgestellt wurden. Am 1. Oktober 1993 teilte die Untere Wasserbehörde der Stadt A der Klägerin mit, dass gegen die Umgestaltung der bestehenden Anlage keine Bedenken bestünden. Neben Auflagen teilte die Stadt A in diesem Schreiben Folgendes mit:
„Aufgrund der bisherigen Betriebsweise Ihrer o.g. Anlage besteht von hier aus der Verdacht, dass wassergefährdende Stoffe in den Boden bzw. in das Grundwasser gelangt sein könnten. Daher weise ich bereits an dieser Stelle darauf hin, dass spätestens zu Beginn des Jahres 1994 auf Ihrem Grundstück nach vorheriger Absprache mit Ihnen durch ein von uns beauftragtes Fachunternehmen 2 Grundwassermessstellen errichtet und auf die einschlägigen Parameter beprobt werden sollen. Ich komme in dieser Angelegenheit unaufgefordert auf Sie zurück.”
Am 3. Februar 1994 wurde der Jahresabschluss für die Klägerin zum 31. Dezember 1992 aufgestellt. In der Bilanz auf den 31. Dezember 1992 wies die Klägerin eine Altlastensanierungsrückstellung in Höhe von ... DM aus. Die Klägerin ging davon aus, dass ca. 1.500 qm Boden entsorgt werden müssten. Bei einem geschätzten Entsorgungspreis von 75 DM pro qm ergab sich der Betrag von ... DM.
Nach Aufstellung des Jahresabschlusses wurden am 28. Februar 1994 Untersuchungen hinsichtlich einer möglichen Grundwasserkontamination südlich und westlich des Betriebsgeländes der Klägerin durchgeführt. Dabei wurden deutliche Verunreinigungen durch Schwermetalle Blei, Kupfer, Quecksilber und Zink festgestellt. Die Stadt A teilte am 25. April 1994 der Klägerin mit, dass aufgrund der vorliegenden Ergebnisse weitere Untersuchungen unbedingt erforderlich seien, um zu prüfen, ob die festgestellten Verunreinigungen des Grundwassers von dem Grundstück der Klägerin oder von anderer Stelle ausgingen. In einem weiteren Schreiben der Stadt A an die Klägerin vom 30. Januar 1995 teilte diese mit, dass erst nach Vorlage von weiteren Untersuchungsergebnissen entschieden werden könne, „ob und in welchem Umfang Sanierungsmaßnahmen erforderlich” seien. Der Boden an der Imprägnierungsanlage wurde im Jahr 1997 bis auf eine Tiefe von 2 ½ bis 3 m insgesamt ausgekoffert.
Der Beklagte akzeptierte die Rückstellung für Altlastensanierung zunächst und erließ den Gewinnfeststellungsbescheid 1992 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. In einer im September 1996 durchgeführten Außenprüfung wich der Beklagte von den erklärten Angaben der Klägerin ab. U.a. wurde die von der Klägerin eingebuchte Rückstellung für Altlastensanierung nicht anerkannt, da nach Ansicht des Beklagten keine ungewisse Verbindlichkeit vorlag. Es habe einen durch die zuständige Fachbehörde erlassener Verwaltungsakt, der die Sanierungsverpflichtung anordnete, im Zeitpunkt der Rückstellung nicht gegeben. Der Beklagte erließ daraufhin Änderungsbescheide im Februar 1997. Die dagegen eingelegten Einsprüche wurden zurückgewiesen. Gegen den Einspruchsbescheid erhob die Klägerin Klage.
Die Klägerin trägt vor, dass die Rückstellung für Altlastensanierung zu Recht erfolgt sei. Die Voraussetzungen für die Bildung der Rückstellung für die Altlastensanierung hätten im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1992 vorgelegen. Das Umweltamt der Stadt A habe zu diesem...